Marine Ökosysteme

Aus Klimawandel

Einfluss des Klimawandels auf Korallenriffe

Die Korallenriffe in den warmen tropischen Meeren gelten neben dem tropischen Regenwald als artenreichster Lebensraum der Erde. 60 000 Arten sind bekannt, über 400 000 Arten werden vermutet. Korallenriffe beherbergen mehr als 25% der bekannten Meeresfische und sind damit eine wichtige Nahrungsquelle für viele Küstenbewohner. Sie sind außerdem ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor im Tourismus vieler Länder und dienen dem Küstenschutz. Die weltweiten Riffareale werden auf 617 000 km2 geschätzt, die Ausdehnung der flachen, gut entwickelten Korallenriffe auf 255 000 km2, wovon 58% durch Überfischung und Verschmutzung, sowie anderer menschlicher Aktivitäten als gefährdet gelten. Als neuer Bedrohungsfaktor ist in jüngster Zeit der Klimawandel identifiziert worden. Dieser wirkt in dreifacher Weise auf die Korallenriffe ein: durch erhöhte Wassertemperaturen, durch die Versauerung des Wassers und durch veränderte Sturmintensitäten[1] Es wird angenommen, dass der Anstieg des Meeresspiegels in den nächsten 100 Jahren keine oder nur eine geringe Bedrohung für die Riffe darstellt, da gesunde Riffe wahrscheinlich zu einem vertikalen Wachstum von bis zu 10 mm pro Jahr in der Lage sind. Wie das bei den zahlreichen bereits degradierten Riffen in den dichtbevölkerten Regionen Südostasiens, Ostafrikas und der Karibik aussieht, ist weniger klar. Es ist außerdem nicht einfach, die Einflüsse des Klimawandels von anderen anthropogenen Einflüssen zu separieren. Schwankungen von pH-Wert, Sturmaktivität und Meerestemperaturen, die sich über Jahrzehnte erstrecken, erschweren es auch, den Einfluss des anthropogenen Klimawandels von natürlichen Schwankungen zu unterscheiden.

Einfluss steigender Wassertemperaturen

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Veränderung der Korallenbedeckung zwischen Dezember 1998 bis Februar 2000 in den Lagunen von Belize bei zwei Arten der Salatkoralle Agaricia (blau und rot) und anderen harten Korallen wie Scleractina und Milleporina (grün)

Die Temperatur des Oberflächenwassers in den tropischen Ozeanen ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen, und es wird erwartet, dass sie bis 2100 um weitere 1-2 °C zunehmen wird. Viele Korallenriffe existieren bereits an oder nahe der Temperaturobergrenze. Eine weitere Erwärmung wird zunehmend lebensfeindliche Bedingungen schaffen.

Von vielen Wissenschaftlern wird die in jüngster Zeit beobachtete Korallenbleiche bereits als Folge der globalen Erwärmung gedeutet, denn für den Zusammenhang zwischen erhöhter Wassertemperatur und der Korallenbleiche gibt es inzwischen stichhaltige Beweise.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag. Einige Korallenarten konnten sich nach ein bis zwei Monaten wieder erholen, bei anderen war das nicht der Fall. In den Lagunen von Belize z.B. stieg 1998 die Temperatur des Wassers in 2-10 m Tiefe auf bis zu 31,5 °C (normalerweise werden selten 29 °C überschritten) und verursachte eine Korallenbleiche, wie es sie in den letzten 3000 Jahren nicht gegeben hat.[2] Diese und andere Befunde legen es nahe anzunehmen, dass bei einem weiteren Anstieg der Meeresoberflächentemperatur durch den menschenbedingten Treibhauseffekt das Phänomen der Korallenbleiche und des Korallensterbens in Zukunft noch ernstere Formen annehmen wird. Der prognostizierte Meerespiegelanstieg könnte dem aber auch entgegenwirken, zumal in einigen Gebieten wie vor der Westküste Thailands die Korallenbleiche primär in Folge der Meeresspiegelabsenkung durch den El Niño 1997/98 und der dadurch ermöglichten stärkeren Solarbestrahlung erklärt wurde.[3]

Einfluss der CO2-Emissionen

Atolle des Staates Yap (Mikronesien im Pazifik): Für Korallen stellen die saurer werdenden Ozeane ein Risiko dar, denn sie sind auf die Bildung von Kalkschalen angewiesen

Da Korallenriffe einerseits große Mengen von Kalk akkumulieren, anderseits bei der Karbonatverwitterung aber auch Kohlenstoff freisetzen, sind sie eng in den Kohlenstoffkreislauf eingebunden. In jüngster Zeit ist viel diskutiert worden, ob eine Erhöhung der atmosphärischen und in deren Folge der im Meerwasser gelösten CO2-Konzentration sich negativ auf die Fähigkeit von Korallen zur Akkumulation von Kalk auswirken könnte. Die Bildung von Kalk hängt vom Sättigungsgrad des Kalziumcarbonat (CaCO3) im Meeresoberflächenwasser ab. In Meerwasser gelöstes Kohlendioxid reagiert nun aber mit Wasser und Kalziumkarbonat zu Hydrogenkarbonationen und Kalziumionen (CO2 + H2O + CaCO3 <-> 2HCO3- + Ca2+). Kohlendioxid entzieht also dem Meerwasser Kalziumkarbonat und beeinträchtigt damit die Kalzifizierung der Korallen. Da der Ozean bisher schon einen erheblichen Teil des anthropogen emittierten Kohlendioxids aus der Atmosphäre aufgenommen hat, müsste sich das schon auf die Kalkbildung ausgewirkt haben. Tatsächlich wird von manchen Forschern die Kalzifizierungsrate gegenwärtig auf 91% des vorindustriellen Wertes eingeschätzt und könnte danach auf 79% im Jahre 2065 und 73% im Jahre 2100 absinken.[4] Noch gibt es jedoch keine Daten, die ein verändertes Korallenwachstum an einem bestimmten Ort aufgrund von Versauerung nachweisen können.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag. Das Klima beeinflusst zahlreiche für die Meeresfische entscheidenden Faktoren wie die Wassertemperatur, die Eisverteilung, den Salzgehalt, die Verfügbarkeit von Nahrung usw. Trotz der Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren kommt der Wassertemperatur dabei die entscheidende Rolle zu, da sie direkt die Laichzeit, das Aufwachsen der Jungfische und die Produktionsrate der Nahrung bestimmt. So zeigte sich beim Kabeljau in der Nordsee, der hier an der Südgrenze seines Verbreitungsgebietes auf der Nordhalbkugel vorkommt, parallel mit der Erwärmung des Meereswassers seit 1988 auch ein Rückgang der Fangergebnisse, die wiederum in einem Jahr mit kühleren Temperaturen wie 1996 wieder besser ausfielen.[5] Eine auffällige Parallele zwischen Kabeljaufischerei und Temperaturentwicklung weisen auch die Fangergebnisse vor West-Grönland auf. Ebenso erwiesen sich zwischen den Ergebnissen der japanischen und kalifornischen Sardinenfänge und den Schwankungen des Klimas im Nordpazifischen Raum aufällige Parallelen im Dekaden-Bereich. Und während der El Niño- und La Niña-Ereignisse der letzten Jahrzehnte verlagerten sich mit der Temperatur der Meeresoberfläche auch die Hauptfanggebiete von Thunfisch im tropischen Pazifik.[6]

Auch wenn es schwierig ist, die Folgen von Überfischung und von klimabedingten Änderungen im Einzelfall zu trennen, kann man davon auszugehen, dass der Fischbestand der Weltmeere auch von klimatischen Veränderungen abhängt. Das bedeutet, dass auch eine künftige Änderung bei den Meerestemperaturen durch den menschenbedingten Treibhauseffekt Folgen für den Fischbestand und die Fangergebnisse haben wird. Welche Folgen zu erwarten sind, lässt sich mit Einschränkung aus den El Niño-Ereignissen im Südpazifik ableiten, bei denen das erwärmte Oberflächenwasser vor der peruanischen Küste die Phytoplanktongemeinschaften so veränderte, dass die Sardellenbestände stark zurückgehen. Eine allgemein steigende Meeresoberflächentemperatur könnte in Einzelfällen auch Arten in anderen Regionen negativ beeinflussen. So könnte sich der Rotlachs ganz aus dem Nordpazifik auf das Bering-Meer zurückziehen. Allerdings sagen einige Modelle eine Intensivierung des Alëuten-Tiefs und damit eine Abkühlung des Meerwassers voraus, was den Lachsbestand im Nordpazifik eher erhöhen könnte. Dieses Beispiel zeigt, dass die Klimamodelle z. Zt. noch keine gesicherten Prognosen über die regionalen Folgen des Klimawandels auf die Fischerei erlauben.

Meeressäuger und -vögel

Eisbär

Problematische Folgen bei einer weiteren Erwärmung werden vor allem für marine Säugetiere in höheren Breiten erwartet. Ein Rückzug des arktischen und antarktischen Meereises gefährdet z.B. die Ernährung von Eisbären und bedroht die des Blauwals und des weitverbreiteten Adéliepinguins. Die Randregionen des Meereises sind der wichtigste Lebensraum für die arktische Pflanzen- und Tierwelt. An der Unterseite der Eisschollen existieren einzellige Algen, von denen wenige Zentimeter lange Krebse leben, die als Futter u.a. für den Polardorsch dienen, der die Hauptnahrungsquelle für die Ringelrobbe darstellt. Für Eisbären sind die Eisrandregionen das natürliche Jagdrevier, in dem sie auf Robbenfang gehen. Bei einem Rückzug der Eisbedeckung nach Norden werden die Lebens- und Aufzuchtmöglichkeiten der Ringelrobbe, des wichtigsten Beutetieres der Eisbären, deutlich eingeschränkt. Als besonders kritisch gilt in dieser Hinsicht die Situation in der Hudson Bay, wo die Eisbären bereits heute an der Hungergrenze leben. Bei einer weiteren Erwärmung mit saisonaler Verkürzung des Eisvorkommens und Reduzierung der Eisbedeckung ist eine erfolgreiche Aufzucht der Jungtiere nicht mehr gewährleistet.[7]

Auch der antarktische Krill, ein ca. sechs Zentimeter großer Krebs, lebt zu einem großen Teil vom Phytoplankton an der Unterseite des Meereises. Vom Krill als Nahrungsquelle sind viele Wal-, Robben-, Fisch- und Vogelarten nahezu vollständig abhängig, u.a. auch der Blauwal. Seit den siebziger Jahren ist ein deutlicher Rückgang der antarktischen Meereisbedeckung beobachtet worden und als Folge ebenso eine deutliche Verringerung der Krillbestände. Als Konsequenz haben auch die Bestände der Jungvögel des Adéliepinguins seit 1987 um 30% abgenommen.[8] Auch der Blauwal ist in hohem Maße vom Krill abhängig und gilt bei einer weiteren Erwärmung des arktischen Meerwassers als gefährdet.

Aquakulturen

30% der Fischproduktion für den menschlichen Konsum entstammten 1997 der Aquakultur. Es wird erwartet, dass der Aufwärtstrend der Fischzucht, auch für die Produktion von Fischmehl und Fischöl, in Zukunft anhalten wird. Der Klimawandel wird wahrscheinlich sehr gegensätzliche Folgen für die Aquakultur haben. In mittleren und hohen Breiten werden Luft- und Wassertemperatur ansteigen und damit die Zuchtsaison verlängern und die Fischproduktion steigern. Andererseits haben höhere Temperaturen einen negativen Einfluss auf den gelösten Sauerstoff im Wasser und begünstigen die Verbreitung von Krankheitserregern und die Algenblüte. Auch der erwartete Anstieg von Extremereignissen wie Stürmen, Überflutungen und Trockenperioden wird die Produktion möglicherweise negativ beeinflussen.[9]


Einzelnachweise

  1. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: "Impacts, Adaptation and Vulnerability", 1.3.4.1.
  2. Aronson, R.B., W.F. Precht, I.G. Macintyre and T.J.T. Murdoch (2000): Ecosystems: Coral bleach-out in Belize, Nature 405, 36
  3. Brown, B.E., R.P. Dunne, M.S. Goodson, A.E. Douglas (2000): Marine ecology: Bleaching patterns in reef corals, Nature 404, 142-143
  4. Kleypas, J.A., R.W. Buddemeier, D. Archer, J.-P. Gattuso, C. Langdon, and B.N. Opdyke (1999): Geochemical Consequences of Increased Atmospheric Carbon Dioxide on Coral Reefs, Science 284, 118-120; Leclercq, N.L., J.E.A.N.-Pierre Gattuso and J.E.A.N. Jaubert (2000): CO2 partial pressure controls the calcification rate of a coral community, Global Change Biology 6, 329 -334
  5. O'Brien, C. M., C. J. Fox, B. Planque, J. Casey (2000): Climate variability and North Sea cod, Nature 404, 142
  6. IPCC (2001): Climate Change 2001: Impacts, Adaption, and Vulnerability. Contribution of the Working Group II to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge and New York 2001, 6.3.4.
  7. Gradinger, R. (1998): Natürliche und anthropogene Veränderungen im arktischen marinen Ökosystem, in: Lozán, J.L., Graßl, H., Hupfer, P. (1998): Warnsignal Klima. Wissenschaftliche Fakten, Hamburg 1998, S.277-280; Hansell, R.J.C., J.R. Malcolm, H. Welch, R. L. Jefferies and P.A. Scott (1998): Atmospheric Change and Biodiversity in the Arctic, Environmental Monitoring and Assessment 49, 303-325
  8. Loeb, V., V.Siegel, O.Holm-Hansen, R.Hewitt, W.Fraser, W.Trivelpiece, S.Trivelpiece (1997): Effects of sea-ice extent and krill or salp dominance on the Antarctic food web, Nature387, 897 - 900
  9. IPCC (2001): Climate Change 2001: Impacts, Adaption, and Vulnerability. Contribution of the Working Group II to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge and New York 2001, 6.3.4.

Siehe auch


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