Antarktisches Meereis

Aus Klimawandel
Antarktisches Meereis September 2013 (jahreszeitliches Maximum) und Februar 2014 (Minimum). Gelbe Linie: Mittel der Jahre 1979-2000.

Jahreszeitliche Schwankungen

Antarktisches Meereis: Jahreszeitliche Ausdehnung (grau: Minimum, orange: Maximum), Zirkulationsmuster (Pfeile) und Veränderung der mittleren jährlichen Ausdehnung in % pro Jahrzehnt in einzelnen Regionen (oben) sowie im Mittel (unten).

Die antarktische Meereisbedeckung schwankt saisonal sehr stark zwischen einem Minimum von 3 Mio km2 im Februar bis zu einem Maximum von 18-20 Mio km2 im September. Demgegenüber betragen die Unterschiede zwischen Sommer und Winter beim arktischen Meereis 3-4 Mio km2 im September und 15 Mio km2 im Februar. Der relativ geringe Anteil des antarktischen Meereises, der den Sommer überlebt, befindet sich hauptsächlich im Weddellmeer.[1] Aufgrund der starken saisonalen Schwankungen ist das antarktische Meereis im Mittel dünner, wärmer, salzhaltiger und mobiler als das arktische Meereis. Da das Wintereis im Sommer fast vollständig wieder abschmilzt, ist der bei weitem größte Teil des Meereises im Südpolarmeer einjähriges Eis mit einer relativ geringen Dicke von ca. 1/2 m gegenüber 1-2 m Eisdicke in der Arktis.[1][2]

Trends

Ausdehnung des antarktischen Meereises im November 1979-2016

Die Entwicklung der Meereisausdehnung um den antarktischen Kontinent herum unterscheidet sich deutlich von der der Arktis. Das antarktische Meereis hat in letzter Zeit um 1,5 % pro Jahrzehnt leicht zugenommen, das arktische Meereis dagegen um ca. 4 % abgenommen. Je nach Jahreszeit betrug die Zunahme der Meereisausdehnung in der Antarktis von 1978 bis 2012 zwischen 1,2 und 3 % pro Jahrzehnt. Auch regional sind die Unterschiede deutlich. So sind die Trends in der Eisausdehnung im Rossmeer deutlich positiv und in der Amundsen- und Bellinghausensee leicht negativ. Auch die Länge der jährlichen Eisbedeckung ist etwa rund um die Antarktische Halbinsel kürzer geworden, während sie im Rossmeer zugenommen hat. Über die Eisdicke gibt es zu wenige Informationen, um einen allgemeinen Trend zu bestimmen.[1][3]

Eine außerordentliche Entwicklung zeigte das antarktische Meereis jedoch in frühen Südsommer 2016. Es begann viel früher als sonst abzuschmelzen und erreichte ein Rekordminimum im November mit mehr als 5 Standardabweichungen vom Mittel 1981-2010. Es lag mit 15,5 Mio. km2 um ca. 1 Mio km2 unter der mittleren November-Ausdehnung. Das ist umso erstaunlicher, als das antarktische Meereis für November seit den 1980er Jahren eine leichte Zunahme aufwies.[4]

Erklärungen

Möglicherweise hat die leichte Abnahme des antarktischen ebenso wie das starke Abschmelzen des arktischen Meereises mit menschlichen Einflüssen zu tun.[5] Das antarktische Meereis schmilzt vor allem von unten her, d.h. durch aufsteigendes warmes Wasser aus größeren Tiefen. Dieses Wasser kann um so leichter aufsteigen, je geringer der Dichteunterschied zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser ist. In den letzten Jahrzehnten hat jedoch die Dichte des oberflächennahen Wassers stark abgenommen. Folgende Gründe dafür werden angenommen:

  • Aufgrund höherer Wasser- und Lufttemperaturen ist das Meereis im Jahresablauf insgesamt dünner geblieben als in früheren Zeiten. In der Schmelzphase gibt es daher weniger Salz an das Ozeanwasser ab, wodurch dieses eine geringere Dichte behält. Die geringere Dichte bewirkt eine Schwächung der Konvektion, durch die warmes Wasser von unten das absinkende kühlere Oberflächenwasser ersetzt.
  • Aufgrund der Erwärmung haben außerdem die Niederschläge im südlichen Ozean in letzter Zeit zugenommen. Das hat ebenfalls zur Abnahme der Dichte des Oberflächenwassers rund um die Antarktis geführt. Auch hier ist die Folge eine Schwächung der Konvektion und weniger warmes Wasser an der Unterseite des Meereises.[2]

Ein Grund könnte auch das kalte Schmelzwasser sein, das zunehmend durch Schmelzprozesse am Rande des antarktischen Eisschildes ins Meer gelangt und so das antarktische Meereis gegen den Auftrieb von warmem ozeanischen Tiefenwasser abschirmt. Annahmen, dass das Ozonloch über der Antarktis für das leichte Wachstum des Meereises verantwortlich sein könnte, haben sich nicht bestätigt. Nach neueren Modellsimulationen sollte das Meereis rund um die Antarktis durch die stratosphärische Ozonzerstörung vielmehr abnehmen. Das Ozonloch bewirkt in der unteren Stratosphäre eine Verstärkung des Polarwirbels und in der Troposphäre eine Intensivierung des Westwindgürtels. Die stärkeren Westwinde sollten nach Modellsimulationen ein Abdriften von Eis in wärmere Gebiete nach Norden bewirken, da die von ihnen angetriebenen Meresströmungen durch die Corioliskraft eine Linksablenkung erfahren. Außerdem sollte sich das Ozeanwasser durch die stärkere vertikale Vermischung als Folge der intensiveren Westwinde erwärmen und das Eis von unten abschmelzen. Die Beobachtung zeigt jedoch das Gegenteil: Das antarktische Meereis verändert sich in seiner Ausdehnung kaum bzw. nimmt leicht zu.[6][7]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 4.2.3
  2. 2,0 2,1 Notz, D. (2015): Das Meereis in der Antarktis. In: Lozán, J. L., H. Grassl, D. Kasang, D. Notz & H. Escher-Vetter (Hrsg.): Warnsignal Klima: Das Eis der Erde. pp. 204-209
  3. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, FAQ 4.1
  4. National Snow & Ice Data Center NSIDC:Sea ice hits record lows
  5. Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: Lozán, J.L., u.a. (Hrsg): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen & Risiken, Hamburg 2011, 96-101
  6. Previdi, M., and L.M. Polvania (2014): Review Article. Climate system response to stratospheric ozone depletion and recovery, Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society, DOI:10.1002/qj.2330
  7. Gagné, M.-È., N. P. Gillett, and J. C. Fyfe (2014): Observed and simulated changes in Antarctic sea ice extent over the past 50 years, Geophys. Res. Lett. 41, doi:10.1002/2014GL062231

Literatur

  • Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: José L. Lozán et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen und Risiken. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 96-101; aktualisierte Fassung online
  • Notz, D. (2015): Das Meereis in der Antarktis. In: Lozán, J. L., H. Grassl, D. Kasang, D. Notz & H. Escher-Vet¬ter (Hrsg.). Warnsignal Klima: Das Eis der Erde. pp. 204-209; online

Weblinks

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