Malaria
Die durch die Anopheles-Stechmücken übertragene Malaria gehört weltweit zu den wichtigsten vektorbedingten Krankheiten. Gegenwärtig leben in etwa 100 Staaten und Territorien 2,4 Milliarden Menschen oder 40% der Weltbevölkerung in malaria-gefährdeten Gebieten, 400-500 Millionen werden jährlich neu infiziert und über eine Million Menschen, meistens Kinder unter fünf Jahre, sterben jedes Jahr an einer Malaria-Infektion.[1] Über 80% der Malaria-Fälle ereignen sich in Afrika südlich der Sahara.
Von der Anopheles-Mücke sind 422 Arten bekannt, jedoch nur 70 Arten sind in der Lage, als Vektoren für Malaria zu dienen. Die wichtigste Art in Afrika, die Anopheles gambiae, ist zugleich die effektivste bei der Malaria-Übertragung. Obwohl die Anopheles-Mücke hauptsächlich in tropischen und subtropischen Gebieten vorkommt, gibt es bestimmte Arten auch im gemäßigten Klima (z.B. Anopheles sacharovi). Die Malaria-Krankheit selbst wird durch vier Arten von Plasmodium-Parasiten verursacht. Einige Plasmodium-Arten kommen außer in tropischen und subtropischen auch in gemäßigten Gebieten vor (Plasmodium vivax); die gefährlichsten Arten (Plasmodium falciparum) finden sich allerdings nur in den Tropen. Ihr Überleben ist abhängig von der Temperatur. Die untere Grenze liegt bei Plasmodium vivax zwischen 14,5 und 15°C, bei Plasmodium falciparum zwischen 16 und 19°C. Bei Temperaturen über 32-34°C nimmt die Überlebensfähigkeit der Parasiten schnell ab. Auch die Fortpflanzungschancen und die Aktivität der Anopheles-Mücke sind von der Temperatur abhängig und finden bei 20-30°C die besten Bedingungen vor. Ebenso spielen eine genügend hohe Feuchtigkeit und ausreichender Niederschlag für das Überleben und geeignete Brutplätze der Moskitos eine wichtige Rolle.
Aktuelle Ausbreitung von Malaria und ihre möglichen Ursachen
In jüngster Zeit ist ein Wiederaufleben der Malaria in vielen Teilen der Welt beobachtet worden. So ist Malaria seit 1990 in einigen Staaten der USA, in Korea, in Teilen Südeuropas, in der früheren Sowjetunion (z.B. in Armenien, Aserbaidschan und Tadschikistan), in der Türkei und in Südafrika entlang der Küste des Indischen Ozeans neu aufgetreten bzw. zurückgekehrt.[2] Verantwortlich dafür werden unterschiedliche Gründe gemacht wie die Zunahme der Weltbevölkerung, eine Zunahme des weltweiten Tourismus, die zunehmende Resistenz des Krankheitserregers gegen Medikamente, die wachsende Armut etwa in Osteuropa, die Massenbewegung von Flüchtlingen und heimatlosen Menschen, zerrüttete Gesundheitssysteme, aber auch Veränderungen von Temperatur, Niederschlag und Luftfeuchtigkeit.
Gemäßigte Breiten
Zwar werden in vielen Fällen Touristen den Erreger eingeschleppt haben - in den USA wurden die jährlich importierten Fälle auf 1000, in Europa auf über 4000 geschätzt [3] -, der dann aber offensichtlich hinreichend hohe Temperaturen und Feuchtigkeit für sein Überleben vorfand. Sehr hohe Temperaturen sind zwar für die Anopheles-Mücke wie für den Krankheitserreger tödlich, weshalb in einzelnen Fällen eine Temperaturerhöhung auch zu einer Verminderung der Krankheit führen kann. Eine Temperaturerhöhung in Gebieten, in denen bisher eine zu niedrige Temperatur das Auftreten der Krankheit verhindert hat, kann jedoch zu einer sehr rapiden Ausbreitung der Krankheit führen, was auch damit zusammenhängt, dass die betroffene Bevölkerung keine Immunabwehr gegen Malaia entwickelt hat. Innerhalb ihrer Überlebens-Temperatur verbreiten sich Stechmücken schneller und saugen häufiger Blut, wenn sich die Temperatur erhöht. Überschwemmungen und Dürren als mögliche Folge der globalen Erwärmung beeinflussen ebenfalls die Verbreitung der Malariakrankheit, indem sie Brutplätze in Form von ruhigen Wasserlöchern schaffen. Wenn sich Fluten zurückziehen, hinterlassen sie Pfützen. Während einer Dürre können aus Flüssen stehende Gewässer werden. Dennoch gibt es bisher keine Beweise dafür, dass die globale Erwärmung für die neuerliche Verbreitung der Malaria mitverantwortlich gemacht werden kann, da die Datenlage zu dürftig ist.
Tropen
Gut belegt ist eine Verschiebung der Höhengrenze der Malariagebiete in den Tropen.[4] Um die Ursachen des Wiederauflebens der Malaria in afrikanischen Hochlandgebieten ist viel diskutiert worden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat es Malaria-Epidemien in Höhen zwischen 1500 und 2500 m in Afrika, Südamerika und Neuguinea gegeben. In Afrika wurde die Hochland-Malaria in den 1950er und 1960er Jahren erfolgreich durch DDT und medizinische Vorsorge bekämpft. In jüngster Zeit ist Malaria aber wieder in den Hochlandgebieten von Kenia, Uganda, Tansania, Madagaskar und Äthiopien festgestellt worden. Bevölkerungswachstum und -migration, Veränderungen in der Landnutzung sowie abnehmende Ressourcen für die Malariabekämpfung kommen als Ursache für die Rückkehr der Krankheit in Frage. Um eine eventuelle Rolle auch der Erwärmung zu bestimmen, liegen auch hier zu wenige Daten vor. Neu ist Malaria in den letzten 10 Jahren auch südlich ihres bisherigen afrikanischen Verbreitungsgebietes in Zambia und Botswana aufgetreten;[5] allerdings sind hier auch andere Faktoren als Ursache anzunehmen wie Änderungen in der Landnutzung oder eine verstärkte Migration. Es konnte aber auch beobachtet werden, dass Malaria durch eine Abnahme von Niederschlägen weitgehend verschwunden ist, wie z.B. im Senegal und Niger. Die Ursachen lagen hier in den seit den 1970er Jahren abnehmenden Niederschlägen, z.B. im Senegal von 684 mm pro Jahr in der Periode 1931-1960 auf 259 mm in 1992.
Malaria und El Niño
Dass die Ausbreitung der Malaria-Krankheit aber stark von Temperatur und Feuchtigkeit abhängig sein kann, zeigt die Zu- bzw. Abnahme von Malaria-Fällen im Zusammenhang mit dem El-Niño-Phänomen. Die konkreten Ursachen können dabei sehr unterschiedlich sein. In den Jahren nach El-Niño-Ereignissen wurde in Venezuela von 1910 bis in die 1990er Jahre eine Zunahme der Malaria-Erkrankungen um durchschnittlich 36,5%, in Kolumbien um 35% festgestellt. In beiden Fällen waren die Niederschläge während eines El-Niño niedriger als normal, wodurch aus Flüssen Tümpel entstanden sind, die ideale Brutplätze für Moskitos abgaben, die zudem noch durch höhere Temperaturen begünstigt wurden. In Nordost-Kenia dagegen, wo es normalerweise zu trocken für eine Malaria-Übertragung ist, haben starke Niederschläge und Überschwemmungen während des El-Niño 1987/88 zu einer Malaria-Epidemie bei einer Bevölkerung geführt, deren Immunsystem darauf nicht eingestellt war.[6] Ebenfalls starke Niederschläge haben dagegen während desselben El-Niño-Ereignisses im Hochland von Tansania, wo Malaria bei Kindern zuvor stark verbreitet war, zu einem deutlichen Rückgang der Erkrankung bei Kindern geführt, da die heftigen Regenfälle offensichtlich die Moskitos aus ihren Brutplätzen ausgeschwemmt haben.
Prognosen für das 21. Jahrhundert
In Modellrechnungen ist versucht worden, die Auswirkungen einer möglichen Klimaänderung auf das Übertragungspotential von Malaria zu bestimmen. Dabei wurde berücksichtigt, wie sich ein Klimawandel auf das Verhalten der Moskitos (Lebensspanne, Freßverhalten, Entwicklung usw.) und der Parasiten auswirkt, nicht jedoch der Einfluß lokaler Umwelt-Faktoren wie etwa Wasserverfügbarkeit und -qualität, Parasitenreservoir, Gesundheitssystem usw. Die Ergebnisse sind daher nicht als genaue Vorhersagen zu werten und durch die lokalen Bedingungen zu variieren, lassen aber doch gewisse Trendaussagen zu. Bei einem Temperaturanstieg um 3-5 °C bis zum Jahre 2100 wird sich hiernach die Übertragungsgefahr von Malaria in tropischen Regionen verdoppeln und in gemäßigten Gebieten sogar mehr als verzehnfachen. Auch in Mitteleuropa muss mit einer künftigen Ausbreitung von Malaria gerechnet werden. Insgesamt wird sich in der zweiten Hälfte des nächsten Jahrhunderts der Anteil der Weltbevölkerung, der in malariagefährdeten Gebieten lebt, von gegenwärtig 45% auf 60% erhöhen. Die Fälle von Malaria werden sich von 500 auf 550 bis 580 Millionen pro Jahr erhöhen.[7]
Eine jüngere Modellrechnung kommt zu dem Ergebnis, dass es im Jahre 2080 durch den Klimawandel 300 Millionen Menschen mehr in durch Plasmodium falciparium und 150 Millionen mehr in durch Plasmodium vivax gefährdeten Gebieten als 1990 geben wird.[8] Das entspricht einer zusätzlichen Erhöhung um 2-4% der aus anderen Gründen erwarteten Zunahme der der Malaria-Gefahr ausgesetzten Bevölkerung auf etwa 8 Milliarden. Die stärksten Veränderungen wird es hiernach in gemäßigten Klimazonen wie Europa, Nordamerika und Teilen Chinas geben, da hier die untere Temperaturgrenze zur Entwicklung des Parasiten und zur Übertragungsmöglichkeit neu überschritten wird. Auch in den Hochlandgebieten in Afrika und der Anden in Südamerika wird eine Zunahme des Übertragungspotentials erwartet. Außerdem wird sich in manchen Gebieten, vor allem in Afrika, die Infektionszeit auf bestimmte Jahreszeiten begrenzen, das es in anderen für das Überleben des Vektors zu trocken sein wird. In anderen Gebieten, so z.B. in Pakistan wird sich die bisherige saisonale Übertragungsperiode auf das ganze Jahr ausweiten.
Eine andere globale Modellstudie[9] kann keine signifikante Netto-Veränderung der Bevölkerung in malariagefährdeten Gebieten bis zum Jahre 2050 feststellen, da die Zunahme des Übertragungspotentials in einigen Gebieten wie den südlichen USA, in der Türkei, Turkmenistan, Usbekistan, Brasilien und China durch die Abnahme in anderen in etwa wieder aufgewogen wird. Keine der Modellrechnungen berücksichtigt allerdings künftige Anpassungsmaßnahmen in der öffentlichen Gesundheitsvorsorge oder im Verhalten der Menschen, die besonders in den entwickelten Ländern der gemäßigten Zone zu einer deutlichen Verringerung der Malariagefahr beitragen können.
Prognosen für das 21. Jahrhundert in Europa
Für die zukünftige Verbreitung von Malaria in Europa liegen nur wenige Studien vor. Für Großbritannien wird vorausgesagt, dass sich die Gebiete, in denen es warm genug für eine Übertragung von Plasmodium vivax ist, in Zukunft vergrößern werden [10]. Weitere Analysen für Großbritannien ergeben unter der Voraussetzung eines gleich bleibenden Gesundheitssystems selbst bei einer Temperaturerhöhung um 2,5°C bis 2050 nur sehr geringe Wahrscheinlichkeiten für eine erneute Ausbreitung von Malaria [10]. Für Niedersachsen wurde auf der Basis der IPCC-Szenarien berechnet, dass die Zeitspanne, in der Malaria tertiana (verursacht durch Plasmodium vivax) übertragen werden kann, im Jahr 2020 auf vier Monate begrenzt sein wird [10]. Insgesamt wird bei gleich bleibenden Gesundheitssystemen eine erneute, durch den Klimawandel bedingte Etablierung von Malaria oder das Auftreten von Epidemien im mitteleuropäischen Raum als unwahrscheinlich betrachtet. Dennoch können zukünftig häufiger einzelne Fälle von Malariaerkrankungen auftreten, da sich die Umweltbedingungen im Rahmen des Klimawandels wahrscheinlich zu Gunsten von Vektoren und Malariaparasiten verändern werden.
Ausbreitung von Malaria in gemäßigten Klimaten in der Vergangenheit
Ein weiterer Gesichtspunkt, der in der Debatte um die zukünftige, durch den menschlichen Klimawandel bedingte Ausbreitung der Malaria eine wichtige Rolle spielt, ist die Betrachtung der Geschichte der Krankheit in gemäßigten Klimagebieten. Besonders für England belegen zahlreiche historische Quellen, dass es Malaria bereits im Mittelalter gab und die Krankheit selbst in der Kleinen Eiszeit seit dem 16. Jahrhundert weit verbreitet war. Auch in vielen anderen europäischen Ländern gab es zahlreiche Fälle von Malaria im 18. und 19. Jahrhundert, in Schweden und Finnland sogar rund um den Bottnischen Meerbusen bis fast an den Polarkreis. Dass die Krankheit dann seit dem Ende des 19. Jahrunderts stark abnahm, in einer Zeit, als die Temperaturen deutlich stiegen, hatte zahlreiche nichtklimatischen Ursachen wie die Entwässerung von Sümpfen, die zunehmende Tierhaltung, die die Moskitos zunehmend das Blut von Tieren statt von Menschen saugen ließen, die zudem verstärkt vom Land in die Stadt zogen und in abgedichteten Behausungen lebten. Außerdem spielte die medizinische Entwicklung und die fallenden Kosten für Chinin eine wesentliche Rolle. Endgültig frei von Malaria wurde Europa dann durch die Anwendung von DDT nach dem Zweiten Weltkrieg. Die historische Betrachtung zeigt, dass auch für die zukünftige Verbreitung der Krankheit andere Faktoren von großer wenn nicht größerer Bedeutung sein können als die klimatischen Verhältnisse.
Einzelnachweise
- ↑ McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, in: IPCC WG II, 9.7.1.
- ↑ Epstein, P.R. (2000): Is Global Warming Harmful to Health?, Scientific American, August 2000 (http://www.sciam.com/2000/0800issue/0800epstein.html); McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, in: IPCC WG II, 9.7.1.; Martens, P., R.S. Kovats, S. Nijhof, P. de Vries, M.T.J. Livermoore, D.J. Bradley, J. Cox and A.J. McMichael (1999): Climate change and future populations at risk of malaria, Global Environmental Change, 9, S89-S107; Githeko, A.K., S.W. Lindsay, U.E. Confalonieri and J.A. Patz: Climate change and vector-borne diseases: a regional analysis, WHO Bulletin, 78, 1136-1147
- ↑ Martens, P., R.S. Kovats, S. Nijhof, P. de Vries, M.T.J. Livermoore, D.J. Bradley, J. Cox and A.J. McMichael (1999): Climate change and future populations at risk of malaria, Global Environmental Change, 9, S89-S107
- ↑ McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, in: IPCC WG II, 9.7.1.
- ↑ Dobler, G. und G.Jendritzky (1998): Krankheiten und Klima, in:Lozán, J.L., H. Graßl und P. Hupfer: Warnsignal Klima, Hamburg, 334-337
- ↑ Kovats, R.S. (2000): El Niño and human health, Bulletin of the World Health Organization, 78, 1127-1135
- ↑ Watson, R.T., M.C. Zinyowera, R.H. Moss and D.J. Dokken (1998): The Regional Impacts of Climate Change. An Assessment of Vulnerability, Cambridge, p.7
- ↑ McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, IPCC, WG II, TAR, 9.7.1.; Martens, P., R.S. Kovats, S. Nijhof, P. de Vries, M.T.J. Livermoore, D.J. Bradley, J. Cox and A.J. McMichael (1999): Climate change and future populations at risk of malaria, Global Environmental Change, 9, S89-S107
- ↑ Rogers, D.J. and S.E. Randolph: The Global Spread o Malaria in a Future, Warmer World, Science, 289, 1763-1765
- ↑ 10,0 10,1 10,2 Kampen, H./ Maier, W. A. (2007/2008): Wird die Malaria wieder eine Gefahr für Europa. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 169-172.
Siehe auch
- Klimawandel und Gesundheit
- Indirekte Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit
- Zecken als Krankheitsüberträger
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