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Einige Studien prognostizieren, dass bereits ein Meeresspiegelanstieg von 0,3 m zum globalen Verschwinden der Hälfte von Sandstränden bis 2100 führen könnte. Dabei ist der Meeresspiegelanstieg nicht das einzige Risiko, dass durch den Klimawandel verstärkt den Sandstränden vom Meer her droht. Auch die Wellenhöhe und Sturmfluten bergen erhebliche Gefahren. Für die katalanischen Strände wurde nach dem Szenario RCP4.5 eine Reduzierung der Aufnahmekapazität um ein Viertel bis fast die Hälfte berechnet.<ref>Sulis, A. Carboni, G. Manca, O. Yezza, S. Serreli (2023): [https://doi.org/10.1016/j.ecss.2023.108284 Impacts of climate change on the tourist-carrying capacity at La Playa beach (Sardinia, IT)]. Estuarine Coastal and Shelf Science, 284 (2023), Article 1082084</ref> Dabei sind weniger dauerhafte Überschwemmungen das Problem als die schon heute an über der Hälfte der Strandküsten Kataloniens verbreitete Erosion. Nach dem Szenario RCP4.5 wird die Aufnahmekapazität von Strandbesuchern durch die Erosion infolge des Meeresspiegelanstiegs in den nächsten 50 Jahren um über 50% zurückgehen. Besonders gefährdet sind die beliebten Strände an der Costa Brava und Costa Daurada. Das wird nach Modellberechnungen zu einer Reduzierung des Bruttosozialprodukts der Küstenregion Kataloniens um bis zu 20% führen.<ref name="Garola 2022"/>
Einige Studien prognostizieren, dass bereits ein Meeresspiegelanstieg von 0,3 m zum globalen Verschwinden der Hälfte von Sandstränden bis 2100 führen könnte. Dabei ist der Meeresspiegelanstieg nicht das einzige Risiko, dass durch den Klimawandel verstärkt den Sandstränden vom Meer her droht. Auch die Wellenhöhe und Sturmfluten bergen erhebliche Gefahren. Für die katalanischen Strände wurde nach dem Szenario RCP4.5 eine Reduzierung der Aufnahmekapazität um ein Viertel bis fast die Hälfte berechnet.<ref>Sulis, A. Carboni, G. Manca, O. Yezza, S. Serreli (2023): [https://doi.org/10.1016/j.ecss.2023.108284 Impacts of climate change on the tourist-carrying capacity at La Playa beach (Sardinia, IT)]. Estuarine Coastal and Shelf Science, 284 (2023), Article 1082084</ref> Dabei sind weniger dauerhafte Überschwemmungen das Problem als die schon heute an über der Hälfte der Strandküsten Kataloniens verbreitete Erosion. Nach dem Szenario RCP4.5 wird die Aufnahmekapazität von Strandbesuchern durch die Erosion infolge des Meeresspiegelanstiegs in den nächsten 50 Jahren um über 50% zurückgehen. Besonders gefährdet sind die beliebten Strände an der Costa Brava und Costa Daurada. Das wird nach Modellberechnungen zu einer Reduzierung des Bruttosozialprodukts der Küstenregion Kataloniens um bis zu 20% führen.<ref name="Garola 2022"/>


=== Folgen für den Tourismus ===
Der Mittelmeertourismus ist primär Strandtourismus. 2010 haben etwa 170 Millionen Touristen Südeuropa und den Mittelmeerraum besucht und die Tourismuswirtschaft hat 158 Milliarden US$ erwirtschaftet. Dabei dominierte eindeutig der sog. 3S-Tourismus (nach engl. sun, sea, sand), der stark von den klimatischen Bedingungen abhängig ist.<ref name="Amelung 2014">Amengual, A., et al. (2014): Projections for the 21st century of the climate potential for beach-based tourism in the Mediterranean, International Journal of Climatology 34, 3481–3498</ref> Für Sommertouristen sind maximale Tagestemperaturen bis 30 °C und Tagesmitteltemperaturen von 21 °C optimal.<ref name="Amelung 2007">Amelung, B.,  and D. Viner (2007): The vulnerability to climate change of the Mediterranean as a tourist destination, in: Amelung B., Blazejczyk K., Matzarakis A., 2007: [http://www.urbanclimate.net/matzarakis/papers/Book_Nato.pdf Climate Change and Tourism – Assessment and Coping Strategies], 41-54</ref> Andere Autoren haben die optimale Temperatur für den Strandtourimus bei etwa 28 °C festgelegt, bei leichter Brise und klarem Himmel.<ref name="Amelung 2014" />
Gegenwärtig gibt es im gesamten Mittelmeerraum im Durchschnitt 90 Tage mit akzeptablen Bedingungen für den Strandtourismus, wovon 60 Tage ideale Bedingungen aufweisen. Die höchsten Werte mit bis zu 180 Tagen zeigt das östliche Mittelmeer. Zum Vergleich weist die europäische Atlantikküste nur 30 Tage mit akzeptablen und idealen Bedingungen für den Strandtourismus auf. Für das Ende des 21. Jahrhundert wird projiziert, dass die Tage mit idealen Bedingungen vor allem im Sommer zurückgehen und im Herbst und Frühjahr ansteigen werden.<ref name="Amelung 2014" />
Die deutliche Zunahme der Sommertemperaturen mit der Gefahr stärkerer und häufigerer Hitzewellen könnte auf viele Mittelmeertouristen abschreckend wirken. Mittel- und Nordeuropäer sind an extreme Sommertemperaturen nicht angepasst und könnten um ihre Gesundheit fürchten. Kommt es häufiger wie schon während der Hitzewelle 2003 zu Hitzetoten, werden die Nachrichten darüber viele Touristen davon abschrecken, ihren Urlaub an den Stränden des Mittelmeeres zu verbringen. Aber auch der Binnentourismus wird durch höhere Sommertemperaturen beeinflusst, wie eine Studie über Spanien zeigt.<ref>A. Bujosa & J. Rosselló (2012): Climate change and summer mass tourism: the case of Spanish domestic tourism, Climatic Change, DOI 10.1007/s10584-012-0554-x</ref> Danach wird der Strandtourismus von Spaniern in den südlichen Küstenprovinzen bis 2050 z.T. deutlich zurückgehen, während die nördlichen Küstenprovinzen von steigenden Sommertemperaturen profitieren werden. So könnte der Anteil der Provinz Málaga am gesamten spanischen Binnenstrandtourismus von gegenwärtig 6 % auf 1 % sinken, während er in La Coruña von 5,8 auf 8 % zunehmen könnte.
Zu dem Hitzestress kommen durch die Abnahme der Niederschläge erhebliche Probleme bei der Wasserversorgung hinzu.<ref>Annette Klein (2007): Klimawandel und Tourismus in der Europäischen Union. Folgen für den Wintersport- und Sommertourismus, Saarbrücken, S. 65 ff.</ref> Touristen verbrauchen, je höher die Temperaturen sind, weit über dem jeweiligen Durchschnitt des Gastlandes liegende Süßwassermengen. Viele Urlaubsunterkünfte sind mit Swimmingpools versehen, es wird mehrmals am Tag geduscht usw. Für viele Anbieter wird es zunehmend schwieriger, das nötige Süßwasser bereit zu stellen. Zahlreiche Gemeinden erlassen jetzt schon strenge Auflagen für den Wasserverbrauch im Sommer. Trockenheit und Hitze werden außerdem immer mehr Waldbrände verursachen, die direkt touristische Anlagen gefährden.
Ein weiteres Problem wird in dem durch die globale Erwärmung verursachten [[Meeresspiegelanstieg in Europa|Meeresspiegelanstieg]] gesehen.<ref>Annette Klein (2007): Klimawandel und Tourismus in der Europäischen Union. Folgen für den Wintersport- und Sommertourismus, Saarbrücken, S. 69</ref> So wird für Kreta angenommen, dass die Insel bei einem Anstieg des Meeresspiegels um 50 cm die Hälfte ihrer Strände durch Erosion verlieren würde. Aber auch Festlandküsten sind gefährdet.
Wie sich durch den Klimawandel die Urlaubsströme in Zukunft tatsächlich umorganisieren werden, ist allerdings sehr schwierig zu beurteilen. Eine Möglichkeit wäre eine Verlagerung der Hochsaison in den Frühling und Herbst hinein. Allerdings steht Familien mit Kindern diese Möglichkeit wegen der Ferienzeiten häufig nicht offen. Außerdem kann damit gerechnet werden, dass sich der Wintertourismus am Mittelmeer, der heute weitgehend von Pensionären bestimmt wird, verstärken wird. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass sich die Touristenströme räumlich verlagern werden, z.B. an Ost- und Nordseestrände oder in kühlere Gebirgsregionen.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 11. September 2024, 15:29 Uhr

Globaler Tourismus

Allgemeines

Die weltweiten Touristenankünfte werden aktuell auf rund 1,5 Milliarden pro Jahr geschätzt. Die beliebteste Reiseregion ist Europa, an zweiter Stelle folgt der Asien-Pazifik-Raum. In vielen Ländern der Welt ist der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der zum ökonomischen Wachstum beiträgt und z.T. zu den größten Beschäftigungssektoren gehört. Allerdings bewirkt der touristische Reiseverkehr, vor allem durch den Flugverkehr, einen erheblichen Teil der Treibhausgasemissionen, die den Klimawandel antreiben.[1]

Der weltweite Tourismus hat in den letzten 50 Jahren ein gewaltiges Wachstum erfahren. Nach der Weltorganisation für Tourismus (UNWTO) der UN trug der Tourismus 2019 mit 10,3% zum globalen Bruttosozialprodukt bei.[2] Die Corona-Krise hat zu einem Einbruch der touristischen Reisen auf weniger als ein Drittel geführt. Anfang 2024 war das Niveau vor Corona jedoch nahezu wieder erreicht.[3] Im ersten Quartal 2024 erreichte der weltweite Tourismus 97% des Vor-Corona-Niveaus. Europa und Afrika zeigten sogar eine geringfügige Steigerung gegenüber 2019.[4]

Seit mehr als 30 Jahren steht Frankreich an der Spitze der meistbesuchten Länder der Welt mit über 100 Millionen internationale Touristen im Jahr 2023. Das entspricht einem Anteil von 8 % am weltweiten Tourismus. Darauf folgen Spanien mit 85 Mio., die USA mit 66 Mio. und Italien mit 57 Mio. Touristen. Deutschland liegt mit 35 Mio. auf dem achten Platz.[3]

Tourismus und Klimawandel

Der Tourismus ist im Hinblick auf den Klimawandel ein hoch sensibler Wirtschaftssektor. Von der Welthandelsorganisation WTO wurde der Klimawandel als die größte Herausforderung für den Tourismus im 21. Jahrhundert eingeschätzt. Bedrohungen gehen u.a. vom Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten, von abnehmenden Wasserressourcen, Preissteigerungen durch Klimaschutzmaßnahmen, Wetterextremen, die touristische Infrastruktur zerstören, u.a. Faktoren aus.[5] Meeresspiegelanstieg und verstärkte Wellenenergie sowie Unterbrechungen von Sedimentlieferung haben bereits zu lokalen Strand-Erosionsraten von 0,5-3 m/Jahr geführt und könnten nach Modellberechnungen einen Rückzug der Küstenlinie um mindestens 100 m bei bis zu 15% der Strände bis 2050 und bei 40% der Strände bis 2100 bewirken.[6] Die durch den Meeresspiegelanstieg bewirkte Erosion wird mit eheblichen wirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Länder verbunden sein.[2]

Wetterextreme wie Starkregen, Stürme, Hitzewellen und Dürren können den Zugang zu touristischen Zielen und die Vor-Ort-Bedingungen erheblich verändern. So können Überschwemmungen und Stürme die Transportinfrastruktur in Mitleidenschaft ziehen. Ebenso kann der Klimawandel z.B. durch Dürren die landwirtschaftliche Produktion schädigen und zu höheren Kosten bei Lebensmitteln führen. Waldbrände, die vor 2010 nahezu keine Bedeutung für den Tourismus hatten, bedrohen zunehmend wichtige touristische Regionen, z.B. im Mittelmeerraum, in Kalifornien und Australien.[7] Nicht zuletzt können Dürren zu einem extremen Wassermangel führen, wie das infolge der Dürre 2015-2017 in der Region Kapstadt Anfang 2018 der Fall war. Der Wassermangel führte zu einem sichtlichen Rückgang des Tourismus und einem deutlichen Einkommensverlust für lokale Unternehmen, wozu möglicherweise auch staatliche Forderungen zur Wassereinsparung beitrugen.[8]

Im Zusammenhang mit Wetterextremen spielt die Wahrnehmung des Problems durch potentielle Touristen eine zentrale Rolle, die wesentlich durch die Medien beeinflusst wird. Die Motive für das Fernbleiben von Touristen in einer betroffenen Region können durchaus unterschiedlich sein. Die einen befürchten vielleicht persönlich Einschränkungen in ihrem Urlaub, andere möchten die betroffene Region nicht zusätzlich belasten, wieder andere wollen gerade durch ihren Aufenthalt die betroffenen Menschen unterstützen. Signifikante negative Auswirkungen auf den Tourismus wie im Fall Kapstadt müssen aufgrund der widerstreitenden Motive nicht die Regel sein. Auch Hitzewellen halten Touristen bisher kaum von der Anreise ab. Viele gehen davon aus, dass Hitzewellen vorübergehend sind und der Service vor Ort sie vor deren Auswirkungen, z.B. durch Klimaanlagen, schützen wird. Zudem wird angenommen, dass von der Hitze vor allem die lokale Bevölkerung betroffen ist.[8]

Der Tourismus kann aber auch durch die Gefährdung bestimmter Sehenswürdigkeiten infolge des Klimawandels verstärkt angeregt werden. So werden weltweit Gletscher besichtigt, weil sie in nächster Zeit verschwunden sein sollen. Ebenso machen Touristen sich auf, in der Arktis noch die letzten Eisbären zu Gesicht zu bekommen. In den Tropen sind sterbende Korallenriffe ein beliebtes Touristenziel. Problematisch an solchen Aktivitäten ist, dass die touristischen Reisen zum Klimawandel beitragen und vor Ort das ökologische Gleichgewicht gestört werden kann.[9]

Länder, deren Tourismus durch den Klimawandel als stark gefährdet gelten, liegen hauptsächlich in Afrika, im Mittleren Osten, in Südasien und als kleine Inselstaaten in der Karibik sowie im Indischen und Pazifischen Ozean. Am wenigstens durch den Klimawandel gefährdet ist der Tourismus in Ländern im westlichen und nördlichen Europa, in Mittelasien sowie in Kanada und Neuseeland. Wirtschaftlich besonders gefährdet sind solche Staaten, in denen der Tourismus einen hohen Anteil am Bruttosozialprodukt besitzt und zugleich durch den Klimawandel stark gefährdet ist. Dazu gehören vor allem eine Reihe von kleinen Inselstaaten wie die Malediven, die Seychellen, Mauritius, die Bahamas, Jamaika u.a. Aber auch nicht zu den kleinen Inselstaaten gehörende Länder wie Honduras, Laos, Thailand, Vietnam und Namibia gehören zu dieser Gruppe.[10]

Tourismus in Europa – Der Mittelmeerraum

Europäischer Tourismus

Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren in Europa. Europa ist zudem die am stärksten besuchte Region der Welt und stand vor der Coronapandemie im Jahr 2019 für 51% der internationalen Touristenankünfte bzw. 582 Mio. Touristen. Die Einnahmen beliefen sich auf 41% der weltweiten Einnahmen durch den Tourismus. Die beliebteste Touristenziele in Europa sind Spanien, Italien, Frankreich, Deutschland und Großbritannien. In den letzten Jahrzehnten hat der Tourismus in Europa deutlich expandiert, von 2,15 Mrd. Übernachtungen im Jahr 2000 auf 3,2 Mrd. Übernachtungen 2019. Auch alle wichtigen Touristenländer wie Spanien, Italien, Frankreich oder Deutschland haben an Übernachtungen hinzugewonnen.[11]

Von den größeren europäischen Touristengebieten ist der Mittelmeerraum die führende Touristenregion der Welt und zieht 30% des internationalen Tourismus an, primär durch seine Küsten und Sandstrände. Innerhalb des Mittelmeerraums gehört Spanien zu den am meisten besuchten Regionen, wobei fast ein Viertel der ausländischen Touristen Spaniens Katalonien, und zwar hauptsächlich dessen Küsten und Strände, besuchten. Der Küstentourismus ist andererseits der empfindlichste ökonomische Sektor gegenüber dem Klimawandel. Dabei sind nach Einschätzung von Garola et al. (2022)[2] der Meeresspiegelanstieg und die Wasserknappheit die größten Risiken für den Küstentourismus durch den Klimawandel.

Einfluss des Klimawandels

Aktuelle Situation

Besonders die Küstenräume der Mittelmeerländer sind durch die weitgehend milden Klimabedingungen und die hohe Qualität der Strände ein beliebtes Touristenziel. 2019 erwirtschaftete z.B. der Tourismus 12,4% des spanischen Bruttosozialprodukts.[12] Durch den Klimawandel leidet der Mittelmeerraum jedoch unter einem starken Temperaturanstieg, der über dem globalen Durchschnitt liegt. Seit den 1980er Jahren erwärmte sich der Mittelmeerraum stärker als im globalen Durchschnitt. Im östlichen Mittelmeerraum kam es in den letzten Jahrzehnten sogar zu Erwärmungsraten von 0,45 °C pro Jahrzehnt. Die bereits häufigen Hitzewellen werden in Zukunft noch zunehmen und sich negativ auf den Küstentourismus auswirken. Den Hitzewellen im Jahr 2022 fielen in Italien 18.000 Menschen zum Opfer, in Spanien 11.000; für 2023 werden ähnlich hohe Opferzahlen angenommen.[13] Auch Starkregen verursachen besonders im Herbst in den Küstengebieten zahlreiche Schäden und Todesopfer. Einer der Gründe für die intensiven Niederschläge ist die starke Erhöhung der Meeresoberflächentemperaturen (Abb.) im Spätsommer und frühen Herbst, die zu einer hohen Verdunstung und Bildung von wasserdampfgesättigten Luftmassen führt, die sich über den Küstengebieten und deren Hinterland ausregnen.[12]

Neben den Extremereignissen und z.T. als Folge davon ist die Wasserversorgung ein Kernproblem des touristischen Sektors. Nicht selten ist sie erst in jüngster Zeit infolge von zunehmender Verdunstung und Dürren dazu geworden wie z.B. auf der griechischen Insel Rhodos.[14] Wasser ist eine grundlegende Ressource für den Tourismus. Global beträgt der Wasserverbrauch des Tourismus zwar nur 1% des weltweiten Verbrauchs. Aber in bestimmten Regionen kann der touristische Konsum von Süßwasser die lokalen Ressourcen stark gefährden. Der hohe touristische Wasserbedarf zeigte sich z.B. während der Corona-Krise auf den Balearen, als der Verbrauch im Juni-September 2020 um 58% abnahm, weil die Touristen zu einem großen Teil fehlten. Besonders im Sommer bewirken die Landwirtschaft, der städtische Wasserbedarf und der Tourismus vielfach einen starken Wassermangel. Gleichzeitig verringert der Klimawandel durch geringere Niederschläge, höhere Verdunstung und Dürren die Wasserverfügbarkeit.[15]

Die Mittelmeerregion kam 2020 auf 300 Mio. Touristenankünfte pro Jahr, was zu einem erheblichen Druck auf den lokalen Wasserbedarf ausübte. Dabei hat die Wasserqualität und -verfügbarkeit durch Änderung der Niederschläge und Übernutzung schon in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen. Der tägliche Wasserverbrauch pro Tourist wird für den Mittelmeerraum auf 300-880 Liter pro Person geschätzt. Touristen nutzen Wasser durch Duschen, Toilettenspülung und wasserbezogene Aktivitäten wie Wellness und Poolbenutzung. Besonders hoch ist der Wasserverbrauch bei Hotelunterbringung von Touristen, wo er vor allem durch Swimmingpools und Grünanlagen um das Dreifach höher als bei der Wassernutzung zu Hause liegt.[16]

Klimaprojektionen und Folgen für den Tourismus

Modelluntersuchung mit Regionalmodellen bei drei verschiedenen Szenarien einer globalen Erwärmung von 1,5 °C, 3 °C und 4 °C zeigen die möglichen Folgen des Klimawandels für die Zukunft auf. Dabei deuten sich besonders räumliche Verlagerungen der Touristenströme an. Bei einer globalen Erwärmung von 1,5 °C ist der Effekt des Klimawandels auf die Touristenankünfte für die meisten Touristengebiete noch verhältnismäßig gering. Die höchste Abnahme hat Cypern mit 1,9% zu verzeichnen, die höchste Zunahme die finnische Küstenregion mit 3,3%. Auch bei einer Zunahme von 2 °C bleibt es etwa bei diesen Werten.[11]

Bei den Szenarien mit 3 °C und 4 °C Erwärmung nehmen die Touristengebiete in Mittel- und Nordeuropa deutlich an Attraktivität zu, während die Mittelmeerländer, aber auch Länder wie Bulgarien und Rumänien mit weniger Touristen rechnen müssen. Besonders stark sind die Veränderungen in Küstengebieten. So kann die walisische Küstenzone mit einem Gewinn von 16% rechnen, die Ionischen Inseln Griechenlands dagegen mit einem Verlust von 9%. Auch in den übrigen Gebieten der britischen Inseln sowie der Nordsee- und Ostsee-Küstenregionen nehmen die touristischen Zuströme um mindestens 5% zu (Abb.).[11]

Veränderungen durch die globale Erwärmung ergeben sich auch in der saisonalen Verteilung der Touristenströme. Während im Norden Europas im Sommer und frühen Herbst die Touristenankünfte um mehr als 5% zunehmen werden, gehen sie in den südlichen Küstenregionen um 10% und mehr zurück. Die Verluste im Sommertourismus im Süden Europas werden allerding bis zu einem gewissen Teil kompensiert durch mehr Touristen in den Übergangsjahreszeiten Herbst und Frühjahr.[11]

Meeresspiegelanstieg und Erosion

Einige Studien prognostizieren, dass bereits ein Meeresspiegelanstieg von 0,3 m zum globalen Verschwinden der Hälfte von Sandstränden bis 2100 führen könnte. Dabei ist der Meeresspiegelanstieg nicht das einzige Risiko, dass durch den Klimawandel verstärkt den Sandstränden vom Meer her droht. Auch die Wellenhöhe und Sturmfluten bergen erhebliche Gefahren. Für die katalanischen Strände wurde nach dem Szenario RCP4.5 eine Reduzierung der Aufnahmekapazität um ein Viertel bis fast die Hälfte berechnet.[17] Dabei sind weniger dauerhafte Überschwemmungen das Problem als die schon heute an über der Hälfte der Strandküsten Kataloniens verbreitete Erosion. Nach dem Szenario RCP4.5 wird die Aufnahmekapazität von Strandbesuchern durch die Erosion infolge des Meeresspiegelanstiegs in den nächsten 50 Jahren um über 50% zurückgehen. Besonders gefährdet sind die beliebten Strände an der Costa Brava und Costa Daurada. Das wird nach Modellberechnungen zu einer Reduzierung des Bruttosozialprodukts der Küstenregion Kataloniens um bis zu 20% führen.[2]


Einzelnachweise

  1. Statista, L. Graefe (2024): Welche Auswirkungen hat die Klimakrise auf den Tourismus?
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Garola, A., U. López-Dóriga, J.A. Jiménez (2022): The economic impact of sea level rise-induced decrease in the carrying capacity of Catalan beaches (NW Mediterranean, Spain). Ocean & Coastal Management, 218
  3. 3,0 3,1 Road Genius (2024): World Tourism Rankings By Country – Most Visited Countries in the World in 2023
  4. UN Tourism (2024): Latest Tourism Data
  5. D. Scott, C.M. Hall, S. Gössling (2019): Global tourism vulnerability to climate change, Annals of Tourism Research, 77, pp. 49-61
  6. IPCC AR6 WGII (2022): Oceans and Coastal Ecosystems and Their Services, 3.4.2.6
  7. Gössling, S., & D. Scott (2024): Climate change and tourism geographies, Tourism Geographies
  8. 8,0 8,1 Rosselló, J., S. Becken, M. Santana-Gallego (2020): The effects of natural disasters on international tourism: a global analysis. Tourism Manag. 79
  9. Salim, E., & L. Ravanel (2023): Last chance to see the ice: Visitor motivation at Montenvers-Mer-de-Glace, French Alps. Tourism Geographies, 25(1), 72–94. https://doi.org/10.1080/14616688.2020.1833971
  10. D. Scott, D., C.M. Hall, S. Gössling (2019): Global tourism vulnerability to climate change, Annals of Tourism Research 77, 49-61
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 Matei, N.A., D. García-León, A. Dosio et al. (2023): Regional impact of climate change on European tourism demand, Publications Office of the European Union, Luxembourg, https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/handle/JRC131508
  12. 12,0 12,1 De la Vara, A., W. Cabos, C. Gutiérrez et al. (2024): Climate change impacts on the tourism sector of the Spanish Mediterranean coast: Medium-term projections for a climate services tool. Climate Services, 34
  13. Cramer, W. (2024): Mittelmeerraum: Hitze & Trockenheit 2023 brechen alle Rekorde, in: J. L. Lozán, H. Graßl, D. Kasang, M. Quante & J. Sillmann (Hrsg.). Warnsignal Klima: Wetterextreme. www.warnsignal-klima.de. DOI:10.25592/warnsignal.klima.wetterextreme
  14. Skrimizea, E., & Parra, C. (2019). Social–ecological dynamics and water stress in tourist islands: The case of Rhodes, Greece. Journal of Sustainable Tourism, 27(9), 1438–1456. https://doi.org/10.1080/ 09669582.2019.1630420
  15. Ricart, S., R. Villar-Navascués, M. Reyes et al. (2024): Water–tourism nexus research in the Mediterranean in the past two decades: a systematic literature review, International Journal of Water Resources Development, 40:1, 57-83, https://doi.org/10.1080/07900627.2023.2207686
  16. Mendoza, E., G. Ferrero, Y. M. Slokar, et al. (2023): Water management practices in Euro-Mediterranean hotels and resorts, International Journal of Water Resources Development, 39:3, 485-506, https://doi.org/10.1080/07900627.2021.2015683
  17. Sulis, A. Carboni, G. Manca, O. Yezza, S. Serreli (2023): Impacts of climate change on the tourist-carrying capacity at La Playa beach (Sardinia, IT). Estuarine Coastal and Shelf Science, 284 (2023), Article 1082084

Weblinks

  1. Meeres- und Küstentourismus Lernmaterialien
  2. Klimawandel und Küste Lernmaterialien

Literatur

  • Annette Klein (2007): Klimawandel und Tourismus in der Europäischen Union. Folgen für den Wintersport- und Sommertourismus, Saarbrücken


Klimadaten zum Thema

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