Zukünftige Aerosolkonzentrationen: Unterschied zwischen den Versionen

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Das [[Klima im 21. Jahrhundert|Klima des 21. Jahrhunderts]] ist selbstverständlich auch von natürlichen Schwankungen abhängig, wird aber nach heutiger Kenntnis vor allem von der Entwicklung der Weltgesellschaft und ihren Emissionen an [[Treibhausgase|Treibhausgasen]] und [[Aerosole|Aerosolen]] beeinflusst. Da diese Entwicklung nicht vorhergesagt werden kann, hat der [[IPCC]] verschiedene mögliche [[Klimaszenarien|Szenarien]] aufgestellt, von denen wiederum die künftigen Treibhausgas- und Aerosol-Emissionen abhängig sind. Aus den möglichen Emissionen können mit [[Klimamodelle|Klimamodellen]] die möglichen Konzentrationen der Treibhausgase und Aerosole in der [[Atmosphäre]] berechnet werden.  
== Ursachen künftiger Aerosol-Abnahme ==
Um das Paris-Abkommen einer Begrenzung der globalen Mitteltemperatur auf höchstens 2 °C, möglichst sogar auf 1,5 °C, in diesem Jahrhundert einzuhalten, müssen vor allem die Treibhausgas-Emissionen drastisch reduziert werden. Erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben aber auch die Emissionen anthropogener Aerosole, die mit darüber entscheiden, um wieviel die Treibhausgas-Emissionen reduziert werden müssen. Nach einer Modell-Berechnung von Larson & Portmann (2019) wäre bei ähnlich hohen Aerosol-Emissionen wie gegenwärtig bis 2040 eine Treibhausgas-Reduktion von 8% ausreichend, um auf dem Pfad des Paris-Abkommens zu bleiben. Bei einer starken Reduzierung der Aerosol-Emissionen müssten dagegen die Treibhausgas-Emissionen bis 2040 um 36% zurückgehen.<ref name="Larson 2019">Larson, E.J.L., & R.W. Portmann (2019): Anthropogenic aerosol drives uncertainty in future climate mitigation efforts. Sci Rep 9, 16538. https://doi.org/10.1038/s41598-019-52901-3</ref>  Es ist davon auszugehen, dass dies das wahrscheinlichere Szenario ist. Allein in Indien starben 2017 1,2 Mio. Menschen durch Luftverschmutzung, an der Aerosole einen wesentlichen Anteil haben; und nach Modell-Berechnungen werden durch eine deutliche Abnahme von Aerosol-Emissionen bis 2100 weltweit jährlich rund 2 Mio. Menschen weniger sterben.<ref name=Lund 2019">Lund, M. T., G. Myhre & B. H. Samset (2019): Anthropogenic aerosol forcing under the Shared Socioeconomic Pathways, Atmos. Chem. Phys., 19, 13827–13839, https://doi.org/10.5194/acp-19-13827-2019</ref>  In den wichtigsten Zentren der Aerosol-Emission Europa, Nordamerika und Ostasien werden daher die Bemühungen, die Luftbelastung durch Aerosole zu verringern, weitergehen. In Indien werden die Aerosol-Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts wahrscheinlich noch zunehmen, danach aber auch dort abnehmen. Die weitere Entwicklung in neu hinzukommenden Emissionszentren wie Südostasien und Afrika ist weitgehend unklar.<ref name="Persad 2023">Persad, G., B.H. Samset and L.J. Wilcox et al. (2023): Rapidly evolving aerosol emissions are a dangerous omission from near-term climate risk assessments, Environmental Research: Climate 2, 3, https://dx.doi.org/10.1088/2752-5295/acd6af</ref>


== Emissionsentwicklung ==
Die Luftreinhaltepolitik ist jedoch nur der eine Antrieb der künftigen Aerosol-Belastung. Der andere ist die Abnahme der Treibhausgas-Emissionen. Werden in den nächsten Jahrzehnten die fossilen zunehmend durch regenerative Energieträger ersetzt, ein Prozess, der gegenwärtig schon an Dynamik gewonnen hat,<ref "IEA 2023">International Energy Agency (2023): Net Zero Roadmap: A Global Pathway to Keep the 1.5 °C Goal in Reach, 2023 Update, https://www.iea.org/reports/net-zero-roadmap-a-global-pathway-to-keep-the-15-0c-goal-in-reach</ref> werden nicht nur weniger Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen, sondern auch weniger von den wichtigsten anthropogenen Aerosolen emittiert, nämlich den Sulfat-Aerosolen. Weniger Treibhausgase werden zu einer Abkühlung der Atmosphäre beitragen, weniger Sulfat-Aerosole eine Erwärmung bewirken, da dadurch eine geringere Menge an Sonneneinstrahlung gestreut wird. Der nach dem Paris-Abkommen in Gang gesetzte Klimaschutz wird also teilweise sein Gegenteil bewirken.  
[[Bild:Aerosolszenarien.jpg|thumb|420px|Globale Emissionen von Schwefel (S) 1990 bis 2100 in Tg S pro Jahr]]
Neben den Treibhausgasen sind [[Aerosole]] ein weiterer wichtiger, vom Menschen beeinflusster Antriebsfaktor auf den [[Strahlungshaushalt der Atmosphäre]]. Im Gegensatz zu den Treibhausgasen wirken Aerosole jedoch primär abkühlend, da ihr Haupteffekt darin besteht, [[Sonnenenergie|Sonnenstrahlen]] zu reflektieren und zur [[Wolken]]bildung beizutragen. Anthropogene, vom Menschen verursachte Aerosole werden z.B. wie Ruß entweder direkt emittiert oder sie entstehen in der Atmosphäre durch chemische Umwandlung von gasförmigen Vorläuferstoffen, so die Sulfataerosole aus Schwefeldioxid (SO<sub>2</sub>), das bei der Verbrennung fossiler Energien aus Schwefel entsteht. Sulfataerosole gelten als die wichtigsten anthropogenen Aerosole.  


Da [[Sulfataerosole]] auch als Verursacher des sauren Regens gelten, wurde die Emission von Schwefeldioxid seit den 1970er Jahren durch Filtermaßnahmen in den westlichen Industrieländern und später durch den Zusammenbruch der Altindustrie in den ehemaligen Ostblockstaaten zurück gedrängt. Die jüngste Industrialisierung von Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien sowie die Erneuerung der Industrieproduktion in Staaten wie Russland oder der Ukraine hat diese Entwicklung teilweise wieder in Frage gestellt. Berechnungen nach den [[Klimaszenarien#Die_IPCC-Emissionszenarien|IPCC-Szenarien]] für das 21. Jahrhundert ergeben daher nur für die Szenarien A1T und B2 eine kontinuierliche Abnahme der SO<sub>2</sub>-Emissionen.<ref>Pham, M., O. Boucher, and D. Hauglustaine (2005): Changes in atmospheric sulfur burdens and concentrations and resulting radiative forcings under IPCC SRES emission scenarios for 1990-2100. Journal of Geophysical Research - Atmospheres 110</ref>  Bei den anderen Szenarien wird das Maximum zwischen 2020 und 2040 erreicht, gefolgt von einer deutlichen Abnahme der Emissionen bis 2100. Am Ende des Jahrhunderts liegen hiernach die SO<sub>2</sub>-Emissionen zwischen 29 und 85 % der Werte um 1990.
== Aerosol-Abnahme und Klimawirkung ==
Entscheidend werden die quantitativen Verhältnisse sein: Wie hoch wird die Erwärmung durch die Abnahme der Aerosole im Vergleich zur Abkühlung durch weniger Treibhausgase sein? Bei dem niedrigen Szenario SSP1-1.9 gehen vor allem die Emissionen von Schwefeldioxid (SO<sub>2</sub>) schon bis 2040 global um 25% zurück. Bei dem hohen Szenario SSP3-7.0 nehmen die SO<sub>2</sub>-Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts zunächst geringfügig gegenüber 2015 zu, um dann bis zum Ende des Jahrhunderts um etwa denselben Betrag zu fallen (Abb.). Die Folge ist ein Rückgang der Aerosol-Belastung um 60% gegenüber dem Gegenwartsniveau nach dem SSP1-1.9-Szenario. Bei SSP3-7.0 nimmt die Sulfataerosol-Belastung bis zur Mitte des Jahrhunderts leicht zu und sinkt dann bis 2100 geringfügig auf das Niveau um 2015.<ref name=Lund 2019" />


== Konzentrationsszenarien ==
Die starke Abnahme der Aerosol-Belastung der letzten Jahrzehnte wird nach dem niedrigen Szenario SSP1-1.9 (kompatibel mit dem 1,5 °C-Ziel) bis 2040 eine starke Zunahme der Sonneneinstrahlung zur Folge haben (Abb.), die bis 2100 in abgeschwächter Form weitergehen wird. Vom vorindustriellen Wert wird bei diesem Szenario am Ende des Jahrhunderts der globale Mittelwert mit -0,04 W/m2 nur geringfügig abweichen. Bei dem hohen Szenario SSP3-7.0 wird sich der Einfluss der Aerosole auf die Solarstrahlung dagegen kaum von dem der Gegenwart unterscheiden und bei -0,55 W/m<sup>2</sup> gegenüber der vorindustriellen Zeit liegen. Bei beiden Szenarien ist der Strahlungsantrieb gegenüber der Gegenwart positiv, mit 0,51 W/m<sup>2</sup> bei dem Szenario SSP1-1.9 und mit 0,04 W/m<sup>2</sup> bei SSP3-7.0.<ref name=Lund 2019" />  Bei einer schnellen Abnahme der anthropogenen Aerosol-Emissionen werden nach Zukunftsszenarien in den kommenden zwei bis drei Jahrzehnten 30-50% der Erwärmung durch die abnehmende Aerosolo-Belastung hervorgerufen, regional eventuell sogar mehr.<ref name="Persad 2023" />  Modellstudien zeigen, dass durch die Umweltpolitik bis 2055 global eine zusätzliche Erwärmung um 0,25 °C im Vergleich zu 2015 möglich ist. Bis 2010 hat die Luftreinhaltepolitik in den östlichen USA schon eine Erwärmung von 0,35 °C und in Europa von 0,45 °C bewirkt.<ref name="Jia 2023">Jia, H. & J. Quaas (2023): Nonlinearity of the cloud response postpones climate penalty of mitigating air pollution in polluted regions. Nat. Clim. Change https://doi.org/10.1038/s41558-023-01775-5</ref>
[[Bild:Schwefelgehalt_2100.jpg|thumb|420px|Der mittlere jährliche atmosphärische Schwefelgehalt 1990-2100 nach sechs IPCC-Szenarien ]]
 
Da Aerosole nur eine sehr kurze Verweilzeit in der Atmosphäre besitzen, folgt die Konzentration der [[Sulfataerosole]] einer ähnlichen Entwicklung wie die Emission. Die Emissionen sinken am Ende des Jahrhunderts bei allen Szenarien mehr oder weniger unter die heutigen Werte, und entsprechend liegt auch der atmosphärische Gehalt an Sulfataerosolen niedriger bzw. nur bei dem A2-Szenario etwa gleichauf mit dem gegenwärtigen Gehalt. Die Spanne liegt im Jahre 2100 zwischen 0,16 und 0,48 Tg S (gegenüber 0,47 Tg S 1990). Dazwischen allerdings, so um die Mitte des Jahrhunderts, erreichen die Werte bei einigen Szenarien über 0,6 bis fast 9 Tg S. Interessant ist, dass sich die regionale Verteilung während des 21. Jahrhunderts deutlich ändert. Bei den entwickelten Industrieländern gehen die Modellberechnungen davon aus, dass technologische Maßnahmen zu einer starken Reduzierung der Schwefelemissionen führen werden. Daher verschiebt sich der Schwerpunkt der Aerosolverbreitung von diesen Regionen nach Indien, China und Südostasien, da hier die Kohlenutzung immer noch stark anhält. Einige Szenarien nehmen jedoch auch in diesen Staaten  eine zunehmend saubere Energieerzeugung an.<ref>Pham, M., O. Boucher, and D. Hauglustaine (2005): Changes in atmospheric sulfur burdens and concentrations and resulting radiative forcings under IPCC SRES emission scenarios for 1990-2100. Journal of Geophysical Research - Atmospheres 110</ref>
Der globale Mittelwert verdeckt allerdings erhebliche regionale Unterschiede (Abb.). Bei dem Szenario SSP1-1.9, bei dem ein radikaler Rückgang der Nutzung fossiler Energieträger angenommen wird, nimmt der Strahlungsantrieb zwischen 2015 und 2030 fast überall zu, im globalen Mittel um 0,33 W/m<sup>2</sup>. Mit bis zu 2 W/m<sup>2</sup> ist der Antrieb besonders stark über Süd- und Ostasien, während er in Europa bei ca. 0,5 W/m<sup>2</sup> liegt. Bei dem hohen Treibhausgas-Szenario SSP3-7.0, nach dem die fossilen Energien weiterhin stark genutzt werden, nimmt der Strahlungsantrieb bis 2030 über Indien dagegen um -0,5 bis -1,0 W/m<sup>2</sup> deutlich ab, während er über China leicht zunimmt.<ref name=Lund 2019" /> 
 
== Die Rolle der Wolken ==
Projektionen über die klimatische Rolle der Aerosole in den nächsten Jahrzehnten sind jedoch mit verschiedenen Schwierigkeiten und Unsicherheiten verbunden. Vor allem ist die Reaktion von Wolken auf den erwarteten Rückgang der Aerosole-Belastung in den meisten Regionen und die fortgesetzte Zunahme in einigen anderen sehr schwierig von Klimamodellen zu berechnen. Eine besondere Schwierigkeit stellt dabei die Einschätzung der Anzahl der Wolkentröpfchen bei sich ändernden Aerosol-Konzentrationen dar, die von Klimamodellen schon für die Vergangenheit nicht zutreffend simuliert wurden.<ref name="Jia 2023" /> Jia & Quaas (2023) zeigen in einer neuen Untersuchung, dass zwischen Aerosol-Belastung und der Konzentration der Tröpfchen keine lineare Beziehung besteht. In relativ wenig belasteten Regionen nimmt zwar die Tröpfchen-Konzentration zu, wenn auch die Aerosol-Konzentration zunimmt. In Gebieten mit hoher Aerosol-Konzentration wie in den letzten 20 Jahren z.B. in Indien und Ost-China ändert sich die Tröpfchen-Zahl nur sehr verzögert oder gar nicht mit der Zu- oder Abnahme der Aerosol-Konzentration. Die als „Klima-Strafe“ bezeichnete zusätzliche Erwärmung durch die Aerosol-Abnahme könnte sich dadurch um 20-30 Jahre verzögern.<ref name="Jia 2023" />  


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 27. Oktober 2023, 17:56 Uhr

Ursachen künftiger Aerosol-Abnahme

Um das Paris-Abkommen einer Begrenzung der globalen Mitteltemperatur auf höchstens 2 °C, möglichst sogar auf 1,5 °C, in diesem Jahrhundert einzuhalten, müssen vor allem die Treibhausgas-Emissionen drastisch reduziert werden. Erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben aber auch die Emissionen anthropogener Aerosole, die mit darüber entscheiden, um wieviel die Treibhausgas-Emissionen reduziert werden müssen. Nach einer Modell-Berechnung von Larson & Portmann (2019) wäre bei ähnlich hohen Aerosol-Emissionen wie gegenwärtig bis 2040 eine Treibhausgas-Reduktion von 8% ausreichend, um auf dem Pfad des Paris-Abkommens zu bleiben. Bei einer starken Reduzierung der Aerosol-Emissionen müssten dagegen die Treibhausgas-Emissionen bis 2040 um 36% zurückgehen.[1] Es ist davon auszugehen, dass dies das wahrscheinlichere Szenario ist. Allein in Indien starben 2017 1,2 Mio. Menschen durch Luftverschmutzung, an der Aerosole einen wesentlichen Anteil haben; und nach Modell-Berechnungen werden durch eine deutliche Abnahme von Aerosol-Emissionen bis 2100 weltweit jährlich rund 2 Mio. Menschen weniger sterben.[2] In den wichtigsten Zentren der Aerosol-Emission Europa, Nordamerika und Ostasien werden daher die Bemühungen, die Luftbelastung durch Aerosole zu verringern, weitergehen. In Indien werden die Aerosol-Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts wahrscheinlich noch zunehmen, danach aber auch dort abnehmen. Die weitere Entwicklung in neu hinzukommenden Emissionszentren wie Südostasien und Afrika ist weitgehend unklar.[3]

Die Luftreinhaltepolitik ist jedoch nur der eine Antrieb der künftigen Aerosol-Belastung. Der andere ist die Abnahme der Treibhausgas-Emissionen. Werden in den nächsten Jahrzehnten die fossilen zunehmend durch regenerative Energieträger ersetzt, ein Prozess, der gegenwärtig schon an Dynamik gewonnen hat,[4] werden nicht nur weniger Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen, sondern auch weniger von den wichtigsten anthropogenen Aerosolen emittiert, nämlich den Sulfat-Aerosolen. Weniger Treibhausgase werden zu einer Abkühlung der Atmosphäre beitragen, weniger Sulfat-Aerosole eine Erwärmung bewirken, da dadurch eine geringere Menge an Sonneneinstrahlung gestreut wird. Der nach dem Paris-Abkommen in Gang gesetzte Klimaschutz wird also teilweise sein Gegenteil bewirken.

Aerosol-Abnahme und Klimawirkung

Entscheidend werden die quantitativen Verhältnisse sein: Wie hoch wird die Erwärmung durch die Abnahme der Aerosole im Vergleich zur Abkühlung durch weniger Treibhausgase sein? Bei dem niedrigen Szenario SSP1-1.9 gehen vor allem die Emissionen von Schwefeldioxid (SO2) schon bis 2040 global um 25% zurück. Bei dem hohen Szenario SSP3-7.0 nehmen die SO2-Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts zunächst geringfügig gegenüber 2015 zu, um dann bis zum Ende des Jahrhunderts um etwa denselben Betrag zu fallen (Abb.). Die Folge ist ein Rückgang der Aerosol-Belastung um 60% gegenüber dem Gegenwartsniveau nach dem SSP1-1.9-Szenario. Bei SSP3-7.0 nimmt die Sulfataerosol-Belastung bis zur Mitte des Jahrhunderts leicht zu und sinkt dann bis 2100 geringfügig auf das Niveau um 2015.[2]

Die starke Abnahme der Aerosol-Belastung der letzten Jahrzehnte wird nach dem niedrigen Szenario SSP1-1.9 (kompatibel mit dem 1,5 °C-Ziel) bis 2040 eine starke Zunahme der Sonneneinstrahlung zur Folge haben (Abb.), die bis 2100 in abgeschwächter Form weitergehen wird. Vom vorindustriellen Wert wird bei diesem Szenario am Ende des Jahrhunderts der globale Mittelwert mit -0,04 W/m2 nur geringfügig abweichen. Bei dem hohen Szenario SSP3-7.0 wird sich der Einfluss der Aerosole auf die Solarstrahlung dagegen kaum von dem der Gegenwart unterscheiden und bei -0,55 W/m2 gegenüber der vorindustriellen Zeit liegen. Bei beiden Szenarien ist der Strahlungsantrieb gegenüber der Gegenwart positiv, mit 0,51 W/m2 bei dem Szenario SSP1-1.9 und mit 0,04 W/m2 bei SSP3-7.0.[2] Bei einer schnellen Abnahme der anthropogenen Aerosol-Emissionen werden nach Zukunftsszenarien in den kommenden zwei bis drei Jahrzehnten 30-50% der Erwärmung durch die abnehmende Aerosolo-Belastung hervorgerufen, regional eventuell sogar mehr.[3] Modellstudien zeigen, dass durch die Umweltpolitik bis 2055 global eine zusätzliche Erwärmung um 0,25 °C im Vergleich zu 2015 möglich ist. Bis 2010 hat die Luftreinhaltepolitik in den östlichen USA schon eine Erwärmung von 0,35 °C und in Europa von 0,45 °C bewirkt.[5]

Der globale Mittelwert verdeckt allerdings erhebliche regionale Unterschiede (Abb.). Bei dem Szenario SSP1-1.9, bei dem ein radikaler Rückgang der Nutzung fossiler Energieträger angenommen wird, nimmt der Strahlungsantrieb zwischen 2015 und 2030 fast überall zu, im globalen Mittel um 0,33 W/m2. Mit bis zu 2 W/m2 ist der Antrieb besonders stark über Süd- und Ostasien, während er in Europa bei ca. 0,5 W/m2 liegt. Bei dem hohen Treibhausgas-Szenario SSP3-7.0, nach dem die fossilen Energien weiterhin stark genutzt werden, nimmt der Strahlungsantrieb bis 2030 über Indien dagegen um -0,5 bis -1,0 W/m2 deutlich ab, während er über China leicht zunimmt.[2]

Die Rolle der Wolken

Projektionen über die klimatische Rolle der Aerosole in den nächsten Jahrzehnten sind jedoch mit verschiedenen Schwierigkeiten und Unsicherheiten verbunden. Vor allem ist die Reaktion von Wolken auf den erwarteten Rückgang der Aerosole-Belastung in den meisten Regionen und die fortgesetzte Zunahme in einigen anderen sehr schwierig von Klimamodellen zu berechnen. Eine besondere Schwierigkeit stellt dabei die Einschätzung der Anzahl der Wolkentröpfchen bei sich ändernden Aerosol-Konzentrationen dar, die von Klimamodellen schon für die Vergangenheit nicht zutreffend simuliert wurden.[5] Jia & Quaas (2023) zeigen in einer neuen Untersuchung, dass zwischen Aerosol-Belastung und der Konzentration der Tröpfchen keine lineare Beziehung besteht. In relativ wenig belasteten Regionen nimmt zwar die Tröpfchen-Konzentration zu, wenn auch die Aerosol-Konzentration zunimmt. In Gebieten mit hoher Aerosol-Konzentration wie in den letzten 20 Jahren z.B. in Indien und Ost-China ändert sich die Tröpfchen-Zahl nur sehr verzögert oder gar nicht mit der Zu- oder Abnahme der Aerosol-Konzentration. Die als „Klima-Strafe“ bezeichnete zusätzliche Erwärmung durch die Aerosol-Abnahme könnte sich dadurch um 20-30 Jahre verzögern.[5]

Einzelnachweise

  1. Larson, E.J.L., & R.W. Portmann (2019): Anthropogenic aerosol drives uncertainty in future climate mitigation efforts. Sci Rep 9, 16538. https://doi.org/10.1038/s41598-019-52901-3
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Lund, M. T., G. Myhre & B. H. Samset (2019): Anthropogenic aerosol forcing under the Shared Socioeconomic Pathways, Atmos. Chem. Phys., 19, 13827–13839, https://doi.org/10.5194/acp-19-13827-2019
  3. 3,0 3,1 Persad, G., B.H. Samset and L.J. Wilcox et al. (2023): Rapidly evolving aerosol emissions are a dangerous omission from near-term climate risk assessments, Environmental Research: Climate 2, 3, https://dx.doi.org/10.1088/2752-5295/acd6af
  4. International Energy Agency (2023): Net Zero Roadmap: A Global Pathway to Keep the 1.5 °C Goal in Reach, 2023 Update, https://www.iea.org/reports/net-zero-roadmap-a-global-pathway-to-keep-the-15-0c-goal-in-reach
  5. 5,0 5,1 5,2 Jia, H. & J. Quaas (2023): Nonlinearity of the cloud response postpones climate penalty of mitigating air pollution in polluted regions. Nat. Clim. Change https://doi.org/10.1038/s41558-023-01775-5


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