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Version vom 4. Januar 2012, 08:18 Uhr
Als Lufttemperatur (engl.: surface air temperature; Abk.: SAT) wird die Temperatur der bodennahen Atmosphäre bezeichnet, wobei die Messung weder von Strahlung noch von Wärmeleitung beeinflusst sein darf.
Die genaue Definition durch Wissenschafter und Techniker ist je nach Fachgebiet etwas verschieden. In der Meteorologie wird die bodennahe Lufttemperatur in einer Höhe von zwei Metern gemessen, wofür die klassischen, weiß gestrichenen Wetterhütten in freier Umgebung dienen.
In der Physik wird die Temperatur in Kelvin angegeben. Eine Erwärmung um ein Kelvin entspricht dabei auch genau einer Erwärmung von einem Grad Celsius. Allerdings sind die Skalen gegeneinander verschoben, so dass die Temperatur in Kelvin immer um 273.15 höher ist als die Temperatur in Celsius. Der Vorteil ist, dass bei einer Kelvin-Skala nur positive Temperaturen vorkommen (physikalische Sonderfälle außer Acht gelassen), weil dann die Temperatur angibt, welche Bewegungsenergie die Teilchen eines Stoffes haben, und die Bewegungsenergie ist immer positiv. Ist ein Gegenstand (oder ein Gas wie die Luft) heiß, bewegen sich die Moleküle darin sehr schnell durcheinander. Ist er kalt, bewegen sie sich nur langsam.
Einflüsse
Die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Lufttemperatur sind der Strahlungshaushalt der Erde bzw. dessen lokale Strahlungsbilanz, die Umwandlung von Schmelz- und Verdampfungswärme (so genannter latenter Wärme), sowie Transport- und Mischungseffekte durch den Wind. Die Strahlungseffekte beinhalten hierbei die Einstrahlung von der Sonne, die dann von Stoffen in der Luft (insbesondere Wolken) zurückreflektiert oder absorbiert (aufgenommen) wird. Außerdem strahlen auch die Erde und die Luft langwellige (und damit nicht sichtbare) Energie ab, weil auch sie eine bestimmte Temperatur haben. Zählt man nun all diese Einflüsse zusammen, erhält man die so genannte Strahlungsbilanz, die angibt, ob durch Strahlungsprozesse insgesamt an einem Ort Energie verloren geht oder dazugewonnen wird. Wird Energie hinzugewonnen, erhöht sich die Temperatur, geht Energie verloren, sinkt die Temperatur. Das gilt natürlich nur, falls keine anderen Effekte auftreten. Dies kann z.B. das Schmelzen von Eis und die Verdunstung von Wasser sein - oder auch die umgekehrten Prozesse: Kondensieren und Gefrieren. Transport- und Mischungsprozesse sind dagegen nicht mit der Umwandlung von thermischer Energie verbunden. Stattdessen kommt es zu einer Temperaturänderung, wenn aufgrund der Wetterlage andere Luftmassen herangeführt werden. Im Normalfall bedeutet dann Wind aus südlichen Richtungen eine steigende Temperatur, Wind aus nördlichen Richtungen führt zu sinkender Temperatur, einfach weil die Luft nahe am Äquator wärmer ist als polare Luft. Auch zwischen Meer und Land kann es große Temperaturunterschiede geben und damit je nach dem, woher der Wind kommt und welche Luft er heranführt, auch Temperaturänderungen. Es gibt aber auch vertikale Vermischung, d.h. Luft bewegt sich von oben nach unten und umgekehrt. Hierbei muss allerdings mit berücksichtigt werden, dass es dabei bereits durch die Druckänderungen zu Temperaturänderungen kommt.
All diesen Einflussfaktoren (Strahlung, Verdunsten, Transport und Mischung) kommt an verschiedenen Orten der Erde jedoch verschieden große Bedeutung zu.
Variabilität
Die Lufttemperatur variiert im Laufe des Tages, der Jahreszeiten und von Klimaschwankungen. Die höchste in der Geschichte der Temperaturmessung aufgezeichnete bodennahe Lufttemperatur auf der Erde betrug 58°C, die niedrigste -88°C.
Tagesgang
Der Tagesgang der Lufttemperatur ist direkt an den Tagesgang der Globalstrahlung gekoppelt und zeigt daher einen ausgeprägten Abfall in der Nacht, also nach Sonnenuntergang. Das Minimum wird dabei am frühen Morgen bzw. kurz vor Sonnenaufgang erreicht. Diese Tendenz wird durch eine starke Bewölkung und auch Wind, besonders in Nähe größerer Wasseroberflächen, abgedämpft. Unterschreitet die Lufttemperatur dabei die Taupunktstemperatur, kann es zu Phänomenen wie Nebel, Tau oder Reif kommen. Nachdem die Temperatur ihr Tagesminimum durchschritten hat, steigt sie zunächst rasch und in den Mittagsstunden dann etwas langsamer an. Ihr Maximum erreicht sie nach dem Sonnenhöchststand, im Winter meist schon zwischen 13 und 14 Uhr, im Sommer zwischen 15 und 16 Uhr. Danach sinkt sie in den Abendstunden rasch und in der Nacht etwas langsamer ab, bis sie zu wiederum am frühen Morgen ihr Minimum erreicht. Dieser Normalfall des Tagesgangs gilt sowohl für den Sommer als auch für den Winter. Wolken oder auch dynamische Einflüsse wie ein Einbruch von Warm- oder Kaltluft können aber zu teils erheblichen Abweichungen und unter Umständen zu einer Umkehr des Temperaturverlaufs führen. In Küstennähe ist der Seewind dafür verantwortlich, dass die Tageshöchsttemperatur oft schon wesentlich früher um 12 bis 13 Uhr erreicht wird, die Temperatur im weiteren Tagesverlauf also nicht mehr zunimmt.
Jahresgang
Im Jahresgang, basierend auf entweder Tages- oder Monatsmitteln als langjährige Durchschnittswerte, zeigt sich für Mitteleuropa (NH = nördliche Hemisphäre) ungefähr der folgende Verlauf. Der Januar bildet den kältesten Monat, von März bis Mai zeigt sich eine rasche Zunahme mit Maximum im Juli und von September bis Dezember eine ebenso rasche Abnahme der Temperaturen.
Nach Jones et. al. (vgl. Grafik)[2] beträgt
- der globale Mittelwert der Lufttemperatur (engl: SAT = surface air temperature): 14,0 °C
- Temperatur-Minimum (im Januar): 12,2 °C
- Temperatur-Maximum (im July): 15,9 °C
- der Mittelwert der Lufttemperatur auf der Nordhalbkugel (NH): 14.6 °C
- Temperatur-Minimum (Januar) + 8 °C
- Temperatur-Maximum (Juli) ca. + 21 °C
- der Mittelwert der Lufttemperatur auf der Südhalbkugel (SH): 13.4 °C.
Abhängigkeit von der Höhe
Die Änderung der Lufttemperatur mit der Höhe ist das am weitesten verbreitete Kriterium zur Einteilung der Erdatmosphäre in verschiedene Schichten. Die Troposphäre als unterste Schicht besitzt über Mitteleuropa eine Erstreckung von etwa 11 Kilometern. Sie zeigt dabei einen genähert linearen Temperaturabfall von durchschnittlich 10 °C am Boden auf 0 °C in zwei Kilometern, rund -20 °C in fünf Kilometern und schließlich -55 °C in zehn Kilometern Höhe. Für diesen Temperaturgradienten gibt es zwei dynamische Modellfälle, den feuchtadiabatischen und den trockenadiabatischen. Im Mittel beträgt die statische Temperaturabnahme etwa 0,65 Kelvin je hundert Meter, was man als geometrischen Temperaturgradienten bezeichnet. Kommt es zu keiner weiteren Temperaturabnahme, so hat man die Tropopause erreicht. Liegt diese wie in den Tropen besonders hoch, können sich in der Troposphäre auch Minimaltemperaturen von -80 °C ausbilden.
Im weiteren Verlauf steigt die Temperatur nach einer stationären Phase wieder an, im Normalfall etwa ab 25 km Höhe. Verantwortlich hierfür ist die relativ hohe Ozonkonzentration und die damit verbundene Strahlungsabsorption in dieser Atmosphärenschicht, die man als Stratosphäre bezeichnet. Das Temperaturmaximum wird mit etwa 0 °C in Höhe der Stratopause erreicht. In der sich hieran anschließenden Mesosphäre sinkt die Temperatur wieder und erreicht an der Mesopause mit -100 °C ein neues Minimum. Es folgt die Thermosphäre und schließlich die Exosphäre mit einer sich wiederum erhöhenden Temperatur, wobei man in diesen Höhen aber kaum noch von Luft sprechen kann und sie eigentlich schon zum Weltraum gehören. Zudem macht die Definition der Temperatur eine genügend hohe Teilchendichte erforderlich, welche in diesen Höhen so gering ist, dass selbst eine Temperatur von mehreren tausend Grad Celsius keine nennenswerten Wärmetransportprozesse bedingen würde - ein Mensch würde in einer solchen Umgebung dennoch erfrieren!
Messmethoden und -instrumente
Die Messung der Lufttemperatur erfolgt meist durch Thermometer oder Messfühler. Erstere sind in der Ausführung als Ausdehnungsthermometer meist mit Alkohol oder Quecksilber gefüllt, während die Sensoren überwiegend mit Halbleiter- oder Thermoeffekt arbeiten. Für weniger genaue Messungen werden auch Bimetallstreifen verwendet.
Im Regelfall entspricht die Temperaturmessung einer Tauchmessung, die in der Technik oft durch Ventilation beschleunigt wird. Daher wird für rasche, aber genaue wissenschaftliche Messungen das Schleuderthermometer verwendet. Beim Ablesen muss man allerdings - wie auch bei anderen Skalen - darauf achten, rechtwinklig auf die Skala zu blicken, Andernfalls kann ein so genannter Parallaxen-Fehler von 1° und mehr entstehen. Auch beim Aspirationspsychrometer (Assmann-Psychrometer) wird ventiliert (im Luftstrom eines kleinen Flügelrades) gemessen, wodurch man auch die Feuchttemperatur sehr genau erhält.
Viele Messfehler entstehen durch das Anbringen des Thermometers an einer ungünstigen Stelle. So sollte ein Außenthermometer immer im Norden des Gebäudes montiert werden, doch könnte es auch hier im Sommer für 2x 1 Stunde in der Sonne sein. Neben der Eigenwärme des Gebäudes (gegen die schon einige Zentimeter Abstand vom Fensterglas helfen) kann auch die Rückstrahlung eines Nachbargebäudes die Messung um 1-2 °C verfälschen.
Die Angleichung eines Thermometers an die Lufttemperatur braucht eine gewisse Zeit, die von einigen Minuten bis zu einer halben Stunde dauern kann. Ist zum Beispiel mit einem relativ trägen Zimmerthermometer ein rasches Ergebnis nötig, kann man die Ablesung durch Schwenken des Thermometers mit gestreckter Hand beschleunigen. Die Halbwertszeit beträgt etwa 20 Sekunden, das heißt nach dieser Zeit hat der „künstliche Wind“ die Anzeige auf der Skala um 50 % dem wahren Wert angenähert.
Die Schätzung der Lufttemperatur kann bei Windstille und entsprechender Erfahrung auf 1-3 °C genau gelingen. Die gefühlte Temperatur bei Wind wird jedoch durch den "wind chill" erheblich kälter eingeschätzt.
Zum Vergleich von Temperaturwerten, die an unterschiedlichen Orten und Höhen gemessen wurden, bedient man sich der potentiellen Temperatur. Die potentielle Temperatur ist die Temperatur, die ein Luftpaket hätte, wenn man es auf ein Referenzniveau des Drucks (normalerweise 1000 hPa) bringen würde. Möchte man den Effekt, den der Wasserdampf auf die Luftdichte hat herausrechnen, so benutzt man die virtuelle Temperatur. Die virtuelle Temperatur ist die Temperatur, die ein wasserdampffreies Luftpaket haben müsste, um dieselbe Dichte aufzuweisen wie die Luft mit Wasserdampf.
Einflüsse auf die Messgenauigkeit
Eine Messung auf eine Dezimalstelle, also 0,1 Grad Celsius genau, ist die äußerste Messgenauigkeit, die im Freien noch möglich bzw. sinnvoll ist, denn bereits leichte Luftbewegungen haben einen Einfluss von einigen Zehntelgrad. Überdies herrschen auch bei Windstille horizontale Temperaturgradienten in der Größenordnung von 0,1 °C pro Meter, die mit Sonnenstand, Gestein und Bewuchs stark schwanken können und in Bodennähe auch mehrere Grad betragen können. Am stabilsten ist das so genannte Temperaturfeld bei einem stark bewölkten bis bedeckten Himmel und mittelstarkem Wind. Bei Schönwetter ist es hingegen am unruhigsten (siehe auch wolkenlos und Aufwind).
Wegen dieser Umstände erfordert eine verlässliche Messung der Lufttemperatur auf etwa 0,5 °C Genauigkeit bereits erhebliche Vorkehrungen, insbesondere eine gut hinterlüftete Abdeckung der Sonnenstrahlung und der Wärmestrahlung von Boden und Gebäuden. Der beste Aufstellungsort für einen Temperatursensor bzw. ein Thermometer ist deshalb eine schattige Stelle im Norden eines freistehenden Gebäudes.
Für Laien ist eine Messgenauigkeit von etwa 1 °C erreichbar, wenn obige Voraussetzungen gegeben und das Messgerät genähert geeicht sind. Andernfalls können Fehler bis zu 3 °C auftreten, bei mangelndem Strahlungsschutz auch über 5 °C.
Die Wetterstationen der Meteorologen messen die Temperatur in verschiedenen Höhen, einerseits um Aussagen über die Strahlungs- bzw. Energiebilanz zu erhalten, andererseits um die oben angeführten Effekte teilweise berücksichtigen zu können. Als Lufttemperatur wird die Temperatur bezeichnet, die in exakt 2 m Höhe in einer Wetterhütte strahlungsgeschützt gemessen wird. Zusätzlich wird die Bodentemperatur gemessen: Üblich sind die Messtiefen 5, 10, 20, 50 und 100 cm im Erdboden.
In der Astronomie und Geodäsie zählen die unvermeidlichen Anomalien des bodennahen Temperaturfeldes zu den unangenehmsten, weil nur schwer modellierbaren Störungen. Die Astronomische Refraktion lässt sich hingegen – als durchschnittliche, reguläre Strahlenbrechung – relativ gut aus 3-4 Luftparametern berechnen.
Die Astronomen nennen die Turbulenzen, welche die Richtung des Sternenlichts um 0,5 bis 5" ablenken, „Seeing“ (Luftunruhe) bzw. Szintillation („Flimmern“ der Sterne); das Lokalklima in der Kuppel einer Sternwarte kann eine sog. Saalrefraktion bewirken. Die Geodäten fürchten diese Einflüsse weniger, weil sie als zufälliger Fehler bei längeren Messreihen herausfallen. Unangenehmer ist hingegen ein systematischer Fehler durch die Seitenrefraktion, die insbesondere in Tunneln und bei Visuren auftreten, die knapp an einer thermisch unterschiedlichen Fläche vorbeilaufen (zum Beispiel einer besonnten Hauswand). Auch wechselnde Windsysteme im Gebirge oder bei technischen Großprojekten können kritische systematische Einflüsse haben.
Geschichtliches
In Florenz wurde am 15. Dezember 1654 mit der regelmäßigen Messung und Aufzeichnung der täglichen Temperatur begonnen. Die längste zusammenhängende Messreihe der Temperatur ist jedoch die Central England Temperature (CET) - Messreihe, die im Jahr 1659 mit Monatsmitteln beginnt und seit 1772 auch tägliche Werte beinhaltet.
Einzelnachweise
Unterricht
- GLOBE-Lehrerhandbuch: „Jahreszeiten“ (PDF-Datei, 57 Seiten)
- Übersetzung des Kapitels „Jahreszeiten“ aus dem englischsprachigen Lehrerhandbuch „GLOBE Program? Teachers Guide“ (Ausgabe 2000).
Siehe auch
- Boden im Klimasystem#Temperatur und Strahlung
- Erwärmung des Ozeans#Meeresoberflächentemperaturen
- Wasserkreislauf und Klima#Wasserkreislauf und Strahlung
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