Gletscher im Kaukasus

Aus Klimawandel
Abb. 1: Schneebedeckter Kaukasus, NASA-Satellitenbild vom 7. November 2001

Der Kaukasus: Lage und Klima

Der Kaukasus besteht aus zwei Gebirgssystemen, dem Großen Kaukasus im Norden und dem Kleinen Kaukasus südlich davon. Der nördliche Teil erstreckt sich über 1300 km zwischen Russland und Georgien vom Schwarzen Meer bis zum Kaspischen Meer. Er besitzt im zentralen Teil einige Gipfel mit über 5000 m Höhe, u.a. den Elbrus, der mit 5642 m Höhe der höchste Berg des Kaukasus und – je nach Zuordnung - auch Europas ist. Der Kleine Kaukasus liegt parallel dazu etwa 100 km weiter südlich und ist deutlich niedriger. Er wird durch die Transkaukasische Senke vom Großen Kaukasus getrennt.

Der westliche Große Kaukasus zeigt ein maritimes, der östliche ein mehr kontinentales Klima. Im Westen fallen bis 4000, im Osten 900-1600 mm Niederschlag pro Jahr.[1] An den südlichen Hängen des Großen Kaukasus fallen mit den feuchten Luftmassen vom Schwarzen Meer mehr Niederschläge als an den nördlichen, besonders im Südwesten mit 3000-4000 mm jährlich. Die Niederschläge fallen zu einem erheblichen Teil als Schnee. Die Klimaerwärmung hat sich bis 2014 in den Grenzen von wenigen Zehnteln Grad gehalten. Sie lag damit deutlich unter dem Temperaturanstieg von ca. 2 °C im 20. Jahrhundert in den europäischen Alpen, wo seit den 1980er Jahren sogar ein Anstieg von 0,5 °C pro Jahrzehnt zu verzeichnen war.[2]

Abb. 2: Die Gletscherverteilung im Großen Kaukasus. Eingezeichnet sind die Hauptwasserscheide (weiß), die Grenzen zwischen dem westlichen, zentralen und östlichen Kaukasus (gelb), die Staatsgrenzen zwischen Russland, Georgien und Aserbaidschan (rot), die Gletscherausdehnung im Jahr 2014 (blau), die Abnahme der Gletscherfläche in %/Jahr am Nord- und Südhang (lila) sowie in den einzelnen Abschnitten des Großen Kaukasus (gelb) 1960 bis 2014.

Die Vergletscherung

Im Jahre 2014 gab es im Großen Kaukasus 2020 Gletscher, deren Fläche sich auf 1193 m2 belief. Die Gletscher liegen im Mittel in Höhen von 3200 bis 3500 m. Die größten Gletscher befinden sich im zentralen Großen Kaukasus, wo einige große Talgletscher eine Fläche von 5-37 km2 besitzen und sich die einzigen Gletscher mit mehr als 10 km2 Größe befinden.[3]

Die Gletscher im Kaukasus sind eine wichtige Wasserquelle für die landwirtschaftliche Produktion, der Abfluss liefert die Energie für mehrere Wasserkraftwerke. Die meisten Flüsse der Region entspringen in den Bergen und die Gletscher- bzw. Schneeschmelze liefern einen wichtigen Beitrag für den Abfluss. Zudem sind die Gletscher, z.B. für Georgien, eine wichtige Touristenattraktion. Auf der anderen Seite sind Gletscherkatastrophen im Kaukasus, die auch zum Verlust an Menschenleben führen können, relativ häufig. So war am 20. Sept. 2002 der Kolka-Gletscher an einer Lawine aus Eis und Geröll beteiligt, durch die mehr als 100 Menschen getötet und ein ganzes Dorf begraben wurden.[4] Am 17. Mai 2014 kam es zu einer weiteren Eis-Geröll-Lawine mit neun Toten, verursacht durch den Devdoraki-Gletscher.[3]

Aufgrund des steilen Reliefs und der zunehmenden Erwärmung sind die kaukasischen Gletscher besonders stark mit Schutt bedeckt. Schätzungen nehmen eine Bedeckung von 26,2 % an, womit der relative Anteil der Schuttbedeckung weltweit am höchsten wäre. Die Erwärmung führt dazu, dass mehr Material durch das Schmelzen von Eis frei wird und die Hänge an den Seiten der Gletscher instabiler werden. Eine dicke Schutt- und Geröllbedeckung reduziert andererseits das Abschmelzen des Gletschereises darunter.[5]

Abb. 3: Abnahme der Gletscherfläche in %/Jahr in den einzelnen Abschnitten des Großen Kaukasus, am Nord- und Südhang, auf den Gebirgsmassiven des Elbrus und Kazbegi und gesamt zu verschiedenen Zeitphasen.

Änderung der Vergletscherung

Die Gletscher des Kaukasus befinden sich seit der Kleinen Eiszeit auf dem Rückzug, besonders stark in den letzten Jahrzehnten. Bei der Gletscherlänge hat der Karaugom-Gletscher mit 48,8 m/Jahr zwischen 1986 bis 2014 die größte Rückzugsrate aufzuweisen. Von 30 untersuchten Gletschern zeigte nur der Mizhirgi-Gletscher einen Vorstoß. Auch die vergletscherte Fläche des Kaukasus ging von 1986 bis 2014 um 289 km2 bzw. 19,5 % deutlich zurück. Dabei fiel der größte Anteil des Rückgangs mit 190 km2 auf den Großen Kaukasus. Vor allem die kleineren Gletscher verloren einen größeren Anteil an Fläche. Der Flächenverlust zeigte sich auch bei den steilen Hanggletschern relativ stark.[3]

Die gesamte Gletscherfläche des georgischen Kaukasus nahm von 614 km2 im Jahr 1911 auf 564 km2 im Jahr 1960 bzw. um 8 % ab und noch einmal auf 356 km2 im Jahre 2014 bzw. um 37 %. Die Gesamtabnahme von 1911 bis 2014 betrug 42 %. Die Verlustrate lag bei 0,4 % jährlich. Der relative Flächenverlust der Gletscher im georgischen Kaukasus war damit nur halb so groß wie in den europäischen Alpen und entsprach etwa der Abnahme in der Himalaya-Karakorum-Region.[3]

Abb. 3: Satellitenaufnahme des Djankuat im nordwestlichen Kaukasus

Einzelne Gletscher

Der 3 km lange und 2,4 km2 große Djankuat-Gletscher am Nordhang des Hauptkamms an der russisch-georgischen Grenze wurde vom World Glacier Monitoring Service (WGMS) als Referenz-Gletscher bzw. als repräsentativ für andere Gletscherregionen im Kaukasus eingestuft.[5] Aus diesem Grund wurde sein Verhalten in den letzten Jahrzehnten eingehend erforscht. Der Djankuat ist ein Talgletscher am nördlichen Hang des mittleren Kaukasus. Er reicht von 3750 m Höhe bis auf 2700 m. Seine Fläche wurde 2014 auf 2,4 km2, seine mittlere Dicke auf 31 m eingeschätzt.[6] Die mittlere Lufttemperatur auf der Höhe der Gleichgewichtslinie (ca. 3200 m) liegt bei -3 bis -4,5 °C, die mittleren Jahres-Niederschläge in der Nähe der Gletscherzunge belaufen sich auf 1100-1200 mm.[7]

Abb. 5: Änderung der Massenbilanz (schwarz) des Djankuat-Gletschers im Kaukasus 1968-2017 in mm Wasseräquivalent. Gezeigt wird auch Veränderung der Akkumulation (blau) und der Ablation (ocker).

Im Vergleich zur Kleinen Eiszeit (1752) hat der Djankuat-Gletscher bis 2010 etwa 1,4 km an Länge verloren und 1,6 km2 bzw. ca. 35 % an Fläche eingebüßt. Zwischen 2007 und 2017 schrumpfte die Gletscherfläche noch einmal um 10 % bzw. von 2,7 auf 2,4 km2. Außerdem hat der Gletscher auch deutlich an Masse verloren. So lag der mittlere jährliche Massenverlust 2007-2017 bei 900 mm Wasseräquivalent. Die Ursachen sind die Temperaturzunahme seit der Kleinen Eiszeit sowie die aktuelle Erwärmung von 0,72 °C über die letzten ca. 50 Jahre.

Nach Simulationen auf der Basis des hohen Szenarios RCP8.5 wird die weitere Temperaturzunahme gegenüber den 1990er Jahren bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bei 7,1 °C liegen, bei einer leichten Abnahme der Niederschläge von ca. 10 %. Entsprechend werden bis zum Jahrhundertende nach RCP8.5 die Länge des Gletschers auf 680 m bzw. um 79 % und die Fläche auf 0,14 km2 bzw. um 95 % abnehmen. Selbst das niedrige Szenario RCP2.6 wird noch zu einer Längenabnahme um 62 % und einer Reduzierung der Fläche um 72 % führen. Ein Grund für den starken Rückgang des Gletschers ist auch, dass sich der Djankuat-Gletscher nicht mit dem gegenwärtigen Klima im Gleichgewicht befindet und als Spätfolge der Temperaturerhöhung der letzten über 100 Jahre auch ohne weiter Klimaerwärmung zurückgehen würde, wenn auch nicht so stark.

Einzelnachweise

  1. Tielidze, G. (2017): Glaciers of Georgia, Geography of the Physical Environment, DOI 10.1007/978-3-319-50571-8_1
  2. Tielidze, L. G. (2016): Glacier change over the last century, Caucasus Mountains, Georgia, observed from old topographical maps, Landsat and ASTER satellite imagery, The Cryosphere, 10, 713–725, https://doi.org/10.5194/tc-10-713-2016
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Tielidze, L.G., and R.D. Wheate (2018): The Greater Caucasus Glacier Inventory (Russia, Georgia and Azerbaijan), The Cryosphere, 12, 81–94, https://doi.org/10.5194/tc-12-81-2018
  4. Huggel, C., Zgraggen-Oswald, S., Haeberli, W., Kääb, A., Polkvoj, A., Galushkin, I., and Evans, S. G.: The 2002 rock/ice avalanche at Kolka/Karmadon, Russian Caucasus: assessment of extraordinary avalanche formation and mobility, and application of QuickBird satellite imagery, Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 5, 173–187, https://doi.org/10.5194/nhess-5-173-2005; Lindsey, R., NASA Earth Observatory (2004): Collapse of the Kolka Glacier, https://earthobservatory.nasa.gov/features/Kolka
  5. 5,0 5,1 Verhaegen, Y., Huybrechts, P., Rybak, O., and Popovnin, V. V. (2020): Modelling the evolution of Djankuat Glacier, North Caucasus, from 1752 until 2100 AD, The Cryosphere Discuss., https://doi.org/10.5194/tc-2019-312
  6. Rets, E.P., V.V. Popovnin, P.A. Toropov, et al. (2019): Djankuat Glacier station in the North Caucasus, Russia: a database of complex glaciological, hydrological, meteorological observations and stable isotopes sampling results during 2007−2017, Earth Syst. Sci. Data, 11, 1463–1481, doi: 10.5194/essd-11-1463-2019
  7. World Glacier Monitoring Service (2016): Djankuat, North Caucasus


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