Tropische Wirbelstürme

Aus Klimawandel

Bedeutung und Folgen

Satellitenbild des Hurrikans Kate aus dem Jahr 2003

Tropische Wirbelstürme sind die für Menschen gefährlichste Wettererscheinung, sowohl was die Zahl der Todesopfer als auch die wirtschaftlichen Schäden angeht. Sie haben ein erheblich größeres Zerstörungspotential als Stürme und Orkane der mittleren Breiten und werden im atlantischen Raum als Hurrikane, im Indischen Pazifik als Zyklone und im tropischen Pazifik als Taifune bezeichnet. 1998 hat der Hurrikan Mitch in Honduras und Nicaragua 11 000 Todesopfer gefordert und einen Sachschaden von 5 Milliarden US -Dollar angerichtet. Seit dem Großen Hurrikan von 1780, der 22 000 Menschen das Leben kostete, tötete Mitch mehr Menschen als jeder andere Hurrikan der westlichen Hemisphäre, machte mehr als 3 Millionen Menschen obdachlos und bedeutete für die betroffenen Staaten einen Rückfall in der Entwicklung um Jahrzehnte. 2005 setzte der Hurrikan Katrina die amerikanische Stadt New Orleans zu 80 % unter Wasser und machte sie damit weitgehend unbewohnbar, tötete über 1000 Menschen und verursachte einen Sachschaden von mindestens 1000 Milliarden US-Dollar, womit er zum teuersten Hurrikan der USA wurde.

Aufbau

Die Struktur eines Hurrikans ist zylinderförmig. Im Zentrum herrscht in der unteren Atmosphäre ein sehr geringer Druck und die Luft strömt spiralförmig nach innen. Wenn sich Corioliskraft und die Wirkung des Drucks die Waage halten, wie es ohne weitere Einflüsse der Fall ist, strömt Luft im Kreis um den tiefen Druck herum. Je tiefer der Druck, desto größer die Windstärke. Nahe am Boden (bzw. der Wasseroberfläche) wird die Luft aber durch Reibung gebremst. Da die ablenkende Kraft der Erdrotation von der Geschwindigkeit abhängt, die Druckkraft aber nicht, strömt die Luft daher am Boden nach innen. Auf der Nordhalbkugel drehen sich Hurrikane gegen den Uhrzeigersinn, auf der Südhalbkugel im Uhrzeigersinn. Dass sich Hurrikane nur in eine Richtung drehen können (wie übrigens ein Tiefdruckgebiet der mittleren Breiten auch) hängt mit der Richtung der Corioliskraft zusammen, die auf der Nordhalbkugel ein Luftpaket nach rechts ablenkt, auf der Südhalbkugel nach links. Sie wirkt der Kraft entgegen, die durch den Druckunterschied erzeugt wird, so dass der tiefe Druck (also das Zentrum des Hurrikans) auf der linken Seite der zirkulierenden Luft liegen muss.

Bei einem Hurrikan gibt es ein Maximum des Windes etwa 10 - 100 km vom Zentrum entfernt. Dieses wird wegen der starken Bewölkung als „wall“ oder „eyewall“ bezeichnet. Dort steigt Luft sehr schnell auf, kühlt sich ab und verursacht so hohe Gewitterwolken. Im Inneren dagegen sitzt das Auge („eye“), das so genannt wird, weil es dort wenig oder keine Wolken gibt, was auf Satellitenbildern oft ein sehr markantes Merkmal ist. Das liegt daran, dass dort Luft absinkt (denn Absinken und Aufsteigen müssen sich über ein sehr großes Gebiet gemittelt natürlich ausgleichen). Absinkende Luft wird wegen des steigenden Drucks wärmer - das ist dasselbe wie bei einer Fahrradpumpe, die aufgrund des Stauchens der Luft darin warm wird. Dies führt dazu, dass sich die Wolken auflösen; das Auge eines Hurrikanes ist also wolkenarm und um ca. 8 Grad wärmer als vor dem Auftreten des Hurrikans! Ein großer Teil der im Eyewall aufgestiegenen Luft strömt an der Tropopause in ca. 12 - 16 km Höhe aber nicht ins Auge, sondern in die Außenbereiche des Hurrikans, wo ebenfalls Absinken vorherrscht. Dieses Ausströmen ist im Gegensatz zum Einströmen am Boden nicht zylinderförmig (in jede Richtung gleich), sondern geschieht in 1 - 2 schnellen Luftströmungen, weil der Luftdruck in der Höhe nicht so stark beeinflusst ist wie am Boden. In den Außenbereichen bilden sich außerdem spiralförmige Regenbänder. Warum das so ist, ist aktueller Gegenstand der Forschung und hat vermutlich mit der Ausbreitung von Wellen in der Atmosphäre zu tun.

Aufbau eines Hurrikans

Mechanismus

Die Funktionsweise eines tropischen Wirbelsturms unterscheidet sich deutlich von den Tiefdruckgebieten mittlerer Breiten, die bei uns vor allem im Winter Niederschlag und Winde hervorrufen. Diese entstehen durch den Temperaturunterschied zwischen Norden und Süden und vermischen die nebeneinander liegenden Luftmassen miteinander. Ein tropischer Wirbelsturm wird dagegen von der Energie aus dem darunterliegenden Ozean angetrieben, die in die Atmosphäre gelangt, diese heizt und daher umschichtet, wie es auch bei einem sommerlichen Gewitter passiert. Die zur Verfügung gestellte Energie setzt sich zusammen aus „sensibler Wärme“, die sich in der hohen Temperatur äußert, und „latenter Wärme“ in Form von Wasserdampf, der in der Atmosphäre zu Wasser kondensieren kann und damit Wärme freisetzt.

Hurrikane entstehen im gegenwärtigen Klima über tropischen Gewässern mit einer Meeresoberflächentemperatur von mindestens 26 °C als gewaltige Tiefdruckwirbel, die einen Durchmesser von 1000 km erreichen können. Der Ursprung der atlantischen Hurrikane liegt in der Passatzone über dem äquatorialen Afrika, wo sich im tropischen Klima Gewitterzellen bilden, nach Westen driften und als kleine Tiefdruckgebiete den Atlantik erreichen. Über dem warmen Meer kommt es zum Aufsteigen wasserdampfgesättigter Luft, die in der Höhe kondensiert und große Gewitterwolken bildet, aus denen gewaltige Niederschläge fallen. Durch die Verdunstung von Meerwasser und die anschließende Kondensation in der Troposphäre wird latente Wärme transportiert, die die Temperatur der umgebenden Luft erhöht. Die erwärmte Luft wird leichter und steigt empor. Dabei dehnt sie sich aus und kühlt ab, was weitere Kondensation und die Freisetzung weiterer latenter Wärme zur Folge hat, wodurch das Aufsteigen weiter angetrieben wird. Es kommt zu einer positiven Feedback-Reaktion, indem die aufsteigende Luft den Luftdruck über dem Meer zunehmend herabsetzt, wodurch am Boden Luft aus der Umgebung angesaugt wird, Wasserdampf aufnimmt und aufsteigt, in der Höhe kondensiert und Energie abgibt, was für weiteren Auftrieb und noch geringeren Luftdruck am Boden sorgt usw. Bewegt sich das Tiefdruckgebiet genügend nördlich des Äquators (mindestens 5-8°), lenkt die Corioliskraft die einströmende Luft nach rechts ab und zwingt sie auf einen sich gegen den Uhrzeigersinn drehenden Wirbel. Aus einem tropischen Tiefdruckgebiet wird so ein tropischer Wirbelsturm und schließlich ein Hurrikan. Je geringer der Druck im Kernbereich ist, desto mehr Luft wird angesaugt und desto höhere Windgeschwindigkeiten entwickeln sich um den Kernbereich herum. Dass die Windgeschwindigkeit höher wird, wenn die Luft nach innen strömt, liegt an der Verteilung der Masse um die Drehachse und lässt sich am besten an einer Eiskunstläuferin veranschaulichen: Zieht sie die Arme an, dreht sie sich schneller; streckt sie die Arme aus wird sie langsamer (siehe auch Corioliskraft - Physikalische Erklärung). Durch die Verdunstung von Wasserdampf, der in der Höhe zu Wolken und Niederschlag kondensiert, wird dem Hurrikan immer mehr Energie zugeführt, wodurch Windgeschwindigkeiten bis zu 300 km/h entstehen können. Die Verdunstung und der Aufstieg wasserdampfreicher Luft sind abhängig von der Meeresoberflächentemperatur, die z.B. im Golf von Mexiko 30 °C und mehr betragen kann. Beim Hurrikan "Katrina" wurden im August 2005 Windgeschwindigkeiten von über 300 km/h und bei "Wilma" im Oktober 2005, dem stärksten Hurrikan seit Beginn der Aufzeichnungen, Spitzenböen bis zu 340 km/h gemessen. Nur im Zentrum, dem sogenannten "Auge" des Wirbelsturms, das in der Regel einen Durchmesser von 15 bis 30 km besitzt, ist es windstill.

Wie viele Vorgänge in der Natur ist die Funktionsweise des Hurrikans mit einem Kreislauf verbunden, bei dem Energie zugeführt und umgewandelt wird: Die als Wärme und Wasserdampf verfügbare Energie wird in Bewegungsenergie überführt und macht sich in den starken Winden bemerkbar. Der Kreisprozess besteht dabei aus folgenden Schritten (unter Vernachlässigung des Auges):

1. Luft strömt herein in Richtung des tiefen Luftdrucks und dehnt sich daher aus. Sie wird aber nicht kälter, weil ihr aus dem Ozean Wärmeenergie (latent und sensibel) zugeführt wird.

2. Im Wall steigt sie auf, das Wasser darin kondensiert. Obwohl das Kondensieren Wärme freisetzt, wird die Luft kälter, denn in der Höhe ist der Luftdruck sehr gering.

3. In der Höhe strömt die Luft auseinander. Energie wird durch Abstrahlung an den Weltraum abgegeben.

4. Absinken in den Außenbereichen führt zu einer erneuten Erwärmung

Ein solcher Kreisprozess in 4 Schritten, bei denen Luft erwärmt und abgekühlt wird, um letztlich Arbeit zu verrichten, heißt Carnot-Prozess und ist in der Technik weit verbreitet, z.B. bei Automotoren: Das brennende Benzin erwärmt die Luft gegenüber der Umgebung; die gewonnene Energie geht in die Bewegung des Autos. Je mehr Energie daraus abgezweigt werden kann, desto höher ist der Wirkungsgrad. Der Wirkungsgrad eines Hurrikans ist in Wahrheit jedoch größer als bei einem solchen Carnot-Prozess. Der Grund ist, dass die starken Winde nahe der Wasseroberfläche zwar gebremst werden, diese Energie (im Gegensatz zu einem von Luft- und Bodenreibung gebremsten Auto) aber nicht verlorengeht! Durch die Reibung wird nämlich die Bewegungsenergie in Innere Energie der Luft überführt, was die Temperatur der unteren Luftschichten erhöht. Der Antrieb zum Aufsteigen der Luft wird damit gestärkt und die Energie verbleibt im System. Allerdings haben die hohen Windgeschwindigkeiten auch einen schwächenden Einfluss (negative Rückkopplung): Sie bewirken ein Aufwühlen des Wassers, so dass tiefere und kältere Schichten des Ozeans an die Oberfläche gemischt werden. Dies kann eine Abkühlung um bis zu 5 Grad bewirken.

Entstehung und Auflösung

Zwar ist der Mechanismus, nach dem ein Hurrikan funktioniert, bekannt, die Art und Weise wie er entsteht, ist jedoch weitgehend unverstanden. Insbesondere die Entstehung des Auges erscheint zunächst nicht zwingend und ist nicht erschöpfend geklärt. Eine Vorhersage, wo und wann ein Hurrikan auftritt, ist damit ein sehr unsicheres Unterfangen. Etwas leichter und auch üblich ist es, die Zugbahn eines bereits entstandenen Hurrikans vorherzusagen. Bisherige Studien haben einige wichtige Voraussetzungen identifiziert, die erfüllt sein müssen, damit ein Hurrikan überhaupt entstehen kann. Dass er es dann tatsächlich tut, ist jedoch nicht zwingend - man sagt, die Bedingungen sind „notwenig aber nicht hinreichend“. Die wichtigsten davon sind folgende:

  • Die Meeresoberflächentemperatur muss mehr als 26 Grad betragen und es muss eine warme Wasserschicht ausreichender Tiefe geben.
  • Die relative Feuchte der Luft muss hoch sein. Andernfalls wäre die bei der Konvektion eingemischte Luft von außen zu trocken, es gäbe weniger Kondensationswärme und die Konvektion würde geschwächt.
  • Es darf nur eine schwache vertikale Windscherung geben. Damit ist gemeint, dass die Richtung und die Stärke von Winden in allen Höhen über dem Boden ähnlich sein muss. Der Grund ist, dass sonst Eigenschaften der Luft wie Temperatur oder Feuchte mit der Strömung weggetragen würden. Der Hurrikan würde sozusagen auseinander gerissen.
  • Die Luft muss eine hohe Wirbelstärke erhalten, d.h. sich in einer Art und Weise bewegen, dass sie in der Höhe leicht auseinanderströmen kann. Das damit ausgelöste Zusammenströmen am Boden führt zu verstärkter Drehung. Diese ist so gerichtet, wie es auch dem Drehsinn eines Hurrikans entspricht (im Norden gegen den Uhrzeigersinn, im Süden anders herum).

Beim Entstehen eines Hurrikans wird ein sich selbst verstärkender Mechanismus (positive Rückkopplung) ausgelöst: Im Wall kondensiert Wasser und heizt damit die Luft. So wird das Aufsteigen stärker. Im Auge dagegen herrscht Absinken, was eine Erwärmung der Luft zur Folge hat. Daher sinkt dort der Druck. Der verstärkte Druckunterschied zwischen innen und außen verursacht stärkere Winde, denn diese beschleunigen die Luft. Bei höheren Windgeschwindigkeiten ist aber auch die Wärmezufuhr aus dem Ozean stärker, denn die Wellen sind höher, es entsteht Gischt und die erwärmte und angefeuchtete Luft wird schneller durch neue ersetzt. Die Zirkulation wird durch die Energiezufuhr verstärkt, was den Druck im Zentrum weiter sinken lässt. Der Kreislauf ist damit geschlossen. Diese positive Rückkopplung sorgt dafür, dass sich ein Hurrikan sehr rasch entwickeln kann.

Die Auflösung des Hurrikans kann verschiedene Gründe haben:

  • Er gelangt zu weit in hohe Breiten, wo die Temperatur der Meeresoberfläche zu gering ist.
  • Es wird Luft eingemischt, die einen falschen Drehsinn hat.
  • Der Hurrikan trifft auf Land („Landfall“).

Da von dem warmen Oberflächenwasser immer mehr Wasserdampf nachgeliefert wird und die Reibung über der Wasseroberfläche gering ist, entfaltet ein Hurrikan seine größte Energie über dem Meer. Trifft er auf Land, schwächt er sich zum einen wegen der höheren Reibung, zum anderen weil kein Wasserdampf mehr gebildet wird, schnell ab. Der Druck steigt dann sehr schnell und es kann zu extremen Niederschlägen kommen. Treten in der Höhe stärkere Scherwinde auf, d.h. Winde, die anders als die Bodenwinde gerichtet sind, kann dieser Auftrieb und damit die Energie eines Hurrikans deutlich geschwächt werden. Unterdurchschnittlich niedrige Windscherungen, wie sie seit 1995 im Golf von Mexiko beobachtet wurden, begünstigen die Hurrikanbildung.

Klassifizierung

Kategorie Wind in km/h Zentraldruck in hPa
Tropischer Wirbelsturm 56-117  
Hurrikan 1 (schwach) 118-153 über 980
Hurrikan 2 (mäßig) 154-177 965-979
Hurrikan 3 (stark) 178-210 945-964
Hurrikan 4 (sehr stark) 211-249 920-944
Hurrikan 5 (verwüstend) über 249 unter 920

Tab. 1: Hurrikan-Kategorien nach der Saffir-Simpson-Skala

Je nach Windgeschwindigkeit werden Hurrikane in fünf Kategorien eingeteilt (s. Tab. 1). Die Benennung einer Störung als tropischer Wirbelsturm erfolgt ab einer Windgeschwindigkeit von 56 km/h. Ab 118 km/h spricht man von einem Hurrikan, ab 178 km/h liegt ein Hurrikan der Kategorie 3 vor, über 249 km/h ein Hurrikan der Kategorie 5.

Verbreitung

Verbreitung aller tropischer Wirbelstürme
Mittlere Zugbahnen atlantischer Hurrikane im Monat September

Jedes Jahr entstehen ca. 80 tropische Stürme, von denen sich ein Drittel bis die Hälfte zu Hurrikanen entwickeln. Die Anzahl ist jedoch von Jahr zu Jahr sehr verschieden. Die meisten Hurrikane (ca.87 %) entstehen zwischen 20°N und 20°S; zwei Drittel aller Hurrikane bilden sich auf der Nordhalbkugel. Die bevorzugten Gebiete sind der westliche Atlantik, der östliche Pazifik, der westliche Nordpazifik, der nördliche und der südliche Indische Ozean und der Südwest-Pazifik vor Australien. Die Hurrikane des Nordatlantiks bewegen sich auf Zugbahnen vom mittleren Atlantik oder der östlichen Karibik nach Westen und Norden Richtung Mittelamerika bzw. den Süden der USA. Stürme der höheren Kategorien treten vor allem im nördlichen Westpazifik auf. Im Südatlantik und Südost-Pazifik gibt es so gut wie keine Hurrikane, da dort zu geringe Meeresoberflächentemperaturen herrschen. Außerdem treten keine Hurrikane in einem engen Bereich um den Äquator herum auf. Dies liegt daran, dass dort die Corioliskraft zu schwach ist (bzw. genau auf dem Äquator 0 ist), so dass die Luft nicht in Drehung versetzt werden kann.

Trends und globale Erwärmung

Datei:Hurrikan-trends.gif

Die atlantischen Hurrikan-Saisons 2004 und 2005 haben nicht zuletzt wegen der starken Zerstörungen in den USA erneut die Frage nach einem eventuellen Zusammenhang zwischen der Zunahme von Hurrikanen und der globalen Erwärmung aufgeworfen. Ein Blick auf die Hurrikan-Statistik seit den 1940er Jahren zeigt einerseits starke Schwankungen von Jahr zu Jahr, die im allgemeinen dem ENSO-Phänomen zugeschrieben werden (Abb. 4). So korrelierten die Jahre 1983 und 1997 mit ihrer auffällig schwachen Hurrikan-Tätigkeit mit den "Jahrhundert"-El-Niños dieser Jahre. Andererseits zeigen sich Schwankungen über mehrere Jahrzehnte. So gab es bereits in den 1940er und 1950er Jahren relativ viele Tropische Stürme und Hurrikane pro Saison, während in den 1970er und 1980er Jahren die Hurrikan-Tätigkeit deutlich abnahm. Seit 1995 gibt es dagegen wieder sowohl eine starke Zunahme der tropischen Stürme insgesamt wie auch der stärkeren Hurrikane der Kategorien 3, 4 und 5. Besonders ragt dabei die Hurrikansaison 2005 mit 6 stärkeren Hurrikanen (wie auch schon 1996 und 2004) und 23 benannten Stürmen insgesamt heraus. Zum ersten Mal seit dem Beginn der Namensgebung reichten die im Vorwege festgelegten 21 Namen nicht aus, so dass die weiteren Hurrikane nach dem griechischen Alphabet mit Alpha und Beta benannt werden mussten. Als Ursache für die Dekaden-Schwankung wird eine entsprechende Schwankung der Ozeantemperaturen angenommen, die möglicherweise mit der Variabilität der Thermohalinen Zirkulation zusammenhängt. Ein Trend über das ganze 20. Jahrhundert, der die Dekaden-Schwankung überlagert, konnte nicht festgestellt werden.[1]

Meeresoberflächentemperaturen in den Hurrikangebieten der angegebenen Ozeanbecken während der jeweiligen Hurrikansaison

Jüngere Forschungen, die nicht nur die Anzahl, sondern die Stärke und Energie der Hurrikane untersucht haben, kommen dennoch zu dem Ergebnis, dass die globale Erwärmung einen über die natürliche Dekaden-Schwankung hinausgehenden zusätzlichen Einfluss auf die Hurrikan-Aktivität besitzt. Jenseits aller Variabilität zeigt hiernach der tropische Atlantik im Jahrzehnt 1995-2004 die höchsten Oberflächentemperaturen seit 1870. Gleichzeitig ist infolge der globalen Erwärmung der atmosphärische Wasserdampfgehalt in den atlantischen Hurrikangebieten seit den 1980er Jahren um 1,3 % pro Dekade gestiegen. Die höheren Meeresoberflächentemperaturen und der höhere Wasserdampfgehalt der Atmosphäre werden als Ursache sowohl für die deutliche Zunahme der Hurrikan-Energie gesehen, worunter die gesammelte Intensität und Dauer sämtlicher Tropischer Stürme und Hurrikane einer Saison verstanden wird, als auch für die Zunahme der Hurrikan-Niederschläge seit 1995.[2]

Die globale Anzahl der schwachen und mittleren (Kategorie 1-3) und der starken Hurrikane (Kategorie 4 und 5) von 1970/4 bis 200/04 jeweils über vier Jahre gemittelt.

Auch global zeigt sich zwischen 1970 und 2004 nach jüngsten Untersuchungen eine Zunahme der tropischen Meeresoberflächentemperatur um 0,5 °C. (Abb. 5). Außerdem wurde festgestellt, dass sich weltweit die schwächeren und die stärkeren Hurrikanen in den letzten Jahrzehnten unterschiedlich entwickelt haben. Während die Anzahl der schwachen und mittleren Hurrikane (Kategorie 1-3) seit den 1970er Jahren keine Veränderung zeigt, hat sich die Zahl der stärkeren Hurrikane (Kategorie 4 und 5) von global 50 in den 1970ern auf etwa 90 in den Jahren 1994-2004 nahezu verdoppelt (vgl. Abb. 6). Ein 30-Jahre-Trend reicht für eine Begründung der aktuellen Entwicklung durch die globale Erwärmung allerdings nicht aus. Die Beschränkung der Untersuchung auf das Satellitenzeitalters lässt sich andererseits kaum vermeiden, weil verlässliche globale Daten aus früheren Perioden nicht zur Verfügung stehen.

Index der Meeresoberflächentemperatur (blau) im tropischen Nordatlantik (6°-18° N, 20°-60° W) und des Energieumsatzes (rot) bei nordatlantischer Hurrikanen 1930-2004

Der Trend zu stärkeren Hurrikanen kommt noch deutlicher in einer jüngsten Veröffentlichung zum Ausdruck, die nach der totalen Zerstörungskraft eines Hurrikans fragt.[3] Diese basiert auf dem gesamten Energieumsatz, der durch die Windgeschwindigkeit, die räumliche Ausdehnung und die Lebensdauer eines Hurrikans bestimmt wird. Seit Beginn der 1990er Jahre hat hiernach der Hurrikan-Energieumsatz stark zugenommen. Diese Zunahme übersteigt in den letzten ca. 10 Jahren deutlich die natürlichen Dekadenschwankungen im Zyklus von ca. 30 Jahren. Als Grund wird die längere Lebenszeit wie die größere Sturmintensität der Hurrikane gesehen. Die enge Korrelation mit der Meeresoberflächentemperatur weist auf den Zusammenhang mit der globalen Erwärmung (Abb. 6). Allerdings sind Hurrikane auch von anderen Faktoren abhängig, so von dem vertikalen Temperaturprofil der Troposphäre, von den Temperaturen auch direkt unterhalb der Meeresoberfläche, von Scherwinden in der Höhe und von natürlichen Klimaschwankungen wie El Niño und NAO (s. dazu unten). Die Forschungsergebnisse, die einen Zusammenhang zwischen der Hurrikan-Entwicklung und dem anthropogenen Klimawandel behaupten, blieben daher auch nicht unwidersprochen.[4]





Prognosen

Die jüngsten Ergebnisse stehen jedoch prinzipiell in Einklang mit Modellrechnungen über die künftige Hurrikanentwicklung in einer wärmeren Welt.[5] Einige Modellrechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Intensität der tropischen Stürme sich bis 2050 um 5-10 % und die durch Hurrikane verursachten Starkniederschläge sogar um 25 % zunehmen werden. Dabei wird der Unterschied zwischen Perioden mir relativer Ruhe und solchen mit starker Hurrikan-Tätigkeit zunehmen. Nach 2050 wird der Effekt der globalen Erwärmung sich immer deutlicher von diesen natürlichen Dekadenschwankungen abheben. Die Anzahl der Stürme und ihr Verbreitungsgebiet werden sich jedoch kaum ändern.[6] Modellprognosen sind jedoch immer noch mit hohen Unsicherheitsfaktoren behaftet, u.a. weil die Auflösung der Modell für die Simulation von Hurrikanen immer noch zu grob ist und weil auch die Zusammenhänge zwischen der Meeresoberflächentemperatur und der Hurrikandynamik noch nicht hinlänglich verstanden sind.

Ein wichtiger Unsicherheitsfaktor in der Prognose über die künftigen Aktivitäten tropischer Zyklonen ist ihre Abhängigkeit von Temperaturanomalien im tropischen Pazifik, die als El Niño-Southern Oscillation (ENSO) bekannt sind. Deren Einfluss auf die tropischen Zyklonen variiert von Ozeanbecken zu Ozeanbecken. Bei El Niño-Ereignissen wird die Aktivität tropischer Zyklonen in den meisten Regionen des Pazifiks verstärkt, im Atlantik sowie im Nordwestpazifik und vor Australien dagegen abgeschwächt; bei La Niña-Ereignissen ist es umgekehrt.[7] So verursacht z.B. ein El Niño durch teleconnections (Fernwirkung) eine Erwärmung der oberen Troposphäre über dem tropischen Nordatlantik. Die dadurch geringere Temperaturdifferenz zwischen der Meeresoberfläche und der oberen Troposphäre ist für die Entwicklung von Hurrikanen ungünstig.[8] Wie sich aber El Niño und La Niña in einem durch den Menschen verstärkten Treibhausklima verhalten werden, ist noch weithin unklar.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Walsh, K. (2004): Tropical cyclones and climate change: unresolved issues, Climate Research 27, 77-83
  2. Trenberth, K. (2005): Uncertainty in Hurricanes and Global Warming, Science 308, 1753-1754
  3. Webster, P.J., G.J. Holland, J.A, Curry, H.-R. Chang (2005): Changes in Tropical Cyclone Number, Duration, and Intensity in a Warming Environment, Science 309, 1844-1846
  4. Ein knapper Überblick über die Stellungnahmen findet sich bei Kerr, R.A. (2005): Is Katrina a Harbinger of Still More Powerfull Hurricanes?, Science 309, 1807; eine gründlichere kritische Analyse bietet der Artikel Pielke Jr., R.A.,C. Landsea, M. Mayfield, J. Laver and R. Pasch (2005): Hurricanes and Global Warming, Bulletin of the American Meteorological Society 86/11, 1571-1575; eine Kritik von R.A. Pielke und C.W. Landsea an den Ergebnissen von K. Emanuel und eine Erwiderung Emanuels finden sich in Nature 438, E11-E13 (2005)
  5. Webster, P.J., G.J. Holland, J.A, Curry, H.-R. Chang (2005): Changes in Tropical Cyclone Number, Duration, and Intensity in a Warming Environment, Science 309, 1844-1846
  6. Walsh, K. (2004): Tropical cyclones and climate change: unresolved issues, Climate Research 27, 77-83
  7. Pielke Jr., R.A. and Landsea, C.N. (1999): La Niña, El Niño, and Atlantic Hurricane Damages in the United States, Bulletin of the American Meteorological Society, Vol. 80, No. 10, October 1999, 2027-2033
  8. Tang, B.H., and J.D. Neelin (2004): ENSO Influence on Atlantic hurricanes via tropospheric warming, Geophysical Research Letters 31, L24204 10.1029/2004GL021072

Unterricht

Literatur

Weblinks


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