Die Debatte über Climate Engineering
Bei Climate Engineering geht es nicht nur um die technische Machbarkeit. Grundlegend stellen sich zwei Fragen:
- Sollten wir Technologien zur Klimamanipulation überhaupt erforschen und entwickeln?
- Sollten wir solche Technologien einsetzen?
Im Kern ist die Debatte über CE also eine ethische. Solche Debatten lassen sich mithilfe einer Argumentlandkarte darstellen.
Was ist eine Argumentationslandkarte?
In einer Debatte diskutieren mehrere Teilnehmer über verschiedene Thesen. Jeder Teilnehmer bringt Argumente vor, die seiner Meinung nach Thesen unterstützen oder angreifen. Diese Argumente können wiederum angegriffen oder gestützt werden, und so weiter. Die Argumentlandkarte versucht, diese komplexen Zusammenhänge in einer Debatte darzustellen. Dabei ist die Karte immer nur das aktuelle Standbild einer sich stetig weiterentwickelnden Debatte. [1] Ein Argument im klassischen Sinne ist eine Prämissen-Konklusion-Struktur, wobei die Konklusion logisch aus den Prämissen folgt - nur dann ist ein Argument deduktiv gültig. Ein Argument A stützt ein Argument B, wenn die Konklusion von A identisch ist mit einer Prämisse von B (in der Karte durch den grünen Pfeil symbolisiert.) Ein Angriff (roter Pfeil) entsteht dann, wenn die Konklusion eines Argumentes A einer Prämisse des Argumentes B widerspricht. Sind zwei Argumente durch keinen Pfeil miteinander verbunden, so sind sie logisch unabhängig. Die Rekonstruktion einer komplexen Debatte, wie sie in dem Bereich der Wissenschaft oder auch der Politik geführt werden, ist zum Teil eine erhebliche Interpretationsleistung. Das liegt zum einen daran, dass nicht immer klar ist, welche Konklusion ein vorgebrachtes Argument tatsächlich hat oder welche These es genau angreift. Außerdem werden häufig wichtige Prämissen vom Autor nicht genannt, entweder aus Unachtsamkeit oder weil diese Annahmen als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Solche impliziten Prämissen zu ergänzen, und damit das Argument im Sinne des Autors zu vervollständigen, ist Teil der Rekonstruktions-Arbeit. Zudem liegt genau hier der große Vorteil dieser Darstellungsform: Eine Argumentationslandkarte kann zu mehr Klarheit und Transparenz verhelfen, was die Bewertung der Debatte erleichtern kann. Die Karte selbst aber bewertet die Positionen nicht, und erlaubt auch keine Entscheidung, was richtig oder falsch ist. Sie stellt nur dar. Die Bewertung erfolgt immer nur durch den Leser der Karte. Die Landkarte besteht aus drei Elementen: Den Argumenten, den Thesen, sowie den Pfeilen, die die Argumente miteinander verbinden. Die Thesen dienen der Illustration zentraler Aussagen und sind gewissermaßen "Knotenpunkte" in der Argumentlandkarte.
Beispiel für eine Miniaturdebatte
Argument A) Unsicherheit
Prämisse 1: Solange die Nebenfolgen einer Risikotechnologie nicht zuverlässig vorausgesagt werden können, ist ihr Einsatz moralisch falsch.
Prämisse 2: Die Nebenfolgen der CE-Technologie T können noch nicht zuverlässig vorausgesagt werden.
Prämisse 3: Die CE-Technologie T ist eine Risikotechnologie.
Konklusion (aus 1-3): Der Einsatz der CE-Technologie T ist moralisch falsch.
Argument B) Kein Bedarf
Prämisse 1: Wenn der Einsatz der CE-Technologie T moralisch falsch ist, dann ist die Einsatzbereitschaft von T nicht notwendig.
Prämisse 2: Der Einsatz der CE-Technologie T ist moralisch falsch (Konklusion aus A)
Konklusion (aus 1,2): Die Einsatzbereitschaft von CE ist nicht notwendig.
Argument C) Zentrale Forschungsbegründung
Prämisse 1: Die CE-Technologie T sollte in Zukunft zum Einsatz bereit sein.
Prämisse 2: Nur, wenn wir sofort anfangen zu forschen, ist die CE-Technologie T für den Einsatz bereit.
Konklusion (aus 1,2): Forschung und Entwicklung der CE-Technologie T sollen sofort ausgeführt werden.
Argument A beruht auf dem moralischen Gebot, dass eine Risikotechnologie nicht eingesetzt werden soll, solange ihre Einsatznebenfolgen nicht abgeschätzt werden können. Zusammen mit Prämissen 2 und 3 ergibt sich die Konklusion, dass der Einsatz der CE-Technologie T moralisch falsch ist.
Prämisse 1 des Arguments B ist kein normativ-moralisches Gebot, sondern in sich logisch wahr: Wenn der Einsatz der CE-Technologie T falsch ist, dann muss diese Technologie auch nicht zum Einsatz bereit sein. Die Konklusion von Argument A geht in dieses Argument als Prämisse 2 ein.
Argument C nun begründet das Forschungsgebot (der CE-Technologie T). Prämisse 1 wird von Argument B angegriffen. Es gilt, dass die Konklusion eines Argumentes falsch ist, wenn mindestens eine Prämisse falsch ist. Behält nun also Argument B recht, dann gibt es kein Forschungsgebot für die CE-Technologie T.
Einzelnachweise
Lizenzhinweis
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