Klimawandel und Zugvögel (einfach)

Aus Klimawandel

Zugvögel sind Vögel, die an anderen Orten überwintern als sie brüten. Auf der Nordhalbkugel brüten Zugvögel in gemäßigten oder arktischen Gebieten. Diese bieten den Vögeln nur im Sommerhalbjahr ausreichend Nahrung, um sich zu versorgen und ihre Jungen aufzuziehen. Im Winterhalbjahr ist das Angebot an Nahrung und anderen Ressourcen knapp und die Tiere überwintern in südlicher gelegenen Gebieten, in denen das Angebot besser ist. Der Zug in die Überwinterungsgebiete findet im Herbst statt. Im Frühjahr ziehen die Vögel dann wieder in ihre Brutgebiete. Auf der Südhalbkugel findet der Vogelzug umgekehrt statt. Man unterscheidet bei den Zugvögeln zwischen Langstreckenziehern, Mittelstreckenziehern und Kurzstreckenziehern. Europäische Langstreckenzieher, beispielsweise der Weißstorch oder der Fitis, ziehen bis nach Afrika und überwintern dort südlich der Sahara. Die Langstreckenzieher umfliegen oder überfliegen dabei das Mittelmeer und teilweise die Sahara. Bei ihrem Zug legen sie eine Strecke von bis zu 10.000 km zurück. Europäische Kurz- und Mittelstreckenzieher legen wesentlich kürzere Strecken zurück und überwintern häufig in Mittel-, Süd- oder Osteuropa, wie beispielsweise Mönchsgrasmücke, Amsel und Rotmilan. Die Mönchsgrasmücke kann aber je nach Lage der Brut- und Überwinterungsgebiete auch Langstreckenzieher sein. Die Flugroute und die Gebiete, in denen Zugvögel überwintern, sind je nach Art unterschiedlich. Der Zeitpunkt, an dem die Tiere aufbrechen und die Orientierung sind meist zum größten Teil angeboren. Beispielsweise können Temperatur oder Lichtperiode den Aufbruchstermin oder die Orientierung steuern.[1]

Einfluss des Klimawandels auf Zugvögel

Der Vogelzug ist im Wesentlichen eine Anpassung an das jahreszeitlich schwankende Nahrungsangebot in verschiedenen Regionen der Erde.[2] Zugvögel brüten in arktischen und gemäßigten Breiten, also in sehr weit nördlich gelegenen Gebieten. Dort ist auf Grund der niedrigen Temperaturen im Winterhalbjahr nur im Sommerhalbjahr ausreichend Nahrung für die Zugvögel vorhanden. Beispielsweise ernährt sich der Weißstorch von Kleintieren wie Regenwürmern, Fröschen, Insekten und Mäusen. Im Winterhalbjahr überwintern viele dieser Kleintiere an vor Kälte geschützten Orten. Der europäische Laubfrosch beispielsweise vergräbt sich in der Erde. Auch Regenwürmer verbringen den Winter in tieferen Erdschichten in einer Art Kältestarre. Das Pflanzenwachstum ist ebenfalls von Temperatur und Niederschlag abhängig und findet überwiegend im Sommerhalbjahr statt. Daher ist auch die Verfügbarkeit von pflanzlicher Nahrung (z.B. Samen und Früchte) im Winterhalbjahr begrenzt. Im Rahmen des durch den Menschen verursachten Klimawandels ist es bereits in den letzten Jahrzehnten zu einer Erwärmung des globalen Klimas gekommen. Klimamodelle sagen für die Zukunft eine weitere Erwärmung voraus. Weiterhin verändern sich auch die globalen Niederschlagsmuster. In einigen Regionen wird mehr Niederschlag fallen als bisher, in anderen dagegen weniger. Durch die Veränderung dieser klimatischen Faktoren verändert sich auch das Nahrungsangebot für die Zugvögel in ihren Brut- und Überwinterungsgebieten. In den gemäßigten und nördlichen Breiten ist es beispielsweise durch den Anstieg der Frühlingstemperaturen zu einer Vorverlegung vieler Frühlingsereignisse gekommen (z.B. Blattaustrieb). Somit steht den Zugvögeln dort schon früher ein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung. Tatsächlich konnte bereits Veränderungen der Zugzeiten von Zugvögeln beobachtet werden. Auch die Aufenthaltsdauer der Vögel in den Brut- und Überwinterungsgebieten verändert sich. Weiterhin können sich durch den Klimawandel die Verbreitungsgebiete der Zugvögel, also die Gebiete, in denen die Tiere vorkommen, verschieben. Außerdem kann es dazu kommen, dass Zugvogelarten nicht mehr ziehen oder dass Standvögel (Vögel die nicht ziehen) Zugverhalten zeigen. Der Klimawandel beeinflusst somit auch Zugvögel.

Veränderung der Heimzugzeiten

Durch den Klimawandels haben sich in den letzten Jahrzehnten weltweit die Zeiten, in denen die Vögel in ihre Brutgebiete zurückkehren, bei sämtlichen Zugvögeln verändert. Die Tiere kommen tendenziell früher in den Durchzugs- und Brutgebieten an. Beispielsweise ziehen Grauschnäpper durchschnittlich 11 Tage früher auf Helgoland durch als noch vor 47 Jahren. Mönchsgrasmücken ziehen durchschnittlich 17 Tage früher durch. Für 24 Arten, die auf Helgoland durchziehen ergibt sich so eine durchschnittliche Verfrühung um 6,8 Tage zwischen 1960 und 2007.[2] Das entspricht einer Verfrühung von 1,8 Tagen pro Jahrzehnt. Dieser Trend ist eindeutig auf den menschlich verursachten Klimawandel zurückzuführen. So kommen eurasische Zugvogelarten pro 1°C Erwärmung durchschnittlich 2,5 - 3,3 Tage früher in ihrem Brutgebieten an.[2] Für die Verfrühung der Zugvögel ist dabei nicht das lokale Wetter in den Brutgebieten ausschlaggebend, sondern das Wetter entlang der Zugstrecke von den Überwinterungsgebieten zu den Brutgebieten.[2] Diese großräumige Wetterlage entlang der Zugstrecke wird in Europa hauptsächlich durch die Nordatlantische Oszillation (NAO) beeinflusst. Ein so genannter positiver NAO-Index in den Wintermonaten führt in weiten Teilen Europas zu höheren Temperaturen und vermehrten Niederschlägen. Dadurch kann sich die Pflanzenwelt früher entwickeln. Den Zugvögeln steht in ihren Durchzugs- und Brutgebieten früher ein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung und sie können früher in ihre Brutgebiete ziehen. Ein positiver NAO-Index kann den Heimzug allerdings auch verzögern. In den Überwinterungsgebieten im Mittelmeerraum, in Nordafrika und in der Sahelzone führt er zu wärmeren und trockeneren Bedingungen. Dadurch verschlechtert sich dort das Nahrungsangebot für die Zugvögel. Sie brauchen länger, um sich Fettreserven für den langen Flug anzufressen wodurch sich der Heimzug verzögert. Beispielsweise ziehen Langstreckenzieher im Mittelmeerraum in den letzten 50 Jahren immer später durch.[2]Trotzdem kommen Zugvögel tendenziell immer früher in den Brutgebieten an, da das bessere Nahrungsangebot entlang der Zugstrecke den Vogelzug so stark beschleunigt, dass die Verzögerung durch das schlechte Nahrungsangebot in den Überwinterungsgebieten dadurch überlagert wird.


Veränderung der Wegzugzeiten

Die Veränderung der Wegzugzeiten von den Brutgebieten in die Überwinterungsgebiete ist weniger einheitlich als die Veränderung der Heimzugzeiten. Es werden Trends zum verfrühten und verspäteten Wegzug sogar an gleichen Orten beobachtet. Auf den Britischen Inseln und in der Schweiz ziehen die Vögel tendenziell früher weg. Als mögliche Erklärung dafür wird diskutiert, ob der verfrühte Wegzug mit dem verfrühten Heimzug zusammenhängen kann. Daten mitteleuropäischer Beringungsstationen weisen dagegen für die letzten Jahrzehnte eher auf einen Trend zur Verspätung des Wegzuges hin. Dies hängt möglicherweise mit dem Trend zu wärmeren Sommern zusammen. Durch die wärmere Witterung in der Wegzugzeit könnte es zu einer Veränderung des Nahrungsangebotes kommen, wodurch sich der Wegzug möglicherweise verzögert.[2]

2.1.3 Veränderung des Aufenthaltes in den Brutgebieten und des Brutverhaltens Auf Helgoland konnte beobachtet werden, dass sich die Aufenthaltsdauer von Zugvögeln in ihren Brutgebieten zwischen 1960 und 2007 um ca. 9 Tage pro Jahrzehnt verlängert hat.[2]Der Grund dafür ist die frühere Ankunft in den Brutgebieten und der spätere Wegzug in die Überwinterungsgebiete. Einige Zugvogelarten, beispielsweise Grauschnäpper und Amsel halten sich über 2 Wochen länger in ihren Brutgebieten auf. Die längere Aufenthaltsdauer führt generell zu einem höheren Bruterfolg. Arten, die pro Jahr nur eine Brut großziehen (z.B. Mauersegler, Kranich), haben mehr Zeit für einen zweiten Versuch, falls die erste Brut nicht erfolgreich war. Arten, bei denen die Anzahl der Bruten von Wetter und Nahrungsangebot abhängt (z.B. Amsel, Rotkehlchen), können pro Jahr häufiger brüten. Weiterhin brüten Vögel tendenziell früher. In Großbritannien brüten 20 von 65 untersuchten Arten heute früher und eine später als vor 25 Jahren. [3] Durchschnittlich brüten diese 20 Arten heute 9 Tage früher. Dieser Trend betrifft jedoch nicht nur Zugvögel, sondern auch Vögel, die nicht ziehen.

Einzelnachweise

  1. Nentwig/ Bacher/ Beierkuhnlein/ Brandl/ Grabherr (2004): Ökologie. München, S. 57 f.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 Hüppop, K./ Hüppop, O./ Bairlein, F. (2008): Immer früher wieder zurück: Veränderung von Zugzeiten. Unter: http://www.schattenblick.de/infopool/natur/biologie/nborn064.html (Stand 8.12.2008)
  3. Bairlein, F./ Metzger, B. (2007/2008): Klimawandel und Zugvögel und ihre Rolle bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten – zunehmende „Gefahr“ in Zeiten klimatischer Veränderung? In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 198-205.


Siehe auch

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