Abrupte Klimaänderungen im Eiszeitalter: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Bild:300px-Wippe.gif|thumb|550px| Abb. 3: Das Konzept gegenläufiger mittlerer Temperaturen auf den beiden Hemisphären lässt sich anschaulich als Wippe darstellen]] | |||
Im Mittelpunkt der Erforschung von Klimakopplungen zwischen Arktis und Antarktis steht die Frage, wie sich vergangene Klimaschwankungen auf den beiden Hemisphären miteinander in Einklang bringen lassen. Von besonderem Interesse ist dabei die Untersuchung starker und abrupter Klimaänderungen wie der so genannten Dansgaard-Oeschger-Ereignisse. In den letzten 110 tausend Jahren sind 24 solcher rapiden Erwärmungen identifiziert worden, indem in Grönland gewonnene Eisbohrkerne auf ihre Isotopenverhältnisse untersucht wurden, die Aufschluss über Temperaturen früherer Zeitalter geben. Die Messungen ließen auf drastische Temperaturänderungen zwischen 9 und 16 Grad Celsius schließen. Allerdings stehen diese Werte nicht für eine globale Erwärmung, da Eisbohrkerne, die in der Antarktis gewonnen wurden, keine so starken Temperatursprünge aufweisen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die drastischen Eregnisse auf der Nordhemisphäre auch das antarktische Klima beeinflusst haben. Allerdings ist die Analyse möglicher Kopplungssmechanismen zwischen Nord- und Südhemisphäre aus verschiedenen Gründen schwierig: Zum einen sind die Bohrkerne der Antarktis aufgrund der geringeren Niederschlagsrate zeitlich nicht gut aufgelöst, zum anderen sind viele Signale schlicht zu schwach, um eine eindeutige Interpretation zuzulassen. Ein einfaches Modell der interhemisphärischen Kopplung ist das der so genannten bipolaren Wippe (bipolar seesaw), das einen genau gegenläufigen Temperaturverlauf zwischen Nord- und Südpolargebiet postuliert. Grundlage dieser Annahme ist die thermohaline Zirkulation des Atlantiks: Da das Wasser im Nordatlantik aufgrund seiner geringen Temperatur und hohen Salzgehalts absinkt, strömt Oberflächenwasser aus südlicher Richtung nach. Diese Strömung erstreckt sich bis auf die Südhemisphäre und ist so stark, dass der südliche Atlantik insgesamt Wärme von Süden nach Norden (also in Richtung höherer Einstrahlung) transportiert. Wird nun die thermohaline Zirkulation z.B. durch große Einträge von Süßwasser im Norden abgeschwächt oder gar umgekehrt, hat dies eine Abkühlung des Nordatlantiks und damit Grönlands zur Folge, da nun nicht mehr so große Mengen warmen Wassers von Süden herangeführt werden. Gleichzeitig aber wird der Südhemisphäre aber auch weniger Wärme entzogen, so dass die Temperaturen des südlichen Ozeans steigen. Derselbe Zusammenhang führt zu einer Abkühlung des Südens, sobald sich die Ozeanzirkulation wieder verstärkt und dem Norden ein Ende der Kaltzeit bringt. | Im Mittelpunkt der Erforschung von Klimakopplungen zwischen Arktis und Antarktis steht die Frage, wie sich vergangene Klimaschwankungen auf den beiden Hemisphären miteinander in Einklang bringen lassen. Von besonderem Interesse ist dabei die Untersuchung starker und abrupter Klimaänderungen wie der so genannten Dansgaard-Oeschger-Ereignisse. In den letzten 110 tausend Jahren sind 24 solcher rapiden Erwärmungen identifiziert worden, indem in Grönland gewonnene Eisbohrkerne auf ihre Isotopenverhältnisse untersucht wurden, die Aufschluss über Temperaturen früherer Zeitalter geben. Die Messungen ließen auf drastische Temperaturänderungen zwischen 9 und 16 Grad Celsius schließen. Allerdings stehen diese Werte nicht für eine globale Erwärmung, da Eisbohrkerne, die in der Antarktis gewonnen wurden, keine so starken Temperatursprünge aufweisen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die drastischen Eregnisse auf der Nordhemisphäre auch das antarktische Klima beeinflusst haben. Allerdings ist die Analyse möglicher Kopplungssmechanismen zwischen Nord- und Südhemisphäre aus verschiedenen Gründen schwierig: Zum einen sind die Bohrkerne der Antarktis aufgrund der geringeren Niederschlagsrate zeitlich nicht gut aufgelöst, zum anderen sind viele Signale schlicht zu schwach, um eine eindeutige Interpretation zuzulassen. Ein einfaches Modell der interhemisphärischen Kopplung ist das der so genannten bipolaren Wippe (bipolar seesaw), das einen genau gegenläufigen Temperaturverlauf zwischen Nord- und Südpolargebiet postuliert. Grundlage dieser Annahme ist die thermohaline Zirkulation des Atlantiks: Da das Wasser im Nordatlantik aufgrund seiner geringen Temperatur und hohen Salzgehalts absinkt, strömt Oberflächenwasser aus südlicher Richtung nach. Diese Strömung erstreckt sich bis auf die Südhemisphäre und ist so stark, dass der südliche Atlantik insgesamt Wärme von Süden nach Norden (also in Richtung höherer Einstrahlung) transportiert. Wird nun die thermohaline Zirkulation z.B. durch große Einträge von Süßwasser im Norden abgeschwächt oder gar umgekehrt, hat dies eine Abkühlung des Nordatlantiks und damit Grönlands zur Folge, da nun nicht mehr so große Mengen warmen Wassers von Süden herangeführt werden. Gleichzeitig aber wird der Südhemisphäre aber auch weniger Wärme entzogen, so dass die Temperaturen des südlichen Ozeans steigen. Derselbe Zusammenhang führt zu einer Abkühlung des Südens, sobald sich die Ozeanzirkulation wieder verstärkt und dem Norden ein Ende der Kaltzeit bringt. | ||
Um diese Theorie anhand der Daten aus Eisbohrkernen zu testen, müssen die in Arktis und Antarktis gewonnenen Bohrkerne datiert werden, so dass sichergestellt werden kann, welche Stellen in den Bohrkernen sich zeitlich entsprechen. Diese Synchronisierung geschieht über die Messung von im Eis eingeschlossenen Luftbestandteilen wie Methan oder auch Isotopen des Sauerstoffs, die global gleichmäßig verteilt sind. | Um diese Theorie anhand der Daten aus Eisbohrkernen zu testen, müssen die in Arktis und Antarktis gewonnenen Bohrkerne datiert werden, so dass sichergestellt werden kann, welche Stellen in den Bohrkernen sich zeitlich entsprechen. Diese Synchronisierung geschieht über die Messung von im Eis eingeschlossenen Luftbestandteilen wie Methan oder auch Isotopen des Sauerstoffs, die global gleichmäßig verteilt sind. | ||
Die Messungen von Grönland und der Antarktis zeigen mit Ausnahme der letzten Eiszeit kein gegenläufiges Verhalten der Temperatur, sondern eine deutliche Phasenverschiebung zwischen den Messreihen, die darüber hinaus auch bei einer Korrektur der Verschiebung nur von geringer Korrelation sind. Zudem liefern selbst moderne Klimamodelle widersprüchliche Ergebnisse zu diesem Sachverhalt. Allerdings lässt sich mit einem einfachen Modell demonstrieren, warum die klassische Vorstellung einer bipolaren Temperaturschaukel so direkt nicht beobachtbar ist: Die Signalübertragung von der Nord- zur Südhemisphäre erfolgt nicht sofort, sondern die großen, thermisch trägen Ozeanmassen brauchen eine lange Zeit, um ihre Temperatur den veränderten Strömungsbedingungen anzupassen. Die Ausbreitung eines Temperatursignals geschieht im Allgemeinen über Wellenphänomene wie Kelvin- und Rossbywellen. Kelvinwellen sind Anomalien der Meereshöhe, die sich nur entlang von Küsten oder des Äquators ausbreiten können. Insbesondere küstengebundene Kelvinwellen sind für die Zeitdauer der Signalübertragung zwischen Nord- und Südhemisphäre entscheidend. Da das Südpolarmeer so gut wie keine Küsten aufweist, ist die Ausbreitung von Temperatursignalen aufgrund der thermischen Trägheit des Ozeans dort stark gehemmt und eine Klimaänderung auf der Nordhemisphäre wird vom Ozean nur stark verzögert und gedämpft weitergegeben. Ausgehend von dieser Modellannahme lässt sich abschätzen, wie groß die Verzögerung durch den südlichen Ozean sein muss, um eine möglichst gute Übereinstimmung mit den Messungen aus den Eisbohrkernen zu erzielen. Die höchste Korrelation liegt dabei im Bereich von etwa 1000 Jahren. Dieses Ergebnis deckt sich ungefähr mit Berechnungen durch Klimamodelle, allerdings nur für die letzten 25-23 tausend Jahre. Vor dieser Zeit scheint die Kopplungsdauer noch deutlich größer gewesen zu sein, was eine Änderung der physikalischen Gegebenheiten im Südpolarmeer vermuten lässt. Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass die Schichtung des Ozeans damals stärker war, was eine erhöhte Umwälzdauer bedeuten würde. Allerdings ist dieses Modell zu simpel, um zu beweisen, dass der südliche Ozean wirklich der entscheidende Faktor bei der Verzögerung von Klimasignalen ist. Denkbar wäre zum Beispiel, dass auch das Inlandeis, von wo die Messungen schließlich stammen, daran beteiligt ist. Die Klärung dieser Fragen ist lange nicht abgeschlossen und daher Gegenstand aktueller Forschung. | Die Messungen von Grönland und der Antarktis zeigen mit Ausnahme der letzten Eiszeit kein gegenläufiges Verhalten der Temperatur, sondern eine deutliche Phasenverschiebung zwischen den Messreihen, die darüber hinaus auch bei einer Korrektur der Verschiebung nur von geringer Korrelation sind. Zudem liefern selbst moderne Klimamodelle widersprüchliche Ergebnisse zu diesem Sachverhalt. Allerdings lässt sich mit einem einfachen Modell demonstrieren, warum die klassische Vorstellung einer bipolaren Temperaturschaukel so direkt nicht beobachtbar ist: Die Signalübertragung von der Nord- zur Südhemisphäre erfolgt nicht sofort, sondern die großen, thermisch trägen Ozeanmassen brauchen eine lange Zeit, um ihre Temperatur den veränderten Strömungsbedingungen anzupassen. Die Ausbreitung eines Temperatursignals geschieht im Allgemeinen über Wellenphänomene wie Kelvin- und Rossbywellen. Kelvinwellen sind Anomalien der Meereshöhe, die sich nur entlang von Küsten oder des Äquators ausbreiten können. Insbesondere küstengebundene Kelvinwellen sind für die Zeitdauer der Signalübertragung zwischen Nord- und Südhemisphäre entscheidend. Da das Südpolarmeer so gut wie keine Küsten aufweist, ist die Ausbreitung von Temperatursignalen aufgrund der thermischen Trägheit des Ozeans dort stark gehemmt und eine Klimaänderung auf der Nordhemisphäre wird vom Ozean nur stark verzögert und gedämpft weitergegeben. Ausgehend von dieser Modellannahme lässt sich abschätzen, wie groß die Verzögerung durch den südlichen Ozean sein muss, um eine möglichst gute Übereinstimmung mit den Messungen aus den Eisbohrkernen zu erzielen. Die höchste Korrelation liegt dabei im Bereich von etwa 1000 Jahren. Dieses Ergebnis deckt sich ungefähr mit Berechnungen durch Klimamodelle, allerdings nur für die letzten 25-23 tausend Jahre. Vor dieser Zeit scheint die Kopplungsdauer noch deutlich größer gewesen zu sein, was eine Änderung der physikalischen Gegebenheiten im Südpolarmeer vermuten lässt. Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass die Schichtung des Ozeans damals stärker war, was eine erhöhte Umwälzdauer bedeuten würde. Allerdings ist dieses Modell zu simpel, um zu beweisen, dass der südliche Ozean wirklich der entscheidende Faktor bei der Verzögerung von Klimasignalen ist. Denkbar wäre zum Beispiel, dass auch das Inlandeis, von wo die Messungen schließlich stammen, daran beteiligt ist. Die Klärung dieser Fragen ist lange nicht abgeschlossen und daher Gegenstand aktueller Forschung. |
Version vom 18. April 2008, 10:16 Uhr
Das jüngere Dryas-Ereignis
Im Gegensatz zu dem relativ stabilen Klima des Holozäns, d.h. der letzten 10 000 Jahre, zeigt das Klima der letzten Kaltzeit, der sogenannten Würm-Kaltzeit zwischen 10 000 und 100 000 v.h., starke Schwankungen zwischen warmen und kalten Phasen, besonders ausgeprägt im nordatlantischen Raum. Die bekannteste und am besten erforschte plötzliche Klimaänderung dieser Art ist das sogenannte Jüngere Dryas-Ereignis am Ende der letzten Kaltzeit vor rund 13 000 bis 11 500 Jahren.
Die Temperatur sank zu Beginn dieser Periode in wenigen Jahrzehnten um mehrere Grad, und auch die Erwärmung am Ende dieser Phase war sehr abrupt und betrug in großen Teilen der nördlichen Hemisphere bis zu 10 °C in 50 Jahren.[1] Die Ursache für den plötzlichen Temperaturabfall lag nach heutiger Erkenntnis in einem Aussetzen oder einer deutlichen Schwächung der Tiefenkonvektion im Nordatlantik, die die am Ende der letzten Kaltzeit gerade wieder belebte Warmwasserheizung durch den Golfstrom abstellte. Als Grund für das Aufhören der Tiefenkonvektion wird eine plötzliche und gewaltige Schmelzwasserzufuhr über die Labradorsee in das Absinkgebiet der thermohalinen Zirkulation angenommen.
Auf dem nordamerikanischen Kontinent zog sich aufgrund der Erwärmung vor Beginn der Jüngeren Dryas-Zeit der Laurentische Eisschild in dem Gebiet allmählich zurück. Das Schmelzwasser sammelte sich in einer großen Senke, die das Gewicht der Eismassen zuvor in die Kontinentalkruste gedrückt hatte. Der Abfluß erfolgte zunächst nach Süden über das heutige Mississippi-Tal. Dann aber schmolz auch das Eis, das bis dahin einen Abfluß nach Osten über das Hudson-Tal und das Tal des heutigen St.-Lorenz-Stroms versperrt hatte, und gab den Weg in den Nordatlantik frei. Der plötzliche Frischwasserstoß verringerte rapide den Salzgehalt und damit die Dichte im Oberflächenwasser des Nordatlantiks und brachte die Tiefenkonvektion zum Erliegen. Die Rückkehr eiszeitlicher Verhältnisse im nordatlantischen Raum war die Folge. Sie währten so lange, bis die Frischwasserzufuhr nach dem weitgehenden Auslaufen des Binnensees und Abschmelzen der Eismassen aufhörte und sich durch erhöhten Salzgehalt die Tiefenwasserbildung der thermohalinen Zirkulation in der Form einstellte, wie wir sie bis heute kennen.
Dansgaard-Oeschger- und Heinrich-Ereignisse
Das Jüngere Dryas-Ereignis wurde lange Zeit als einmalig betrachtet.[2] Inzwischen lässt sich aus Proxydaten von Meeressedimenten, Korallen und anderen Quellen ableiten, dass es während der letzten Vereisung mehrere Ereignisse mit einer abgeschalteten, aber auch mit einer verstärkten thermohalinen Zirkulation ähnlich der heutigen gegeben hat.[3] Die THC zeigte während der letzten Kaltzeit drei typische Modi. Der eine Modus (A) glich dem heutigen mit einer starken Bildung von Tiefenwasser im Normeer von ungefähr 20 Sv (1 Sverdrup = 106 m3/sec). Bei dem anderen Modus (B) versiegte die Tiefenwasserbildung im nördlichen Nordatlantik und verlagerte sich in die Region südlich von Island und reduzierte sich auf die Hälfte. Bei einem dritten, seltener vorkommenden Modus C war die thermohaline Zirkulation im Nordatlantik ganz abgeschaltet. Je schwächer die thermohaline Zirkulation im Nordatlantik ausgebildet war, desto mehr breitete sich das Antarktische Bodenwasser nach Norden aus (siehe Abb. 2). Modellrechnungen lassen vermuten, dass der Modus B der typische kaltzeitliche Modus war, während die Modi A und C unter glazialen Bedingungen eher instabil waren und nur relativ kurzfristig vorkamen.
Worin liegt die Ursachen für den aus heutiger Sicht erstaunlich häufigen Wechsel der THC von dem einen in den anderen Modus? Modell-Untersuchungen haben gezeigt, dass die THC während Kaltzeiten sehr sensibel auf Änderungen der Frischwasserzufuhr schon in einer Größenordnung von 0,1 Sv reagiert.[4] Während die Tiefenwasserbildung der heutigen THC geographisch auf das Gebiet des Nordmeers, d.h. am Südrand der Meereisbedeckung beschränkt ist, da südlich davon die Meeresoberflächentemperaturen zu warm für ein Absinken sind, lag die bevorzugte Absinkzone während des Glazials deutlich weiter südlich. Eine leichte Verringerung der Frischwasserzufuhr im Nordmeer konnte aber die Absinkzone innerhalb weniger Jahrzehnte in das Gebiet nördlich von Island verlagern. Dadurch konnte sich warmes Wasser von Süden an Island vorbei nach Norden schieben und hier innerhalb kurzer Zeit eine Erwärmung von 5-10 °C auslösen, die aus den geologischen Daten als Dansgaard-Oeschger-Ereignis bekannt ist. Solche Ereignisse gab es im letzten Glazial mindesten zwanzig Mal in einem typischen Zeitabstand von 1500 Jahren. Umgekehrt konnte eine starke Erhöhung der Frischwasserzufuhr auch das Absinken südlich von Island unterbinden und die THC ganz abschalten, was der Auslöser extrem kalter Perioden war, die als Heinrich-Events bekannt sind.
Bei den Heinrich-Events weiß man, dass die Ursache für die Frischwasserzufuhr im Kalben des Laurentischen Eisschildes lag, da die nach Osten abdriftenden Eisberge auf dem Meeresboden glaziale Sedimente in einer Mächtigkeit von einigen Metern in der Labradorsee bis zu mehreren Zentimetern im östlichen Atlantik hinterlassen haben. Auch bei den Dansgaard-Oeschger-Ereignissen haben die großen Eisschilde wahrscheinlich eine wichtige Rolle gespielt. Die THC könnte nach Modellberechnungen dadurch angekurbelt worden sein, dass mehr Niederschlag über den Eisschilden als Schnee niederging und langfristig liegenblieb, als die Eisschilde an Masse durch Abschmelzen und Gletscherabbrüche an den Nordatlantik abgaben. Dadurch verlor der Nordatlantik mehr Frischwasser durch Verdunstung, als er durch Zufluss und schmelzende Eisberge gewann. Der Salzgehalt und die Dichte erhöhten sich, wodurch die Tiefenwasserproduktion in das Gebiet nördlich von Island verlagert wurde.
Die Frage bleibt, wodurch die beiden Abweichungen vom Normalverhalten der glazialen THC letztlich angestoßen wurden. Hier gehen einige Forscher von externen Auslösern aus, z.B. relativ kleinen Schwankungen der Solarstrahlung.[5] Andere halten aufgrund von Modellsimulationen eine interne Wechselwirkung zwischen thermohaliner Zirkulation und den an den Nordatlantik angrenzenden Eismassen für ausreichend.[6] Danach führte unter glazialen Bedingungen das Wachstum der kontinentalen Eismassen zu einem fortgesetzten Entzug von Frischwasser und ließ die THC von dem stabilen Modus B in den instabilen Modus A übergehen. Die damit einhergehende Erwärmung verstärkte zunächst die Verdunstung und damit die Tiefenwasserproduktion im Modus A. Zugleich wuchsen durch den intensivierten Wasserkreislauf die kontinentalen Eismassen und breiteten sich soweit in Richtung Küste und nach Süden aus, bis es an den Rändern zu großen Geltscherabbrüchen kam, die das Verhältnis von Frischwasserzufuhr und Verdunstung umkehrten, die Tiefenwasserproduktion im Nordmeer versiegen und die THC wieder in den Modus B zurückfallen ließen. Die seltenen Heinrich-Events (Modus C) wurden im Anschluss daran in einigen Fällen durch besonders starke Kalbungen ausgelöst.
Arktis-Antarktis-Kopplung
Im Mittelpunkt der Erforschung von Klimakopplungen zwischen Arktis und Antarktis steht die Frage, wie sich vergangene Klimaschwankungen auf den beiden Hemisphären miteinander in Einklang bringen lassen. Von besonderem Interesse ist dabei die Untersuchung starker und abrupter Klimaänderungen wie der so genannten Dansgaard-Oeschger-Ereignisse. In den letzten 110 tausend Jahren sind 24 solcher rapiden Erwärmungen identifiziert worden, indem in Grönland gewonnene Eisbohrkerne auf ihre Isotopenverhältnisse untersucht wurden, die Aufschluss über Temperaturen früherer Zeitalter geben. Die Messungen ließen auf drastische Temperaturänderungen zwischen 9 und 16 Grad Celsius schließen. Allerdings stehen diese Werte nicht für eine globale Erwärmung, da Eisbohrkerne, die in der Antarktis gewonnen wurden, keine so starken Temperatursprünge aufweisen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die drastischen Eregnisse auf der Nordhemisphäre auch das antarktische Klima beeinflusst haben. Allerdings ist die Analyse möglicher Kopplungssmechanismen zwischen Nord- und Südhemisphäre aus verschiedenen Gründen schwierig: Zum einen sind die Bohrkerne der Antarktis aufgrund der geringeren Niederschlagsrate zeitlich nicht gut aufgelöst, zum anderen sind viele Signale schlicht zu schwach, um eine eindeutige Interpretation zuzulassen. Ein einfaches Modell der interhemisphärischen Kopplung ist das der so genannten bipolaren Wippe (bipolar seesaw), das einen genau gegenläufigen Temperaturverlauf zwischen Nord- und Südpolargebiet postuliert. Grundlage dieser Annahme ist die thermohaline Zirkulation des Atlantiks: Da das Wasser im Nordatlantik aufgrund seiner geringen Temperatur und hohen Salzgehalts absinkt, strömt Oberflächenwasser aus südlicher Richtung nach. Diese Strömung erstreckt sich bis auf die Südhemisphäre und ist so stark, dass der südliche Atlantik insgesamt Wärme von Süden nach Norden (also in Richtung höherer Einstrahlung) transportiert. Wird nun die thermohaline Zirkulation z.B. durch große Einträge von Süßwasser im Norden abgeschwächt oder gar umgekehrt, hat dies eine Abkühlung des Nordatlantiks und damit Grönlands zur Folge, da nun nicht mehr so große Mengen warmen Wassers von Süden herangeführt werden. Gleichzeitig aber wird der Südhemisphäre aber auch weniger Wärme entzogen, so dass die Temperaturen des südlichen Ozeans steigen. Derselbe Zusammenhang führt zu einer Abkühlung des Südens, sobald sich die Ozeanzirkulation wieder verstärkt und dem Norden ein Ende der Kaltzeit bringt. Um diese Theorie anhand der Daten aus Eisbohrkernen zu testen, müssen die in Arktis und Antarktis gewonnenen Bohrkerne datiert werden, so dass sichergestellt werden kann, welche Stellen in den Bohrkernen sich zeitlich entsprechen. Diese Synchronisierung geschieht über die Messung von im Eis eingeschlossenen Luftbestandteilen wie Methan oder auch Isotopen des Sauerstoffs, die global gleichmäßig verteilt sind.
Die Messungen von Grönland und der Antarktis zeigen mit Ausnahme der letzten Eiszeit kein gegenläufiges Verhalten der Temperatur, sondern eine deutliche Phasenverschiebung zwischen den Messreihen, die darüber hinaus auch bei einer Korrektur der Verschiebung nur von geringer Korrelation sind. Zudem liefern selbst moderne Klimamodelle widersprüchliche Ergebnisse zu diesem Sachverhalt. Allerdings lässt sich mit einem einfachen Modell demonstrieren, warum die klassische Vorstellung einer bipolaren Temperaturschaukel so direkt nicht beobachtbar ist: Die Signalübertragung von der Nord- zur Südhemisphäre erfolgt nicht sofort, sondern die großen, thermisch trägen Ozeanmassen brauchen eine lange Zeit, um ihre Temperatur den veränderten Strömungsbedingungen anzupassen. Die Ausbreitung eines Temperatursignals geschieht im Allgemeinen über Wellenphänomene wie Kelvin- und Rossbywellen. Kelvinwellen sind Anomalien der Meereshöhe, die sich nur entlang von Küsten oder des Äquators ausbreiten können. Insbesondere küstengebundene Kelvinwellen sind für die Zeitdauer der Signalübertragung zwischen Nord- und Südhemisphäre entscheidend. Da das Südpolarmeer so gut wie keine Küsten aufweist, ist die Ausbreitung von Temperatursignalen aufgrund der thermischen Trägheit des Ozeans dort stark gehemmt und eine Klimaänderung auf der Nordhemisphäre wird vom Ozean nur stark verzögert und gedämpft weitergegeben. Ausgehend von dieser Modellannahme lässt sich abschätzen, wie groß die Verzögerung durch den südlichen Ozean sein muss, um eine möglichst gute Übereinstimmung mit den Messungen aus den Eisbohrkernen zu erzielen. Die höchste Korrelation liegt dabei im Bereich von etwa 1000 Jahren. Dieses Ergebnis deckt sich ungefähr mit Berechnungen durch Klimamodelle, allerdings nur für die letzten 25-23 tausend Jahre. Vor dieser Zeit scheint die Kopplungsdauer noch deutlich größer gewesen zu sein, was eine Änderung der physikalischen Gegebenheiten im Südpolarmeer vermuten lässt. Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass die Schichtung des Ozeans damals stärker war, was eine erhöhte Umwälzdauer bedeuten würde. Allerdings ist dieses Modell zu simpel, um zu beweisen, dass der südliche Ozean wirklich der entscheidende Faktor bei der Verzögerung von Klimasignalen ist. Denkbar wäre zum Beispiel, dass auch das Inlandeis, von wo die Messungen schließlich stammen, daran beteiligt ist. Die Klärung dieser Fragen ist lange nicht abgeschlossen und daher Gegenstand aktueller Forschung.
Quellen
- ↑ IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the WorkinGroup I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (Houghton, J.T. et al., eds), Cambridge and New York, 2.4.3
- ↑ Broecker, W.S. et al.(1985): Does the ocean-atmosphere system have more than one stable mode of operation?, Nature 315, 21-26; Broecker, W.S. (1996): Plötzlicher Klimawechsel, Spektrum der Wissenschaft, Januar 1996, 86-92
- ↑ Wefer, G. (1998): Ursachen der Klimaschwankungen im Quartär, in: J.L.Lozán, H. Graßlund P.Hupfer (Hg.): Warnsignal Klima, Hamburg, S. 55-58; Clark, P.U., S.J. Marshall, G.K.C. Clarke, S.W. Hostetler, J.M. Licciardi and J.T. Teller (2001): Freshwater Forcing of Abrupt Climate Change During the Last Glaciation, Science 293, 283-287
- ↑ Clark, P.U., N.G. Pisias, T.F. Stocker, A.J. Weaver (2002): The role of the thermohaline circulation in abrupt climate change, Nature 415, 863-869
- ↑ z.B. Rahmstorf, S. (2002): Warum das Eiszeitklima Kapriolen Schlug, Spektrum der Wissenschaft Dossier 1/2002, 48-49; Ganopolski,A. and S. Rahmstorf (2001): Rapid changes of glacial climate simulated in a coupled climate model, Nature 409, 153-158
- ↑ Schmittner, A., M. Yoshimori and A.J. Weaver (2002): Instability of Glacial Climate in a Model of the Ocean- Atmosphere-Cryosphere System, Science 295, 1489-1493
Weblinks
- http://www.pik-potsdam.de/~stefan/Publications/Other/rahmstorf_abrupteklimawechsel_2004.pdf
- Simulation der Temperaturgegensätze auf Nord-und Südhalbkugel als Video
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