Wasserkreislauf und Klima

Aus Klimawandel
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Wasserkreislauf und atmosphärische Zirkulation

Der globale Wasserkreislauf wird im wesentlichen von der großräumigen Zirkulation der Atmosphäre bestimmt, die wiederum vom Klima abhängig ist. Die höchsten Niederschläge finden sich in der innertropischen Konvergenzzone, wo aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung wasserdampfgesättigte Luftmassen aufsteigen, dabei abkühlen und sich ausregnen. In den Subtropen, in denen Luftmassen in hohem Maße absinken und sich erwärmen, kommt es kaum zu Niederschlägen. Hier herrscht die Verdunstung vor. Über den subtropischen Kontinenten, die meistens von Wüsten eingenommen sind, gibt es kaum Wasser, das verdunsten kann. Die subtropischen Ozeane sind dagegen die wichtigsten Wasserdampflieferanten der Atmosphäre. In der Westwindzone der mittleren und höheren Breiten nehmen die Niederschläge wieder zu. Der Wasserdampf stammt teils aus den Suopen, teils aus den Ozeanen und von der Landvegetation der mittleren Breiten selbst. Weiter zu den Polen hin nehmen die Niederschläge wieder ab, weil kalte Luft nur wenig Wasserdampf aufnehmen kann und ein großer Teil des Wassers in Eis und Schnee gebunden ist.

Wasserkreislauf und Strahlung

Physikalisch wird der Wasserkreislauf durch den Strahlungshaushalt der Atmosphäre und seine Wirkung auf die Erdoberfläche angetrieben.[1] Aufgrund von Absorption, Reflexion und Emission von kurzwelliger Solarstrahlung und langwelliger Wärmestrahlung stellt sich ein Überschuss an Energie an der Erdoberfläche und ein Defizit in der Atmosphäre ein. Entscheidend ist dabei die kurzwellige Solarstrahlung, die zu einem großen Teil ungehindert die Atmosphäre passiert und vom Boden absorbiert wird. Dabei wird die Atmosphäre deutlich weniger erwärmt als der Boden. Hinzu kommt die langwellige Strahlung, die vom erwärmten Erdboden ausgeht, in der Atmosphäre von Treibhausgasen und Wolken absorbiert wird und dann z. T. wieder an die Erdoberfläche zurückgestrahlt wird. Den Ausgleich zwischen der wärmerem Erdoberfläche und der kühleren Atmosphäre schaffen vor allem die Verdunstung, d.h. der damit verbundene latente Wärmefluss, und die anschließende Kondensation, bei der die latente Energie an die Atmosphäre abgegeben wird. Der Fluss fühlbarer Wärme spielt demgegenüber eine geringere Rolle, trägt aber ebenfalls zu dem Wärmetransport von der Erdoberfläche in die Atmosphäre bei.

Wasserkreislauf in früheren Klimaepochen

Wasserkreislauf und die Wasserverteilung unterschieden sich in früheren Klimaepochen z.T. sehr von den heutigen Verhältnissen. In der frühen Erdneuzeit vor rund 50 Millionen Jahren gab es kein Eis auf der Erde, und die Temperaturen lagen bis zu 10 °C über den heutigen. Der Wasserkreislauf war wesentlich intensiver als heute, d.h. es verdunstete mehr Wasser und es fiel auch mehr Niederschlag. Die letzten zweieinhalb Millionen Jahre waren insgesamt wesentlich kälter als die frühe Erdneuzeit und durch den Wechsel von kalten und warmen Phasen gekennzeichnet, den Kalt- und Warmzeiten des Eiszeitalters. In den Kaltzeiten war ein großer Teil des Wassers in riesigen Eisschilden gebunden, die sich weit über Nordamerika und den eurasischen Kontinent erstreckten. Die globalen Temperaturen lagen im Mittel etwa um 4 °C unter den heutigen. Die Atmosphäre konnte insgesamt weniger Wasserdampf aufnehmen und entsprechend weniger durch Niederschlag abgeben.

Wasserkreislauf und globale Erwärmung

Aktuelle Veränderungen

Jährliche Niederschlagstrends: Veränderung in % pro Jahrhundert im Vergleich zum Mittel 1961-1990; grau: fehlende Daten

Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass der Wasserkreislauf stark vom Klima abhängig ist. Daher stellt sich die Frage, wie sich der gegenwärtige und künftige Klimawandel durch den Menschen auf den Wasserkreislauf auswirkt. Die globale Erwärmung um fast 0,8 °C in den letzten 100 Jahren sollte sich auch in einer Verstärkung des Wasserkreislaufs niederschlagen. Bei einer Erwärmung um 1 °C wird theoretisch die Wasserdampfkapazität der Atmosphäre um 7% erhöht. Allgemein wird angenommen, dass der hydrologische Zyklus infolge der globalen Erwärmung durch die Zunahme der Treibhausgase intensiviert wird.[2] Fast alle Klimamodelle zeigen, dass eine Erwärmung an der Erdoberfläche um 1 °C durch die Steigerung der Verdunstung besonders über den Ozeanen eine Erhöhung der Niederschläge um 2-3% zur Folge hat.

Es ist jedoch sehr schwierig, eine solche Tendenz auch durch empirische Daten zu belegen. Das hat vor allem zwei Gründe. Zum einen sind Niederschläge und Verdunstung regional sehr unterschiedlich und es gibt nur für wenige Regionen ausreichende Messreihen. Zum anderen hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht nur die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre erhöht, sondern auch die von Aerosolen. Aerosole schwächen sowohl durch ihren Temperatureffekt wie durch die Begünstigung der Bildung von kleineren Tröpfchen den Niederschlag. Nach neueren Modellrechnungen[3] könnte der hydrologische Zyklus auf Veränderungen im Aerosolgehalt sogar stärker als auf Veränderungen in der Konzentration von Treibhausgasen reagieren. Da Aerosole nur eine kurze Lebensdauer in der Atmosphäre haben, ist ihre Wirkung auf die Gebiete ihrer Entstehung begrenzt. Ihr globaler Effekt auf den hydrologischen Zyklus ist daher weitgehend unklar.

Für die Niederschläge ergibt sich im Zeitraum 1951-2005 über dem Land jedenfalls kein klarer globaler Trend.[4] Regionale Trends sind jedoch teilweise deutlich erkennbar. Sehr grob lässt sich feststellen, dass der Niederschlag über Land im 20. Jahrhundert zwischen 30 °N und 85 °N zugenommen, zwischen 10 °N und 30 °N in den letzten 30-40 Jahren aber abgenommen hat.[5] Einzelne Regionen zeigen von diesem groben Muster auch abweichende Trends, die sich zeitlich z.T. verändert haben. So weist die Sahelzone 1901-2005 den größten negativen Trend weltweit auf. Betrachtet man jedoch nur die Zeit von 1979 bis 2005, ist der Trend in der Sahelzone positiv. Auch in den USA und Europa haben sich in diesen Zeiträumen die Trends umgedreht, wenn auch im Vergleich zum Sahel mit umgekehrtem Vorzeichen. Andererseits zeigen das südliche Südamerika und West-Australien durchgehend positive Trends.[5]

Eine jüngere Untersuchung über den Salzgehalt in der oberen Wasserschicht der Ozeane über die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts scheint jedoch die theoretischen Annahmen zu bestätigen, dass Verdunstung und Niederschlag mit der globalen Erwärmung zunehmen.[6][7] So wurde festgestellt, dass in den hohen Breiten und den Tropen der Salzgehalt der Ozeane abgenommen hat, in den subtropischen Breiten dagegen zugenommen hat. Daraus lässt sich eine Zunahme der Niederschläge in den ohnehin schon regenreichen Breiten ableiten und eine Abnahme in den Trockengebieten. Insgesamt hat sich nach diesen Untersuchungen bei einer Erwärmung um einen halben °C der Wasserkreislauf um 4 % intensiviert. Bei einer Erwärmung um 2-3 °C, wie sie für das Ende des 21. Jahrhunderts erwartet wird, würde sich der Wasserkreislauf um 16-24 % verstärken, mit gravierenden Konsequenzen für das Wettergeschehen. In den niederschlagsreichen Regionen muss mit heftigeren Starkregen und Überschwemmungen gerechnet werden, in den Trockengebieten mit noch mehr Dürren. Hinzu kommt, dass durch höhere Verdunstung und Kondensation auch mehr latente Energie in die Atmosphäre transportiert wird, die alle Arten von Stürme, von Tornados bis Hurrikans, noch stärker werden lässt.

Für die Wasserversorgung sind die Niederschläge allein vielfach von geringerer Bedeutung als der Abfluss in wichtigen Flussbecken. Für den Abfluss spielen neben dem Niederschlag auch die Temperatur und die Verdunstung sowie außerdem menschliche Einwirkungen durch den Bau von Staudämmen und Deichen eine Rolle. In einigen Regionen wie in den USA und Kanada konnte ein zu- bzw. abnehmender Abfluss festgestellt werden, die aus zunehmenden bzw. abnehmenden Niederschlägen resultierten. Am Gelben Fluss in China hat der Abfluss jedoch trotz stagnierender Niederschläge abgenommen, weil die Temperaturen und damit die Verdunstung angestiegen sind. In mittleren und höheren Breiten sind häufig jahreszeitliche Veränderungen festgestellt worden, die mit einer früheren Schneeschmelze und einem früheren Aufbrechen des Flusseises zusammen hängen. Globale Trends, die direkt auf den Klimawandel zurückgeführt werden könnten, sind auch wegen der schlechten Datenlage kaum feststellbar.[8]

Projektionen

Hydrologischen Veränderungen im (Nord-)Sommer (oben) und (Nord-)Winter (unten) 2080-2099 im Vergleich zu 1980-1999

Im allgemeinen wird durch die globale Erwärmung der Wasserkreislauf intensiviert, d.h. es werden global mehr Niederschläge fallen und mehr Wasser verdunsten. Die regionalen und teilweise auch die jahreszeitlichen Unterschiede sind jedoch bedeutend. In den folgenden Fällen stimmen die Ergebnisse der Klimamodelle weitreichend überein:[9] In den höheren Breiten werden das ganze Jahr über die Niederschläge zunehmen, teilweise bis über 20%, ebenso über den tropischen Ozeanen und in einigen Mosungebieten (in Südostasien und in Australien). In den mittleren Breiten werden die Niederschläge im Sommer überall abnehmen, in den meisten subtropischen Regionen sogar über das ganze Jahr hindurch. Besonders betroffen werden davon der Mittelmeerraum und die Karibik sein, wo die Niederschläge bis zu 20% abnehmen werden.

Die Abb. zeigt die signifikanten hydrologischen Veränderungen im Sommer (oben) und Winter (unten) 2080-2099 im Vergleich zu 1980-1999. Die Farbabstufungen geben den Anteil der 21 benutzten Modellsimulationen an. Besonders markante Ergebnisse sind durch Symbole hervorgehoben:[9]

  1. sehr wahrscheinliche Zunahme der mittleren Jahresniederschläge in den meisten Gebieten Nordeuropas und der Arktis (vor allem in der kalten Jahreszeit), in Kanada und den nördöstlichen USA sowie der mittleren Winterniederschläge in Nordasien und dem Tibetischen Plateau.
  2. sehr wahrscheinliche Abnahme der mittleren Jahresniederschläge im mediterranen Raum sowie im Südwinter (JJA) in SW-Australien.
  3. wahrscheinliche Zunahme der mittleren Jahresniederschläge im tropischen Ozean und in Ostafrika, Nordpazifik, nördlichen Indischen Ozean, Südpazifik, im Westen der Südinsel von Neuseeland, in der Antarktis und Feuerland.
  4. wahrscheinliche Abnahme der mittleren Jahresniederschläge in und am Rande der südlichen Anden, der Sommerniederschläge (DJF) in Französisch-Polynesien, der Winterniederschläge (JJA) in Südafrika, in der Region Mauritius sowie der Winter- und Frühjahrsniederschläge in Südaustralien.
  5. wahrscheinliche Abnahme der mittleren Jahresniederschläge in Nordafrika, der nördlichen Sahara, Mittelamerika (und in der Antillen-Region im Sommer) sowie im Südwesten der USA.
  6. wahrscheinliche Zunahme der mittleren Sommerniederschläge in Nordasien, Ostasien, Südasien und den meisten Gebieten Südostasiens sowie wahrscheinliche Zunahme der mittleren Winterniederschläge in Ostasien.
  7. wahrscheinliche Zunahme der mittleren Sommerniederschläge (DJF) im südlichen Südostasien und südöstlichen Südamerika.
  8. wahrscheinliche Abnahme der mittleren Sommerniederschläge in Zentralasien, Mitteleuropa und Südkanada.
  9. wahrscheinliche Zunahme der mittleren Winterniederschläge Mitteleuropa und Südkanada.
  10. wahrscheinliche Zunahme von Niederschlags-Extremen in Nordeuropa, Südasien, Ostasien, Australien und Neuseeland.
  11. wahrscheinliche Zunahme von Dürrerisiken in Australien und im östlichen Neuseeland sowie von Sommerdürren im Mittelmeerraum, Mitteleuropa und Mittelamerika (hier besonders im Frühjahr).
  12. sehr wahrscheinliche Abnahme der Länge der Schneesaison und wahrscheinliche bis sehr wahrscheinliche Abnahme der Schneemächtigkeit in den meisten Gebieten Europas und Nordamerikas.

Einzelnachweise

  1. Wild, M. & B.Liepert (2010): The Earth radiation balance as driver of the global hydrological cycle, Environnwental Research Letters 5, doi:10.1088/1748-9326/5/2/025003
  2. Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen, and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217
  3. Feichter,J., E. Roeckner, U. Lohmann, and B. Liepert (2004): Nonlinear Aspects of the Climate Response to Greenhouse Gas and Aerosol Forcing, Journal of Climate 17, 2384-2398
  4. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 3.3.2.1
  5. 5,0 5,1 IPCC (2008): Climate Change and Water. Technical Paper of the Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC Secretariat, 2.1.1 - auch Online
  6. P.J. Durack, S.E. Wijffels, and R.J. Matear (2012): Ocean Salinities Reveal Strong Global Water Cycle Intensification During 1950 to 2000, Science 336, 455-458
  7. Richard A. Kerr (2012): The Greenhouse Is Making the Water-Poor Even Poorer, Science 336, 405
  8. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 3.3.4
  9. 9,0 9,1 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 10.3.2.3

Literatur

  • Lozán, J.L. u.a.(Hg.): Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg 2004; Neuauflage 2011 im Web

Weblinks


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