Wälder im Klimawandel: Europa: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:Europa klimazonen.jpg|thumb|450px|Klimazonen in Europa (z.T. an Ländergrenzen orientiert)]]
[[Bild:Forest cover present large.jpg|thumb|450px|Gegenwärtige Waldbedeckung in Europa]]


== Status der europäischen Wälder ==
== Status der europäischen Wälder ==
In Europa sind 227 Mio. ha bzw. 35% der Landfläche mit Wald bedeckt. Auf 46% der Waldflächen befinden sich Nadelbäume und auf 37% Laubbäume, 17% sind mit Mischwäldern bestanden. Die größten Waldanteile besitzen Finnland (73%) und Schweden (69%), wo hauptsächlich Nadelbäume wachsen. In den letzten 30 Jahren hat die Waldfläche in Europa um über 600.000 ha pro Jahr zugenommen, am stärksten im Südwesten Europas, so in Spanien und Frankreich. In den 2010er Jahren hat sich dieser Anstieg etwas abgeschwächt.<ref name="Forest Europe 2020">Forest Europe (2020): [https://foresteurope.org/wp-content/uploads/2016/08/SoEF_2020.pdf State of Europe’s Forests 2020]</ref>
In Europa sind 227 Mio. ha bzw. 35% der Landfläche mit Wald bedeckt. Auf 46% der Waldflächen befinden sich Nadelbäume und auf 37% Laubbäume, 17% sind mit Mischwäldern bestanden. Die größten Waldanteile besitzen Finnland (73%) und Schweden (69%), wo hauptsächlich Nadelbäume wachsen. In den letzten 30 Jahren hat die Waldfläche in Europa um über 600 000 ha pro Jahr zugenommen, am stärksten im Südwesten Europas, so in Spanien und Frankreich. In den 2010er Jahren hat sich dieser Anstieg etwas abgeschwächt.<ref name="Forest Europe 2020">Forest Europe (2020): [https://foresteurope.org/wp-content/uploads/2016/08/SoEF_2020.pdf State of Europe’s Forests 2020]</ref>


Die europäischen Wälder sind ein wichtiges Kohlenstoff-Reservoire und sind gegenwärtig im Austausch mit der Atmosphäre eine CO<sub>2</sub>-Senke. Insgesamt speichert die Biomasse der europäischen Wälder einschließlich der Böden 13.240 Mio. t Kohlenstoff.<ref name="Forest Europe 2020" />
Die europäischen Wälder sind ein wichtiges Kohlenstoff-Reservoire und sind gegenwärtig im Austausch mit der Atmosphäre eine [[Terrestrischer Kohlenstoffkreislauf|CO<sub>2</sub>-Senke]]. Insgesamt speichert die Biomasse der europäischen Wälder einschließlich der [[Erwärmung und Kohlenstoff im Boden|Böden]] 13.240 Mio. t Kohlenstoff.<ref name="Forest Europe 2020" />
 
[[Bild:Waldbedeckung Mitteleuropa Holozän.jpg|thumb|450px|Änderung der Waldbedeckung in Mitteleuropa in %]]
 
== Bisherige Entwicklung ==
=== Historische Entwicklung ===
Während der letzten [[Eiszeitalter|Eiszeit]] war Europa weitgehend von Steppe und Tundra bedeckt. Wälder gab es nur in begrenzten Rückzugsräumen. Berechnungen mit [[Klimamodelle]]n zeigen, dass große Gebiete Europas selbst während des Höhepunkts der letzten Eiszeit vor ca. 21 000 Jahren durchaus für Wälder geeignet waren. Wahrscheinlich haben jedoch die damaligen hochmobilen Jäger und Sammler durch den Einsatz von Feuer die Waldbedeckung reduziert. Dieser Einfluss des Menschen auf die glaziale Landschaft in Europa war vielleicht eine der frühesten anthropogenen großräumigen Veränderungen des Erdsystems.<ref name="Kaplan 2016">Kaplan, J.O., M. Pfeiffer, J.C.A. Kolen, B.A.S. Davis (2016): Large Scale Anthropogenic Reduction of Forest Cover in Last Glacial Maximum Europe. PLoS ONE 11(11): e0166726. doi:10.1371/journal.pone.0166726</ref> Nach der langsamen Erwärmung mit Beginn des [[Holozän]]s, der gegenwärtigen Warmzeit (ab ca. 11 000 Jahre vh.), erreichte die Bedeckung der Wälder in den meisten Gebieten Europas zwischen 8000 und 6000 vh. mit 70-80% ihr Maximum. Eine Ausnahme bildete der mediterrane Raum mit maximal 40% Waldbedeckung. In Mitteleuropa dominierten Laubwälder, nur in höheren Regionen wuchsen hauptsächlich Nadelbäume.
 
Seit dem mittleren Holozän (ca. 7000 vh.) bewirkte die Ausbreitung der [[Landwirtschaft und Klima|Landwirtschaft]] durch die sog. neolithische Agrarrevolution in vielen Teilen Europas eine allmähliche Abnahme der Waldbedeckung. In der Römerzeit nahm die Waldbedeckung durch die Ausweitung der Landwirtschaft und die zunehmende Nutzung von Holz für den Haus- und Schiffsbau weiter ab, um in der Völkerwanderungszeit, vor allem bedingt durch geringere Temperaturen und einen damit verbundenen Rückgang der Landwirtschaft, wieder zuzunehmen. Das dann folgende Mittelalter führte erneut zu einer starken Waldabnahme, besonders in Mittel- und Westeuropa, wo, begünstigt durch die [[Mittelalterliche Warmzeit]], neue Städte entstanden und sich die Landwirtschaft intensivierte. Der Ausbreitung der agraren Nutzung fielen vor allem Laubbäume zum Opfer, da sie sich auf denselben Böden befanden und unter ähnlichen klimatischen Bedingungen wuchsen, die auch für den Ackerbau gut geeignet waren.<ref name="Naudts 2016">Naudts K, Y. Chen, M.J. McGrath, J. Ryder, A. Valade, J. Otto and S. Luyssaert S (2016): Forest management: Europe’s forest management did not mitigate climate warming, Science 351, 6273, 597-599</ref> Trotz der anschließenden [[Kleine Eiszeit|Kleinen Eiszeit]] und sozialer Katastrophen wie der Pest und des Dreißigjährigen Krieges, die die Bevölkerung dezimierten und den Anbau zurückdrängten, nahm die Ausdehnung der Wälder weiter ab und erreichte um 1850 ihr Minimum. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts begannen einige Länder in Mitteleuropa mit einer gezielten Forstwirtschaft, andere schlossen sich an. Die ökonomisch orientierte Forstwirschaft bewirkte, dass die Waldbedeckung sich wieder ausdehnte und dass vor allem der Anteil an Nadelbäumen wuchs, so dass auch die Artenzusammensetzung in den europäischen Wäldern sich stark veränderte.<ref name="McGrath 2015">McGrath, M. J., S. Luyssaert, P. Meyfroidt et al. (2015): Reconstructing European forest management from 1600 to 2010, Biogeosciences, 12, 4291–4316, https://doi.org/10.5194/bg-12-4291-2015</ref>
 
[[Bild:EU forestation1950-2020.jpg|thumb|450px|Waldausdehnung und Wiederbewaldung in der EU und der Schweiz 1950-2010 ]]
=== Jüngere Entwicklung ===
Die Zunahme der Waldbedeckung in Europa hält bis heute an und beträgt zwischen 1950 und 2010 ca. 314 000 km<sup>2</sup> bzw. 25%. In Frankreich nahm die Waldfläche besonders stark um fast 50% zu, aber auch in Polen waren es noch 35%.<ref name"Fuchs 2013">Fuchs, R., M. Herold, P.H. Verburg, and J.G.P.W. Clevers (2013): [https://doi.org/10.5194/bg-10-1543-2013 A high-resolution and harmonized model approach for reconstructing and analysing historic land changes in Europe], Biogeosciences, 10, 1543–1559</ref> Auch andere Kontinente folgten diesem Trend, so dehnte sich in den letzten 30 Jahren die Waldbedeckung in Asien, Nordamerika und Ozeanien ebenfalls aus, während die tropischen Wälder in Südamerika, Afrika, aber auch in SO-Asien sehr stark abnahmen.<ref name="FAO 2020">FAO and UNEP (2020): The State of the World’s Forests 2020. [https://doi.org/10.4060/ca8642en Forests, biodiversity and people.] Rome</ref> Die Gründe für die Erweiterung der Waldbedeckung in Europa lagen in dem Holzmangel nach dem 2. Weltkrieg, der zur gezielten Aufforstung führte, und in EU-Programmen zur Förderung der Aufforstung. Seit den 1990er Jahren wirkte sich im östlichen Europa auch das Ende des Sozialismus aus. Die sozialistische Landwirtschaft erwies sich auf dem Weltmarkt als nicht konkurrenzfähig, so dass besonders in den baltischen Ländern und Rumänien landwirtschaftliche Flächen aufgegeben und z.T. in Waldflächen umgewandelt wurden.
 
Bei dieser Zunahme von Waldflächen sind zwei Prozesse zu unterscheiden:
# Die Wiederbewaldung (Regeneration) auf Flächen, wo erst kürzlich Wälder zerstört wurden, z.B. durch Abholzung, Feuer oder Stürme,
# Die Ausdehnung von Waldflächen in Gebiete wie z.B. aufgegebene Anbauflächen, wo Wälder für eine längere Zeit (Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte) nicht vorhanden waren.<ref name="Palmero-Iniesta 2021">Palmero-Iniesta, M., J. Pino, L. Pesquer et al. (2021): Recent forest area increase in Europe: expanding and regenerating forests differ in their regional patterns, drivers and productivity trends. Eur J Forest Res (2021). https://doi.org/10.1007/s10342-021-01366-z</ref>
Auch in jüngster Zeit hielt die Erweiterung der Waldfläche in Europa weiter an, so zwischen 1992 bis 2015 um brutto 237 000 km<sup>2</sup>, wobei die Nettozunahme 55 000 km<sup>2</sup> betrug. Zu mehr als der Hälfte sind diese Zunahmen auf ehemals landwirtschaftlich genutztem Land entstanden. Die daraus neu entstandenen Wälder waren zu etwa je einem Drittel Laub- und Nadelwälder. 66% der Waldflächenzunahme beruhten auf der Ausdehnung von Waldflächen, 34% auf Wiederbewaldung. Die Ausdehnung fand hauptsächlich in Mittel- und Südeuropa statt, die Regeneration in Nordeuropa.<ref name="Palmero-Iniesta 2021" />


== Europäische Wälder im Klimawandel ==
== Europäische Wälder im Klimawandel ==
[[Bild:Waldbedeckung.jpg|thumb|450px|Wichtige Beziehungen zwischen Wald und Klima ]]
Die europäischen Wälder sind ein wichtiges Kohlenstoff-Reservoire und sind gegenwärtig im Austausch mit der Atmosphäre eine CO<sub>2</sub>-Senke. Insgesamt speichert die Biomasse der europäischen Wälder einschließlich der Böden 13,24 Mrd. t Kohlenstoff. Durch die Ausdehnung der Wälder hat die gespeicherte Menge 2010-2020 um 155 Mio. t Kohlenstoff pro Jahr zugenommen. Das sind 10% der europäischen Treibhausgasemissionen im selben Zeitraum.<ref name="Forest Europe 2020" />
Die europäischen Wälder sind ein wichtiges Kohlenstoff-Reservoire und sind gegenwärtig im Austausch mit der Atmosphäre eine CO<sub>2</sub>-Senke. Insgesamt speichert die Biomasse der europäischen Wälder einschließlich der Böden 13,24 Mrd. t Kohlenstoff. Durch die Ausdehnung der Wälder hat die gespeicherte Menge 2010-2020 um 155 Mio. t Kohlenstoff pro Jahr zugenommen. Das sind 10% der europäischen Treibhausgasemissionen im selben Zeitraum.<ref name="Forest Europe 2020" />


Wälder sind nicht zuletzt wegen der langen Lebensdauer der Bäume besonders sensitiv gegenüber dem Klimawandel. In Europa hat die [[Hitzewellen Europa|Hitzewelle 2003]] die Auswirkungen von wärmeren Verhältnissen auch auf die europäischen Wälder drastisch vor Augen geführt. So verringerte sich die Brutto-Produktivität bei allen europäischen Ökosystemen, die sich von einer Kohlenstoffsenke zu einer ungewöhnlichen Quelle von CO<sub>2</sub> wandelten, um 30 %.<ref>Ciais, Ph., et al. (2005): Europe-wide reduction in primary productivity caused by the heat and drought in 2003, Nature 437, 529-533</ref> Hitzewellen und [[Dürren]] werden durch den Klimawandel an Intensität und Häufigkeit vor allem in Mittel- und Südeuropa deutlich zunehmen. Auch [[Außertropische Stürme|Stürme]] haben in der jüngsten Vergangenheit große Schäden an Wäldern angerichtet und die Brutto-Produktivität in bestimmten Regionen ebenfalls deutlich reduziert.<ref>Lindroth, A., et al. (2009): Storms can cause Europe-wide reduction in forest carbon sink, Global Change Biology 15, 346–355</ref> Sie werden in Stärke und Häufigkeit allerdings künftig eher geringfügig zunehmen.  
Wälder sind nicht zuletzt wegen der langen Lebensdauer der Bäume besonders sensitiv gegenüber dem Klimawandel. In Europa hat die [[Hitzewellen Europa|Hitzewelle 2003]] die Auswirkungen von wärmeren Verhältnissen auch auf die europäischen Wälder drastisch vor Augen geführt. So verringerte sich die Brutto-Produktivität bei allen europäischen Ökosystemen, die sich von einer Kohlenstoffsenke zu einer ungewöhnlichen Quelle von CO<sub>2</sub> wandelten, um 30 %.<ref>Ciais, Ph., et al. (2005): Europe-wide reduction in primary productivity caused by the heat and drought in 2003, Nature 437, 529-533</ref> Hitzewellen und [[Dürren]] werden durch den Klimawandel an Intensität und Häufigkeit vor allem in Mittel- und Südeuropa deutlich zunehmen. Auch [[Außertropische Stürme|Stürme]] haben in der jüngsten Vergangenheit große Schäden an Wäldern angerichtet und die Brutto-Produktivität in bestimmten Regionen ebenfalls deutlich reduziert.<ref>Lindroth, A., et al. (2009): Storms can cause Europe-wide reduction in forest carbon sink, Global Change Biology 15, 346–355</ref> Sie werden in Stärke und Häufigkeit allerdings künftig eher geringfügig zunehmen.


2010-2018 waren 72% des europäischen Waldes, gemessen an der Kronenverlichtung, gesund, 19% waren geschädigt. 2018 verloren mehr als 100.000 untersuchte Bäume mehr oder weniger stark ihre Belaubung. Ursachen waren Wetter-Extreme (vor allem Dürren), Insektenbefall und Pilzkrankheiten. Der Stress durch Dürre war der Hauptgrund für den Blätterverlust, durch den auch zu einem großen Teil auch die Schädigung durch Insekten und Pilze begünstigt wurde. Der Laubabfall war besonders stark in Mitteleuropa und in den mediterranen Gebieten Italiens, Frankreichs und Spaniens. Über die letzten dreißig Jahre waren die Schäden durch Insekten, Krankheiten und auch Feuer jedoch rückläufig. Zugenommen haben aber die Auswirkungen durch Stürme und starken Schneefall. Von Feuer waren hauptsächlich die Mittelmeer-Länder betroffen, von Stürmen und Schnee die Regionen in Nord- und Osteuropa. Im Mittelmeerraum waren etwa 2015 über 50% der bewaldeten Gebiete durch Brände geschädigt, in Mittel- und Westeuropa ca. 25%.<ref name="Forest Europe 2020" />
[[Bild:Bayerischer wald kahlgefressen.jpg|thumb|450px|Waldschäden durch Borkenkäfer im Bayerischen Wald ]]
2010-2018 waren 72% des europäischen Waldes, gemessen an der Kronenverlichtung, gesund, 19% waren geschädigt. 2018 verloren mehr als 100.000 untersuchte Bäume mehr oder weniger stark ihre Belaubung. Ursachen waren Wetter-Extreme (vor allem Dürren), Insektenbefall und Pilzkrankheiten. Der Stress durch Dürre war der Hauptgrund für den Blätterverlust, durch den zu einem großen Teil auch die Schädigung durch Insekten und Pilze begünstigt wurde. Der Laubabfall war besonders stark in Mitteleuropa und in den mediterranen Gebieten Italiens, Frankreichs und Spaniens. Über die letzten dreißig Jahre waren die Schäden durch Insekten, Krankheiten und auch Feuer jedoch rückläufig. Zugenommen haben aber die Auswirkungen durch Stürme und starken Schneefall. Von Feuer waren hauptsächlich die Mittelmeer-Länder betroffen, von Stürmen und Schnee die Waldregionen in Nord- und Osteuropa. Im Mittelmeerraum waren 2015 über 50% der bewaldeten Gebiete durch Brände geschädigt, in Mittel- und Westeuropa ca. 25%.<ref name="Forest Europe 2020" />  


Jüngste Szenarienrechnungen zeigen, dass  bis 2100 die Temperaturen zwischen 2 °C in Irland und 3 °C in Mitteleuropa bis 4-5 °C im nördlichen Skandinavien und Teilen des Mittelmeergebietes steigen könnten.<ref name="Lindner" /> Entsprechend den unterschiedlichen Änderungen des Klimas in den verschiedenen Klimazonen Europas werden auch die Wälder unterschiedlich reagieren.
Jüngste Szenarienrechnungen zeigen, dass  bis 2100 die Temperaturen zwischen 2 °C in Irland und 3 °C in Mitteleuropa bis 4-5 °C im nördlichen Skandinavien und Teilen des Mittelmeergebietes steigen könnten.<ref name="Lindner" /> Entsprechend den unterschiedlichen Änderungen des Klimas in den verschiedenen Klimazonen Europas werden auch die Wälder unterschiedlich reagieren.
== Bisherige Entwicklung ==
Während der letzten Eiszeit war Europa weitgehend von Steppe und Tundra bedeckt. Wälder gab es nur in begrenzten Rückzugsräumen. Berechnungen mit Klimamodellen zeigen, dass große Gebiete Europas selbst während des Höhepunkts der letzten Eiszeit vor ca. 21 000 Jahren durchaus für Wälder geeignet waren. Wahrscheinlich haben jedoch die damaligen hochmobilen Jäger und Sammler durch den Einsatz von Feuer die Waldbedeckung reduziert. Dieser Einfluss des Menschen auf die glaziale Landschaft in Europa war vielleicht eine der frühesten anthropogenen großräumigen Veränderungen des Erdsystems.<ref name="Kaplan 2016">Kaplan, J.O., M. Pfeiffer, J.C.A. Kolen, B.A.S. Davis (2016): Large Scale Anthropogenic Reduction of Forest Cover in Last Glacial Maximum Europe. PLoS ONE 11(11): e0166726. doi:10.1371/journal.pone.0166726</ref> Nach der langsamen Erwärmung mit Beginn des Holozäns, der gegenwärtigen Warmzeit (ab ca. 11 000 Jahre vh.), erreichte die Bedeckung der Wälder in den meisten Gebieten Europas zwischen 8000 und 6000 vh. mit 70-80% ihr Maximum. Eine Ausnahme bildete der mediterrane Raum mit maximal 40% Waldbedeckung. In Mitteleuropa dominierten Laubwälder, nur in höheren Regionen wuchsen hauptsächlich Nadelbäume. Seit dem mittleren Holozän (ca. 7000 vh.) bewirkte die Ausbreitung der Landwirtschaft durch die sog. neolithische Agrarrevolution in vielen Teilen Europas eine allmähliche Abnahme der Waldbedeckung. In der Römerzeit nahm die Waldbedeckung durch die Ausweitung der Landwirtschaft und die zunehmende Nutzung von Holz für den Haus- und Schiffsbau weiter ab, um in der Völkerwanderungszeit, vor allem bedingt durch zurückgehende Temperaturen, wieder zuzunehmen. Das dann folgende Mittelalter führte erneut zu einer starken Waldabnahme, besonders in Mittel- und Westeuropa, wo, begünstigt durch die mittelalterliche Warmzeit, neue Städte entstanden und sich die Landwirtschaft intensivierte. Der Ausbreitung der agraren Nutzung fielen vor allem Laubbäume zum Opfer, da sie sich auf denselben Böden befanden und unter ähnlichen klimatischen Bedingungen wuchsen, die auch für den Ackerbau gut geeignet waren. Trotz der Kleinen Eiszeit und sozialer Katastrophen wie der Pest und des Dreißigjährigen Krieges, die die Bevölkerung dezimierten und den Anbau zurückdrängten, nahm die Ausdehnung der Wälder weiter ab und erreichte um 1850 ihr Minimum. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts begannen einige Länder in Mitteleuropa mit einer gezielten Forstwirtschaft, andere schlossen sich an. Die ökonomisch orientierte Forstwirschaft bewirkte, dass die Waldbedeckung sich wieder ausdehnte und dass vor allem der Anteil an Nadelbäumen wuchs, so dass auch die Artenzusammensetzung in den europäischen Wäldern sich stark änderte.
Die Zunahme der Waldbedeckung in Europa hält bis heute an. Auch andere Kontinente folgten diesem Trend, so dass in den letzten 30 Jahren die Waldbedeckung in Asien, Nordamerika und Ozeanien ebenfalls zunahm, während die tropischen Wälder in Südamerika, Afrika, aber auch in SO-Asien sehr stark abnahmen.<ref name="FAO 2020">FAO and UNEP (2020): The State of the World’s Forests 2020. [https://doi.org/10.4060/ca8642en Forests, biodiversity and people.] Rome</ref> In Europa haben sich die Wälder seit den 1950er Jahren um 25-30% ausgedehnt.<ref>Fuchs, R., M. Herold, P.H. Verburg et al. (2015): [https://doi.org/10.1111/gcb.12714 Gross changes in reconstructions of historic land cover/use for Europe between 1900 and 2010]. Glob Change Biol 21:299–313</ref> Bei dieser Zunahme von Waldflächen sind zwei Prozesse zu unterscheiden:
# Die Wiederbewaldung (Regeneration) auf Flächen, wo erst kürzlich Wälder zerstört wurden, z.B. durch Abholzung, Feuer oder Stürme,
# Die Ausdehnung von Waldflächen in Gebiete wie z.B. aufgegebene Anbauflächen, wo Wälder für eine längere Zeit (Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte) nicht vorhanden waren.
Zwischen 1992 und 2015 hat die Waldfläche in Europa um 237 000 km<sup>2</sup> zugenommen, wobei die Nettozunahme 55 000 km<sup>2</sup> betrug. Zu mehr als der Hälfte sind diese Zunahmen auf ehemals landwirtschaftlich genutztem Land entstanden. Die daraus neu entstandenen Wälder waren zu etwa je einem Drittel Laub- und Nadelwälder. 66% der Waldflächenzunahme beruhten auf der Ausdehnung von Waldflächen, 34% auf Wiederbewaldung. Die Ausdehnung fand hauptsächlich in Mittel- und Südeuropa statt, die Regeneration in Nordeuropa.


== Projektionen ==
== Projektionen ==
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Version vom 23. März 2021, 11:48 Uhr

Gegenwärtige Waldbedeckung in Europa

Status der europäischen Wälder

In Europa sind 227 Mio. ha bzw. 35% der Landfläche mit Wald bedeckt. Auf 46% der Waldflächen befinden sich Nadelbäume und auf 37% Laubbäume, 17% sind mit Mischwäldern bestanden. Die größten Waldanteile besitzen Finnland (73%) und Schweden (69%), wo hauptsächlich Nadelbäume wachsen. In den letzten 30 Jahren hat die Waldfläche in Europa um über 600 000 ha pro Jahr zugenommen, am stärksten im Südwesten Europas, so in Spanien und Frankreich. In den 2010er Jahren hat sich dieser Anstieg etwas abgeschwächt.[1]

Die europäischen Wälder sind ein wichtiges Kohlenstoff-Reservoire und sind gegenwärtig im Austausch mit der Atmosphäre eine CO2-Senke. Insgesamt speichert die Biomasse der europäischen Wälder einschließlich der Böden 13.240 Mio. t Kohlenstoff.[1]

Änderung der Waldbedeckung in Mitteleuropa in %

Bisherige Entwicklung

Historische Entwicklung

Während der letzten Eiszeit war Europa weitgehend von Steppe und Tundra bedeckt. Wälder gab es nur in begrenzten Rückzugsräumen. Berechnungen mit Klimamodellen zeigen, dass große Gebiete Europas selbst während des Höhepunkts der letzten Eiszeit vor ca. 21 000 Jahren durchaus für Wälder geeignet waren. Wahrscheinlich haben jedoch die damaligen hochmobilen Jäger und Sammler durch den Einsatz von Feuer die Waldbedeckung reduziert. Dieser Einfluss des Menschen auf die glaziale Landschaft in Europa war vielleicht eine der frühesten anthropogenen großräumigen Veränderungen des Erdsystems.[2] Nach der langsamen Erwärmung mit Beginn des Holozäns, der gegenwärtigen Warmzeit (ab ca. 11 000 Jahre vh.), erreichte die Bedeckung der Wälder in den meisten Gebieten Europas zwischen 8000 und 6000 vh. mit 70-80% ihr Maximum. Eine Ausnahme bildete der mediterrane Raum mit maximal 40% Waldbedeckung. In Mitteleuropa dominierten Laubwälder, nur in höheren Regionen wuchsen hauptsächlich Nadelbäume.

Seit dem mittleren Holozän (ca. 7000 vh.) bewirkte die Ausbreitung der Landwirtschaft durch die sog. neolithische Agrarrevolution in vielen Teilen Europas eine allmähliche Abnahme der Waldbedeckung. In der Römerzeit nahm die Waldbedeckung durch die Ausweitung der Landwirtschaft und die zunehmende Nutzung von Holz für den Haus- und Schiffsbau weiter ab, um in der Völkerwanderungszeit, vor allem bedingt durch geringere Temperaturen und einen damit verbundenen Rückgang der Landwirtschaft, wieder zuzunehmen. Das dann folgende Mittelalter führte erneut zu einer starken Waldabnahme, besonders in Mittel- und Westeuropa, wo, begünstigt durch die Mittelalterliche Warmzeit, neue Städte entstanden und sich die Landwirtschaft intensivierte. Der Ausbreitung der agraren Nutzung fielen vor allem Laubbäume zum Opfer, da sie sich auf denselben Böden befanden und unter ähnlichen klimatischen Bedingungen wuchsen, die auch für den Ackerbau gut geeignet waren.[3] Trotz der anschließenden Kleinen Eiszeit und sozialer Katastrophen wie der Pest und des Dreißigjährigen Krieges, die die Bevölkerung dezimierten und den Anbau zurückdrängten, nahm die Ausdehnung der Wälder weiter ab und erreichte um 1850 ihr Minimum. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts begannen einige Länder in Mitteleuropa mit einer gezielten Forstwirtschaft, andere schlossen sich an. Die ökonomisch orientierte Forstwirschaft bewirkte, dass die Waldbedeckung sich wieder ausdehnte und dass vor allem der Anteil an Nadelbäumen wuchs, so dass auch die Artenzusammensetzung in den europäischen Wäldern sich stark veränderte.[4]

Waldausdehnung und Wiederbewaldung in der EU und der Schweiz 1950-2010

Jüngere Entwicklung

Die Zunahme der Waldbedeckung in Europa hält bis heute an und beträgt zwischen 1950 und 2010 ca. 314 000 km2 bzw. 25%. In Frankreich nahm die Waldfläche besonders stark um fast 50% zu, aber auch in Polen waren es noch 35%.[5] Auch andere Kontinente folgten diesem Trend, so dehnte sich in den letzten 30 Jahren die Waldbedeckung in Asien, Nordamerika und Ozeanien ebenfalls aus, während die tropischen Wälder in Südamerika, Afrika, aber auch in SO-Asien sehr stark abnahmen.[6] Die Gründe für die Erweiterung der Waldbedeckung in Europa lagen in dem Holzmangel nach dem 2. Weltkrieg, der zur gezielten Aufforstung führte, und in EU-Programmen zur Förderung der Aufforstung. Seit den 1990er Jahren wirkte sich im östlichen Europa auch das Ende des Sozialismus aus. Die sozialistische Landwirtschaft erwies sich auf dem Weltmarkt als nicht konkurrenzfähig, so dass besonders in den baltischen Ländern und Rumänien landwirtschaftliche Flächen aufgegeben und z.T. in Waldflächen umgewandelt wurden.

Bei dieser Zunahme von Waldflächen sind zwei Prozesse zu unterscheiden:

  1. Die Wiederbewaldung (Regeneration) auf Flächen, wo erst kürzlich Wälder zerstört wurden, z.B. durch Abholzung, Feuer oder Stürme,
  2. Die Ausdehnung von Waldflächen in Gebiete wie z.B. aufgegebene Anbauflächen, wo Wälder für eine längere Zeit (Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte) nicht vorhanden waren.[7]

Auch in jüngster Zeit hielt die Erweiterung der Waldfläche in Europa weiter an, so zwischen 1992 bis 2015 um brutto 237 000 km2, wobei die Nettozunahme 55 000 km2 betrug. Zu mehr als der Hälfte sind diese Zunahmen auf ehemals landwirtschaftlich genutztem Land entstanden. Die daraus neu entstandenen Wälder waren zu etwa je einem Drittel Laub- und Nadelwälder. 66% der Waldflächenzunahme beruhten auf der Ausdehnung von Waldflächen, 34% auf Wiederbewaldung. Die Ausdehnung fand hauptsächlich in Mittel- und Südeuropa statt, die Regeneration in Nordeuropa.[7]

Europäische Wälder im Klimawandel

Wichtige Beziehungen zwischen Wald und Klima

Die europäischen Wälder sind ein wichtiges Kohlenstoff-Reservoire und sind gegenwärtig im Austausch mit der Atmosphäre eine CO2-Senke. Insgesamt speichert die Biomasse der europäischen Wälder einschließlich der Böden 13,24 Mrd. t Kohlenstoff. Durch die Ausdehnung der Wälder hat die gespeicherte Menge 2010-2020 um 155 Mio. t Kohlenstoff pro Jahr zugenommen. Das sind 10% der europäischen Treibhausgasemissionen im selben Zeitraum.[1]

Wälder sind nicht zuletzt wegen der langen Lebensdauer der Bäume besonders sensitiv gegenüber dem Klimawandel. In Europa hat die Hitzewelle 2003 die Auswirkungen von wärmeren Verhältnissen auch auf die europäischen Wälder drastisch vor Augen geführt. So verringerte sich die Brutto-Produktivität bei allen europäischen Ökosystemen, die sich von einer Kohlenstoffsenke zu einer ungewöhnlichen Quelle von CO2 wandelten, um 30 %.[8] Hitzewellen und Dürren werden durch den Klimawandel an Intensität und Häufigkeit vor allem in Mittel- und Südeuropa deutlich zunehmen. Auch Stürme haben in der jüngsten Vergangenheit große Schäden an Wäldern angerichtet und die Brutto-Produktivität in bestimmten Regionen ebenfalls deutlich reduziert.[9] Sie werden in Stärke und Häufigkeit allerdings künftig eher geringfügig zunehmen.

Waldschäden durch Borkenkäfer im Bayerischen Wald

2010-2018 waren 72% des europäischen Waldes, gemessen an der Kronenverlichtung, gesund, 19% waren geschädigt. 2018 verloren mehr als 100.000 untersuchte Bäume mehr oder weniger stark ihre Belaubung. Ursachen waren Wetter-Extreme (vor allem Dürren), Insektenbefall und Pilzkrankheiten. Der Stress durch Dürre war der Hauptgrund für den Blätterverlust, durch den zu einem großen Teil auch die Schädigung durch Insekten und Pilze begünstigt wurde. Der Laubabfall war besonders stark in Mitteleuropa und in den mediterranen Gebieten Italiens, Frankreichs und Spaniens. Über die letzten dreißig Jahre waren die Schäden durch Insekten, Krankheiten und auch Feuer jedoch rückläufig. Zugenommen haben aber die Auswirkungen durch Stürme und starken Schneefall. Von Feuer waren hauptsächlich die Mittelmeer-Länder betroffen, von Stürmen und Schnee die Waldregionen in Nord- und Osteuropa. Im Mittelmeerraum waren 2015 über 50% der bewaldeten Gebiete durch Brände geschädigt, in Mittel- und Westeuropa ca. 25%.[1]

Jüngste Szenarienrechnungen zeigen, dass bis 2100 die Temperaturen zwischen 2 °C in Irland und 3 °C in Mitteleuropa bis 4-5 °C im nördlichen Skandinavien und Teilen des Mittelmeergebietes steigen könnten.[10] Entsprechend den unterschiedlichen Änderungen des Klimas in den verschiedenen Klimazonen Europas werden auch die Wälder unterschiedlich reagieren.

Projektionen

Boreale Zone (Skandinavien)

In Skandinavien wird eine Temperatursteigerung bis 2100 um 3,5-5 °C erwartet, wobei die Erwärmung im Winter mit 4-7 °C deutlich höher ausfallen wird als im Sommer mit 3-4 °C. Außerdem wird damit gerechnet, dass die Niederschläge um 40 % zunehmen werden, wiederum vor allem im Winter.[10]

Die Erhöhung der Temperatur wird die Wachstumszeit für Bäume deutlich verlängern und die Verrottung von organischem Material erhöhen. Das führt zu einem verstärkten Wachstum der Wälder und damit auch zu einer höheren CO2-Aufnahme. Wahrscheinlich wird sich auch die Artenzusammensetzung ändern, indem Laubbäume weiter nach Norden und die Baumvegetation in Tundragebiete vordringen werden. Im südlichen Skandinavien kann es jedoch Einschränkungen durch geringere Niederschläge im Sommer geben. Auch andere Probleme durch den Klimawandel sind denkbar: Mildere Winter können die Winterhärtung der Bäume abschwächen. Viele Insektenarten, die heute in Skandinavien nicht vorkommen, könnten sich nach Norden ausbreiten. (Vgl. hierzu auch: Insektenbefall von Wäldern (einfach).) So könnte der Schwammspinner, eine Schmetterlingsart, deren Raupen starke Blattschädlinge sind, seinen Lebensraum weiter nach Norden verlegen. Auch Pilzkrankheiten könnten sich durch höhere Temperaturen stärker ausbreiten.[10]

Gemäßigt maritimes Klima

Die jährliche Mitteltemperatur wird in Westeuropa und dem westlichen Mitteleuropa um ca. 2,5 bis 3,5 °C zunehmen, in Irland und Großbritannien mit 2-3 °C etwas weniger. Die Sommer werden wahrscheinlich trockener und heißer mit Temperaturzunahmen um bis zu 4 °C. Im nördlichen und westlichen Teil wird es insgesamt ausreichende Niederschläge geben, im südlichen und östlichen Teil können Dürren mit Wasserknappheit auftreten.[10]

Bei ausreichender Wasserverfügbarkeit wird die Temperaturerhöhung positive Effekte auf das Wachstum haben, in den trockeneren Gebieten allerdings eher negative Folgen. Dennoch könnte es selbst in der atlantischen Region zu einer Verringerung der Artenzahl kommen. Heimische Nadelbäume werden möglicherweise durch Laubbäume ersetzt, die an die neuen Verhältnisse besser angepasst sind. Das größte Problem für die Wälder in der gesamten Region werden aber wahrscheinlich Zerstörungen durch Sturmereignisse und Beeinträchtigungen durch Schadinsekten und Krankheiten sein. Bei höheren Temperaturen und geringeren Niederschlägen haben zahlreiche Insekten bessere Entwicklungsmöglichkeiten. Auch die verlängerte Vegetationsperiode kann z.B. bei Borkenkäfern eine zusätzliche Generation ermöglichen und damit die Population deutlich erhöhen.

Gemäßigt kontinentales Klima

Die jährliche Mitteltemperatur im östlichen Mittel- und Osteuropa wird bis zum Ende des Jahrhunderts wahrscheinlich um 3-4 °C, in der Schwarzmeer-Region auch bis 4,5 °C zunehmen. Die jährlichen Niederschläge werden etwas zunehmen, allerdings vor allem im Winter, während die Sommerniederschläge abnehmen werden.[10]

Entscheidend für die Entwicklung der Wälder wird die Wasserverfügbarkeit sein. Bei starken regionalen Unterschieden werden die Wachstumsbedingungen durch geringeren Niederschlag im Sommer stark eingeschränkt. Dadurch und durch höhere Wintertemperaturen wird es möglicherweise zu einem erhöhten Schädlingsbefall kommen. Der Borkenkäfer könnte aufgrund der milderen Winter eine zweite oder sogar dritte Generation ausbilden. Möglicherweise zunehmende Zerstörungen durch Waldbrände und Sturmschäden werden die Entwicklung von Schadinsekten vielfach begünstigen.

Aufgrund der Wasserbegrenzung wird die Produktivität von Nadelbäumen im kontinentalen Europa wahrscheinlich abnehmen. Die Aufnahme von Kohlendioxid könnte zunächst zunehmen. Es wird jedoch erwartet, dass gegen Ende des Jahrhunderts die Wälder dieser Region zu CO2-Quellen werden.

Mediterranes Klima

Im Mittelmeerraum wird mit einer Temperaturzunahme im Jahresmittel um 3-4 °C gerechnet, wobei die Unterschiede zwischen Sommer mit 4-5 °C und Winter mit 2-3 °C verhältnismäßig groß sind. Sehr problematisch werden sich wahrscheinlich die Niederschläge entwickeln. Im Jahresmittel werden sie bis zu 20 % zurückgehen, mit einer leichten Zunahme im Winter, aber mit Rückgängen bis zu 50 % im Sommer. Die Folgen werden Hitzewellen und Dürren sein. Aber auch mit einer Zunahme von Starkregenereignissen ist zu rechnen.[10]

Insgesamt wird damit gerechnet, dass vor allem durch heiße Perioden und Trockenheit das Wachstum der Wälder im Mittelmeerraum zurückgehen wird. Schon in den letzten 50 Jahren konnte in den höheren Lagen der Pyrenäen bei einer Temperatursteigerung um 1,5 °C ein Rückgang der Buche und ihre schrittweise Verdrängung durch die Steineiche beobachtet werden. Auch in anderen Regionen wurde die Buche durch länger anhaltende Dürren stark in Mitleidenschaft gezogen. Hinzu kommt die Bedrohung durch Waldbrände, die künftig weiter zunehmen werden und die nicht nur den Wald unmittelbar zerstören, sondern auch zu einer Erosion und Austrocknung des Bodens beitragen.

Es wird damit gerechnet, dass durch die klimatischen Effekte die Holzproduktion im Mittelmeerraum zurückgehen wird. Der zunehmende CO2-Gehalt wird das wahrscheinlich nicht kompensieren können, besonders dann nicht, wenn sich die Prognosen über zunehmende Waldbrände und Dürren bewahrheiten werden. In wenigen Jahrzehnten kann es zu einem Verlust an Artenvielfalt einer eher negativen Veränderung der Artenzusammensetzung der mediterranen Wälder kommen.[10]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Forest Europe (2020): State of Europe’s Forests 2020
  2. Kaplan, J.O., M. Pfeiffer, J.C.A. Kolen, B.A.S. Davis (2016): Large Scale Anthropogenic Reduction of Forest Cover in Last Glacial Maximum Europe. PLoS ONE 11(11): e0166726. doi:10.1371/journal.pone.0166726
  3. Naudts K, Y. Chen, M.J. McGrath, J. Ryder, A. Valade, J. Otto and S. Luyssaert S (2016): Forest management: Europe’s forest management did not mitigate climate warming, Science 351, 6273, 597-599
  4. McGrath, M. J., S. Luyssaert, P. Meyfroidt et al. (2015): Reconstructing European forest management from 1600 to 2010, Biogeosciences, 12, 4291–4316, https://doi.org/10.5194/bg-12-4291-2015
  5. Fuchs, R., M. Herold, P.H. Verburg, and J.G.P.W. Clevers (2013): A high-resolution and harmonized model approach for reconstructing and analysing historic land changes in Europe, Biogeosciences, 10, 1543–1559
  6. FAO and UNEP (2020): The State of the World’s Forests 2020. Forests, biodiversity and people. Rome
  7. 7,0 7,1 Palmero-Iniesta, M., J. Pino, L. Pesquer et al. (2021): Recent forest area increase in Europe: expanding and regenerating forests differ in their regional patterns, drivers and productivity trends. Eur J Forest Res (2021). https://doi.org/10.1007/s10342-021-01366-z
  8. Ciais, Ph., et al. (2005): Europe-wide reduction in primary productivity caused by the heat and drought in 2003, Nature 437, 529-533
  9. Lindroth, A., et al. (2009): Storms can cause Europe-wide reduction in forest carbon sink, Global Change Biology 15, 346–355
  10. 10,0 10,1 10,2 10,3 10,4 10,5 10,6 Lindner, M., et al. (2010): Climate change impacts, adaptive capacity, and vulnerability of European forest ecosystems, Forest Ecology and Management 259, 698–709


Klimadaten zum Thema

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