Trockengebiete in Westafrika

Aus Klimawandel
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Von Westafrika ist etwa die Hälfte der Fläche von Trockengebieten eingenommen, die ca. 10% der globalen Trockengebiete ausmachen. Sie befinden sich in der westafrikanischen Sahel-Zone, wo sich Grasland, Büsche und kleine, dornige Bäume südlich der Sahara erstrecken. Mehr als 50% des Sahel-Streifens ist arid bzw. hyper-arid.[1]

Klimatische Änderungen

Die Temperaturen haben in der Sahel-Zone seit den 1970er Jahren um 0,5-0,8 °C zugenommen,[2] seit den 1950er Jahren um ca. 1 °C und damit etwas mehr als im globalen Durchschnitt.[3] Die Jahreszeiten Westafrikas werden in erster Linie durch den Niederschlag bestimmt, der vor allem von dem Westafrikanischen Monsun gesteuert wird. Der Monsun wird im Sommer durch den Temperaturgegensatz zwischen dem heißen Landesinnern und dem kühlen Ozean in Kombination mit der Hadley-Zirkulation angetrieben. Er bringt in der Hauptregenzeit (Mai-September) feuchte Luftmassen vom Atlantik vor der Südküste Westafrikas ins Landesinnere bis in die Sahel-Zone. Im Winter wehen trockene Winde aus der Sahara Richtung Süd- und Westküste. Die Niederschläge im Sahel zeigen starke jährliche Schwankungen wie ausgeprägte Änderungen über Jahrzehnte. So waren die 1950er und 1960er Jahre eine sehr feuchte Periode im 20. Jahrhundert, worauf sehr geringe Niederschläge in den 1970er und 1980er Jahren folgten. Seit ca. 1990 haben dann die Niederschläge wieder zugenommen, ohne aber das Niveau der 1950er Jahre erreicht zu haben (Abb.).

Von den späten 1960er bis in die 1980er Jahre hat die Sahelzone unter einer schweren Dürre gelitten, die weltweit eine der größten Klimaschwankungen im 20. Jahrhundert darstellte. Die Gründe wurden früher primär in einer intensiven Landnutzung gesehen, die durch Überweidung und Abholzung infolge einer stark wachsenden Bevölkerung gekennzeichnet war. Durch den Verlust von Vegetation kam es hiernach zu einer Erhöhung der Albedo und stärkeren Reflexion der Sonneneinstrahlung. Dadurch heizte sich im Sommer das Landesinnere weniger stark auf, so dass sich der Temperaturgegensatzes zwischen Land und Ozean verringerte und der Monsun schwächer wurde. In jüngerer Zeit haben Modell-Simulationen jedoch gezeigt, dass die primären Ursachen bei den Meeresoberflächentemperaturen des Atlantiks, möglicherweise auch des Indischen Ozeans[4] und des Mittelmeeres liegen.[5] Eine Rolle könnte dabei die Belastung durch anthropogene Aerosole über dem Nordatlantik und die dadurch verursachte Abkühlung der Meeresoberflächentemperaturen gewesen sein. Die abnehmende Vegetationsbedeckung durch die Dürre und eine veränderte Landnutzung spielte aber durch Rückkopplungsprozesse (Einfluss auf die Strahlung und die Verdunstung) ebenfalls eine wichtige Rolle und hat möglicherweise 40% der Abnahme der Niederschläge im Vergleich zu den 1950er Jahren verursacht.[6]

In den letzten Jahrzehnten ist es wieder zu einer deutlichen Zunahme der Niederschläge gekommen. Aktuelle Untersuchungen[3] haben allerdings gezeigt, dass dabei nicht die Niederschlagsverhältnisse vor der großen Dürre im 20. Jahrhundert wiederhergestellt wurden. Vielmehr hat sich ein neues Niederschlagsregime entwickelt. Es zeigt im Jahresmittel geringere Niederschläge als vor der Dürre, die aber bei einzelnen Niederschlagsereignissen oft wesentlich stärker ausfallen. Ein Zeichen dafür ist, dass die Niederschlagsintensität pro Tag stärker zugenommen hat als die Anzahl der Regentage (Abb.). Dadurch kann es einerseits zu extremen Starkniederschlägen mit Überschwemmungen kommen, während dazwischen auch in der feuchten Jahreszeit Trockenheit herrschen kann.[7] Ein Grund für die Niederschlagszunahme wird in der Erwärmung des Landesinneren durch eine Zunahme der Treibhausgase in der Atmosphäre gesehen, wodurch der Temperaturgegensatz zum Atlantik erhöht und der Monsun verstärkt wird. Außerdem könnte auch die Abnahme der Aerosolbelastung durch die Luftreinhaltepolitik in den westlichen Industrieländern eine Rolle spielen. Auf eine Verstärkung dieser Verhältnisse deuten Klimamodellprojektionen auch für die zukünftige Entwicklung hin. Dabei zeigen sich zunehmende Niederschläge im zentralen und östlichen Sahel, während der West-Sahel eher mit geringeren Regenfällen rechnen muss.[6]

Vegetation und Landnutzung

Die Vegetation in der Sahelzone reicht von halbwüstenhaften Grasländern südlich der Sahara bis zu Savannen mit niedrigem Baum- und Strauchbewuchs weiter im Süden. Etwa die Hälfte von Westafrika ist wüstenhaftes Ödland der Sahara. Nur 24% sind mit Wald und lockerem Baum- und Strauchbewuchs bedeckt, und weniger als 10% sind als Anbauland genutzt.[1] Bäume sind ein wichtiger Bestandteil der traditionellen Landwirtschaft im Sahel. Sie schützen vor Bodenerosion, Austrocknung des Bodens und ein Absinken des Grundwasserspiegels. Außerdem spenden sie Schatten für Mensch und Vieh und schützen Anbaufrüchte vor Austrocknung in der Trockenzeit.[1] Eine dichtere Baumbedeckung findet sich allerdings nur im Übergangsbereich zum tropischen Regenwald in der Küstenzone des Golf von Guinea am Südrand der Sahelzone.

Das Bevölkerungswachstum der Länder in der Sahel-Zone gehört zu den höchsten der Welt. Zwischen 2019 und 2050 wird für die Sahel-Länder eine Verdoppelung der Bevölkerung erwartet, für den Staat Niger, als einzigen Staat der Welt, sogar eine Verdreifachung.[8] Der wachsende Bedarf an Nahrungsmitteln führt zu einem zunehmenden Landbedarf und Veränderung der Vegetationsbedeckung. Schon durch die Dürren der Vergangenheit und auch die späteren Starkniederschläge kam es zu einer starken Bodenerosion. Die Überweidung und die teilweise Umwandlung von Weide in Ackerland haben die natürliche Bodenbedeckung weiter geschädigt.

Nach der großen Dürre in den 1970er und 1980er Jahren hat sich die Vegetationsbedeckung trotz des anthropogenen Drucks wieder erholt, so dass von einem Grünerwerden des Sahel gesprochen werden kann. Eine wesentliche Rolle spielt dabei der zunehmende CO2-Gehalt der Atmosphäre, der die Photosynthese der Pflanzen stimuliert. Durch das höhere CO2-Angebot können die Pflanzen teilweise die Stomata schließen und so einem Wasserverlust durch Verdunstung vorbeugen. Eine Zunahme dieser Mechanismen und eine damit verbundene Ausweitung von holzartiger Vegetation wird für die Zukunft erwartet. Einschränkend wirkt jedoch eine Erhöhung der Verdunstung bei höheren Temperaturen und stärkeren Dürren, wie sie für die nächsten Jahrzehnte durch den Klimawandel ebenfalls projiziert werden.[6]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 FAO. 2019. Trees, forests and land use in drylands: the first global assessment – Full report. FAO Forestry Paper No. 184. Rome.
  2. IPCC (2014): Climate Change 2014, Working Group II: Impacts, Adaptation and Vulnerability, 22.2
  3. 3,0 3,1 Panthou, G., T. Lebel, T. Vischel et al. (2018): Rainfall intensification in tropical semi-arid regions: the Sahelian case, Environmental Research Letters, Volume 13, Number 6
  4. Giannini, A., R. Saravanan, and P. Chang (2003): Oceanic forcing of Sahel rainfall on inter-annual to inter-decadal time scales, Science 302, 1027-1030
  5. Max-Planck-Gesellschaft (2016): Warmes Mittelmeer lässt Sahel ergrünen.
  6. 6,0 6,1 6,2 Pausata, F.S.R., M. Gaetani, G. Messori (2020): The Greening of the Sahara: Past Changes and Future Implications, One Earth 2, 3, 235-250
  7. Dosio, A., A.G. Turner, A.T. Tamoffo et al. (2020): A tale of two futures: Contrasting scenarios of future precipitation for West Africa from an ensemble of regional climate models. Environ. Res. Lett. 2020, 15, 064007.
  8. United Nations, Department of Economic and Social Affairs, Population Division (2019). World Population Prospects 2019: Highlights (ST/ESA/SER.A/423).

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