Schäden durch Wetterextreme: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:Erschrecklichewasserfluth.jpg|thumb|420px|Abb. 1: „Die erschreckliche Wasser-Fluth“ – Burchardflut oder die 2. Mandränke 1634]]
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Version vom 14. April 2022, 12:26 Uhr

Abb. 1: „Die erschreckliche Wasser-Fluth“ – Burchardiflut oder die 2. Mandränke 1634
Abb. 2: Schäden durch Wetterextreme 1970 bis 2019 global
Abb. 3: Schäden durch Wetterextreme 1970 bis 2019 nach Kontinenten
Abb. 4: Todesfälle und ökonomische Verluste durch Wetterextreme 1970 bis 2019 in Afrika
Abb. 5: Todesfälle und ökonomische Verluste durch Wetterextreme 1970 bis 2019 in Asien
Abb. 6: Todesfälle und ökonomische Verluste durch Wetterextreme 1970 bis 2019 in Europa
Abb. 7: Todesfälle und ökonomische Verluste durch Wetterextreme 1970 bis 2019 in Nord- und Mittelamerika
Abb. 8: Schäden durch Tropische Wirbelstürme nach Kontinenten 1970 bis 2019

Historischer Rückblick und Exponiertheit

Wetterextreme sind die gefährlichsten Naturereignisse, die dem Menschen durch meteorologische Bedingungen drohen. Die erste Mandränke im 14. Jahrhundert hatte den Untergang zahlreicher Dörfer an der Westküste Schleswig-Holsteins zur Folge, dem wiederum so viele Menschen zum Opfer fielen, dass die ursprüngliche Bevölkerungszahl erst im 16. Jahrhundert wieder erreicht wurde. Durch die zweite Mandränke im 17. Jahrhundert starben über 6.000 Menschen, und es gingen wie schon im 14. Jahrhundert große Teile des besiedelten Landes verloren (Abb. 1).[1] In jüngster Zeit haben die Dürre 1983 in Äthiopien ca. 300.000 und der Sturm 2008 in Myanmar 138.000 Menschenleben gefordert.[2] Dass jüngere Ereignisse so viel mehr Tote zur Folge hatten als vor einigen Hundert Jahren, hat nicht in erster Linie mit der Stärke der Ereignisse zu tun, sondern vor allem damit, dass erheblich mehr Menschen solchen Ereignissen ausgesetzt sind.

Die Exponiertheit von Menschen gegenüber Extremereignissen hat in den letzten Jahrzehnten durch soziale Entwicklungstendenzen enorm zugenommen.[3] Die vielleicht wichtigste Ursache ist die wachsende Bevölkerung, die dazu geführt hat, dass sich immer mehr Menschen in Gebieten angesiedelt haben, die durch Wetterextreme gefährdet sind. Gerade an Küsten, die von Sturmfluten und tropischen Wirbelstürmen heimgesucht werden, ist das Bevölkerungswachstum besonders stark. Immer mehr Menschen sind aber auch an Flussufer gezogen, die durch Hochwasser bedroht sind. In Entwicklungsländern leben die Menschen zudem oft in Slums, die weder durch Dämme noch durch ein effektives Warnsystem geschützt sind. Aber auch in den entwickelten Ländern haben Eindeichungen von Flüssen, das Abholzen schützender Wälder, empfindliche Infrastrukturanlagen usw. zu einer Erhöhung des Risikos beigetragen.

In den letzten 50 Jahren zwischen 1970 und 2019 haben 2,06 Mio. Menschen ihr Leben durch Wetterextreme verloren. Umgerechnet sind das 115 Menschen jeden Tag. Die meisten Opfer gab es durch Dürren (650.000), Stürme, vor allem Tropische Wirbelstürme, (577.232), Überschwemmungen (58.700) und extreme Temperaturen (55.736). Die ökonomischen Verluste beliefen sich im selben Zeitraum auf 3,6 Billionen US$. Die Anzahl der Katastrophen in dieser Periode hat dabei von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zugenommen. In den 1970er Jahren wurden 711 solcher Wetterkatastrophen gezählt, in den 1990 Jahren waren es 2250 und in den 2010er Jahren 3165. Ein Teil der Zunahmen ist auch darauf zurückzuführen, dass die Ereignisse, z.B. durch Satellitenbeobachtungen, besser erfasst werden konnten. Erstaunlicherweise hat die Zahl der Todesfälle durch Wetterextreme seit den 1980er Jahren von 667.000 auf 185.000 in den 2010er Jahren stetig abgenommen (Abb. 2). Als Hauptgrund wird die Installation von Frühwarnsystemen angesehen. Dagegen haben die ökonomischen Verluste nahezu um das Achtfache zugenommen. Die regionale Verteilung der Todesopfer zeigt ein erschreckendes Ungleichgewicht mit 91% in Entwicklungsländern. Dagegen betrafen die ökonomischen Verluste hauptsächlich die entwickelten Länder (vgl. Abb. 3).[2]

Schäden nach Kontinenten

Afrika

Betrachtet man die Schäden durch Wetterextreme nach Kontinenten, so ragen Afrika und Asien mit sehr hohen Todesfällen heraus (Abb. 3). Auf beide Kontinente zusammen entfallen 1,7 Mio. Todesopfer zwischen 1970 und 2019 und damit 82% der weltweiten Todesfälle. Als nächster Kontinent liegt Europa mit ca. 160 000 Opfern weit dahinter. Berücksichtigt man, dass Asien eine fast viermal so hohe Bevölkerung hat wie Afrika, sind die Menschen in Afrika auf die Bevölkerung bezogen deutlich am stärksten von Wetterextremen betroffen. Die wichtigste Ursache für die vielen Todesfälle von 731 747 sind hier die verheerenden Dürren in der Sahelzone in den 1970er und 1980er Jahren (Abb. 4). Allgemein sind Dürren in Afrika nach Berechnungen der Weltwetterorganisation WMO für 95% der Todesfälle verantwortlich, Hochwasser folgen mit nur 2%. Entsprechend sind die Todesfälle nach dem Ende der Dürrephase seit den 1990er Jahren sehr stark gesunken. Für die ökonomischen Verluste sind dagegen neben den Dürren nahezu ebenso stark Tropische Wirbelstürme und Hochwasser die Ursache. Dass Afrika bei den ökonomischen Schäden mit 38,5 Mrd. US$ deutlich an letzter Stelle unter den Kontinenten der Erde liegt, beruht auf den materiell geringen und kaum versicherten durch Extremereignisse zerstörten Werten.[2]

Asien

Mit fast einer Million Todesopfern und 1,2 Billionen an ökonomischen Verlusten ist Asien der Kontinent, der durch Wetterextreme in absoluten Zahlen am stärksten betroffen ist (Abb. 5). Er ist allerdings sowohl der Fläche wie der Einwohnerzahl (4,6 Mrd.) nach der mit Abstand größte Kontinent der Erde, im Hinblick auf die Einwohnerzahl mit großem Abstand gefolgt von Afrika (1,4 Mrd.).[4] Anders als in Afrika spielen Dürren in Asien kaum eine Rolle. Die beiden verheerendsten Arten von Wetterextremen sind Stürme, vor allem Tropische Wirbelstürme, und Hochwasser. Dabei sind Stürme zu 72% die Ursache für Todesfälle, und auf Hochwasserereignisse sind 57% der ökonomischen Verluste zurückzuführen. Mehr als die Hälfte der Todesfälle sind durch nur drei Tropische Wirbelstürme verursacht, zwei in Bangladesch 1970 und 1991 (zusammen 439 000 Tote) und einer in Myanmar 2008 (138 000 Tote).[5] Bangladesch ist vor allem durch die beiden genannten Ereignisse das asiatische Land mit den meisten Todesopfern (53%). Dagegen fallen auf China mit 50% die meisten ökonomischen Verluste.[2]

Europa

Europa liegt sowohl bei den Todesfällen als auch bei den ökonomischen Schäden an dritter Stelle unter den Kontinenten. Die relativ hohen ökonomischen Verluste lassen sich mit dem hohen Wohlstand des Kontinents im Weltmaßstab erklären. Die im Verhältnis dazu sehr hohen Todesfälle sind weitgehend auf nur zwei Ereignisse zurückzuführen, die Hitzewelle 2003 in Mittel- und Westeuropa mit 72 210 Toten und die Hitzewelle 2010 im europäischen Russland mit 55 736 Toten. Beide extremen Hitzewellen machen rund 80% aller Todesfälle durch Wetterextreme in Europa aus (Abb. 6). Die ökonomischen Schäden wurden dagegen hauptsächlich durch Stürme und Hochwasser verursacht. Die Elbeflut 2002 verursachte einen Schaden von 16,5 Mrd. US$ und galt bis 2019 als das teuerste Extremereignis in 50 Jahren.[2] Sie wurde allerdings um fast das Doppelte übertroffen von dem Hochwasser im Juli 2021 in Westdeutschland und Belgien, dessen Kosten allein für Deutschland auf rund 30 Mrd. Euro geschätzt werden.[6]

Nord- und Mittelamerika

Die ökonomischen Verluste Nord- und Mittelamerikas sind mit 1,7 Billionen US$ und 45% der weltweiten Verluste noch vor denen Asiens die höchsten unter allen Kontinenten. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die vielfach betroffenen USA eine der wohlhabendsten Nationen der Welt sind und der Versicherungsgrad relativ hoch ist. Die 74 839 Todesopfer machen dagegen nur 4% der weltweiten Opfer durch Wetterextreme 1970-2019 aus. Während die Anzahl der Todesopfer seit den 1990er Jahren von ca. 28 000 auf ein Viertel in den 2010er Jahren zurückgegangen ist, steigen die Sachschäden stetig an und haben sich seit den 1970er Jahren verzehnfacht (Abb. 7). Dieser Trend folgt der Verfünffachung der Anzahl der Wetterkatastrophen. Die meisten Todesopfer gehen auf das Konto von schweren Hurrikanen und waren besonders in den ärmeren Staaten Mittelamerikas zu beklagen, wie z.B. in Honduras und Nicaragua mit 18 000 Toten durch Hurrikan Mitch im Jahr 1998. Bei den ökonomischen Verlusten stehen dagegen die USA mit 1,4 Billionen US$ an erster Stelle, was zugleich 38% der weltweiten Verluste bedeutet. Sowohl bei den Todesursachen wie bei den Schäden sind Hurrikane mit 60% bzw. 58% der dominierende Faktor.[2]

Südamerika und Südwest-Pazifik

Südamerika hat seit 1970 durch Wetterextreme 57 892 Todesopfer und rund 100 Mrd. US$ zu beklagen. Die Hauptursache sind Hochwasserereignisse, die für 77% der Todesfälle und 58% der Sachschäden verantwortlich sind. 30 000 Opfer gehen allein auf das Konto einer Hochwasserkatastrophe in Venezuela im Jahr 1999. In Australien und den südost-asiatischen Inselstaaten, die in der WMO-Studie zum Großraum Südwest-Pazifik zusammengefasst werden, hat es in den untersuchten fünf Jahrzehnten 65 391 Todesopfer und einen ökonomischen Schaden von 164 Mrd. US$ gegeben. Die Hauptursache für die Todesfälle waren Stürme, vor allem Tropische Wirbelstürme, die 1970-2019 71% der Opfer verursacht haben. Bei den Sachschäden spielten neben Stürmen (46%) auch Hochwasser (24%) und Dürren (17%) eine Rolle. Das tödlichste Ereignis war mit 7 354 Opfern der Taifun Haiyan auf den Philippinen im Jahr 2013.[2]

Schäden durch Tropische Wirbelstürme

Tropische Wirbelstürme treten in den tropischen Regionen aller drei Ozeane auf und werden im Atlantik Hurrikane, im westlichen Pazifik Taifune und im Indischen Ozean Zyklone genannt. Von ihnen geht mit die stärkste Zerstörungskraft für natürliche und soziale Systeme aus. Die Schäden werden sowohl durch extrem starke Winde als auch durch Sturmfluten und starke Regenfälle verursacht. Zwischen den 1970er und den 2010er Jahren hat sich die Anzahl der Katastrophen durch Tropische Wirbelstürme fast verdreifacht, die Zahl der Todesopfer ist zurückgegangen, die ökonomischen Verluste sind dagegen um das Neunfache angestiegen. Zusammengenommen beliefen sich zwischen 1970 und 2019 die Anzahl der Todesopfer auf 779 324, die ökonomischen Schäden auf 1,4 Billionen US$.[2]

Bei den Kontinenten ragt Asien mit fast 88% der Todesfälle durch Tropische Wirbelstürme weltweit heraus, mit großem Abstand gefolgt von Nord- und Mittelamerika sowie Australien (Abb. 8). Bei den ökonomischen Verlusten nehmen Nord- und Mittelamerika den Spitzenplatz ein, gefolgt von Asien. Von den einzelnen Staaten ist bei den Todesfällen Bangladesch mit 60% aller Todesopfer am stärksten betroffen, gefolgt von Myanmar mit 18% und Indien mit 6%. Bei den ökonomischen Verlusten stehen die USA mit 54% bzw. 771 Mrd. US$ an erster Stelle, gefolgt von China mit 9% an den weltweiten Schäden durch Tropische Wirbelstürme.[2]

Einzelnachweise

  1. Meier, D. (2018): Wetterextreme an der südlichen Nordseeküste vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit. In: Lozán, J. L. S.-W. Breckle, D. Kasang & R. Weisse (Hrsg.). Warnsignal Klima: Extremereignisse. pp. 56-62
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 WMO (2021): WMO atlas of mortality and economic losses from weather, climate and water extremes (1970–2019)
  3. IPCC (2012): Managing the Risks of Extreme Events and Disasters to Advance Climate Change Adaptation, 4.2.1
  4. Bevölkerungszahl nach statista (2022): Weltbevölkerung nach Kontinenten 2021, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1723/umfrage/weltbevoelkerung-nach-kontinenten/
  5. Die ebenfalls beträchtliche Zahl von Todesopfern durch Taifune auf den Philippinen werden in der Darstellung der WMO nicht mitgerechnet, da die Philippinen von der WMO zu der Großregion SW-Pazifik gezählt werden.
  6. Tagesschau (7.11.2021): Mehr als 29 Milliarden Euro Schaden, https://www.tagesschau.de/inland/flutkatastrophe-107.html

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