Phänologie

Aus Klimawandel
Vorverlegung des letzten Frosttags mit -2,3 oC und weniger (rot) sowie des Blattaustriebs (grün) im Frühling zwischen 1955 und 2002 auf der Nordhalbkugel

Die Phänologie ist "die Lehre vom Einfluss des Wetters, der Witterung und des Klimas auf den jahreszeitlichen Entwicklungsgang und die Wachstumsphasen der Pflanzen und Tiere, ein Grenzbereich zwischen Biologie und Klimatologie".[1] Die meisten Beobachtungen über die Veränderungen der Pflanzen- und Tierwelt durch den Klimawandel sind der Phänologie zuzuordnen.

Die Phänologie als Indikator für Umweltveränderungen

Im Frühling wurde fast flächendeckend ein früherer Blattaustrieb beobachtet, im Herbst eine spätere Blattfärbung; Zugvögel kehrten früher aus ihren Überwinterungsgebieten zurück. Besonders die Frühlings-Phänologie ist starken Änderungen unterlegen. Die wichtigste Ursache ist die im Vergleich zu den anderen Jahreszeiten sehr starke Erwärmung im Winter und Frühling. Über große Teile der Nordhalbkugel ist eine Temperaturerhöhung im Frühjahr um mindestens 1 oC, im Norwesten Nordamerikas, Nordosten Europas und in Sibirien sogar um 2-4 oC festzutellen. In Europa stiegen die Frühlingstemperaturen um 0,5 bis 2 oC, im Südwesten am wenigsten, im Nordosten am stärksten. Grund für solche räumlichen Unterschiede ist die kontinentale Lage der östlichen Gebiete und die sich selbst verstärkende Wirkung von tauendem Schnee und Eis im Norden (siehe Eis-Albedo-Rückkopplung). Zu einem Teil hat auch die Änderung der atmosphärischen Zirkulation zur Temperaturerhöhung beigetragen (siehe Nordatlantische Oszillation). Die beobachtete Vorverlegung wichtiger Frühlingsereignisse folgt eindeutig den Veränderungen der Frühlingstemperaturen. Die Untersuchungen stammen vornehmlich aus den mittleren und höheren Breiten der Nordhalbkugel. Hier spielen Niederschlagsveränderungen eine geringe Rolle, da entweder ein ausreichendes Wasserangebot herrscht oder das Wasserangebot durch gefrorene Böden, also wiederum durch die Temperatur limitiert ist. Wichtige Daten sind der letzte Frosttag mit -2,2 oC und die Wachstumsperiode zwischen Frühling und Herbst mit mittleren Tagestemperaturen nicht unter 5 oC.[2] Während die letzten Frosttage mit -2,2 oC und weniger zwischen 1955 und 2002 auf der Nordhalbkugel um rund 7 Tage früher auftraten, hat sich die Wachstumsperiode um bis zu 8 Tage verlängert, in den mittleren und nördlichen Breiten sogar um zwei Wochen. Eine Erhöhung der Frühlingstemperatur um 1 oC hat im Mittel eine Vorverlegung des Wachstumsbeginns um 2,5-6 Tage zur Folge gehabt.

Vorverlegung typischer Frühlingsereignisse bei Pflanzen und Tieren auf der Nordhalbkugel in Tage pro Jahrzehnt

Phänologische Veränderungen in der Tierwelt

Phänologische Veränderungen zeigen sich auch in der Tierwelt. So haben sich die Rückkehrdaten vieler Zugvögel merklich verschoben, bei Schwalben in Großbritannien z.B. um 2-3 Tage bei einer Erwärmung um 1 oC. Dabei zeigen sich bei Vögeln, die nur kurze Distanzen zurücklegen, stärkere Veränderungen als bei Zugvögeln, die in größeren Entfernungen, wie z.B. europäische Zugvögel in Afrika, überwintern. Allgemein sind im Nordseeraum Zugvögel seit 1960 um 0,5-2,8 Tage früher angekommen. Auch der Zeitpunkt des Eierlegens wurde bei vielen Vögeln vorverlegt, so z.B. beim europäischen Fliegenschnäpper. Bei sechs Froscharten in Ithaca, New York, hat sich die Brutzeit um 10-13 Tage vorverlegt. Auch Schmetterlinge zeigen eine hohe Korrelation zwischen Lebenszyklen und Frühlingstemperaturen. Eine deutliche Vorverlegung ihres ersten Fluges wurde bei vielen Arten in Großbritannien, Spanien und Kaliforniern festgestellt.

Allgemein hat in den letzten 30 Jahren der Frühling auf der Nordhalbkugel um 2,3-5,2 Tage pro Jahrzehnt früher begonnen. Neben der globalen Erwärmung zeigen auch regionale Klimaschwankungen einen deutlichen Einfluss auf viele ökologische Prozesse. So ist das Verhalten mancher Zugvögelarten in West und Nordwesteuropa von einem hohen bzw. niedrigen NAO-Index abhängig. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Reaktion der biologischen Klassen und Arten auf klimatische Änderung sehr unterschiedlich ausfällt, wobei einige Arten auch gar nicht reagieren. So ist die Vorverlegung typischer Frühlingsaktivitäten bei Amphibien zweimal so stark wie bei Bäumen, Vögeln oder Schmetterlingen und fast achtmal so stark wie bei Sträuchern, Gräsern und Kräutern. Dabei reagieren auch noch die Amphibienarten untereinander sehr verschieden.

Die Unterschiede in der Reaktion der Arten in ein und demselben Untersuchungsgebiet ist oft größer, als die mittleren Unterschiede zwischen verschiedenen Regionen. In der individuellen Reaktion der Arten liegt auch der Grund dafür, dass die geographische Breite insgesamt keine so große Rolle spielt, obwohl die Temperaturzunahme in höheren Breiten deutlich höher ist als in niederen. Von Bedeutung sind neben den direkten klimatischen Veränderungen auch indirekte Folgen wie z.B. eine Störung der Synchronie zwischen Wirtspflanzen und Insekten. Die wenigen vorliegenden Untersuchungen geben allerdings insgesamt nur ein begrenzt klares Bild, da unterschiedliche Arten, Regionen und Zeitspannen zugrundegelegt wurden.

Phänologische Daten

Phänologische Daten haben in den letzten beiden Jahrzehnten zunehmende Akzeptanz für vielfältige Fragestellungen in der Klima- und Klimafolgenforschung gefunden. Dies zeigt sich z.B. in der Ausweitung, Standardisierung und Neukonzipierung phänologischer Beobachtungsnetze wie z.B. den Internationalen Phänologischen Gärten Europas (IPG) und dem "Global Phenological Monitoring" (GPM)-Programm.[3]


Einzelnachweise

  1. Schirmer et al. 1987, Seite 296
  2. Schwartz, M.D., R. Ahas and A. Aasa (2006): Onset of spring starting earlier across the Northern Hemisphere, Global Change Biology, Volume 12, Issue 2, Page 343-351
  3. Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie, ProMet, Zeitschrift zur meteorologische Fortbildung des Deutschen Wetterdienstes

Literatur

  • Rutishauser, T., S. Studer (2007): Klimawandel und der Einfluss auf die Frühlingsphänologie, Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen, 158, S. 105-111
  • Parmesan, C. 2006: Ecological and Evolutionary Responses to Recent Climate Change. Annual Review of Ecology, Evolution and Systematics(37): 637-69
  • IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: Impacts, Adaptation and Vulnerability, 1.3.5.1


Weblinks

  • Video zum Thema "Obstblüte und Klimawechsel"
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