Nordatlantische Oszillation

Aus Klimawandel

Unter der Nordatlantischen Oszillation (NAO) versteht man die Schwankung des Druckverhältnisses zwischen dem Islandtief im Norden und dem Azorenhoch im Süden des Nordatlantiks. Geprägt wurde dieser Begriff in den 1920er-Jahren von Sir Gilbert Walker.

Üblicherweise basiert der NAO-Index heute auf der Differenz der standardisierten Luftdruck-Anomalien zwischen Ponta Delgada (Azoren) und Reykjavík (Island); es sind bzw. waren aber auch andere Referenzstationen gebräuchlich. Er ist ein Maß für die Stärke der Westwinddrift auf dem Nordatlantik, die für das Klima in Europa, besonders im Winter, entscheidend ist.

NAO-Index

positiv

Bei einem positiven NAO-Index sind sowohl Azorenhoch als auch Islandtief gut ausgebildet. Dies führt in den meisten Fällen zu einer starken Westdrift, die milde und feuchte Luft nach Europa führt. In Extremfällen bringt diese sogar zahlreiche Stürme mit sich. So resultierten die Winterstürme und Orkane 1999 (Anatol, Lothar, Martin) aus solch einer Lage.

Datei:Positiver NAO Index.gif
Auswirkungen zu Zeiten eines positiven NAO-Indexes

negativ

Bei einem negativen NAO-Index sind die Aktionszentren nur schwach ausgeprägt, womit auch die Westdrift "einschläft". So führen häufige Kaltlufteinbrüche aus Nordosten in Mitteleuropa immer wieder zu entsprechend kalten Wintern. Die abgeschwächte Westwinddrift verlagert sich südwärts und führt im Mittelmeerraum zu feuchterem Wetter.

Datei:Negativer NAO Index.gif
Auswirkungen zu Zeiten eines negativen NAO-Indexes

stark negativ (Reversal)

Hat das Azorenhoch den Platz des Islandtiefs eingenommen, und umgekehrt, so ist der NAO-Index stark negativ. In der Fachwelt spricht man dann häufig von einer High-over-Low-Lage. Kalte, kontinentale Luft ausgehend vom asiatischen Hoch oder auch ugs. Sibirienhoch, kann in diesem Fall bis weit nach Mitteleuropa vordringen und bringt den Menschen im wahrsten Sinne des Wortes "sibirische Kälte".


Die Folgen für Umwelt und Klima

Folgen eines positiven NAOs

Atmosphäre:

  • In Grönland bestimmt die Polarluft das Wetter, somit ist es besonders kalt und trocken.
  • Der Jetstream, ein Windsystem, das mehrere Kilometer über dem Boden bei ungefähr 30° bis 60° nördlicher Breite um den Globus fegt, wird von dem Islandtief so beeinflusst, dass die über dem Atlantik gebildeten Tiefdruckgebiete mit ihren starken Stürmen direkt Nordeuropa erreichen. Starke Niederschläge und milde Temperaturen sind in unseren Breiten die Folge.
  • Währenddessen erreichen kalte Ausläufer des Russland-Hochs häufig den Mittelmeerraum. Dem entsprechend wird es dort kälter und trockener als gewöhnlich.
  • Über Nordafrika verstärken sich die Passatwinde.

Ozean:

  • Der Eisexport aus der Arktis scheint durch das kalte Wetter in Grönland größer als normal zu werden.
  • Die Oberflächentemperatur zeigt eine dreipolige Struktur: Durch die kalten Winterstürme wird die Labradorsee besonders kalt (im Bild als Bildungsort des "LSW" (Labradorseewassers) vermerkt), die Region des Golfstroms dagegen erwärmt sich, wenn der Golfstrom (und sein Ausläufer, der Nordatlantische Strom) mehr warmes Wasser nordwärts transportiert.
  • Die verstärkten Passatwinde führen zu einer Abkühlung des äquatorialen Atlantiks durch verstärkten Auftrieb aus dem tieferen Ozean.

Biologische Prozesse:

  • In Skandinavien hat die Flora und Fauna ca. 20 Tage mehr Zeit zum Gedeihen, bis der Frost sich durchsetzt.
  • In der Labradorsee kommt es durch das Absinken des kalten Oberflächenwassers zu einem Rückgang des Fischbestandes (vor allem Kabeljau und Dorsch).
  • Die starken Passatwinde führen dazu, dass der Sand der Sahara weit auf den Atlantik hinaus weht. Nicht ganz geklärt ist der Einfluss dieses Staubs auf die Biologie im Ozean.
  • Das von der afrikanischen Küste weggetriebene Oberflächenwasser wird durch nährstoffreicheres Tiefenwasser aus dem tieferen Ozean ersetzt, so dass es viel Fisch gibt, der den Fischern einen guten Fang beschert.

Folgen eines negativen NAOs

Atmosphäre:

  • In Grönland wird es relativ warm, denn das schwache Tief kommt nicht gegen die warmen Luftströmungen vom amerikanischen Festland an.
  • Durch einen schwächeren Luftdruckgegensatz sind die Westwinde über dem Atlantik schwächer. Sie erreichen kaum Nordeuropa, sondern eher den Mittelmeerraum.
  • Dort sorgt die Luftströmung vom Atlantik für verstärkte Niederschläge.
  • Das Hoch über Russland kann nun sein volle Kraft entfalten und schickt Nordeuropa sibirische Temperaturen und trockenes Wetter. Damit werden die Energiekosten in die Höhe getrieben (Stichwort Heizung).

Ozean:

  • Die Eismassen in der Arktis scheinen sich zurückziehen, genauso wie die Gletscher auf Grönland. Dies geschieht aber deutlich langsamer als die NAO schwankt.
  • Die dreiteilige Struktur im Nordatlantik hat sich umgedreht: Die wärmere Festlandsluft in der Labradorsee sorgt dafür, dass diese Gegend wärmer wird. Vor der Ostküste der USA bleibt es eher kühl, weil der jetzt schwächere Golfstrom weniger warmes Wasser nach Norden schaufelt.
  • Die Passatwinde entlang des Äquators sind schwächer, so dass die Abkühlung dort geringer wird.

Biologische Prozesse:

  • Das kältere Wasser im Bereich des Golfstroms lässt dort den Bestand an Muscheln wachsen.
  • In der Labradorsee steigen die Fischbestände durch höhere Temperaturen an.
  • Im Mittelmeerraum freuen sich die Bauern, denn sie erzielen durch mehr Regen eine bessere Wein- und Olivenernte.


Die NAO als Einflussfaktor für den Tiefenwassertransport

Der im Nordatlantik in der Labrador See als auch im Europäischen Nordmeer stattfindende vertikale Wasseraustausch wird maßgeblich durch Schwankungen der NAO beeinflusst. Durch die in den letzten beiden Jahrzehnten überwiegend positiven NAO-Lagen ist es zu einer verstärkten Tiefenwasserbildung im Nord-West Atlantik gekommen. Diese ist mit den verhältnismäßig kalten Wintertemperaturen korreliert, die aufgrund der positiven NAO-Lage an der Ostküste Kanadas auftreten. Dabei trägt die konvektive Erneuerung mittlerer und tiefer Wasserschichten der Labrador See zur Produktion und Transport des Nordatlantischen Tiefenwassers bei und hält so die weltweite thermohaline Zirkulation in Gange. Die Intensität der im Nordatlantik stattfindenden Konvektionsströme wird dabei weniger durch jahreszeitliche als durch Schwankungen der NAO, die sich über Jahrzehnte erstrecken, beeinflusst. So ist die in der Labradorsee stattfindende Konvektion in den späten 1960er-Jahren wesentlich schwächer und somit flacher ausgeprägt gewesen als wie es heute der Fall ist. Seitdem ist das Wasser der Labrador See um einiges kälter und salzärmer geworden, mit stark zugenommenden Konvektionsströmen bis in über 2300 Meter Tiefe. Dagegen wird die Konvektion im Europäischen Nordmeer in den letzten Jahren eher unterdrückt und zeichnet sich durch wärmere und salzreichere Tiefengewässer aus.

Telekonnektion

Die Nordatlantische Oszillation und die Arktische Oszillation (AO) sind räumlich sehr ähnlich und können deshalb nicht getrennt betrachtet werden. Ebenso scheint eine Telekonnektion zwischen der NAO und der Pacific Dekadal Oscillation (PDO) zu bestehen. Dekaden mit hohem winterlichen NAO Index fallen mit Dekaden hohem PDO-Index zusammen. Dies bedeutet, dass in den Jahrzehnten mit vielen La-Niña-Ereignissen mit strengen Wintern in Europa zu rechnen ist. Der Zeitraum von 1945 bis 1970 stützt diese These. Ob es eine mögliche Ursache gibt, die beide Oszillationen auslösen kann, bleibt noch zu untersuchen. Wichtig ist jedoch, dass die Südliche Oszillation (SO) keinen direkten Einfluss auf die NAO hat. Untersuchungen der Korrelation zwischen dem Winter in Europa und der SO zeigen, dass der SO nur Temperaturänderungen unter 1/10°C anzurechnen sind. Im Sommer ist dies noch weit geringer. Die SO ist somit viel mehr ein großer Verwandter der NAO.

Siehe auch

Weblinks