Moore im Klimawandel: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:CIMG0399.JPG|thumb|420 px|Moor]]
[[Bild:Global peatlands.jpg|520px|thumb|Abb. 1: Globale Verbreitung von Mooren.]]
Moore stellen einen Teil der Feuchtgebiete dar. Feuchtgebiete sind Gebiete, die periodisch oder regelmäßig mit Wasser gesättigt sind, wie z.B. Moore, Sümpfe, Bruchwald, Feuchtwiesen, Sumpfgräben und Auen. Weltweit nehmen Moore 3-4 % der Landoberfläche ein bzw. 350 Mio. ha, speichern aber 26-44 % des gesamten im [[Boden im Klimasystem|Boden]] gelagerten [[Kohlenstoffkreislauf|Kohlenstoffs]] bzw. 400-550 Gt C.<ref name="IPCC 2019">IPCC (2019): Land Degradation. In: Climate Change and Land, 4.9.4</ref> Das entspricht der doppelten Menge des Kohlenstoffs in allen Wäldern der Erde.<ref name="Loisel 2021">Loisel, J., A.V. Gallego-Sala, M.J. Amesbury et al. (2021): Expert assessment of future vulnerability of the global peatland carbon sink. Nat. Clim. Chang. 11, 70–77 (2021)</ref> Bislang waren Moore global eine Senke für Kohlenstoff, befürchtet wird aber, dass sie durch menschliche Eingriffe und den Klimawandel Quellen von [[Treibhauseffekt|treibhausrelevanten]] Kohlenstoffverbindungen werden (was in vielen Regionen schon der Fall ist).


Moore (Engl.: peatland) stellen einen Teil der Feuchtgebiete dar. Feuchtgebiete (Engl.: wetland) sind Gebiete, die periodisch oder regelmäßig mit Wasser gesättigt sind.<ref>(2003): [http://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/umweltthemen/naturschutz/Logos__bilder/CIS_Horizontal_Guidance.pdf Übergreifender Leitfaden zur Bedeutung der Feuchtgebiete im Zusammenhang mit der Wasserrahmenrichtlinie]</ref> Zu Feuchtgebieten zählen außer Mooren und Sümpfen noch Bruchwald, Feuchtwiese, Sumpfgraben, Aue, etc. Manchmal werden Flüsse und Seen auch als Feuchtgebiete gesehen.<ref>Ramsar Convention (1996): [http://www.ramsar.org/cda/en/ramsar-abereinkommen-aber/main/ramsar/1%5E20701_4000_0__ Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Wattvögel, von internationaler Bedeutung], Kapitel 1</ref> Weltweit nehmen Moore 3-4 % der Landoberfläche ein und speichern 400-550 Gt Kohlenstoff, was 26-44 % des gesamten im Boden gelagerten Kohlenstoffs ausmacht.<ref name="IPCC 2019">IPCC (2019): Land Degradation. In: Climate Change and Land, 4.9.4</ref> Bislang waren Moore eine Senke für Kohlenstoff, befürchtet wird aber, dass sie potentielle Quellen von treibhausrelevanten Kohlenstoffverbindungen werden.  
== Verbreitung ==
Moore bedecken große Gebiete in Nordamerika, Russland und Europa (Abb. 1). Den größten Flächenanteil nehmen die Moore in Nordamerika mit 5,4% des Kontinents ein, gefolgt von Europa mit 5,2%. Große zusammenhängende Moorgebiete gibt es im Westsibirischen Tiefland in Russland und in den Tiefebenen um die Hudson Bay in Kanada. Als Torfmoorwald gibt es Moore auch in den [[Tropen]] in Indonesien, im Kongo- und Amazonasbecken. In Europa spielen Moore im Hinblick auf die Speicherung und Emission von [[Treibhausgase]]n eine wesentlich größere Rolle als global. Sie speichern sogar fünfmal so viel Kohlenstoff wie die [[Wälder im Klimawandel: Europa|europäischen Wälder]].<ref name=Swindles">Swindles, G.T., Morris, P.J., Mullan, D.J. et al. (2019): Widespread drying of European peatlands in recent centuries. Nat. Geosci. 12, 922–928</ref>  
[[Bild:Peatlands carbon cycle.jpg|420px|thumb|Abb. 2: Kohlenstoffzyklus von natürlichen (oben) und entwässerten (unten) Mooren. Natürliche Moore emittieren Methan und speichern Kohlendioxid. Die Böden von entwässerten Mooren emittieren CO<sub>2</sub>, aber kaum noch Methan, das dafür aber aus Entwässerungsgräben entweicht.]]


== Definition ==
== Prozesse im Moor ==
Als Moor wird ein Boden dann bezeichnet, wenn er  eine mindestens 30 cm dicke Torfablagerung aufweist und einen großen Anteil an organischem Material enthält, d.h. mehr als 30 %.<ref name="Klimabericht" >Hans von Storch (Hrsg.), Martin Claussen (Hrsg.) (2010): Klimabericht für die Metropolregion Hamburg, Springer.</ref>
Natürliche Moore zeichnen sich durch einen hohen Wasserstand bis zur Bodenoberfläche aus (Abb. 2 oben). Da das Wasser im Boden die Sauerstoffanreicherung verhindert, sind Moore sauerstoffarm. Pflanzenreste werden daher nicht zersetzt, sondern konserviert und verwandeln sich allmählich in Torf, das fast zu 100% aus Kohlenstoffverbindungen besteht.<ref name="Michel 2011">Michel, B., O. Plättner, F. Gründel (2011): Klima-Hotspot Moorböden, ForschungsReport 2/9-13</ref> Die Wachstumsbedingungen für Pflanzen in Mooren sind sehr ungünstig, denn Pflanzenwurzeln von z.B. Bäumen und Sträuchern brauchen Sauerstoff. Moore sind daher dominiert von Gräsern und Moosen. In den hohen und mittleren Breiten haben Bäume es schwer, in Mooren zu überleben. In den tropischen Feuchtgebieten haben Bäume jedoch Wurzeln entwickeln, die von den Ästen bis zum Boden herunterhängen und auf diese Weise Sauerstoff aufnehmen können. Über den tropischen Mooren gibt es sogar geschlossene Laubdächer.<ref name="Gallego-Sala 2020">Gallego-Sala, A.V., J. Loisel (2020): How human activity threatens the world’s carbon-rich peatlands, Carbon Brief, https://www.carbonbrief.org/guest-post-how-human-activity-threatens-the-worlds-carbon-rich-peatlands</ref>  


== Moorgenese ==
Das Fehlen von Sauerstoff in den Moorböden hat eine geringe und anaerobe Zersetzung von organischem Material zur Folge. Die anaerobe Zersetzung setzt [[Methan]] (CH<sub>4</sub>) frei, sodass Moore eine Methanquelle sind. Kohlendioxid nehmen Moore und Feuchtgebiete jedoch reichlich auf und sind im CO<sub>2</sub>-Austausch mit der [[Atmosphäre]] eine [[Kohlenstoffkreislauf|Kohlenstoffsenke]]. Die Speicherung ist allerdings abhängig von einem ganzjährig hohen Grundwasserspiegel, der in trockenen Sommern oft nicht erreicht wird. Dann kommt es zum Eindringen von Sauerstoff in den Moorboden, damit zur Oxidation des in Pflanzenresten gebundenen Kohlenstoffs und zur Freisetzung von CO<sub>2</sub>. Ein wichtiger Faktor ist auch der Stickstoffeintrag aus der Atmosphäre, der in letzter Zeit zugenommen hat. Dadurch kann es zu Änderungen der Zersetzung von Pflanzen kommen. So wurde eine erhöhte Zersetzung von Torfmoos beobachtet, wodurch gespeicherter Kohlenstoff entweichen konnte.<ref name="Gömann 2017">Gömann, H., C. Frühauf, A. Lüttger, H.-J. Weigel: Landwirtschaft, in: Brasseur, G.P., D. Jacob, S. Schuck-Zöller (Hrsg.; 2017): Klimawandel in Deutschland, Entwicklung, Folgen, Risiken und Perspektiven, Berlin Heidelberg, S. 183-192</ref>
Die Voraussetzung einer Moorentstehung besteht in einem Überfluss von Feuchtigkeit (Wasser). So entstehen Moore in den Gebieten, in denen viel Wasser im Boden bleibt. Dies ist gegeben, wenn das Wasser  nicht schnell genug abfließt oder versickert oder zu langsam verdunstet. Die [[Verdunstung]] hängt ihrerseits von der Temperatur ab. Der [[Wasserkreislauf|Wasserhaushalt]] wird somit hauptsächlich durch die Geomorphologie (Eigenschaften der Erdoberfläche wie Neigung), Bodenbeschaffenheit und [[Klima und Wetter|Klima]] bestimmt. In einem solchen Feuchtgebiet ist die Zufuhr von Sauerstoff an die organischen Substanzen im Boden sehr gering. Die pflanzlichen Reste werden in Folge dessen nur Teilweise abgebaut (mineralisiert), vielmehr werden sie angelagert und „konserviert“. Wenn z.B. ein Tier oder ein Mensch im Moor versinkt, wird es mit konserviert. Moore sind daher eine Schatzgrube für Archäologen und Biologen, die tausend Jahre alte gut erhaltene Funde erbringen. Die Stoffbilanz ist in einem Moor positiv, da mehr organische Substanz gebildet als zersetzt wird. Das Moor wächst durch diese Ablagerungen nach oben. Mit einem Millimeter pro Jahr ist das relativ zu einem Menschenleben ein langsamer Wachstumsprozess, jedoch über  Jahrtausende kann sich eine solche nicht vollständig zersetzte organische Substanz meterweise ansammeln. Da eines der wichtigsten Bestandteile eines organischen Moleküls der Kohlenstoff ist, stellen Moore langfristig gesehen riesige Deponien von Kohlenstoff dar.  


Man unterscheidet zwischen Niedermooren und Hochmooren. Die Niedermoore bilden in der Regel eine Vorform von Hochmooren. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Formen besteht darin, dass die Niedermoore vom Grund- und Oberflächenwasser gespeist werden, und daher basenreich und nährstoffreich sind. Die Hochmoore erhalten ihr Wasser im Gegensatz dazu nur durch Niederschläge, was zur Nährstoffverarmung und Versauerung führt. Hochmoore werden deswegen auch als Regenmoore oder ombrotrophe, also nur vom Regenwasser gespeiste, Moore bezeichnet.  
Moore werden seit Jahrhunderten in vielen Regionen landwirtschaftlich genutzt. Dazu werden sie durch Gräben entwässert, wodurch das Gelände absackt (Abb. 2 unten). Zugleich kommt es zum Eindringen von Sauerstoff in den Moorboden und zum mikrobiellen Abbau der organischen Substanz. Der gespeicherte Kohlenstoff verbindet sich mit Sauerstoff und es wird CO<sub>2</sub> emittiert. Umwandlungen in Weide- oder Anbauland führen zu Emissionen von 21 bis 29 t CO<sub>2</sub>/ha jährlich. Ungestörte Moore der gemäßigten und borealen Klimazone emittieren ca. 30 Mio. t CH<sub>4</sub> pro Jahr, trockene Moore jedoch nur noch 0,1 Mio. t.  In Europa sind etwa 50% der Moorgebiete auf diese Weise degradiert oder in andere Landnutzung umgewandelt. Ursachen liegen neben der Entwässerung für die Landwirtschaft in der Torfgewinnung oder in der Aufforstung. Neuere Entwicklungen liegen in der Ausweitung von Städten, der Errichtung von Windanlagen und der Nutzung zu Erholungszwecken.<ref name="IPCC 2019" />
[[Bild:EU peat cover.jpg|420px|thumb|Abb. 3: Moorbedeckung in der EU in % der Gitterzellen]]
== Moore in Europa und Deutschland ==
=== Europa ===
Die EU ist nach Indonesien der zweitgrößte Verursacher von [[Treibhausgasemissionen]] aus Mooren, was 17% der weltweiten Mooremissionen bedeutet. Deutschland ist nach Finnland der zweitgrößte Emittent in der EU, vor Polen, Schweden, Rumänien und Großbritannien (Abb. 3).<ref name="Abel 2019">Abel, S., Barthelmes, A., Gaudig, G., Joosten, H., Nordt, A. & Peters, J. (2019): Klimaschutz auf Moorböden – Lösungsansätze und Best-Practice-Beispiele. Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe</ref> Fast die Hälfte der europäischen Moore ist in den letzten Jahrhunderten durch menschliche Aktivitäten wie Torfgewinnung, Entwässerung, Feuer, Weidenutzung und Aufforstung stark geschädigt, nur ca. 30% sind relativ wenig zerstört. Andererseits haben die Moore in den letzten 400 Jahren unter einer zunehmenden Trockenheit gelitten, die in jüngerer Zeit weitgehend auf den anthropogenen [[Klimawandel]] zurückgeführt werden kann. Ein treibender Faktor war die Erwärmung von bis 1 °C in Kontinental-Europa und bis 2,5 °C in Skandinavien, die zu einer höheren Verdunstung und Bodenaustrocknung geführt hat. Direkte menschliche Eingriffe und indirekte durch den Klimawandel haben zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels geführt. Dadurch wiederum kam es zu aerober Zersetzung der Pflanzenbestandteile der Moorböden und zu einem starken Kohlenstoffverlust. Eine der Folgen war eine vielfach beobachtete Veränderung der Vegetationszusammensetzung mit einem Rückgang von Torfmoosen und einer Zunahme der Bedeckung mit Gräsern und Büschen.<ref name=Swindles" /> 
Himmelmoor2.jpg
[[Bild:Himmelmoor2.jpg|420px|thumb|Abb. 4: Himmelmoor bei Hamburg, z.T. wiedervernässt.]]
=== Deutschland ===
In Deutschland gelten „organische Böden“, d.h. Böden mit einem hohen Gehalt an organischer Substanz, als Moore, wenn sie eine Torfauflage von mindestens 30 cm besitzen.<ref name="Michel 2011" /> Gebildet haben sich die deutschen Moore nach dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 10 000 Jahren. Sie wachsen etwa 1 mm pro Jahr; eine 1 m dicke Torfschicht wird danach in ca. 1000 Jahren aufgebaut. Die Moorflächen in Deutschland nehmen ca. 18 250 km<sup>2</sup> ein, was 5% der Gesamtfläche des Landes entspricht.<ref name="Abel 2019" /> Den größten Anteil an der deutschen Moorfläche besitzen Niedersachsen mit 38%, Mecklenburg-Vorpommern mit 20% und Brandenburg mit 15,6%. 71% der deutschen Moore sind landwirtschaftlich genutzt, 31% als Acker- und 40% als Grünland.<ref name="Drösler 2011">Drösler, M., A. Freibauer, W. Adelmann et al., Institut für Agrarrelevante Klimaforschung (2011): Klimaschutz durch Moorschutz in der Praxis</ref> Die landwirtschaftlich genutzte Moorfläche beträgt 7% der gesamten Landwirtschaftsfläche Deutschlands. Naturbelassene Moorböden sind ein wichtiger Kohlenstoffspeicher, da die Pflanzenreste unter Luftabschluss nur wenig verrotten. In Deutschland speichern Moorböden 1,2 Mrd. t Kohlenstoff. Die durch landwirtschaftliche Aktivitäten genutzte Moorfläche in Deutschland ist dagegen eine Quelle von Treibhausgasen (CO<sub>2</sub>, CH<sub>4</sub>, N<sub>2</sub>O). Die Emissionen betragen etwa 51 Mio. t CO<sub>2</sub>-Äquivalente pro Jahr, was 5,7% der gesamten deutschen Emissionen von Treibhausgasen ausmacht und 36% der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen.<ref name="Abel 2019" />


Es existieren unterschiedliche Hochmoortypen, die verschiedenen Ursprung haben. Jedoch verläuft ihre Bildung durch ähnliche Stadien. Anfangs versandet ein See, und es bildet sich ein Niedermoor aus. Durch die Torfablagerungen wächst das Moor zunehmend in die Höhe. Ab einer bestimmten Höhe kann es das Wasser aus dem Boden und von der Oberfläche nicht weiter beziehen und wird nur noch von Niederschlägen gespeist.  Beim weiteren Wachstum beginnt das Moor sich zu wölben. Die Moore werden in diesem Stadium sogar höher als die Umgebung, besitzen aber die außergewöhnliche Fähigkeit das erhaltene Wasser zu speichern, es also vor Abfließen und Verdunsten zu bewahren, und dadurch immer noch feucht zu bleiben. Diese Eigenschaft ist dem Torf selbst und den darauf wachsenden Moosen zu verdanken.
Zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen aus Mooren werden in Deutschland einige Moore wiedervernässt. Dazu werden Entwässerungsgräben durch Torf gestaut oder Dämme errichtet. Untersuchungen wiedervernässter Moore haben ergeben, dass durch die Erhöhung des Wasserspiegels die [[Kohlendioxidemissionen]] verringert, die [[Treibhausgasemissionen|Methanemissionen]] aber erhöht werden. Ein gut untersuchtes Beispiel ist das Himmelmoor in Schleswig-Holstein nördlich von Hamburg (Abb. 4). Im Himmelmoor wurde in den 1780er Jahren mit der Entnahme von Torf zum Heizen begonnen. Anfang des 20. Jahrhunderts kam die Nutzung von Torferde für den Gartenbau auf. 2004 wurde mit der wissenschaftlich begleiteten Renaturierung des Himmelmoors begonnen. 2019 waren 75% der zuvor genutzten Moorfläche geflutet.<ref name="Vybornova 2019">Vybornova, O., H. van Asperen, E. Pfeiffer and L. Kutzbach (2019): High N<sub>2</sub>O and CO<sub>2</sub> emissions from bare peat dams reduce the climate mitigation potential of bog rewetting practices, Mires Peat 24, 4</ref> Die Wiedervernässung hat dazu geführt, dass die CO<sub>2</sub>-Emissionen um 40% reduziert wurden. Andererseits nahmen die Methan-Emissionen im ersten Jahr um 84% zu.<ref name="Holl 2020">Holl, D., E.-M. Pfeiffer, and L. Kutzbach (2020): Comparison of eddy covariance CO<sub>2</sub> and CH<sub>4</sub> fluxes from mined and recently rewetted sections in a northwestern German cutover bog, Biogeosciences 17, 2853–2874</ref> Da Methan aber in absoluten Mengen relativ wenig entweicht, bedeutet die Wiedervernässung eine deutliche Abnahme der gesamten Treibhausgasemissionen, die nur ein Fünftel bis ein Sechstel der Emissionen aus trockenen Moorbereichen betragen. Um das deutsche Klimaziel einer Netto-Null-Emission um 2050 zu erreichen, können die Beendigung der Entwässerung von Mooren und deren Wiedervernässung einen wichtigen Beitrag leisten.
 
== Vorkommen ==
Moorgebiete gibt es sowohl in kühlen nördlichen Gegenden (nördliche Teile von Russland und Kanada, Alaska, Nordeuropa, Norddeutschland),  aber auch in warmen tropischen Gebieten (Amazonasbecken, Süd-Ost-Asien). Die größten Moorgebiete in Mitteleuropa befinden sich auf der Südseite der Nordseeküste und im Alpenvorland. In Norddeutschland (Schleswig-Holstein und Niedersachsen) waren 9 % der Fläche ehemals mit Hochmooren bedeckt. Heutzutage sind es nur noch 3 000 ha. 
 
== Ökologie vom Torfmoos ==
[[Bild:800px-Sphagnum_squarrosum_141006.jpg|thumb|420 px|Torfmoos (Lat.:Sphagnum)]]
Moore werden wegen ihrer sehr spezifischen Bedingungen nicht gerne von Pflanzen besiedelt. Sie sind arm an Arten.
 
Die wichtigste Pflanze der Moore ist das Torf- oder Bleichmoos (Lat.: Sphagnum). Es besitzt eine Reihe von ungewöhnlichen Eigenschaften, welche es von anderen Pflanzen stark unterscheidet. Für das Wachstum jeder Pflanze werden Mineralstoffe und Stickstoff benötigt, die im Normalfall von einer Pflanze mit Hilfe von Wurzeln aus dem Boden aufgenommen werden. Torfmoos hat keine Wurzeln. Der Stickstoff wird direkt aus der Luft aufgenommen.  Und gerade in Hochmooren geschieht der Eintrag von Stoffen nur über die Luft. So gelangen Mineralstoffe (Salze) ebenfalls nur durch eine Deposition über die Luft. So erhält das Torfmoos alle für es notwendigen Stoffe. Die Köpfchen der Pflanze wachsen nach oben, wobei der untere Teil des Stängels zusammen mit den Blättern zunehmend abstirbt. Die eng beieinander stehenden Pflanzenstängel  rufen kapillare Kräfte hervor, wodurch für das Wasser ein Sog nach oben entsteht. Und auch die Pflanze selbst hat die Fähigkeit, in den Stengeln und Blättern das Vielfache der Eigenmasse an Wasser zu speichern. Diese beiden Eigenschaften sorgen in den Mooren für den Anstieg des Wasserspiegels. Insofern sie als Wasserspeicher dienen, sind intakte Moore imstande, sogar das regionale Klima zu beeinflussen. Trockene warme Luft kann beim Überqueren eines Moores Feuchtigkeit aufnehmen und kühlt ab. Bei Starkniederschlägen werden die Abflussspitzen ausgeglättet.
 
Eine weitere sehr wichtige Eigenschaft des Torfmooses besteht darin, dass es den Boden versauert. Dies trägt zum einen zur Beeinflussung der umgebenden Flora bei. Zum anderen führt die Versauerung zusammen mit dem hohen Wasserspiegel dazu, dass der der mikrobielle Abbaus der organischen Stoffe gehemmt wird und somit zur Bildung vom Torf.  
 
Andere Pflanzen der Hochmoore passen sich an die Mineralarmmut und den sauren Torfboden an. Eine Form der Anpassung ist die Beschaffung von Mineralstoffen durch den Fang und die Verdauung von Insekten. So eine fleischfressende Pflanze ist der Rundblättrige Sonnentau (Lat.: Drosera rotundifolia). Da nicht viele Floravertreter fähig sind, die Bedingungen der Moore zu ertragen, ist die Artenanzahl auf Mooren übersichtlich.  
 
== Klimarelevanz ==
Klimafaktoren sind entscheidend bei der Entstehung und beim Fortbestehen von Mooren. Andererseits können Moore selbst das [[Klima und Wetter|Klima]] beeinflussen.
 
Ein intaktes wachsendes Moor stellt eine Senke für den Kohlenstoff dar.  Kohlenstoff wird in großen Mengen durch Moorpflanzen aufgenommen und dann im Torf deponiert. Die Größe der Moorfläche auf der Erde und die Mengen des darin enthaltenen Kohlenstoffs machen die Moorböden auch  im globalen Sinne klimarelevant. Ändert sich das Klima, so können sich allerdings auch die Stoffkreisläufe auf den Mooren ändern.
 
So kann ein Moor bei erhöhten [[Lufttemperatur|Temperaturen]] zu einer  Quelle von Kohlenstoff werden. Der Grund ist die verstärkte Zersetzung (Mineralisierung) von organischen Materialien des Moorbodens durch Bakterien und Mikroorganismen. Einige dabei entstehende Verbindungen wie [[Methan]] (CH<sub>4</sub>) und [[Kohlendioxid]] (CO<sub>2</sub>) sind [[Treibhausgase]]. Ob Methan oder Kohlendioxid freigesetzt wird, hängt von der Höhe des Wasserspiegels ab. Bei erhöhten Temperaturen, aber immer noch hohem Wasserspiegel (und damit anaeroben Verhältnissen) wird Methan verstärkt freigesetzt. Methanausgasung gibt es  auch unter normalen natürlichen Bedingungen auf Mooren. Durch Erwärmung wird der Prozess jedoch zusätzlich angetrieben. Bei einem gesunkenen Wasserspiegel und durch Zufuhr von Sauerstoff (also bei aeroben Verhältnissen) entsteht Kohlendioxid. Beide freigegebenen Gase enthalten Kohlenstoff.  Aus trockeneren und an Stickstoff reichen Mooren entweicht [[Lachgas]] (N<sub>2</sub>O),  welches ebenfalls ein Treibhausgas ist. Auf diese Weise können die der [[Atmosphäre]] durch Jahrtausende entnommenen Stoffe (Kohlenstoff und Stickstoff) bei einer Erwärmung verhältnismäßig schnell in die Atmosphäre zurück gelangen.
 
Das wärmere Klima kann aber auch die Aufnahme von Kohlenstoff durch Moore steigern.<ref name="IPCC">IPCC (2007): Climate Change 2007: Impacts, Adaptation and Vulnerability, [http://www.ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar4/wg2/ar4-wg2-chapter4.pdf Chapter 4: Ecosystems, their Properties, Goods and Services]</ref> Da sich die Vegetationsperiode in einem wärmeren Klima verlängert, vergrößert sich die Mengen des aufgenommenen Kohlenstoffs. Andererseits könnte sich durch gestiegene Temperaturen, erhöhte Evaporation (Verdunstung) und Transpiration (zusammen als Evapotranspiration bezeichnet) sowie durch  längere Trockenperioden und geringeren Niederschlag die Biomassenproduktion auf Mooren aber auch absenken.<ref name="Klimabericht" /> Typische Moorvegetation wird dabei beschädigt und es vollzieht sich eine Artenverschiebung. Auf trockeneren Moorböden siedeln sich z.B. Birken an. Sie führen dann ihrerseits zur weiteren Austrocknung der Moore, da sie durch Blätter große Wassermengen transpirieren können.
 
Die Summe der Prozesse ergibt jedoch einen Fluss von Kohlenstoff in die Atmosphäre. Das Moor ist also eine Quelle für den Kohlenstoff. Die Kohlenstoffbilanz für die Moore sieht nach heutigen Schätzungen wie folgt aus: Einer jährlichen natürlichen Kohlenstoffaufnahme von 100 Mio. Tonnen stehen 3 Gigatonnen (1 Gt = 1 Mrd. t) durch Drainage (Entwässerung) und Moorbrände gegenüber, die an die Atmosphäre abgegeben werden.<ref name="Klimabericht" /> Da Messungen von [[Treibhausgase|Treibhausgasen]] über Mooren sehr aufwendig sind und nicht flächendeckend gemacht werden und da nicht alle Faktoren der Gasemissionen verstanden wurden, sind die Schätzungen mit gewissen Ungenauigkeiten verbunden.
 
Drainierte Moore können als „Hotspots“ für Treibhausgasemissionen bezeichnet werden, denn sie (in Deutschland) 40 % der landwirtschaftlichen Treibhausgase freisetzen. Wobei Moore nur 8 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ausmachen. <ref>Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (2011): [http://www.bmelv-forschung.de/fileadmin/dam_uploads/ForschungsReport/FoRep_2011-2/ForschungsReport_2-11_final.pdf Forschungsreport. Landwirtschaft im Zeichen des Klimawandels, 2/2011]</ref>
 
== Antropogene Einflüsse ==
Außer der vom Menschen angetriebenen Klimaerwärmung, die die natürlichen Prozesse eines Moores beeinflussen könnte, gibt es weitere Eingriffe in die Moore. Die meisten Moore liegen in borealen Regionen; die am meisten genutzten Moore befinden sich jedoch in Tropen und Subtropen.  <ref name="IPCC" />
 
=== Entwässerung ===
 
Die Nutzung und Zerstörung von Moorgebieten führt zum einen zur Verringerung von Kohlenstoffaufnahme und –deposition.  Zum anderen werden dadurch Treibhausgase freigesetzt. Früher hat man den an organischem Material reichen Torf als Brennmaterial verwendet, heutzutage wird es eher als Bestandteil der Gartenerde genutzt. Bei der Torfverbrennung gelangt Kohlendioxid sofort in die Atmosphäre. Bei Verwendung der Gartenerde wird der Prozess des Abbaus und Überführung des Torfes in Kohlendioxid etwas verlangsamt. Aber in etwa 10 Jahren ist die eingebrachte Gartenerde vollständig mineralisiert. In Deutschland werden die meisten Moore in der Land- oder Forstwirtschaft genutzt.<ref name="Flyer">Flyer der Deutschen Gesellschaft für Moor- und Torfkunde [https://www.terracult.de/sites/default/files/downloads/dgmt_flyer_2009_web.pdf Was haben Moore mit Klima zu tun?]</ref> Der wichtigste Eingriff in die Natur der Moore besteht in der Entwässerung. Moore werden sowohl mit dem Ziel, die Flächen landwirtschaftlich zu nutzen (Moorkultivierung), als auch zum Torfabbau drainiert. Um das Wasser aus den Mooren abzuführen, werden tiefe Gräben in den Moorkörper getrieben. So fließt das Wasser aus dem Moor zunehmend ab und die normale Moorgenese hört auf. Luft dringt an die Stelle von Wasser in die Poren ein und fördert eine intensivere aerobe Mineralisierung der organischen Stoffe des Moorbodens. 
 
Eine der Möglichkeiten,  das natürliche Gleichgewicht auf einem degenerierten Moor herzustellen, ist es wieder zu vernässen. Damit wird der Torf wieder mit Wasser durchtränkt und herkömmliche Moorvegetation kommt zurück. Der Weg der Renaturierung führt jedoch zunächst einmal zur verstärkten Produktion von [[Methan]].<ref name="Klimabericht" /> Dies erklärt sich dadurch, dass die unter hohen Wasserspiegel geratene nicht moortypische Vegetation zu vergoren beginnt. Daher stellt zumindest im Anfangsstadium der Vernässung das Moor immer noch eine Quelle für Treibhausgase dar. Um die vermehrte Methanbildung zu vermeiden, empfielt es sich vor der Flächenflutung die Vegetation zu enfernen und nach der Flutung den Wasserspiegel knapp unter der Bodenoberfläche zu halten.<ref name="Flyer"/> Erst nach einer langen Anlaufphase wird das Moor renaturiert und wird erst dann zu einer Kohlenstoffsenke. Außerdem müssen die klimatischen Bedingungen langfristig stimmen, um das Moor in seiner natürlichen Entwicklung nicht zu behindern.
 
=== Stickstoffeintrag ===
 
Hohe anthropogene Stickstoff-Emissionen führen zu einer erhöhten Aufnahme von Stickstoff durch Torfmoos. Dies führt zu einem erhöhen Gehalt vom Stickstoff im Boden nach der Zersetzung der Pflanzen, was wiederum attraktiv für andere Gefäßpflanzen ist, die vermehrt das Moor besiedeln. Sie tragen zur Austrocknung bei, und das Ökosystem „Moor“ wird gestört.<ref name="Klimabericht" /> 


==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==
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==Weblinks==
==Weblinks==
* [http://www.dgmtev.de/ Deutsche Gesellschaft für Moor- und Torfkunde] Homepage
* [http://www.dgmtev.de/ Deutsche Gesellschaft für Moor- und Torfkunde] Homepage
* [http://de.goldenmap.com/Regenmoor# Webseite zu Regenmooren]
* [http://paludikultur.de/ Über Moorschutz]
* [http://paludikultur.de/ Über Moorschutz]
* [http://de.wikipedia.org/wiki/Regenmoor Regenmoor] Wikipedia-Artikel
* [http://de.wikipedia.org/wiki/Regenmoor Regenmoor] Wikipedia-Artikel
* [http://www.peatsociety.org/ International Peat Society] Homepage
* [http://www.peatsociety.org/ International Peat Society] Homepage
* [http://www.peatsociety.org/sites/default/files/files/PeatlandsandClimateChangeBookIPS2008.pdf Peatland and Climate Change] Beitrag der International Peat Society
* [https://peatlands.org/peatlands/peatlands-and-climate/ Peatland and Climate] Beitrag der International Peat Society  
* [http://www.peatsociety.org/sites/default/files/files/PeatlandsandClimateChangePolicyWiseUseCCSummary.pdf SUMMARY FOR POLICYMAKERS “WISE USE OF PEATLANDS AND CLIMATE CHANGE”] Beitrag der International Peat Society
* [https://peatlands.org/peatlands/ Publications] Beiträge der International Peat Society
* [http://www.peatsociety.org/sites/default/files/files/PeatlandsandClimateChangeExecutiveSummary.pdf EXECUTIVE SUMMARY FOR POLICYMAKERS “PEATLANDS IN GLOBAL CHANGE”] Beitrag der International Peat Society




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==Klimadaten zum Thema==
==Klimadaten zum Thema==
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Version vom 31. Mai 2022, 15:59 Uhr

Abb. 1: Globale Verbreitung von Mooren.

Moore stellen einen Teil der Feuchtgebiete dar. Feuchtgebiete sind Gebiete, die periodisch oder regelmäßig mit Wasser gesättigt sind, wie z.B. Moore, Sümpfe, Bruchwald, Feuchtwiesen, Sumpfgräben und Auen. Weltweit nehmen Moore 3-4 % der Landoberfläche ein bzw. 350 Mio. ha, speichern aber 26-44 % des gesamten im Boden gelagerten Kohlenstoffs bzw. 400-550 Gt C.[1] Das entspricht der doppelten Menge des Kohlenstoffs in allen Wäldern der Erde.[2] Bislang waren Moore global eine Senke für Kohlenstoff, befürchtet wird aber, dass sie durch menschliche Eingriffe und den Klimawandel Quellen von treibhausrelevanten Kohlenstoffverbindungen werden (was in vielen Regionen schon der Fall ist).

Verbreitung

Moore bedecken große Gebiete in Nordamerika, Russland und Europa (Abb. 1). Den größten Flächenanteil nehmen die Moore in Nordamerika mit 5,4% des Kontinents ein, gefolgt von Europa mit 5,2%. Große zusammenhängende Moorgebiete gibt es im Westsibirischen Tiefland in Russland und in den Tiefebenen um die Hudson Bay in Kanada. Als Torfmoorwald gibt es Moore auch in den Tropen in Indonesien, im Kongo- und Amazonasbecken. In Europa spielen Moore im Hinblick auf die Speicherung und Emission von Treibhausgasen eine wesentlich größere Rolle als global. Sie speichern sogar fünfmal so viel Kohlenstoff wie die europäischen Wälder.[3]

Abb. 2: Kohlenstoffzyklus von natürlichen (oben) und entwässerten (unten) Mooren. Natürliche Moore emittieren Methan und speichern Kohlendioxid. Die Böden von entwässerten Mooren emittieren CO2, aber kaum noch Methan, das dafür aber aus Entwässerungsgräben entweicht.

Prozesse im Moor

Natürliche Moore zeichnen sich durch einen hohen Wasserstand bis zur Bodenoberfläche aus (Abb. 2 oben). Da das Wasser im Boden die Sauerstoffanreicherung verhindert, sind Moore sauerstoffarm. Pflanzenreste werden daher nicht zersetzt, sondern konserviert und verwandeln sich allmählich in Torf, das fast zu 100% aus Kohlenstoffverbindungen besteht.[4] Die Wachstumsbedingungen für Pflanzen in Mooren sind sehr ungünstig, denn Pflanzenwurzeln von z.B. Bäumen und Sträuchern brauchen Sauerstoff. Moore sind daher dominiert von Gräsern und Moosen. In den hohen und mittleren Breiten haben Bäume es schwer, in Mooren zu überleben. In den tropischen Feuchtgebieten haben Bäume jedoch Wurzeln entwickeln, die von den Ästen bis zum Boden herunterhängen und auf diese Weise Sauerstoff aufnehmen können. Über den tropischen Mooren gibt es sogar geschlossene Laubdächer.[5]

Das Fehlen von Sauerstoff in den Moorböden hat eine geringe und anaerobe Zersetzung von organischem Material zur Folge. Die anaerobe Zersetzung setzt Methan (CH4) frei, sodass Moore eine Methanquelle sind. Kohlendioxid nehmen Moore und Feuchtgebiete jedoch reichlich auf und sind im CO2-Austausch mit der Atmosphäre eine Kohlenstoffsenke. Die Speicherung ist allerdings abhängig von einem ganzjährig hohen Grundwasserspiegel, der in trockenen Sommern oft nicht erreicht wird. Dann kommt es zum Eindringen von Sauerstoff in den Moorboden, damit zur Oxidation des in Pflanzenresten gebundenen Kohlenstoffs und zur Freisetzung von CO2. Ein wichtiger Faktor ist auch der Stickstoffeintrag aus der Atmosphäre, der in letzter Zeit zugenommen hat. Dadurch kann es zu Änderungen der Zersetzung von Pflanzen kommen. So wurde eine erhöhte Zersetzung von Torfmoos beobachtet, wodurch gespeicherter Kohlenstoff entweichen konnte.[6]

Moore werden seit Jahrhunderten in vielen Regionen landwirtschaftlich genutzt. Dazu werden sie durch Gräben entwässert, wodurch das Gelände absackt (Abb. 2 unten). Zugleich kommt es zum Eindringen von Sauerstoff in den Moorboden und zum mikrobiellen Abbau der organischen Substanz. Der gespeicherte Kohlenstoff verbindet sich mit Sauerstoff und es wird CO2 emittiert. Umwandlungen in Weide- oder Anbauland führen zu Emissionen von 21 bis 29 t CO2/ha jährlich. Ungestörte Moore der gemäßigten und borealen Klimazone emittieren ca. 30 Mio. t CH4 pro Jahr, trockene Moore jedoch nur noch 0,1 Mio. t. In Europa sind etwa 50% der Moorgebiete auf diese Weise degradiert oder in andere Landnutzung umgewandelt. Ursachen liegen neben der Entwässerung für die Landwirtschaft in der Torfgewinnung oder in der Aufforstung. Neuere Entwicklungen liegen in der Ausweitung von Städten, der Errichtung von Windanlagen und der Nutzung zu Erholungszwecken.[1]

Abb. 3: Moorbedeckung in der EU in % der Gitterzellen

Moore in Europa und Deutschland

Europa

Die EU ist nach Indonesien der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen aus Mooren, was 17% der weltweiten Mooremissionen bedeutet. Deutschland ist nach Finnland der zweitgrößte Emittent in der EU, vor Polen, Schweden, Rumänien und Großbritannien (Abb. 3).[7] Fast die Hälfte der europäischen Moore ist in den letzten Jahrhunderten durch menschliche Aktivitäten wie Torfgewinnung, Entwässerung, Feuer, Weidenutzung und Aufforstung stark geschädigt, nur ca. 30% sind relativ wenig zerstört. Andererseits haben die Moore in den letzten 400 Jahren unter einer zunehmenden Trockenheit gelitten, die in jüngerer Zeit weitgehend auf den anthropogenen Klimawandel zurückgeführt werden kann. Ein treibender Faktor war die Erwärmung von bis 1 °C in Kontinental-Europa und bis 2,5 °C in Skandinavien, die zu einer höheren Verdunstung und Bodenaustrocknung geführt hat. Direkte menschliche Eingriffe und indirekte durch den Klimawandel haben zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels geführt. Dadurch wiederum kam es zu aerober Zersetzung der Pflanzenbestandteile der Moorböden und zu einem starken Kohlenstoffverlust. Eine der Folgen war eine vielfach beobachtete Veränderung der Vegetationszusammensetzung mit einem Rückgang von Torfmoosen und einer Zunahme der Bedeckung mit Gräsern und Büschen.[3] Himmelmoor2.jpg

Abb. 4: Himmelmoor bei Hamburg, z.T. wiedervernässt.

Deutschland

In Deutschland gelten „organische Böden“, d.h. Böden mit einem hohen Gehalt an organischer Substanz, als Moore, wenn sie eine Torfauflage von mindestens 30 cm besitzen.[4] Gebildet haben sich die deutschen Moore nach dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 10 000 Jahren. Sie wachsen etwa 1 mm pro Jahr; eine 1 m dicke Torfschicht wird danach in ca. 1000 Jahren aufgebaut. Die Moorflächen in Deutschland nehmen ca. 18 250 km2 ein, was 5% der Gesamtfläche des Landes entspricht.[7] Den größten Anteil an der deutschen Moorfläche besitzen Niedersachsen mit 38%, Mecklenburg-Vorpommern mit 20% und Brandenburg mit 15,6%. 71% der deutschen Moore sind landwirtschaftlich genutzt, 31% als Acker- und 40% als Grünland.[8] Die landwirtschaftlich genutzte Moorfläche beträgt 7% der gesamten Landwirtschaftsfläche Deutschlands. Naturbelassene Moorböden sind ein wichtiger Kohlenstoffspeicher, da die Pflanzenreste unter Luftabschluss nur wenig verrotten. In Deutschland speichern Moorböden 1,2 Mrd. t Kohlenstoff. Die durch landwirtschaftliche Aktivitäten genutzte Moorfläche in Deutschland ist dagegen eine Quelle von Treibhausgasen (CO2, CH4, N2O). Die Emissionen betragen etwa 51 Mio. t CO2-Äquivalente pro Jahr, was 5,7% der gesamten deutschen Emissionen von Treibhausgasen ausmacht und 36% der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen.[7]

Zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen aus Mooren werden in Deutschland einige Moore wiedervernässt. Dazu werden Entwässerungsgräben durch Torf gestaut oder Dämme errichtet. Untersuchungen wiedervernässter Moore haben ergeben, dass durch die Erhöhung des Wasserspiegels die Kohlendioxidemissionen verringert, die Methanemissionen aber erhöht werden. Ein gut untersuchtes Beispiel ist das Himmelmoor in Schleswig-Holstein nördlich von Hamburg (Abb. 4). Im Himmelmoor wurde in den 1780er Jahren mit der Entnahme von Torf zum Heizen begonnen. Anfang des 20. Jahrhunderts kam die Nutzung von Torferde für den Gartenbau auf. 2004 wurde mit der wissenschaftlich begleiteten Renaturierung des Himmelmoors begonnen. 2019 waren 75% der zuvor genutzten Moorfläche geflutet.[9] Die Wiedervernässung hat dazu geführt, dass die CO2-Emissionen um 40% reduziert wurden. Andererseits nahmen die Methan-Emissionen im ersten Jahr um 84% zu.[10] Da Methan aber in absoluten Mengen relativ wenig entweicht, bedeutet die Wiedervernässung eine deutliche Abnahme der gesamten Treibhausgasemissionen, die nur ein Fünftel bis ein Sechstel der Emissionen aus trockenen Moorbereichen betragen. Um das deutsche Klimaziel einer Netto-Null-Emission um 2050 zu erreichen, können die Beendigung der Entwässerung von Mooren und deren Wiedervernässung einen wichtigen Beitrag leisten.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 IPCC (2019): Land Degradation. In: Climate Change and Land, 4.9.4
  2. Loisel, J., A.V. Gallego-Sala, M.J. Amesbury et al. (2021): Expert assessment of future vulnerability of the global peatland carbon sink. Nat. Clim. Chang. 11, 70–77 (2021)
  3. 3,0 3,1 Swindles, G.T., Morris, P.J., Mullan, D.J. et al. (2019): Widespread drying of European peatlands in recent centuries. Nat. Geosci. 12, 922–928
  4. 4,0 4,1 Michel, B., O. Plättner, F. Gründel (2011): Klima-Hotspot Moorböden, ForschungsReport 2/9-13
  5. Gallego-Sala, A.V., J. Loisel (2020): How human activity threatens the world’s carbon-rich peatlands, Carbon Brief, https://www.carbonbrief.org/guest-post-how-human-activity-threatens-the-worlds-carbon-rich-peatlands
  6. Gömann, H., C. Frühauf, A. Lüttger, H.-J. Weigel: Landwirtschaft, in: Brasseur, G.P., D. Jacob, S. Schuck-Zöller (Hrsg.; 2017): Klimawandel in Deutschland, Entwicklung, Folgen, Risiken und Perspektiven, Berlin Heidelberg, S. 183-192
  7. 7,0 7,1 7,2 Abel, S., Barthelmes, A., Gaudig, G., Joosten, H., Nordt, A. & Peters, J. (2019): Klimaschutz auf Moorböden – Lösungsansätze und Best-Practice-Beispiele. Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe
  8. Drösler, M., A. Freibauer, W. Adelmann et al., Institut für Agrarrelevante Klimaforschung (2011): Klimaschutz durch Moorschutz in der Praxis
  9. Vybornova, O., H. van Asperen, E. Pfeiffer and L. Kutzbach (2019): High N2O and CO2 emissions from bare peat dams reduce the climate mitigation potential of bog rewetting practices, Mires Peat 24, 4
  10. Holl, D., E.-M. Pfeiffer, and L. Kutzbach (2020): Comparison of eddy covariance CO2 and CH4 fluxes from mined and recently rewetted sections in a northwestern German cutover bog, Biogeosciences 17, 2853–2874

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