Meeresspiegelanstieg in Asien

Aus Klimawandel
Risikozonen im Ganges-Brahmaputra-Megna-Delta bei einer globalen Erwärmung von 2 °C und einem Meeresspiegelanstieg von 30 cm.

In Asien sind vor allem die großen Megadeltas gefährdet, die mit 284 000 km2 etwa die Hälfte der Fläche der großen Deltas der Welt ausmachen und in denen 222 Millionen Menschen leben.[1] Schon heute steigt der Meeresspiegel an den Küsten der asiatischen Deltas mit 4,6 mm pro Jahr stärker als an anderen Deltaküsten, was nicht zuletzt durch die Absenkung infolge verminderter Sedimentation, Grundwasserentnahme und Bodenbelastung bedingt ist. Aufgrund der dichten Besiedlung sind hier bis 2050 etwa 6,7 Millionen Menschen gefährdet, davon 3,5 Millionen im Ganges-Bramaputra-Delta am Golf von Bengalen und 1,9 Millionen im Mekongdelta. Eine weitere Gefahr besteht durch das Eindringen von Salzwasser in küstennahes Grundwasser. Dieser Prozess ist bereits heute vor allem in Indien, Bangladesch und China zu beobachten und wird durch die zunehmende Übernutzung der Süßwasservorräte beschleunigt.[2]

Bangladesch

Geographie

Von den asiatischen Staaten ist Bangladesch durch einen Meeresspiegelanstieg am stärksten bedroht.[3]Bangladesch ist einer der ärmsten Staaten der Welt. Es ist an der weltweiten Emission von Treibhausgasen mit nur 0,2 Tonnen CO2 pro Kopf im Jahr (USA: 20 t/a, Deutschland: 10 t/a) bzw. 0,06% beteiligt. Etwa 10% des Staatsgebietes liegt nur 1 m über dem mittleren Meeresniveau und ein Drittel unter dem Gezeitenhub. Außer im Nordosten und Südosten hat das Land eine sehr niedrige und flache Topographie und wird weitgehend von dem von zahllosen Flüssen und Kanälen durchzogenen Ganges-Bramaputra-Delta eingenommen. Die Küstenzone umfasst etwa 47 000 km2, was einem Drittel des Staatsgebietes entspricht. Von der Küstenzone, die einen Streifen von 30 bis 195 km vom Meer entfernt umfasst, liegen 62% unter 3 m und 86% unter 5 m über dem Meeresspiegel. Hier leben 35 Millionen Menschen bzw. 28% der Bevölkerung Bangladeschs. Die Bevölkerungsdichte beträgt mit 743 Einwohnern pro km2 mehr als das Dreifache der Einwohnerdichte Deutschlands.

Direkte und indirekte Folgen des Meeresspiegelanstiegs bis 2100 für Bangladesch[4]

Gefährdung durch Naturkatastrophen

Die besondere geographische Lage zwischen dem Himalaya im Norden und dem Golf von Bengalen im Süden ist nicht nur für den Leben spendenden Monsunregen verantwortlich, sondern auch für zahlreiche Naturkatastrophen. In Bangladesch sind Sturmfluten von fünf und mehr Metern Höhe keine Seltenheit. Die Gründe liegen in dem flachen Wasser im nördlichen Golf von Bengalen, in der Abgeschlossenheit des Golfs nach Norden und in den hoch auflaufenden Gezeiten. Vor allem der mittlere Teil der Küstenzone, der durch das Ästuar der drei großen Ströme Ganges, Brahmaputra und Megna gebildet wird, hat in den letzten Jahrzehnten wohl die schlimmsten Katastrophen durch Taifune und Sturmfluten in der Welt erlebt.[5] So forderte etwa 1991 eine durch einen Taifun ausgelöste Sturmflut 138 000 Todesopfer. Bei maximalen Windgeschwindigkeiten von 225 km/h lief die Sturmflut 6 m hoch auf. Dass Schutzmaßnahmen und Warnsysteme solche Opferzahlen zu einem großen Teil vermeiden helfen, zeigt die fast gleich starke Sturmflut von 2007, die "nur" 3500 Opfer forderte.[6]

Verstärkt werden die Naturkatastrophen durch direkte Einwirkungen des Menshchen, die die Topographie des Deltas stark verändert haben. So wurden in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts große Teile eingedeicht, was zu eutlich höheren Wasserständen bei Hochwasser geführte hat. So lief das mittlere Hochwasser an einigen Messpunkten jedes Jahr um 10-17 mm höher auf. Hinzu kamen Bodenabsenkungen des Deltas, die ebenfalls teilweise durch Eingriffe des Menschen wie Grundwasserentnahme oder Bauten und Infrastrukturanlagen verursacht wurden. Solche Bodenabsenkungen belaufen sich nach unterschiedlichen Studien auf 5-7 mm/Jahr.[7]

Das Ganges-Brahmaputra-Megna-Delta: Die exponierte Küstenzone (blau-grüne Fläche) würde bei einem Meeresspiegelanstieg von 1 m weitgehend verloren gehen. Die gelbe und rote Linie zeigen das Eindringen von Meerwasser in den letzten Jahrzehnten.

Gefährdung durch den Meeresspiegelanstieg

Schon in den letzten Jahrzehnten ist der Meeresspiegel ungewöhnlich stark angestiegen. So zeigte eine Untersuchung an vier Messtationen einen Anstieg von 4-7,8 mm/Jahr, was deutlich über dem globalen Mittel von 1-2 mm/Jahr im 20. Jahrhundert liegt.[6] Grund sind die Absinkvorgänge des Deltas durch tektonische Senkung, Wasserentnahme und geringere Sedimentation. Ein weiterer Meeresspiegelanstieg würde bisherige Landgebiete in Teile des Ozeans verwandeln und hier die Wellenhöhen während einer Sturmflut noch höher auflaufen lassen. Der Anstieg des Meeresspiegels würde außerdem das Wassers der großen Ströme, die in den Golf von Bengalen münden, aufstauen, wodurch weitere Überflutungen im Landesinnern verursacht würden. Bei einem Meeresspiegelanstieg von 1 m würden fast 30 000 km2 (nach anderen Berechnungen etwa 14 000 km2) Land überflutet werden, und fast 15 Millionen Menschen würden heimatlos und zu Umweltflüchtlingen im eigenen Land. Die Mangrovenwälder der Sundarbans im Südwesten der Küstenzone, die größten zusammenhängenden Mangrovenwälder der Welt, die die Lebensgrundlage für die Subsistenzwirtschaft (vor allem Fischfang) von 10 Millionen Menschen bieten, würden ganz verloren gehen.

Eindringen von Salzwasser

Ein besonderes Problem stellt das Eindringen von salzhaltigem Meerwasser dar, das sich schon gegenwärtig bemerkbar macht. Eine Untersuchung über den Zeitraum von 1967 bis 1997 zeigt eine zunehmende Versalzung des Bodens auf breiter Front. Durch den weiteren Meeresspiegelanstieg würde die Versalzung noch weiter ins Inland vordringen. Die Versalzung der Böden und der Gewässer hätten weit reichende Folgen für die Landwirtschaft und die Gesundheit der Bevölkerung. Einerseits würde, wie schon heute zu beobachten, das Shrimp-Farming davon profitieren, da Shrimps in Gewässern mit 0,5 bis 2,5 % Salzgehalt optimal gedeihen. Andererseits würden durch die Bodenversalzung und die Umwandlung in Shrimp-Teiche große Flächen für den Reisanbau verloren gehen. Eine weitere Folge wäre die verstärkte Ausbreitung von Cholera und anderen Krankheiten, da eine warme und feuchte Umgebung mit mäßig hohem Salzgehalt die entsprechenden Krankheitserreger begünstigen.

Einzelnachweise

  1. Vgl. (auch zu dem Folgenden) Ericson, J.P., C. J. Vörösmarty, S.L. Dingman, L.G. Ward, M. Meybeck (2006): Effective sea-level rise and deltas: Causes of change and human dimension implications, Global and Planetary Change 50, 63-82
  2. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (2006): Die Zukunft der Meere - zu warm, zu hoch, zu sauer, Sondergutachten, Berlin, S. 19 ff.; auch als Download
  3. Vgl. zu dem Folgenden vor allem Mohal, N., Z.H. Khan, N. Rahman (2006): Impact of Sea level Rise on Coastal Rivers of Bangladesh, International Riversymposium, Brisbane; G.M. Sarwar (2005): Impacts of Sea Level Rise on the Coastal Zone of Bangladesh, Lund
  4. Daten nach G.M. Sarwar (2005): Impacts of Sea Level Rise on the Coastal Zone of Bangladesh, Lund
  5. Ali, A. (1999): Climate change impacts and adaption assessment in Bangladesh, Climate Research 12, 109-116
  6. 6,0 6,1 M.F. Karim, and N. Mimura (2008): Impacts of climate change and sea-level rise on cyclonic storm surge floods in Bangladesh, Global Environmental Change 18, 490-500
  7. Pethick, J., and J.D. Orford (2013): Rapid rise in effective sea-level in southwest Bangladesh: Its causes and contemporary rates, Global and Planetary Change 111, 237–245

Weblinks


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