Meereis: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Position von Meereis ist sehr viel dynamischer als Eis auf Land. Sowohl Wind als auch Ozeanströmungen führen zu Verschiebungen der Meereisflächen: Auf kleinen Zeitskalen ist Wind der entscheidender Antrieb, während über einen längeren Zeitraum die Meeresströmungen ausschlaggebend sind.<ref name="Peixoto 1992">Peixoto, J.-P., Oort, A. H.: Physics of Climate (1992). Springer-Verlag New York, ISBN: 978-0-88318-712-8.</ref>
Die Position von Meereis ist sehr viel dynamischer als Eis auf Land. Sowohl Wind als auch Ozeanströmungen führen zu Verschiebungen der Meereisflächen: Auf kleinen Zeitskalen ist Wind der entscheidender Antrieb, während über einen längeren Zeitraum die Meeresströmungen ausschlaggebend sind.<ref name="Peixoto 1992">Peixoto, J.-P., Oort, A. H.: Physics of Climate (1992). Springer-Verlag New York, ISBN: 978-0-88318-712-8.</ref>


Meereis bildet eine Barriere dar zwischen Ozean und Atmosphäre und verhindert weitgehend deren Austausch von Bewegung (Wind und Meeresströmungen) und Gasen (Wasserdampf und CO<sub>2</sub>). Auch in Bezug auf Wärme wirkt das Meereis als isolierende Schicht zwischen kalter polarer Luft, die sich schneller abkühlt als der Ozean, und relativ warmem Wasser. Während der Wintermonate dehnt sich das Meereis nicht nur in der Fläche aus, sondern wird auch dicker. Aber je dicker das Eis wird, desto mehr schirmt es den Ozean vom Wärmeverlust an die Atmosphäre ab. Das Meerwasser unter dem Eis bleibt daher relativ warm und verringert das Eiswachstum von unten her. <ref name="Peixoto 1992" /> <ref name="Fichefet 2000">Fichefet, T., Tartinville, B., Goosse, H. (2000): Sensitivity of the Antarctic sea ice to the thermal conductivity of snow. Geophysical Research Letters, Vol. 27, No.3, pp. 401-404.</ref> Andere Faktoren, die die Stärke dieser Isolation beeinflussen, sind Salzgehalt und Temperatur des Meereises sowie Schnee auf dem Meereis: Je höher der Salzgehalt oder die Temperatur des Eises (z.B. bei jungem Eis), desto schlechter die Wärmeleitfähigkeit, und umso stärker ist dann auch die Isolation. <ref name="Wadhams 2000">Wadhams, P.: Ice in the Ocean (2000). Overseas Publishers Association, Gordon and Breach Science Publishers imprint. ISBN 90-5699-296-1.</ref> Auch Schnee leitet Wärme sehr schlecht. Wenn also Schnee auf Meereis fällt, wird der Ozean noch stärker isoliert und das Wachstum von Meereis an der Basis weiter verringert. <ref name="Fichefet 2000" /> <ref name="IPCC WGI 4.2 2013" /> Gleichzeitig hat Frischschnee aber auch eine höhere Albedo als Meereis (0,8-0,9 im Vergleich zu 0,5-0,7 (3)). Wenn also im Frühling die solare Einstrahlung wieder stärker und länger wird, reflektiert schneebedecktes Meereis mehr Strahlung als schneefreies Meereis und beginnt somit später zu schmelzen. <ref name="Fichefet 2000" />
Meereis bildet eine Barriere dar zwischen Ozean und Atmosphäre und verhindert weitgehend deren Austausch von Bewegung (Wind und Meeresströmungen) und Gasen (Wasserdampf und CO<sub>2</sub>). Auch in Bezug auf Wärme wirkt das Meereis als isolierende Schicht zwischen kalter polarer Luft, die sich schneller abkühlt als der Ozean, und relativ warmem Wasser. Während der Wintermonate dehnt sich das Meereis nicht nur in der Fläche aus, sondern wird auch dicker. Aber je dicker das Eis wird, desto mehr schirmt es den Ozean vom Wärmeverlust an die Atmosphäre ab. Das Meerwasser unter dem Eis bleibt daher relativ warm und verringert das Eiswachstum von unten her. <ref name="Peixoto 1992" /> <ref name="Fichefet 2000">Fichefet, T., Tartinville, B., Goosse, H. (2000): Sensitivity of the Antarctic sea ice to the thermal conductivity of snow. Geophysical Research Letters, Vol. 27, No.3, pp. 401-404.</ref> Andere Faktoren, die die Stärke dieser Isolation beeinflussen, sind Salzgehalt und Temperatur des Meereises sowie Schnee auf dem Meereis: Je höher der Salzgehalt oder die Temperatur des Eises (z.B. bei jungem Eis), desto schlechter die Wärmeleitfähigkeit, und umso stärker ist dann auch die Isolation. <ref name="Wadhams 2000">Wadhams, P.: Ice in the Ocean (2000). Overseas Publishers Association, Gordon and Breach Science Publishers imprint. ISBN 90-5699-296-1.</ref> Auch Schnee leitet Wärme sehr schlecht. Wenn also Schnee auf Meereis fällt, wird der Ozean noch stärker isoliert und das Wachstum von Meereis an der Basis weiter verringert. <ref name="Fichefet 2000" /> <ref name="IPCC WGI 4.2 2013" /> Gleichzeitig hat Frischschnee aber auch eine höhere [[Albedo]] als Meereis (0,8-0,9 im Vergleich zu 0,5-0,7).<ref name="Markvart 2003">Tom Markvart, Luis CastaŁżer (2003). Practical Handbook of Photovoltaics: Fundamentals and Applications. Elsevier. ISBN 1-85617-390-9.</ref> Wenn also im Frühling die solare Einstrahlung wieder stärker und länger wird, reflektiert schneebedecktes Meereis mehr Strahlung als schneefreies Meereis und beginnt somit später zu schmelzen. <ref name="Fichefet 2000" />


Wenn das Eis im Sommer nicht komplett abschmilzt, wird es mehrjähriges Eis genannt. Es nimmt im Winter zunächst weiter an Dicke zu, isoliert dadurch jedoch immer stärker den darunterliegenden Ozean von der kalten Atmosphäre und vermindert wie erläutert das Eiswachstum unter Wasser. Hinzu kommt, dass sich auf diesem mehrjährigen Eis früh eine Schneedecke bildet, die in den Wintermonaten an Mächtigkeit zunimmt und das Eis und somit den Ozean sehr effektiv isoliert. Diese beiden Effekte haben zur Folge, dass mehrjähriges Eis sehr viel langsamer dicker wird als einjähriges Eis. Letzteres kann im Frühjahr sogar die Dicke des mehrjährigen Eises übertreffen.<ref name="Notz 2010">Notz, D. (2010): [http://www.mpimet.mpg.de/fileadmin/MPG_Jahresberichte_Taetigkeitsberichte/2010/JB2010_Notz_2010.pdf Das große Schmelzen: Meereis im Klimawandel] Max-Planck-Gesellschaft, Tätigkeitsbericht 2009/10</ref>   
Wenn das Eis im Sommer nicht komplett abschmilzt, wird es mehrjähriges Eis genannt. Es nimmt im Winter zunächst weiter an Dicke zu, isoliert dadurch jedoch immer stärker den darunterliegenden Ozean von der kalten Atmosphäre und vermindert wie erläutert das Eiswachstum unter Wasser. Hinzu kommt, dass sich auf diesem mehrjährigen Eis früh eine Schneedecke bildet, die in den Wintermonaten an Mächtigkeit zunimmt und das Eis und somit den Ozean sehr effektiv isoliert. Diese beiden Effekte haben zur Folge, dass mehrjähriges Eis sehr viel langsamer dicker wird als einjähriges Eis. Letzteres kann im Frühjahr sogar die Dicke des mehrjährigen Eises übertreffen.<ref name="Notz 2010">Notz, D. (2010): [http://www.mpimet.mpg.de/fileadmin/MPG_Jahresberichte_Taetigkeitsberichte/2010/JB2010_Notz_2010.pdf Das große Schmelzen: Meereis im Klimawandel] Max-Planck-Gesellschaft, Tätigkeitsbericht 2009/10</ref>   

Version vom 9. Januar 2015, 01:31 Uhr

Ausdehnung von Sommer- (hellblau) und Wintereis (weiß) in der Arktis und Antarktis im Jahr 2005/06

Als Meereis bezeichnet man das gefrorene Meerwasser der polaren Ozeane. Es spielt eine wichtige Rolle im Klimasystem der Erde.

Meereis und Klima

Im Unterschied zu dem Eis der großen Eisschilde, das durch Niederschlag entsteht, wird Meereis hauptsächlich durch das Gefrieren von Meerwasser gebildet. Bei einer Wassertemperatur von unter -1.8 ºC bilden sich millimetergroße Eiskristalle, die sich an der Wasseroberfläche ansammeln und zu einer Eisdecke zusammenfrieren. In den Prozess des Gefrierens selbst werden nur Wassermoleküle einbezogen, während die viel größeren Salzionen größtenteils im Meerwasser zurück bleiben und dadurch dessen Salzgehalt und damit auch die Dichte erhöhen. Teilweise wird das Salz aber auch im Meereis selbst in kleinen Hohlräumen als flüssige, salzige Lake eingebaut,[1] so dass Meereis 25-50 % des Salzgehalts des Meerwassers enthält, aus dem es entstanden ist.[2] Meereis dehnt sich nicht nur in der Fläche aus, sondern wächst auch an der Basis der Eisschicht, sodass sie dicker wird.

Meereis ist nicht nur ein wichtiger Indikator für Klimaänderungen, sondern auch ein bedeutender Klimafaktor. Von klimatisch großer Bedeutung ist die Eis-Albedo-Rückkopplung. Die hohe Albedo von 60 bis 90 % führt dazu, dass die einfallende Sonnenstrahlung größtenteils wieder in den Weltraum reflektiert wird. Dadurch erklären sich zu einem großen Teil die geringen Temperaturen in den hohen Breiten und die starken jahreszeitlichen Schwankungen der Temperatur in den Gebieten mit wechselnder Eisbedeckung.

Die Position von Meereis ist sehr viel dynamischer als Eis auf Land. Sowohl Wind als auch Ozeanströmungen führen zu Verschiebungen der Meereisflächen: Auf kleinen Zeitskalen ist Wind der entscheidender Antrieb, während über einen längeren Zeitraum die Meeresströmungen ausschlaggebend sind.[3]

Meereis bildet eine Barriere dar zwischen Ozean und Atmosphäre und verhindert weitgehend deren Austausch von Bewegung (Wind und Meeresströmungen) und Gasen (Wasserdampf und CO2). Auch in Bezug auf Wärme wirkt das Meereis als isolierende Schicht zwischen kalter polarer Luft, die sich schneller abkühlt als der Ozean, und relativ warmem Wasser. Während der Wintermonate dehnt sich das Meereis nicht nur in der Fläche aus, sondern wird auch dicker. Aber je dicker das Eis wird, desto mehr schirmt es den Ozean vom Wärmeverlust an die Atmosphäre ab. Das Meerwasser unter dem Eis bleibt daher relativ warm und verringert das Eiswachstum von unten her. [3] [4] Andere Faktoren, die die Stärke dieser Isolation beeinflussen, sind Salzgehalt und Temperatur des Meereises sowie Schnee auf dem Meereis: Je höher der Salzgehalt oder die Temperatur des Eises (z.B. bei jungem Eis), desto schlechter die Wärmeleitfähigkeit, und umso stärker ist dann auch die Isolation. [5] Auch Schnee leitet Wärme sehr schlecht. Wenn also Schnee auf Meereis fällt, wird der Ozean noch stärker isoliert und das Wachstum von Meereis an der Basis weiter verringert. [4] [2] Gleichzeitig hat Frischschnee aber auch eine höhere Albedo als Meereis (0,8-0,9 im Vergleich zu 0,5-0,7).[6] Wenn also im Frühling die solare Einstrahlung wieder stärker und länger wird, reflektiert schneebedecktes Meereis mehr Strahlung als schneefreies Meereis und beginnt somit später zu schmelzen. [4]

Wenn das Eis im Sommer nicht komplett abschmilzt, wird es mehrjähriges Eis genannt. Es nimmt im Winter zunächst weiter an Dicke zu, isoliert dadurch jedoch immer stärker den darunterliegenden Ozean von der kalten Atmosphäre und vermindert wie erläutert das Eiswachstum unter Wasser. Hinzu kommt, dass sich auf diesem mehrjährigen Eis früh eine Schneedecke bildet, die in den Wintermonaten an Mächtigkeit zunimmt und das Eis und somit den Ozean sehr effektiv isoliert. Diese beiden Effekte haben zur Folge, dass mehrjähriges Eis sehr viel langsamer dicker wird als einjähriges Eis. Letzteres kann im Frühjahr sogar die Dicke des mehrjährigen Eises übertreffen.[7]

Insgesamt hat die Isolation des Wassers zur Folge, dass der Ozean im nächsten Sommer noch deutlich wärmer ist als ohne das winterliche Meereis, was nach der Eisschmelze zu wärmeren Sommern führt. Im Sommer erwärmt sich die Atmosphäre schneller als der Ozean. Kaltes Oberflächenwasser, über dem es während des Winters kein Eis gegeben hat, bremst diese Erwärmung relativ stark ab. Warmes Wasser, das unter dem schmelzenden Eis frei wird, dämpft die Erwärmung der Atmosphäre deutlich weniger.

Anders als bei Eisschilden erfolgt die Reaktion von Meereis auf klimatische Veränderungen (s.u. Klimatische Folgen) nahezu unmittelbar. Die Ausdehnung von Meereisgebieten und die Dicke des Meereises reagiert daher deutlich auf die jahreszeitlichen Temperaturänderungen. So schwankt die Meereisausdehnung in der Arktis zwischen 15 Millionen km2 im Winter und 4-5 Millionen km2 im Sommer und in der Antarktis sogar zwischen 18 und 3 Millionen km2. Diese extremen jahreszeitlichen Schwankungen machen es schwierig, längerfristige Trends zu bestimmen.

Das arktische Meereis

Das antarktische Meereis

Einzelnachweise

  1. Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: José L. Lozán et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen und Risiken. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 96-101; aktualisierte Fassung online
  2. 2,0 2,1 IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 4.2.1
  3. 3,0 3,1 Peixoto, J.-P., Oort, A. H.: Physics of Climate (1992). Springer-Verlag New York, ISBN: 978-0-88318-712-8.
  4. 4,0 4,1 4,2 Fichefet, T., Tartinville, B., Goosse, H. (2000): Sensitivity of the Antarctic sea ice to the thermal conductivity of snow. Geophysical Research Letters, Vol. 27, No.3, pp. 401-404.
  5. Wadhams, P.: Ice in the Ocean (2000). Overseas Publishers Association, Gordon and Breach Science Publishers imprint. ISBN 90-5699-296-1.
  6. Tom Markvart, Luis CastaŁżer (2003). Practical Handbook of Photovoltaics: Fundamentals and Applications. Elsevier. ISBN 1-85617-390-9.
  7. Notz, D. (2010): Das große Schmelzen: Meereis im Klimawandel Max-Planck-Gesellschaft, Tätigkeitsbericht 2009/10

Literatur

  • Notz, D. (2011): Meereis in der Arktis und Antarktis, in: José L. Lozán et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen und Risiken. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 96-101; aktualisierte Fassung online
  • Haas, C. (2005): Auf dünnem Eis? - Eisdickenänderungen im Nordpolarmeer, in: José L. Lozán / Hartmut Graßl / Hans-W. Hubberten / Peter Hupfer / Ludwig Karbe / Dieter Piepenburg (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 97-101
  • Bareiss, J., K. Görgen, A. Helbig (2005): Arktisches Meereis - Ursachen der Variabilität und Trends in den vergangenen 30 Jahren, in: José L. Lozán / Hartmut Graßl / Hans-W. Hubberten / Peter Hupfer / Ludwig Karbe / Dieter Piepenburg (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 218-225

Weblinks

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