Lachgas: Unterschied zwischen den Versionen

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== Änderungen der Konzentration und der Treibhauswirkung ==
== Änderungen der Konzentration und der Treibhauswirkung ==
[[Bild:N2O global.png|thumb|520px|Abb. 1: Atmosphärische globale Konzentration von Distickstoffoxid (N<sub>2</sub>O) 1977-2019 in ppb]]
[[Bild:N2O global.png|thumb|520px|Abb. 1: Atmosphärische globale Konzentration von Distickstoffoxid (N<sub>2</sub>O) 1977-2019 in ppb]]
Distickstoffoxid besitzt eine Verweilzeit in der [[Atmosphäre]] von etwa 114 Jahren. Wie [[Kohlendioxid]] kommt es in der unteren Atmosphäre daher überall gut durchmischt vor. Eisbohrkerndaten der letzten 2000 Jahre zeigen, dass sich vor der [[Industrielle Revolution|Industrialisierung]] der N<sub>2</sub>O-Gehalt der Atmosphäre in den letzten Jahrtausenden, wahrscheinlich im gesamten Holozän, kaum verändert hat. Von 1750 bis 2011 dagegen ist die Konzentration von 270 ppb auf 324,2 ppb um 20% angestiegen.<ref name="IPCC 2013" /> Nach anderen Quellen lag die Konzentration 1940 bei 290 ppb<ref name="Thompson 2019"> Thompson, R.L., L. Lassaletta, P. K. Patra, C. Wilson, K. C. Wells, A. Gressent, E.N. Koffi, M.P. Chipperfield, W. Winiwarter, E.A. Davidson, H. Tian, and J.G. Canadell (2019): Acceleration of global N2O emissions seen from two decades of atmospheric inversion, Nature Climate Change, https://doi.org/10.1038/s41558-019-0613-7</ref> und 2019 bei 332 ppb<ref>NOAA Earth System Research Laboratory (2019): Nitrous Oxide (N2O) – Combined Data Set, https://www.esrl.noaa.gov/gmd/hats/combined/N2O.html</ref> (Abb. 1), was einem Anstieg um ~15 % in fast 80 Jahren gleichkommt.  Die Wachstumsrate der atmosphärischen Konzentration lag in den letzten Jahrzehnten nahezu linear bei 0,8 ppb/Jahr. Hintergrund sind die Wachstumsraten der N<sub>2</sub>O-Emissionen, die im letzten Jahrzehnt (1998-2016) bei 17 Tg/Jahr lagen<ref name="Thompson 2019" />, wobei der deutlich größte Teil aus der Landwirtschaft stammt. Ein besonders starkes Wachstum bei den Emissionen weist China auf.
Distickstoffoxid besitzt eine Verweilzeit in der [[Atmosphäre]] von etwa 114 Jahren. Wie [[Kohlendioxid]] kommt es in der unteren Atmosphäre daher überall gut durchmischt vor. Eisbohrkerndaten der letzten 2000 Jahre zeigen, dass sich vor der [[Industrielle Revolution|Industrialisierung]] der N<sub>2</sub>O-Gehalt der Atmosphäre in den letzten Jahrtausenden, wahrscheinlich im gesamten Holozän, kaum verändert hat. Von 1750 bis 2011 dagegen ist die Konzentration von 270 ppb auf 324,2 ppb um 20% angestiegen.<ref name="IPCC 2013" /> Nach anderen Quellen lag die Konzentration 1940 bei 290 ppb<ref name="Thompson 2019"> Thompson, R.L., L. Lassaletta, P. K. Patra, C. Wilson, K. C. Wells, A. Gressent, E.N. Koffi, M.P. Chipperfield, W. Winiwarter, E.A. Davidson, H. Tian, and J.G. Canadell (2019): Acceleration of global N2O emissions seen from two decades of atmospheric inversion, Nature Climate Change, https://doi.org/10.1038/s41558-019-0613-7</ref> und 2019 bei 332 ppb<ref>NOAA Earth System Research Laboratory (2019): Nitrous Oxide (N2O) – Combined Data Set, https://www.esrl.noaa.gov/gmd/hats/combined/N2O.html</ref> (Abb. 1), was einem Anstieg um ~15 % in fast 80 Jahren gleichkommt.  Die Wachstumsrate der atmosphärischen Konzentration lag in den letzten Jahrzehnten nahezu linear bei 0,8 ppb/Jahr. Hintergrund sind die Wachstumsraten der N<sub>2</sub>O-Emissionen, die im letzten Jahrzehnt (1998-2016) bei 17 Tg/Jahr lagen.<ref name="Thompson 2019" /> Zweidrittel der N<sub>2</sub>O-Emissionen entstammen der Landwirtschaft. Die direkten Emissionen aus dem Boden gehen hauptsächlich auf mineralische Düngemittel und Gülle zurück. Dabei werden die Böden stark überdüngt, da nach Schätzungen die Pflanzen weltweit nur 50 % des ausgebrachten Düngers aufnehmen.<ref name="IPCC 2019a">IPCC (2019): Climate Change and Land, 2.3.3</ref>


Der [[Strahlungsantrieb]] von N<sub>2</sub>O beträgt +0.17 W/m<sup>2</sup>, womit Distickstoffoxid nach CO<sub>2</sub>, CH<sub>4</sub> und den [[FCKW]]s das viertwichtigste langlebige Treibhausgas ist und mit dem wichtigsten FCKW CFC-12 gleichgezogen hat.<ref name="IPCC 2013">IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.2.1.1.3, 8.3.2.3 und Table 8.2</ref>. Aufgrund des allmählichen Rückgangs der FCKW-Konzentrationen wird Distickstoffoxid in Zukunft an dritter Stelle der Treibhausgase liegen. Die hohe Treibhauswirkung von N<sub>2</sub>O liegt zum einen an der langen atmosphärischen Verweilzeit, zum anderen aber hat das N<sub>2</sub>O-Molekül eine etwa 200mal größere Strahlungseffizienz als ein CO<sub>2</sub>-Molekül.
Der [[Strahlungsantrieb]] von N<sub>2</sub>O beträgt +0.17 W/m<sup>2</sup>, womit Distickstoffoxid nach CO<sub>2</sub>, CH<sub>4</sub> und den [[FCKW]]s das viertwichtigste langlebige Treibhausgas ist und mit dem wichtigsten FCKW CFC-12 gleichgezogen hat.<ref name="IPCC 2013">IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.2.1.1.3, 8.3.2.3 und Table 8.2</ref>. Aufgrund des allmählichen Rückgangs der FCKW-Konzentrationen wird Distickstoffoxid in Zukunft an dritter Stelle der Treibhausgase liegen. Die hohe Treibhauswirkung von N<sub>2</sub>O liegt zum einen an der langen atmosphärischen Verweilzeit, zum anderen aber hat das N<sub>2</sub>O-Molekül eine etwa 200mal größere Strahlungseffizienz als ein CO<sub>2</sub>-Molekül.

Version vom 21. November 2019, 21:34 Uhr

Lachgas bzw. Distickstoffoxid (N2O) gehört mit Kohlendioxid, Methan und FCKW zu den langlebigen Treibhausgasen und beeinflusst den Strahlungshaushalt der Atmosphäre und damit den anthropogenen (menschengemachten) Treibhauseffekt.

Änderungen der Konzentration und der Treibhauswirkung

Abb. 1: Atmosphärische globale Konzentration von Distickstoffoxid (N2O) 1977-2019 in ppb

Distickstoffoxid besitzt eine Verweilzeit in der Atmosphäre von etwa 114 Jahren. Wie Kohlendioxid kommt es in der unteren Atmosphäre daher überall gut durchmischt vor. Eisbohrkerndaten der letzten 2000 Jahre zeigen, dass sich vor der Industrialisierung der N2O-Gehalt der Atmosphäre in den letzten Jahrtausenden, wahrscheinlich im gesamten Holozän, kaum verändert hat. Von 1750 bis 2011 dagegen ist die Konzentration von 270 ppb auf 324,2 ppb um 20% angestiegen.[1] Nach anderen Quellen lag die Konzentration 1940 bei 290 ppb[2] und 2019 bei 332 ppb[3] (Abb. 1), was einem Anstieg um ~15 % in fast 80 Jahren gleichkommt. Die Wachstumsrate der atmosphärischen Konzentration lag in den letzten Jahrzehnten nahezu linear bei 0,8 ppb/Jahr. Hintergrund sind die Wachstumsraten der N2O-Emissionen, die im letzten Jahrzehnt (1998-2016) bei 17 Tg/Jahr lagen.[2] Zweidrittel der N2O-Emissionen entstammen der Landwirtschaft. Die direkten Emissionen aus dem Boden gehen hauptsächlich auf mineralische Düngemittel und Gülle zurück. Dabei werden die Böden stark überdüngt, da nach Schätzungen die Pflanzen weltweit nur 50 % des ausgebrachten Düngers aufnehmen.[4]

Der Strahlungsantrieb von N2O beträgt +0.17 W/m2, womit Distickstoffoxid nach CO2, CH4 und den FCKWs das viertwichtigste langlebige Treibhausgas ist und mit dem wichtigsten FCKW CFC-12 gleichgezogen hat.[1]. Aufgrund des allmählichen Rückgangs der FCKW-Konzentrationen wird Distickstoffoxid in Zukunft an dritter Stelle der Treibhausgase liegen. Die hohe Treibhauswirkung von N2O liegt zum einen an der langen atmosphärischen Verweilzeit, zum anderen aber hat das N2O-Molekül eine etwa 200mal größere Strahlungseffizienz als ein CO2-Molekül.

Der Strahlungsantrieb von Lachgas ist übrigens nicht allein von dessen Konzentration abhängig. Die Wellenlängenbereiche, in denen Lachgas Wärmestrahlung absorbiert, überschneiden sich zum Teil mit denen von Methan. Je höher also der Methangehalt in der Atmosphäre ist, desto geringer ist der Einfluss von Lachgas, da die entsprechenden Wellenlängen bereits von Methan absorbiert werden – die Treibhauswirkungen dieser beiden Stoffe dürfen also nicht einfach addiert werden. In Bezug auf Klimaschutzmaßnahmen bedeutet dies, dass von beiden Stoffen weniger emittiert werden muss, um einen großen Effekt zu erzielen; die Beschränkung eines der beiden Stoffe reicht nicht aus. Gleichzeitig zu seiner Treibhauswirkung ist Lachgas auch am Ozonabbau in der Stratosphäre beteiligt, da es sich zu NO und NO2 umwandelt. Beide Stoffe sind ozonzerstörend.

Abb. 2: Stickstoffzyklus

Quellen und Senken

Distickstoffoxid besitzt wie Kohlendioxid und Methan sowohl natürliche als auch anthropogene Quellen. Der in die Atmosphäre gelangende cverbindet sich hier mit Sauerstoff zu N2O bzw. Distickstoffoxid oder Lachgas.

Die gesamten Emissionen werden für das Jahr 1994 auf 17,7 Tg pro Jahr geschätzt.[5] Davon entfallen etwas mehr als die Hälfte auf natürliche Quellen wie den Ozean und Böden (insbesondere der tropischen Zone), der Rest auf anthropogene Quellen wie industrielle Produktion und landwirtschaftlich genutzte Böden. Die wichtigste Ursache der Zunahme an Lachgas im industriellen Zeitalter ist die Ausbreitung und verstärkte Düngung der landwirtschaftlichen Flächen, denn Stickstoff ist das wesentliche chemische Element in Düngemitteln. Die so gedüngten Pflanzen werden nach ihrem Absterben von Kleinstlebewesen zersetzt, wodurch N2O entsteht und aus dem Boden in die Atmosphäre entweicht. Eine Zunahme der Emissionen ist jedoch auch aus natürlich genutzten Böden zu verzeichnen. Die Ursache wird im vermehrten Eintrag von Stickstoff aus der Luft gesehen. Außerdem wird die N2O-Emission durch Temperatur und Bodenfeuchte geregelt und reagiert damit auch auf klimatische Veränderungen. Industrielle Quellen für N2O sind die Nylon-Produktion, die Salpetersäure-Produktion und die Verbrennung fossiler Rohstoffe.

Eine bedeutende natürliche Quelle sind küstennahe Ozeane, in denen aufsteigende Strömungen Nährstoffe an die Oberfläche transportieren. Auch auf Kontinentalschelfen und in Ästuaren und Flüssen ist dies meist der Fall. All diese Gebiete emittieren zwischen 0,3 und 6,6 Millionen Tonnen Stickstoff im Jahr, was 7-61% der ozeanischen Quellen ausmacht. Daran ist zu sehen, dass die Abschätzungen der Emissionen für einzelne Prozesse extrem unsicher sind. Dies gilt auch für die natürlichen Quellen an Land. Der größte Anteil davon ist den Tropen zuzuschreiben, was sich aus den Konzentrationsverteilungen in der Atmosphäre ableiten lässt. Die geographische Verteilung der Quellen ist jedoch uneinheitlich und unsicher. Es wird z. B. vermutet, dass ganze 10 % der totalen weltweiten Emissionen aus brasilianischen Waldböden stammen. Deforestation kann dazu beitragen, dass solche Emissionen anfangs noch steigen, auch wenn sie nach einiger Zeit wieder sinken (vorausgesetzt, dass dann keine Landwirtschaft betrieben wird, wie es jedoch oft der Fall ist).

Weiterhin ist die Bilanz der Quellen und Senken deshalb unsicher, weil die Austauschrate von Luftmassen zwischen Troposphäre und Stratosphäre (wodurch N2O-arme Luft heruntergemischt wird) schlecht bekannt ist. Da die leichteren Stickstoffisotope in der Stratosphäre schneller vernichtet werden, ist es immerhin möglich, aus Isotopenmessungen Rückschlüsse auf Quellen und Senken zu ziehen.

Die Senken von Distickstoffoxid sind spärlich, es wird fast ausschließlich in der Stratosphäre durch Photolyse bzw. durch die Reaktion mit atomarem Sauerstoff abgebaut. Daraus erklärt sich auch die lange atmopshärische Verweilzeit (Lebensdauer).

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.2.1.1.3, 8.3.2.3 und Table 8.2
  2. 2,0 2,1 Thompson, R.L., L. Lassaletta, P. K. Patra, C. Wilson, K. C. Wells, A. Gressent, E.N. Koffi, M.P. Chipperfield, W. Winiwarter, E.A. Davidson, H. Tian, and J.G. Canadell (2019): Acceleration of global N2O emissions seen from two decades of atmospheric inversion, Nature Climate Change, https://doi.org/10.1038/s41558-019-0613-7
  3. NOAA Earth System Research Laboratory (2019): Nitrous Oxide (N2O) – Combined Data Set, https://www.esrl.noaa.gov/gmd/hats/combined/N2O.html
  4. IPCC (2019): Climate Change and Land, 2.3.3
  5. IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (Houghton, J.T. et al., eds), Cambridge and New York 2001, 4.2.1.2


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