Kohlendioxid-Konzentration: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:CO2_2007.jpg|thumb|520px|Die atmosphärische Konzentration von Kohlendioxid vom Beginn der Zeitrechnung bis zum Jahre 2007. Im eingefügten Kästchen die Konzentrations- und Emissionsentwicklung seit 1970.]]
[[Bild:CO2_2007.jpg|thumb|520px|Die atmosphärische Konzentration von Kohlendioxid vom Beginn der Zeitrechnung bis zum Jahre 2015. Im eingefügten Kästchen die Konzentrations- und Emissionsentwicklung seit 1970.]]


== Die aktuelle Kohlendioxidentwicklung ==
== Die aktuelle Kohlendioxidentwicklung ==
===Emissionen===
===Emissionen===
* Hauptartikel: [[Kohlendioxid-Emissionen]]
* Hauptartikel: [[Kohlendioxid-Emissionen]]
Statt als Kohlendioxid (CO<sub>2</sub>) werden die emittierten Mengen CO<sub>2</sub> zumeist als Kohlenstoff (C) angegeben. <br />1 Gt C entspricht 3,67 Gt CO<sub>2</sub>.<ref> [http://www.agenda21-treffpunkt.de/lexikon/Gigatonne.htm 1 Gt (Gigatonne)] = 1 Milliarde (10<sup>9</sup>) Tonnen</ref>
[[Bild:CO2-konzentration_aktuell.jpg|thumb|520px|Aktuelle Entwicklung der Kohlendioxid-Konzentration am Mauna Loa.]]
[[Datei:Konzentration CO2 aktuell.jpg|thumb|520px|Aktuelle Entwicklung der Kohlendioxkonzentration am Mauna Loa. <br />Rot: Monatsmittel; schwarz: Monatsmittel saisonbereinigt. <br />'''Umrechnung<ref name="Umrechnung">Climate Data Check: [https://cdatac.de/index.php/co2-conc/ppm-in-gt/ Umrechnung ppm in Gt]</ref>:'''  1 ppm CO<sub>2</sub> = 7,814 Gt CO<sub>2</sub>]]
[[Bild:CO2 Mauna Loa Wachstumsrate.jpg|thumb|520px|Wachstumsrate der Kohlendioxidkonzentration am Mauna Loa 1959-2015.Schwarze Balken: Mittel der Jahrzehnte.]]
[[Bild:CO2 Mauna Loa Wachstumsrate.jpg|thumb|520px|Wachstumsrate der Kohlendioxidkonzentration am Mauna Loa 1959-2015.Schwarze Balken: Mittel der Jahrzehnte.]]


===Aktuelle Änderung der Konzentration===
===Aktuelle Änderung der Konzentration===
Zwischen 1959 und 2010 wurden etwa 60 Gigatonnen<ref>Eine Gigatonne entspricht einer Milliarde (10<sup>9</sup>) Tonnen oder einer Billion (10<sup>12</sup>) Kilogramm.</ref> Kohlenstoff (GtC) durch Landnutzung und 290 GtC durch Verbrennung fossiler Brennstoffe emittiert, zusammen also 350 GtC. Der emittierte Kohlenstoff verbindet sich in der Atmosphäre mit Sauerstoff und wird in Kohlendioxid (CO<sub>2</sub>) umgewandelt.<ref>1 t C entspricht 3,67 t CO<sub>2</sub></ref> Jährlich sind es gegenwärtig 4,6 GtC, die der Mensch in die Atmosphäre emittiert.<ref name="Ballantyne1">A. P. Ballantyne1, et al. (2012): Increase in observed net carbon dioxide uptake by land and oceans during the past 50 years, Nature 488, 70-73
Die kumulativen [[Kohlendioxidemissionen]] aus der Verbrennung fossiler Energieträger zwischen 1850 und 2022 betrugen 475 GtC und die aus Landnutzungsänderungen 205 GtC, zusammen also 680 GtC (bzw. 2492 GtCO<sub>2</sub>). Davon verblieben 280 GtC in der Atmosphäre, 180 im Ozean und 2010 in der Landbiosphäre. Jährlich sind es gegenwärtig (2022) 5,3 GtC, die in der Atmosphäre verbleiben. 2,9 GtC/Jahr werden vom Ozean und 3,4 GtC/Jahr von der Landvegetation aufgenommen<ref name="Friedlingstein 2022">Friedlingstein, M. O'Sullivan, M.W. Jones et al. (2022): [https://doi.org/10.5194/essd-11-1783-2019 Global Carbon Budget 2022], Earth Syst. Sci. Data 14, 4811–4900</ref>  
</ref>  


Das zusätzliche Kohlendioxid führt zu einer deutlichen Erhöhung der CO<sub>2</sub>-Konzentration, deren Wachstumsrate seit etwa 2000 eine erneute Steigerung zeigt. Während sie in den 1990er Jahren bei nur 1,49 ppm/Jahr lag,<ref name="PNAS">Josep G. Canadell et al. (2007): Contributions to accelerating atmospheric CO2 growth from economic activity, carbon intensity, and efficiency of natural sinks, Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 10.1073/pnas.0702737104 [http://www.pnas.org/cgi/content/abstract/0702737104v1 Online]</ref> betrug sie in den 2000er Jahren an der Messstation Mauna Loa, Hawaii, ca. 2 ppm/Jahr und überschritt 2015 die Marke von 3 ppm jährlich<ref>NOAA Earth System Research Laboratory: [http://www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends/gr.html Annual Mean Growth Rate for Mauna Loa, Hawaii]</ref> Die CO<sub>2</sub>-Konzentration wächst damit gegenwärtig stärker als je in den letzten Hunderttausenden von Jahren; im Vergleich zu natürlichen Prozessen ist sie geradezu explosiv. So übertrifft sie die natürliche starke Zunahme von Kohlendioxid am Ende der letzten Eiszeit um das 200fache.<ref>NOAA (März, 2016): [http://www.noaa.gov/record-annual-increase-carbon-dioxide-observed-mauna-loa-2015 Record annual increase of carbon dioxide observed at Mauna Loa for 2015]</ref> Das Rekordwachstum der CO<sub>2</sub>-Konzentration von 2015 ist eine erwartete Konsequenz aus der hohen Nutzung fossiler Energieträger in Kombination mit dem ungewöhnlich starken El Niño von 2015/16. Durch das El-Niño-Phänomen werden zusätzliche Emissionen aus tropischen Wäldern durch Dürren und Feuer verursacht.
Das zusätzliche Kohlendioxid führt zu einer deutlichen Erhöhung der CO<sub>2</sub>-Konzentration in der Atmosphäre, deren Wachstumsrate seit etwa 2000 eine erneute Steigerung zeigt. Während sie in den 1990er Jahren bei nur 1,49 ppm<ref "name=ppm"> ppm (Teile pro Million) ist das Verhältnis der Anzahl von Treibhausgasmolekülen zur Gesamtzahl der Moleküle in trockener Luft.</ref> pro Jahr lag,<ref name="PNAS">Josep G. Canadell et al. (2007): Contributions to accelerating atmospheric CO2 growth from economic activity, carbon intensity, and efficiency of natural sinks, Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 10.1073/pnas.0702737104 [http://www.pnas.org/cgi/content/abstract/0702737104v1 Online]</ref> betrug sie in den 2000er Jahren an der Messstation Mauna Loa, Hawaii, ca. 2 ppm/Jahr und überschritt 2015 und 2016 die Marke von 3 ppm jährlich<ref>NOAA Earth System Research Laboratory: [http://www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends/gr.html Annual Mean Growth Rate for Mauna Loa, Hawaii]</ref> Die CO<sub>2</sub>-Konzentration wächst damit gegenwärtig stärker als je in den letzten Hunderttausenden von Jahren; im Vergleich zu natürlichen Prozessen ist sie geradezu explosiv. So übertrifft sie die natürliche starke Zunahme von Kohlendioxid am Ende der letzten Eiszeit um das 200fache.<ref>NOAA (März, 2016): [http://www.noaa.gov/record-annual-increase-carbon-dioxide-observed-mauna-loa-2015 Record annual increase of carbon dioxide observed at Mauna Loa for 2015]</ref> Das Rekordwachstum der CO<sub>2</sub>-Konzentration von 2015/16 ist eine erwartete Konsequenz aus der hohen Nutzung fossiler Energieträger in Kombination mit dem ungewöhnlich starken El Niño von 2015/16. Durch das El-Niño-Phänomen werden zusätzliche Emissionen aus tropischen Wäldern durch Dürren und Feuer verursacht.


Die Folge der immer höheren Wachstumsrate ist eine stetig steigende Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre. Seit Beginn der Zeitrechnung bis zum Beginn der Industrialisierung schwankte die atmosphärische Konzentration von Kohlendioxid nur geringfügig zwischen 275 und 285 ppm. Um 1750 lag die CO<sub>2</sub>-Konzentration bei 278 ppm und stieg dann während des industriellen Zeitalters auf 390,5 ppm im Jahre 2011.<ref>IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.2</ref> Für die ersten 50 ppm der CO2-Erhöhung waren über 200 Jahre nötig, die nächsten 65 ppm wurden dagegen in nur noch 35 Jahren erreicht. 2015 wurde sogar die symbolische Grenze von 400 ppm überschritten, und im April 2016 lag die Konzentration sogar bei 408 ppm. Hieran war neben den anthropogenen Emissionen und dem bereits erwähnten El Niño von 2015/16 auch der typische Jahresgang des CO<sub>2</sub>-Gehalts beteiligt. Im April/Mai ist der Boden auf der Nordhalbkugel mit ihren großen Landflächen für eine stärkere Verwitterung von organischem Material schon warm genug, so dass dadurch mehr CO<sub>2</sub> in die Atmosphäre gelangt als in den Monaten zuvor. Andererseits ist die Photosyntheseleistung (und damit die Speicherung von Kohlendioxid) der Pflanzen noch relativ gering, die jedoch wenige Wochen später die Bodenemission übertreffen wird, wodurch dann der CO<sub>2</sub>-Gehalt der Atmosphäre wieder sinkt.
Die Folge der immer höheren Wachstumsrate ist eine stetig steigende Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre. Seit Beginn der Zeitrechnung bis zum Beginn der Industrialisierung schwankte die atmosphärische Konzentration von Kohlendioxid nur geringfügig zwischen 275 und 285 ppm. Um 1750 lag die CO<sub>2</sub>-Konzentration bei 278 ppm und stieg dann während des industriellen Zeitalters auf 390,5 ppm im Jahre 2011.<ref>IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.2</ref> Für die ersten 50 ppm der CO2-Erhöhung waren über 200 Jahre nötig, die nächsten 65 ppm wurden dagegen in nur noch 35 Jahren erreicht. 2015 wurde sogar die symbolische Grenze von 400 ppm überschritten. Und nur vier Jahre später, im Jahr 2019, lag das Jahresmittel bei 410,5 ppm und 2022 wurden 417 ppm gemessen. Das bedeutet eine Steigerung um ca. 50% im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Trotz der [[Corona-Virus und CO2-Emissionen|Corona-Krise 2020]] und der damit verbundenen Verringerung der Emissionen von CO<sub>2</sub>, die vorläufig auf 4,2-7,5% für das gesamte Jahr 2020 geschätzt werden, ist die CO<sub>2</sub>-Konzentration davon kaum berührt.<ref name="WMO 2020">WMO Greenhouse Gas Bulletin (GHG Bulletin) - No. 16 (2020): [https://library.wmo.int/index.php?lvl=notice_display&id=3030 The State of Greenhouse Gases in the Atmosphere Based on Global Observations through 2019]</ref>


CO<sub>2</sub>-Konzentrationen von über 400 ppm hat die Erde in den letzten Millionen von Jahren nicht gesehen. Falls die fossilen Emissionen nicht bald deutlich unter das gegenwärtige Niveau gesenkt werden, wird das CO<sub>2</sub>-Niveau die 450-ppm-Marke nach Einschätzung des bekannten amerikanischen Klimaforschers Ralph Keeling um 2035 und die 500-ppm-Grenze um 2065 überschreiten. Nach Keeling wird es mindestens 1000 Jahre dauern, bevor die CO<sub>2</sub>-Konzentration wieder unter 350 ppm fällt, jenes Niveau, das viele Experten als Grenze für eine gefährliche Klimaentwicklung ansehen.<ref>Ralph Keeling (2016): [https://scripps.ucsd.edu/programs/keelingcurve/2016/04/20/comment-on-recent-record-breaking-co2-concentrations/#more-1406 Comment on Recent Record-Breaking CO2 Concentrations]</ref>
CO<sub>2</sub>-Konzentrationen von über 400 ppm hat die Erde seit mehreren Millionen von Jahren nicht gesehen. Falls die fossilen Emissionen nicht bald deutlich unter das gegenwärtige Niveau gesenkt werden, wird das CO<sub>2</sub>-Niveau die 450-ppm-Marke nach Einschätzung des bekannten amerikanischen Klimaforschers Ralph Keeling um 2035 und die 500-ppm-Grenze um 2065 überschreiten. Nach Keeling wird es mindestens 1000 Jahre dauern, bevor die CO<sub>2</sub>-Konzentration wieder unter 350 ppm fällt, jenes Niveau, das viele Experten als Grenze für eine gefährliche Klimaentwicklung ansehen.<ref name="Keeling 2016">Keeling, R. (2016): [https://scripps.ucsd.edu/programs/keelingcurve/2016/04/20/comment-on-recent-record-breaking-co2-concentrations/#more-1406 Comment on Recent Record-Breaking CO<sub>2</sub> Concentrations]</ref>


=== Verteilung des emittierten Kohlendioxids ===
=== Verteilung des emittierten Kohlendioxids ===
[[Bild:CO2 sources sinks2022.jpg|thumb|520px|Die Änderung der CO<sub>2</sub>-Emissionen durch die Verbrennung fossiler Energien und Zementproduktion (oben links) und durch die Änderung der Landnutzung (unten links),sowie die Veränderung der CO<sub>2</sub>-Senkenanteile der Atmosphäre (oben rechts), der Landvegetation (Mitte rechts) und des Ozeans (unten rechts). Die Prozentangaben sind gerundet.]]
[[Bild:CO2-Land-Ocean-sink.jpg|thumb|520px|CO<sub>2</sub>-Senken auf dem Land (oben) und im Ozean (unten). Grüne und blaue Farben bezeichnen Netto-CO<sub>2</sub>-Aufnahmen aus der Atmosphäre (Senken), gelbe und rote Farben Netto-CO<sub>2</sub>-Abgaben an die Atmosphäre (Quellen).]]


Nur etwa die Hälfte des emittierten Kohlenstoffs verbleibt jedoch in der Atmosphäre. Der Rest wird von der Landbiosphäre und dem Ozean aufgenommen. Für das Klima der nächsten Jahrzehnte ist es von grundlegender Bedeutung, wie sich die Kohlenstoff-Senken Land und Ozean in Zukunft entwickeln. Werden sie weiterhin so viel Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen oder wird sich ihre Senkenkapazität abschwächen? Allgemein wird angenommen, dass die globale Erwärmung zu einer Abschwächung der Senken von Land und Ozean führt. Ein warmer Ozean kann weniger Kohlendioxid aufnehmen als ein kalter. Und bei der Landbiosphäre könnten höhere Temperaturen dazu führen, dass durch die stärkeren Verwitterungsprozesse mehr CO<sub>2</sub> freigesetzt als durch den CO<sub>2</sub>-Düngungseffekt zusätzlich aufgenommen wird. Mehrere Untersuchungen, die sich auf Beobachtungen und Modellergebnisse stützen, haben bereits eine Abschwächung der Ozean-Senke festgestellt.  
Nur etwas weniger als die Hälfte des emittierten Kohlenstoffs verbleibt jedoch in der Atmosphäre. Der Rest wird von der Landbiosphäre (Böden und Vegetation) und dem Ozean aufgenommen.<ref name="Crisp 2022">Crisp, D., H. Dolman, T. Tanhua et al. (2022): How well do we understand the land-ocean-atmosphere carbon cycle? Reviews of Geophysics, 60, e2021RG000736. https://doi.org/10.1029/2021RG000736</ref> Für das Klima der nächsten Jahrzehnte ist es von grundlegender Bedeutung, wie sich die Kohlenstoff-Senken Land und Ozean in Zukunft entwickeln. Werden sie weiterhin so viel Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen oder wird sich ihre Senkenkapazität abschwächen? Allgemein wird angenommen, dass die globale Erwärmung zu einer Abschwächung der Senken von Land und Ozean führt. Ein warmer Ozean kann weniger Kohlendioxid aufnehmen als ein kalter. Und bei der Landbiosphäre könnten höhere Temperaturen dazu führen, dass durch die stärkeren Verwitterungsprozesse mehr CO<sub>2</sub> freigesetzt als durch den CO<sub>2</sub>-Düngungseffekt zusätzlich aufgenommen wird.  


[[Bild:CO2_anteile.jpg|thumb|420px|Die Änderung der CO<sub>2</sub>-Emissionen durch Änderung der Landnutzung, Verbrennung fossiler Energien, Zementproduktion u.a. (oben links) sowie die Veränderung der CO<sub>2</sub>-Senkenanteile der Atmosphäre (oben rechts), der Landvegetation (unten links) und des Ozeans (unten rechts).]]
==== Die Landsenke ====
Der Ozean nimmt 20-34 % der anthropogenen Emissionen von Kohlendioxid auf. Über den genauen Anteil bestehen jedoch große Unsicherheiten. Auf Beobachtungen basierende Untersuchungen zeigen, dass die ozeanische Senke seit den 1950er Jahren besonders stark zugenommen hat.<ref>S. Khatiwala, F. Primeau & T. Hall (2009): Reconstruction of the history of anthropogenic CO2<sub>2</sub> concentrations in the ocean, Nature 462, 346-350</ref> Die deutliche Zunahme in den 1950er Jahren ist wahrscheinlich eine Folge der höheren atmosphärischen Wachstumsrate von Kohlendioxid. 2008 betrug der Bestand von anthropogenem Kohlendioxid im Ozean ca. 151 GtC. Die Aufnahmerate lag 2008 bei 2,3 GtC pro Jahr. Die wichtigste Senke regional ist der Südliche Ozean ungefähr südlich von 40 °S, der 2008 etwa 40 % der ozeanischen CO<sub>2</sub>-Senke ausmachte.
In den 1960er Jahren nahme die Landvegetation 1,2 GtC pro Jahr auf, in den 2010er Jahren belief sich die Land-Senke bereits auf 3,1 GtC/Jahr.<ref name="Friedlingstein 2022" /> Die vermehrte Aufnahme von CO<sub>2</sub> aus der Atmosphäre durch die Landbiosphäre (Vegetation und Boden) ist vor allem durch den sog. CO<sub>2</sub>-Düngungseffekt infolge der Zunahme der atmosphärischen CO<sub>2</sub>-Konzentration bedingt, aber auch durch klimatische Änderungen wie eine Verlängerung der Wachstumszeit in höheren Breiten.<ref name="Friedlingstein 2022a">Friedlingstein, P., M.W.Jones, M. O'sullivan et al. (2022): [https://doi.org/10.5194/essd-14-1917-2022 Global Carbon Budget 2021], Earth Syst. Sci. Data, 14, 1917–2005</ref> Die Erhöhung der CO<sub>2</sub>-Konzentration in der Atmosphäre fördert das Wachstum der Landvegetation und verstärkt damit die CO<sub>2</sub>-Speicherung von Ökosystemen. Dieser CO<sub>2</sub>-Düngungseffekt wird beeinflusst durch die Temperatur und die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen. Klimasimulationen zeigen, dass die CO<sub>2</sub>-Aufnahme durch die Landvegetation bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bei dem hohen Szenario SSP8.5 auch weiterhin zunimmt, bei den niedrigeren Szenarien allerdings zurückgehen wird. Der Rückgang ist dabei vor allem durch Nährstoffmangel verursacht.<ref>IPCC AR6, WGI (2022): The Physical Science Basis, Ch. 5.4.1</ref> 


Modellanalysen und Beobachtungsdaten zeigen, dass die ozeanische Senke sich im Zeitraum 1981-2007 um 12 % abgeschwächt hat. Die Ursachen liegen in der Änderung von Windmustern und in der Erwärmung des Ozeans. Am stärksten wirken sich die durch Wind veränderten Strömungen aus, und zwar hauptsächlich im äquatorialen Pazifik und im Südlichen Ozean. Dabei handelt es sich hauptsächlich um verstärktes Auftriebswasser, das viel vorantropogenes CO<sub>2</sub> enthält. Die zunehmenden Windstärken im Südlichen Ozean, die mit der Abnahme des Ozons in der Stratosphäre in Verbindung gebracht wurden, machen ebenfalls 20 % aus. Hierbei geht es um eine Verstärkung der zirkumpolaren Westwinde rund um die Antarktis, die CO<sub>2</sub>-reiches Wasser aus tieferen Ozeanschichten an die Oberfläche transportieren, wo das Kohlendioxid an die Atmosphäre abgegeben werden kann. Da diese Verstärkung hauptsächlich auf das [[Ozonveränderungen und Klimawandel|Ozonloch]] über der Antarktis zurückgeführt wird, könnte die Abschwächung der CO<sub>2</sub>-Aufnahme eine vorübergehende Erscheinung sein. Die Erwärmung des Ozeans spielt vor allem im Nordatlantik eine Rolle. Insgesamt macht die Erwärmung aber nur 20 % der Abschwächung der ozeanischen Senke aus. <ref>Le Quéré, C., et al. (2010): Impact of climate change and variability on the global oceanic sink of CO2, Global Biogeochemical Cycles 24, doi:10.1029/2009GB003599
Seit 1850 hat sich die Kohlenstoffsenke an Land auf 195 Gt C summiert, was über den gesamten Zeitraum gerechnet 30% der anthropogenen Emissionen ausmacht. Die durch den anthropogenen Treibhauseffekt verursachten Klimaänderungen fördern das Wachstum in den hohen Breiten und hemmen es in Gebieten mit abnehmender Bodenfeuchte sowie in den von Abholzung betroffenen tropischen Wäldern wie im Amazonasgebiet. Insgesamt ist der Anteil der Landsenke an den Gesamtemissionen jedoch auch über die letzten 60 Jahre relativ konstant geblieben.<ref name="Friedlingstein 2022a" /> Allerdings wird die CO<sub>2</sub>-Senke an Land zu einem Teil durch CO<sub>2</sub>-Emissionen infolge der anthropogenen Landnutzungsänderungen kompensiert.<ref name="Crisp 2022" />
</ref><ref>Sarmiento, J. L., et al. (2010): Trends and regional distributions of land and ocean carbon sinks, Biogeosciences 7, 2351–2367</ref>  


Die Quellen dieser Ergebnisse sind jedoch mit Unsicherheiten behaftet. Die Abschwächung regionaler Senken ist zwar durch Beobachtungen für den Nordatlantik und den Südlichen Ozean belegt. Eine Zunahme der CO<sub>2</sub>-Aufnahme durch den Ozean wurde jedoch im Nordpazifik beobachtet. Insgesamt sind die vorhandenen Beobachtungen nur begrenzt aussagefähig, weil sie nicht flächendeckend sind. Klimamodelle liefern zwar ein Gesamtbild, sie berücksichtigen jedoch nicht alle Prozesse, die von Bedeutung sein könnten wie z.B. die Reaktion der marinen Ökosysteme auf  die Versauerung der Meere.<ref>Le Quéré, C., et al. (2009): Trends in the sources and sinks of carbon dioxide, Nature Geoscience 2, 831–836</ref><ref>Baker, D.F. (2007): Reassessing Carbon Sinks, Science 22 June, Vol. 316, 1708-1709 </ref> Ein Vergleich der Emissionen mit der Aufnahme von CO<sub>2</sub> durch die Atmosphäre, aus dem die Aufnahme von Land und Ozean zusammengenommen einfach abgeleitet werden kann, zeigt jedenfalls keine erkennbare Abschwächung in der Summe der beiden Senken. Vielmehr hat sich die Aufnahmerate von Land und Ozean pro Jahrzehnt deutlich erhöht, von 2,5 GtC pro Jahr in den 1960er Jahren auf 4,6 GtC seit 2000. In der Atmosphäre hat die Aufnahme von Kohlendioxid von 1,8 GtC pro Jahr in den 1960ern auf 4,1 GtC jährlich zwischen 2000 und 2010 allerdings ebenfalls deutlich zugenommen, wobei die Steigerung besonders stark zwischen den 1990er und den 2000er Jahren war.<ref>A. P. Ballantyne1, et al. (2012): Increase in observed net carbon dioxide uptake by land and oceans during the past 50 years, Nature 488, 70-73</ref>
==== Die Ozeansenke ====
Der Ozean speichert nicht nur einen Großteil der durch den erhöhten Treibhauseffekt verursachten Wärme (gegenwärtig ca. 90%), sondern auch einen Großteil der anthropogenen CO<sub>2</sub>-Emissionen. Durch beide Prozesse wird die mittlere globale Erwärmung an der Erdoberfläche stark verlangsamt. Während des Jahrzehnts 2012-2021 hat der Ozean 26 % der anthropogenen Emissionen von Kohlendioxid aufgenommen.<ref name="Friedlingstein 2022" /> Die Aufnahme von Kohlendioxid in den Ozean ist regional sehr unterschiedlich. Sie findet vor allem in Regionen mit absinkenden Wassermassen statt wie im Nordatlantik und im Südlichen Ozean, während in den Tropen hohe
Temperaturen für eine Abgabe von CO<sub>2</sub> an die Atmosphäre sorgen. Von der gesamten Kohlenstoffmenge in den oberflächennahen Speichern Atmosphäre, Land und Ozean befinden sich etwa 90% bzw. 39.000 PgC im Ozean, drei Viertel davon bisher noch in den obersten 100 m. Der Transport in tiefere Schichten hängt wesentlich von der großräumigen ozeanischen Umwälzzirkulation ab. Der Anteil von anthropogenem Kohlenstoff an der gesamten ozeanischen Kohlenstoffmenge ist mit 0,4% gegenüber dem anthropogenen CO<sub>2</sub>-Gehalt der Atmosphäre von 50% verschwindend gering.<ref name="Crisp 2022" />
 
Vor Beginn der Industrialisierung war der CO<sub>2</sub>-Austausch zwischen Ozean und Atmosphäre weitgehend ausgeglichen. Seit 1850 hat der Ozean von der in die Atmosphäre emittierten Gesamtmenge von 455 Gt C an anthropogenem Kohlenstoff 170 Gt C aufgenommen. Besonders seit den 1960er Jahren ist damit der Ozean zu einer wichtigen Senke für die CO<sub>2</sub>-Emissionen durch den Menschen geworden. In den letzten Jahrzehnten hat der Ozean in Reaktion auf die erhöhten anthropogenen Emissionen in die Atmosphäre deutlich mehr Kohlendioxid aufgenommen. In den 1960er Jahren betrug die Aufnahmerate 1,1 Gt C/Jahr. In den 2010er Jahren (2012-2021) hatte sie sich auf 2,9 Gt C/Jahr fast verdreifacht. Der Anteil an den anthropogenen Emissionen blieb jedoch mit rund 25% bemerkenswert konstant. Die stetige Zunahme der absoluten Menge folgt der Zunahme der CO<sub>2</sub>-Konzentration in der Atmosphäre. Für eine geringere Aufnahme anthropogenen Kohlenstoffs in den Ozean gibt es bislang keine Anzeichen.<ref name="Friedlingstein 2022" /> Modellprojektionen weisen jedoch auf eine mögliche Abschwächung der ozeanischen Aufnahmekapazität von CO<sub>2</sub> in der 2. Hälfte des 21. Jahrhunderts
hin. Ein Grund ist die weitere Erwärmung des Ozeans, durch die weniger CO<sub>2</sub> im Wasser gelöst wird. Die Erwärmung führt außerdem infolge einer stärkeren Schichtung der Wassersäule zu einer Abschwächung der Tiefenzirkulation. Dadurch gelangt weniger kohlenstoffreiches Wasser in den tieferen Ozean und weniger kohlenstoffarmes Wasser erreicht die oberen Schichten der Wassersäule, um dort neuen Kohlenstoff aufzunehmen.<ref name="IPCC AR6 WGI Box 5.3">IPCC AR6, WGI (2022): The Physical Science Basis, Box 5.3, 5.4.4</ref>


== Kohlendioxid in der früheren Atmosphäre ==
== Kohlendioxid in der früheren Atmosphäre ==
=== Kohlendioxid seit Beginn der Erdgeschichte ===
=== Kohlendioxid seit Beginn der Erdgeschichte ===
Wie die [[Temperatur]] so unterlag auch der Kohlendioxidgehalt der [[Atmosphäre]] im Laufe der Erdgeschichte starken Schwankungen. Die Uratmosphäre vor ca. 4&nbsp;Milliarden Jahren besaß keinen Sauerstoff, dafür aber einen sehr hohen Gehalt an Kohlendioxid, Wasserdampf und [[Methan]]. Obwohl die Sonneneinstrahlung zu dieser Zeit um 25-30&nbsp;% schwächer war als heute, herrschten durch die hohe Treibhausgaskonzentration globale Durchschnittstemperaturen von über 50&nbsp;°C. In dem durch Abkühlung allmählich entstehenden Urozean wurde aus der Atmosphäre CO<sub>2</sub> gelöst und in Sedimenten gebunden. Ebenso wurde CO<sub>2</sub> durch Verwitterung von Gesteinen an Land aus der Atmosphäre gebunden und in Sedimenten ebenfalls dem Ozean zugeführt. Später kam die Entwicklung der Vegetation hinzu, die durch Photosynthese Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnahm. Die Folge war eine zunehmende Abkühlung der Atmosphäre. Die Sedimente gerieten jedoch teilweise ins Erdinnere und wurden aufgeschmolzen. Durch [[Vulkanismus]] wurde das Kohlendioxid dann z.T. wieder der Atmosphäre zugeführt, woraus eine erneute Erwärmung folgte. Dieser Kohlendioxidregelkreis sorgte im Laufe der Erdgeschichte dafür, dass die Temperaturen der Erde nicht in ein Extrem abdrifteten, sondern zwischen sehr warmen Phasen von bis zu 50&nbsp;°C und sehr kalten Phasen, in denen die Erde weitgehend vereist war, variierten.
Wie die [[Temperatur]] so unterlag auch der Kohlendioxidgehalt der [[Atmosphäre]] im Laufe der Erdgeschichte starken Schwankungen. Die Uratmosphäre vor ca. 4&nbsp;Milliarden Jahren besaß keinen Sauerstoff, dafür aber einen sehr hohen Gehalt an Kohlendioxid, Wasserdampf und [[Methan]]. Obwohl die Sonneneinstrahlung zu dieser Zeit um 25-30&nbsp;% schwächer war als heute, herrschten durch die hohe Treibhausgaskonzentration globale Durchschnittstemperaturen von über 50&nbsp;°C. In dem durch Abkühlung allmählich entstehenden Urozean wurde aus der Atmosphäre CO<sub>2</sub> gelöst und in Sedimenten gebunden. Ebenso wurde CO<sub>2</sub> durch Verwitterung von Gesteinen an Land aus der Atmosphäre gebunden und in Sedimenten ebenfalls dem Ozean zugeführt. Später kam die Entwicklung der Vegetation hinzu, die durch Photosynthese Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnahm. Die Folge war eine zunehmende Abkühlung der Atmosphäre. Die Sedimente gerieten jedoch teilweise ins Erdinnere und wurden aufgeschmolzen. Durch [[Vulkanismus]] wurde das Kohlendioxid dann z.T. wieder der Atmosphäre zugeführt, woraus eine erneute Erwärmung folgte. Dieser Kohlendioxidregelkreis sorgte im Laufe der Erdgeschichte dafür, dass die Temperaturen der Erde nicht in ein Extrem abdrifteten, sondern zwischen sehr warmen Phasen von bis zu 50&nbsp;°C und sehr kalten Phasen, in denen die Erde weitgehend vereist war, variierten.<ref name="Oschmann">W. Oschmann: Vier Milliarden Jahre Klimageschichte im Überblick, in: DWD  [http://www.dwd.de/DE/leistungen/klimastatusbericht/publikationen/ksb2003_pdf/01_2003.html?nn=16102 Klimastatusbericht 2003]</ref>


Über die letzten 500&nbsp;Millionen Jahre liegen über diese Schwankungen etwas bessere Informationen vor. In den ersten 100&nbsp;Millionen Jahren dieses Zeitraums lag der CO<sub>2</sub>-Gehalt zwischen 4000 und 6000 ppm (heute 385&nbsp;ppm)<ref>ppm (Teile pro Million) ist das Verhältnis der Anzahl von Treibhausgasmolekülen zur Gesamtzahl der Moleküle in trockener Luft.</ref>. Dann folgte eine Phase mit ähnlich niedrigen CO<sub>2</sub>-Werten wie heute und einer Eisbedeckung fast bis zum 30. Breitengrad. Zwischen 100 und 250&nbsp;Millionen Jahren vh. lag der CO<sub>2</sub>-Gehalt wieder deutlich über 1000&nbsp;ppm. Es war die Zeit der Dinosaurier mit um 8&nbsp;Grad wärmeren Temperaturen als heute.
Über die letzten 500&nbsp;Millionen Jahre liegen über diese Schwankungen etwas bessere Informationen vor. In den ersten 100&nbsp;Millionen Jahren dieses Zeitraums lag der CO<sub>2</sub>-Gehalt zwischen 4000 und 6000 ppm (zum Vergleich: der CO<sub>2</sub>-Gehalt liegt heute bei ca. 420 ppm - das ist der Jahresmittelwert für das Jahr 2022). Dann folgte eine Phase mit ähnlich niedrigen CO<sub>2</sub>-Werten wie heute und einer Eisbedeckung fast bis zum 30. Breitengrad. Zwischen 100 und 250 Millionen Jahren vh. lag der CO<sub>2</sub>-Gehalt wieder deutlich über 1000 ppm. Es war die Zeit der Dinosaurier mit um acht Grad wärmeren Temperaturen als heute.


=== Kohlendioxid im Känozoikum ===
=== Kohlendioxid im Känozoikum ===
[[Bild:CO2_60Mio.jpg|thumb|420px|Der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre in den letzten 60 Millionen Jahren.]]
[[Bild:CO2 erdneuzeit IPCC-AR6.jpg|thumb|420px|Der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre in den letzten ca. 60 Millionen Jahren. Die Daten beruhen hauptsächlich auf ozeanbasierten Proxydaten, die vom 6. IPCC-Bericht als deutlich verlässlicher eingeschätzt werden als etwa die landbasierte Stomata-Methode.<ref name="IPCC 2021 Ch. 2">IPCC (2021): Climate Change 2021: The Physical Science Basis, 2.2.3.1</ref>]]
In den letzten 65&nbsp;Millionen Jahren, dem [[Känozoikum]] (Erdneuzeit), hat der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre dann die Entwicklung genommen, die zu den heutigen Klimaverhältnissen führte. In den ersten 30 Millionen Jahren lag er bei etwa 1000&nbsp;ppm, wobei er um 50&nbsp;Millionen Jahre v.h. sogar den Wert von 1500&nbsp;ppm überschritt. In dieser ersten Hälfte des Känozoikums war die Erde noch eisfrei. Ab etwa 35&nbsp;Millionen Jahren v.h. zeigt sich eine tendenzielle Anbnahme der CO<sub>2</sub>-Konzentration bis auf schließlich ca. 300&nbsp;ppm, womit vor etwa 35&nbsp;Millionen Jahren die Vereisung der [[Antarktischer Eisschild|Antarktis]] und vor etwa zweieinhalb Millionen Jahren das gegenwärtige [[Eiszeitalter]] eingeleitet wurden.<ref>Hansen, J. et al. (2008): [http://www.columbia.edu/~jeh1/2008/TargetCO2_20080407.pdf Target Atmospheric CO2: Where Should Humanity Aim?]</ref>  
In den letzten 65&nbsp;Millionen Jahren, dem [[Känozoikum]] (Erdneuzeit), hat der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre dann die Entwicklung genommen, die zu den heutigen Klimaverhältnissen führte. In den ersten 30 Millionen Jahren lag er bei etwa 1000&nbsp;ppm, wobei er um 50&nbsp;Millionen Jahre v.h. sogar den Wert von 1500&nbsp;ppm überschritt. In dieser ersten Hälfte des Känozoikums war die Erde noch eisfrei. Ab etwa 35&nbsp;Millionen Jahren v.h. zeigt sich eine tendenzielle Anbnahme der CO<sub>2</sub>-Konzentration bis auf schließlich ca. 300&nbsp;ppm, womit vor etwa 35&nbsp;Millionen Jahren die Vereisung der [[Antarktischer Eisschild|Antarktis]] und vor etwa zweieinhalb Millionen Jahren das gegenwärtige [[Eiszeitalter]] eingeleitet wurden.<ref>Hansen, J. et al. (2008): [http://www.columbia.edu/~jeh1/2008/TargetCO2_20080407.pdf Target Atmospheric CO2: Where Should Humanity Aim?]</ref>  


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=== Kohlendioxid im Eiszeitalter ===
=== Kohlendioxid im Eiszeitalter ===
[[Bild:CO2_640000.jpg|thumb|420px|Änderungen der atmosphärischen CO<sub>2</sub>-Konzentration in den letzten 640 000 Jahren sowie Schwankungen von Deuterium als Proxy (Stellvertreterdaten) für Temperatur im arktischen Eis. Braune Streifen: Warmzeiten.]]
[[Bild:CO2 temp 720000.jpg|thumb|420px|Änderungen der Temperatur und der atmosphärischen CO<sub>2</sub>-Konzentration in den letzten 720 000 Jahren nach Daten aus Eisbohrkernen der Antarktis. Holozän, Eem: gegenwärtige und letzte Warmzeit; LGM: Höhepunkt der letzten Eiszeit.]]
Noch bessere Informationen über den CO<sub>2</sub>-Gehalt der Atmosphäre gibt es über die vergangenen 740 000 Jahre von Eisbohrkernen aus der Antarktis, die auch besonders gut die Korrelation zwischen Temperatur und Kohlendioxidkonzentration belegen. Diese Zeit umfasst knapp die letzte Hälfte des so genannten [[Eiszeitalter]]s, das durch fast regelmäßige Schwankungen zwischen Warm- und Kaltzeiten charakterisiert ist. Grundlegende Ursache für diese Schwankungen sind Änderungen in den Parametern der Erdbahn um die Sonne. Die hierdurch bedingten zunächst relativ geringen Einflüsse auf den [[Strahlungshaushalt der Atmosphäre|Strahlungshaushalt der Erde]] werden jedoch durch Änderungen der [[Albedo]] und der atmosphärischen Konzentration der Treibhausgase, vor allem des Kohlendioxids, erheblich verstärkt. So führt eine Verringerung der Sonneneinstrahlung zur Bildung von Eis- und [[Schnee]]flächen, die einfallende Sonnenstrahlen reflektieren und damit die eingeleitete Abkühlung verstärken. Außerdem reduziert sich durch die anfängliche Abkühlung die CO<sub>2</sub>-Konzentration (und die anderer Treibhausgase) in der Atmosphäre. Die primäre Ursache dafür liegt in der größeren Aufnahmefähigkeit von CO<sub>2</sub> durch den kälteren Ozean. Erst durch die höhere Albedo und die geringere CO<sub>2</sub>-Konzentration werden also die anfänglich nur gering fallenden Temperaturen um mehrere Grad gesenkt und eine neue Eiszeit beginnt. Umgekehrt läuft der Prozess zu Beginn einer neuen Warmzeit: Schmelzendes Eis verringert die globale Albedo, und der höhere CO<sub>2</sub>-Gehalt, der primär aus der CO<sub>2</sub>-Abgabe des sich erwärmenden Ozeans stammt, erwärmt die Atmosphäre.
Noch bessere Informationen über den CO<sub>2</sub>-Gehalt der Atmosphäre gibt es über die vergangenen 720 000 Jahre von Eisbohrkernen aus der Antarktis, die auch besonders gut die Korrelation zwischen Temperatur und Kohlendioxidkonzentration belegen. Diese Zeit umfasst knapp die letzte Hälfte des so genannten [[Eiszeitalter]]s, das durch fast regelmäßige Schwankungen zwischen Warm- und Kaltzeiten charakterisiert ist. Grundlegende Ursache für diese Schwankungen sind Änderungen in den Parametern der Erdbahn um die Sonne. Die hierdurch bedingten zunächst relativ geringen Einflüsse auf den [[Strahlungshaushalt der Atmosphäre|Strahlungshaushalt der Erde]] werden jedoch durch Änderungen der [[Albedo]] und der atmosphärischen Konzentration der Treibhausgase, vor allem des Kohlendioxids, erheblich verstärkt. So führt eine Verringerung der Sonneneinstrahlung zur Bildung von Eis- und [[Schnee]]flächen, die einfallende Sonnenstrahlen reflektieren und damit die eingeleitete Abkühlung verstärken. Außerdem reduziert sich durch die anfängliche Abkühlung die CO<sub>2</sub>-Konzentration (und die anderer Treibhausgase) in der Atmosphäre. Die primäre Ursache dafür liegt in der größeren Aufnahmefähigkeit von CO<sub>2</sub> durch den kälteren Ozean. Erst durch die höhere Albedo und die geringere CO<sub>2</sub>-Konzentration werden also die anfänglich nur gering fallenden Temperaturen um mehrere Grad gesenkt und eine neue Eiszeit beginnt. Umgekehrt läuft der Prozess zu Beginn einer neuen Warmzeit: Schmelzendes Eis verringert die globale Albedo, und der höhere CO<sub>2</sub>-Gehalt, der primär aus der CO<sub>2</sub>-Abgabe des sich erwärmenden Ozeans stammt, erwärmt die Atmosphäre.


Atmosphärischer Kohlendioxid und globale Temperatur beeinflussen sich wechselseitig. Eine verringerte globale Temperatur senkt den CO<sub>2</sub>-Gehalt, und ein niedrigerer CO<sub>2</sub>-Gehalt führt zu einer noch stärkeren Temperaturabsenkung. Der CO<sub>2</sub>-Gehalt bewegt sich dabei in einer Spanne zwischen 180 und 300&nbsp;ppm. Die gegenwärtige Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre liegt jenseits der eiszeitlichen Schwankungen und lässt sich nicht aus einer vorhergegangenen Erwärmung ableiten. Sie ist eine Folge anthropogener Emissionen und für die aktuelle Erwärmung verantwortlich.
Atmosphärischer Kohlendioxid und globale Temperatur beeinflussen sich wechselseitig. Eine verringerte globale Temperatur senkt den CO<sub>2</sub>-Gehalt, und ein niedrigerer CO<sub>2</sub>-Gehalt führt zu einer noch stärkeren Temperaturabsenkung. Der CO<sub>2</sub>-Gehalt bewegt sich dabei in einer Spanne zwischen 180 und 300&nbsp;ppm. Die gegenwärtige Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre liegt jenseits der eiszeitlichen Schwankungen und lässt sich nicht aus einer vorhergegangenen Erwärmung ableiten. Sie ist eine Folge anthropogener Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe und anderen Quellen und für die aktuelle Erwärmung primär verantwortlich.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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* [ftp://ftp.cmdl.noaa.gov/ccg/co2/trends/co2_annmean_mlo.txt Mauna Loa CO2 annual mean data] Jahresmittelwerte (Daten)
* [ftp://ftp.cmdl.noaa.gov/ccg/co2/trends/co2_annmean_mlo.txt Mauna Loa CO2 annual mean data] Jahresmittelwerte (Daten)
* [ftp://ftp.cmdl.noaa.gov/ccg/co2/trends/co2_gr_mlo.txt Mauna Loa CO2 annual mean growth rates] jährliche Wachstumsraten (Daten)
* [ftp://ftp.cmdl.noaa.gov/ccg/co2/trends/co2_gr_mlo.txt Mauna Loa CO2 annual mean growth rates] jährliche Wachstumsraten (Daten)
* Carbon Dioxide Information Analysis Center (CDIAC): [http://cdiac.ornl.gov/trends/emis/tre_glob.html Global Fossil-Fuel CO<sub>2</sub> Emissions]
* Carbon Dioxide Information Analysis Center (CDIAC): [https://cdiac.ess-dive.lbl.gov/trends/emis/meth_reg.html Global Fossil-Fuel CO<sub>2</sub> Emissions]
* Christopher Schrader (tp vom 29.11.2010): [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33742/1.html Der Klima-Gipfel: Mauna Loa, Hawaii • Eine Kurve verändert die Welt]
* Christopher Schrader (tp vom 29.11.2010): [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33742/1.html Der Klima-Gipfel: Mauna Loa, Hawaii • Eine Kurve verändert die Welt]
: ''Ein lesenswerter Artikel über die von Charles David Keeling initiierte kontinuierliche Messung des CO<sub>2</sub> in der Luft auf dem Mauna Loa ("[http://de.wikipedia.org/wiki/Keeling-Kurve Keeling-Kurve]").''
: ''Ein lesenswerter Artikel über die von Charles David Keeling initiierte kontinuierliche Messung des CO<sub>2</sub> in der Luft auf dem Mauna Loa ("[http://de.wikipedia.org/wiki/Keeling-Kurve Keeling-Kurve]").''

Aktuelle Version vom 10. Juli 2023, 16:36 Uhr

Die atmosphärische Konzentration von Kohlendioxid vom Beginn der Zeitrechnung bis zum Jahre 2015. Im eingefügten Kästchen die Konzentrations- und Emissionsentwicklung seit 1970.

Die aktuelle Kohlendioxidentwicklung

Emissionen

Statt als Kohlendioxid (CO2) werden die emittierten Mengen CO2 zumeist als Kohlenstoff (C) angegeben.
1 Gt C entspricht 3,67 Gt CO2.[1]

Aktuelle Entwicklung der Kohlendioxkonzentration am Mauna Loa.
Rot: Monatsmittel; schwarz: Monatsmittel saisonbereinigt.
Umrechnung[2]: 1 ppm CO2 = 7,814 Gt CO2
Wachstumsrate der Kohlendioxidkonzentration am Mauna Loa 1959-2015.Schwarze Balken: Mittel der Jahrzehnte.

Aktuelle Änderung der Konzentration

Die kumulativen Kohlendioxidemissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger zwischen 1850 und 2022 betrugen 475 GtC und die aus Landnutzungsänderungen 205 GtC, zusammen also 680 GtC (bzw. 2492 GtCO2). Davon verblieben 280 GtC in der Atmosphäre, 180 im Ozean und 2010 in der Landbiosphäre. Jährlich sind es gegenwärtig (2022) 5,3 GtC, die in der Atmosphäre verbleiben. 2,9 GtC/Jahr werden vom Ozean und 3,4 GtC/Jahr von der Landvegetation aufgenommen[3]

Das zusätzliche Kohlendioxid führt zu einer deutlichen Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre, deren Wachstumsrate seit etwa 2000 eine erneute Steigerung zeigt. Während sie in den 1990er Jahren bei nur 1,49 ppm[4] pro Jahr lag,[5] betrug sie in den 2000er Jahren an der Messstation Mauna Loa, Hawaii, ca. 2 ppm/Jahr und überschritt 2015 und 2016 die Marke von 3 ppm jährlich[6] Die CO2-Konzentration wächst damit gegenwärtig stärker als je in den letzten Hunderttausenden von Jahren; im Vergleich zu natürlichen Prozessen ist sie geradezu explosiv. So übertrifft sie die natürliche starke Zunahme von Kohlendioxid am Ende der letzten Eiszeit um das 200fache.[7] Das Rekordwachstum der CO2-Konzentration von 2015/16 ist eine erwartete Konsequenz aus der hohen Nutzung fossiler Energieträger in Kombination mit dem ungewöhnlich starken El Niño von 2015/16. Durch das El-Niño-Phänomen werden zusätzliche Emissionen aus tropischen Wäldern durch Dürren und Feuer verursacht.

Die Folge der immer höheren Wachstumsrate ist eine stetig steigende Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre. Seit Beginn der Zeitrechnung bis zum Beginn der Industrialisierung schwankte die atmosphärische Konzentration von Kohlendioxid nur geringfügig zwischen 275 und 285 ppm. Um 1750 lag die CO2-Konzentration bei 278 ppm und stieg dann während des industriellen Zeitalters auf 390,5 ppm im Jahre 2011.[8] Für die ersten 50 ppm der CO2-Erhöhung waren über 200 Jahre nötig, die nächsten 65 ppm wurden dagegen in nur noch 35 Jahren erreicht. 2015 wurde sogar die symbolische Grenze von 400 ppm überschritten. Und nur vier Jahre später, im Jahr 2019, lag das Jahresmittel bei 410,5 ppm und 2022 wurden 417 ppm gemessen. Das bedeutet eine Steigerung um ca. 50% im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Trotz der Corona-Krise 2020 und der damit verbundenen Verringerung der Emissionen von CO2, die vorläufig auf 4,2-7,5% für das gesamte Jahr 2020 geschätzt werden, ist die CO2-Konzentration davon kaum berührt.[9]

CO2-Konzentrationen von über 400 ppm hat die Erde seit mehreren Millionen von Jahren nicht gesehen. Falls die fossilen Emissionen nicht bald deutlich unter das gegenwärtige Niveau gesenkt werden, wird das CO2-Niveau die 450-ppm-Marke nach Einschätzung des bekannten amerikanischen Klimaforschers Ralph Keeling um 2035 und die 500-ppm-Grenze um 2065 überschreiten. Nach Keeling wird es mindestens 1000 Jahre dauern, bevor die CO2-Konzentration wieder unter 350 ppm fällt, jenes Niveau, das viele Experten als Grenze für eine gefährliche Klimaentwicklung ansehen.[10]

Verteilung des emittierten Kohlendioxids

Die Änderung der CO2-Emissionen durch die Verbrennung fossiler Energien und Zementproduktion (oben links) und durch die Änderung der Landnutzung (unten links),sowie die Veränderung der CO2-Senkenanteile der Atmosphäre (oben rechts), der Landvegetation (Mitte rechts) und des Ozeans (unten rechts). Die Prozentangaben sind gerundet.
CO2-Senken auf dem Land (oben) und im Ozean (unten). Grüne und blaue Farben bezeichnen Netto-CO2-Aufnahmen aus der Atmosphäre (Senken), gelbe und rote Farben Netto-CO2-Abgaben an die Atmosphäre (Quellen).

Nur etwas weniger als die Hälfte des emittierten Kohlenstoffs verbleibt jedoch in der Atmosphäre. Der Rest wird von der Landbiosphäre (Böden und Vegetation) und dem Ozean aufgenommen.[11] Für das Klima der nächsten Jahrzehnte ist es von grundlegender Bedeutung, wie sich die Kohlenstoff-Senken Land und Ozean in Zukunft entwickeln. Werden sie weiterhin so viel Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen oder wird sich ihre Senkenkapazität abschwächen? Allgemein wird angenommen, dass die globale Erwärmung zu einer Abschwächung der Senken von Land und Ozean führt. Ein warmer Ozean kann weniger Kohlendioxid aufnehmen als ein kalter. Und bei der Landbiosphäre könnten höhere Temperaturen dazu führen, dass durch die stärkeren Verwitterungsprozesse mehr CO2 freigesetzt als durch den CO2-Düngungseffekt zusätzlich aufgenommen wird.

Die Landsenke

In den 1960er Jahren nahme die Landvegetation 1,2 GtC pro Jahr auf, in den 2010er Jahren belief sich die Land-Senke bereits auf 3,1 GtC/Jahr.[3] Die vermehrte Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre durch die Landbiosphäre (Vegetation und Boden) ist vor allem durch den sog. CO2-Düngungseffekt infolge der Zunahme der atmosphärischen CO2-Konzentration bedingt, aber auch durch klimatische Änderungen wie eine Verlängerung der Wachstumszeit in höheren Breiten.[12] Die Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre fördert das Wachstum der Landvegetation und verstärkt damit die CO2-Speicherung von Ökosystemen. Dieser CO2-Düngungseffekt wird beeinflusst durch die Temperatur und die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen. Klimasimulationen zeigen, dass die CO2-Aufnahme durch die Landvegetation bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bei dem hohen Szenario SSP8.5 auch weiterhin zunimmt, bei den niedrigeren Szenarien allerdings zurückgehen wird. Der Rückgang ist dabei vor allem durch Nährstoffmangel verursacht.[13]

Seit 1850 hat sich die Kohlenstoffsenke an Land auf 195 Gt C summiert, was über den gesamten Zeitraum gerechnet 30% der anthropogenen Emissionen ausmacht. Die durch den anthropogenen Treibhauseffekt verursachten Klimaänderungen fördern das Wachstum in den hohen Breiten und hemmen es in Gebieten mit abnehmender Bodenfeuchte sowie in den von Abholzung betroffenen tropischen Wäldern wie im Amazonasgebiet. Insgesamt ist der Anteil der Landsenke an den Gesamtemissionen jedoch auch über die letzten 60 Jahre relativ konstant geblieben.[12] Allerdings wird die CO2-Senke an Land zu einem Teil durch CO2-Emissionen infolge der anthropogenen Landnutzungsänderungen kompensiert.[11]

Die Ozeansenke

Der Ozean speichert nicht nur einen Großteil der durch den erhöhten Treibhauseffekt verursachten Wärme (gegenwärtig ca. 90%), sondern auch einen Großteil der anthropogenen CO2-Emissionen. Durch beide Prozesse wird die mittlere globale Erwärmung an der Erdoberfläche stark verlangsamt. Während des Jahrzehnts 2012-2021 hat der Ozean 26 % der anthropogenen Emissionen von Kohlendioxid aufgenommen.[3] Die Aufnahme von Kohlendioxid in den Ozean ist regional sehr unterschiedlich. Sie findet vor allem in Regionen mit absinkenden Wassermassen statt wie im Nordatlantik und im Südlichen Ozean, während in den Tropen hohe Temperaturen für eine Abgabe von CO2 an die Atmosphäre sorgen. Von der gesamten Kohlenstoffmenge in den oberflächennahen Speichern Atmosphäre, Land und Ozean befinden sich etwa 90% bzw. 39.000 PgC im Ozean, drei Viertel davon bisher noch in den obersten 100 m. Der Transport in tiefere Schichten hängt wesentlich von der großräumigen ozeanischen Umwälzzirkulation ab. Der Anteil von anthropogenem Kohlenstoff an der gesamten ozeanischen Kohlenstoffmenge ist mit 0,4% gegenüber dem anthropogenen CO2-Gehalt der Atmosphäre von 50% verschwindend gering.[11]

Vor Beginn der Industrialisierung war der CO2-Austausch zwischen Ozean und Atmosphäre weitgehend ausgeglichen. Seit 1850 hat der Ozean von der in die Atmosphäre emittierten Gesamtmenge von 455 Gt C an anthropogenem Kohlenstoff 170 Gt C aufgenommen. Besonders seit den 1960er Jahren ist damit der Ozean zu einer wichtigen Senke für die CO2-Emissionen durch den Menschen geworden. In den letzten Jahrzehnten hat der Ozean in Reaktion auf die erhöhten anthropogenen Emissionen in die Atmosphäre deutlich mehr Kohlendioxid aufgenommen. In den 1960er Jahren betrug die Aufnahmerate 1,1 Gt C/Jahr. In den 2010er Jahren (2012-2021) hatte sie sich auf 2,9 Gt C/Jahr fast verdreifacht. Der Anteil an den anthropogenen Emissionen blieb jedoch mit rund 25% bemerkenswert konstant. Die stetige Zunahme der absoluten Menge folgt der Zunahme der CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Für eine geringere Aufnahme anthropogenen Kohlenstoffs in den Ozean gibt es bislang keine Anzeichen.[3] Modellprojektionen weisen jedoch auf eine mögliche Abschwächung der ozeanischen Aufnahmekapazität von CO2 in der 2. Hälfte des 21. Jahrhunderts hin. Ein Grund ist die weitere Erwärmung des Ozeans, durch die weniger CO2 im Wasser gelöst wird. Die Erwärmung führt außerdem infolge einer stärkeren Schichtung der Wassersäule zu einer Abschwächung der Tiefenzirkulation. Dadurch gelangt weniger kohlenstoffreiches Wasser in den tieferen Ozean und weniger kohlenstoffarmes Wasser erreicht die oberen Schichten der Wassersäule, um dort neuen Kohlenstoff aufzunehmen.[14]

Kohlendioxid in der früheren Atmosphäre

Kohlendioxid seit Beginn der Erdgeschichte

Wie die Temperatur so unterlag auch der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre im Laufe der Erdgeschichte starken Schwankungen. Die Uratmosphäre vor ca. 4 Milliarden Jahren besaß keinen Sauerstoff, dafür aber einen sehr hohen Gehalt an Kohlendioxid, Wasserdampf und Methan. Obwohl die Sonneneinstrahlung zu dieser Zeit um 25-30 % schwächer war als heute, herrschten durch die hohe Treibhausgaskonzentration globale Durchschnittstemperaturen von über 50 °C. In dem durch Abkühlung allmählich entstehenden Urozean wurde aus der Atmosphäre CO2 gelöst und in Sedimenten gebunden. Ebenso wurde CO2 durch Verwitterung von Gesteinen an Land aus der Atmosphäre gebunden und in Sedimenten ebenfalls dem Ozean zugeführt. Später kam die Entwicklung der Vegetation hinzu, die durch Photosynthese Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnahm. Die Folge war eine zunehmende Abkühlung der Atmosphäre. Die Sedimente gerieten jedoch teilweise ins Erdinnere und wurden aufgeschmolzen. Durch Vulkanismus wurde das Kohlendioxid dann z.T. wieder der Atmosphäre zugeführt, woraus eine erneute Erwärmung folgte. Dieser Kohlendioxidregelkreis sorgte im Laufe der Erdgeschichte dafür, dass die Temperaturen der Erde nicht in ein Extrem abdrifteten, sondern zwischen sehr warmen Phasen von bis zu 50 °C und sehr kalten Phasen, in denen die Erde weitgehend vereist war, variierten.[15]

Über die letzten 500 Millionen Jahre liegen über diese Schwankungen etwas bessere Informationen vor. In den ersten 100 Millionen Jahren dieses Zeitraums lag der CO2-Gehalt zwischen 4000 und 6000 ppm (zum Vergleich: der CO2-Gehalt liegt heute bei ca. 420 ppm - das ist der Jahresmittelwert für das Jahr 2022). Dann folgte eine Phase mit ähnlich niedrigen CO2-Werten wie heute und einer Eisbedeckung fast bis zum 30. Breitengrad. Zwischen 100 und 250 Millionen Jahren vh. lag der CO2-Gehalt wieder deutlich über 1000 ppm. Es war die Zeit der Dinosaurier mit um acht Grad wärmeren Temperaturen als heute.

Kohlendioxid im Känozoikum

Der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre in den letzten ca. 60 Millionen Jahren. Die Daten beruhen hauptsächlich auf ozeanbasierten Proxydaten, die vom 6. IPCC-Bericht als deutlich verlässlicher eingeschätzt werden als etwa die landbasierte Stomata-Methode.[16]

In den letzten 65 Millionen Jahren, dem Känozoikum (Erdneuzeit), hat der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre dann die Entwicklung genommen, die zu den heutigen Klimaverhältnissen führte. In den ersten 30 Millionen Jahren lag er bei etwa 1000 ppm, wobei er um 50 Millionen Jahre v.h. sogar den Wert von 1500 ppm überschritt. In dieser ersten Hälfte des Känozoikums war die Erde noch eisfrei. Ab etwa 35 Millionen Jahren v.h. zeigt sich eine tendenzielle Anbnahme der CO2-Konzentration bis auf schließlich ca. 300 ppm, womit vor etwa 35 Millionen Jahren die Vereisung der Antarktis und vor etwa zweieinhalb Millionen Jahren das gegenwärtige Eiszeitalter eingeleitet wurden.[17]

Der Hauptgrund für die Änderungen des CO2-Gehaltes im Känozoikums wird in Bewegungen der afrikanischen und indischen Platte gesehen. Sie haben zunächst zu den starken Gebirgsauffaltungen der Alpen und des Himalaya und damit zu intensiver vulkanischer Aktivität geführt. Nach der Heraushebung vor allem des Himalaya und des tibetischen Plateaus verbrauchten starke chemische Verwitterungsprozesse sehr viel atmosphärisches Kohlendioxid, das mit den Sedimenten dem Meer zugeführt und über lange Zeiträume dem Kohlenstoffkreislauf entzogen wurde.

Für die klimatische Entwicklung des Känozoikums hin zu einer erneuten Vereisung wird der CO2-Gehalt der Atmosphäre als der dominierende Faktor angesehen. Andere Antriebe wie die Sonneneinstrahlung oder die Änderung von Meeresströmungen haben nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt. Die Sonneneinstrahlung hat im Känozoikum sogar um 0,4 % zugenommen, was aber nur einem Strahlungsantrieb von +1 W/m2 entsprach - gegenüber einem negativen Antrieb von -10 W/m2 durch den abnehmenden Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre.

Kohlendioxid im Eiszeitalter

Änderungen der Temperatur und der atmosphärischen CO2-Konzentration in den letzten 720 000 Jahren nach Daten aus Eisbohrkernen der Antarktis. Holozän, Eem: gegenwärtige und letzte Warmzeit; LGM: Höhepunkt der letzten Eiszeit.

Noch bessere Informationen über den CO2-Gehalt der Atmosphäre gibt es über die vergangenen 720 000 Jahre von Eisbohrkernen aus der Antarktis, die auch besonders gut die Korrelation zwischen Temperatur und Kohlendioxidkonzentration belegen. Diese Zeit umfasst knapp die letzte Hälfte des so genannten Eiszeitalters, das durch fast regelmäßige Schwankungen zwischen Warm- und Kaltzeiten charakterisiert ist. Grundlegende Ursache für diese Schwankungen sind Änderungen in den Parametern der Erdbahn um die Sonne. Die hierdurch bedingten zunächst relativ geringen Einflüsse auf den Strahlungshaushalt der Erde werden jedoch durch Änderungen der Albedo und der atmosphärischen Konzentration der Treibhausgase, vor allem des Kohlendioxids, erheblich verstärkt. So führt eine Verringerung der Sonneneinstrahlung zur Bildung von Eis- und Schneeflächen, die einfallende Sonnenstrahlen reflektieren und damit die eingeleitete Abkühlung verstärken. Außerdem reduziert sich durch die anfängliche Abkühlung die CO2-Konzentration (und die anderer Treibhausgase) in der Atmosphäre. Die primäre Ursache dafür liegt in der größeren Aufnahmefähigkeit von CO2 durch den kälteren Ozean. Erst durch die höhere Albedo und die geringere CO2-Konzentration werden also die anfänglich nur gering fallenden Temperaturen um mehrere Grad gesenkt und eine neue Eiszeit beginnt. Umgekehrt läuft der Prozess zu Beginn einer neuen Warmzeit: Schmelzendes Eis verringert die globale Albedo, und der höhere CO2-Gehalt, der primär aus der CO2-Abgabe des sich erwärmenden Ozeans stammt, erwärmt die Atmosphäre.

Atmosphärischer Kohlendioxid und globale Temperatur beeinflussen sich wechselseitig. Eine verringerte globale Temperatur senkt den CO2-Gehalt, und ein niedrigerer CO2-Gehalt führt zu einer noch stärkeren Temperaturabsenkung. Der CO2-Gehalt bewegt sich dabei in einer Spanne zwischen 180 und 300 ppm. Die gegenwärtige Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre liegt jenseits der eiszeitlichen Schwankungen und lässt sich nicht aus einer vorhergegangenen Erwärmung ableiten. Sie ist eine Folge anthropogener Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe und anderen Quellen und für die aktuelle Erwärmung primär verantwortlich.

Einzelnachweise

  1. 1 Gt (Gigatonne) = 1 Milliarde (109) Tonnen
  2. Climate Data Check: Umrechnung ppm in Gt
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Friedlingstein, M. O'Sullivan, M.W. Jones et al. (2022): Global Carbon Budget 2022, Earth Syst. Sci. Data 14, 4811–4900
  4. ppm (Teile pro Million) ist das Verhältnis der Anzahl von Treibhausgasmolekülen zur Gesamtzahl der Moleküle in trockener Luft.
  5. Josep G. Canadell et al. (2007): Contributions to accelerating atmospheric CO2 growth from economic activity, carbon intensity, and efficiency of natural sinks, Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 10.1073/pnas.0702737104 Online
  6. NOAA Earth System Research Laboratory: Annual Mean Growth Rate for Mauna Loa, Hawaii
  7. NOAA (März, 2016): Record annual increase of carbon dioxide observed at Mauna Loa for 2015
  8. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.2
  9. WMO Greenhouse Gas Bulletin (GHG Bulletin) - No. 16 (2020): The State of Greenhouse Gases in the Atmosphere Based on Global Observations through 2019
  10. Keeling, R. (2016): Comment on Recent Record-Breaking CO2 Concentrations
  11. 11,0 11,1 11,2 Crisp, D., H. Dolman, T. Tanhua et al. (2022): How well do we understand the land-ocean-atmosphere carbon cycle? Reviews of Geophysics, 60, e2021RG000736. https://doi.org/10.1029/2021RG000736
  12. 12,0 12,1 Friedlingstein, P., M.W.Jones, M. O'sullivan et al. (2022): Global Carbon Budget 2021, Earth Syst. Sci. Data, 14, 1917–2005
  13. IPCC AR6, WGI (2022): The Physical Science Basis, Ch. 5.4.1
  14. IPCC AR6, WGI (2022): The Physical Science Basis, Box 5.3, 5.4.4
  15. W. Oschmann: Vier Milliarden Jahre Klimageschichte im Überblick, in: DWD Klimastatusbericht 2003
  16. IPCC (2021): Climate Change 2021: The Physical Science Basis, 2.2.3.1
  17. Hansen, J. et al. (2008): Target Atmospheric CO2: Where Should Humanity Aim?

Weblinks

Ein lesenswerter Artikel über die von Charles David Keeling initiierte kontinuierliche Messung des CO2 in der Luft auf dem Mauna Loa ("Keeling-Kurve").

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