Klimawandel und Allergien

Aus Klimawandel

Verbreitung von Pollenallergien

Etwa 20-30% der Deutschen leiden unter Allergien.[1] Besonders häufig ist dabei der so genannte Heuschnupfen, eine allergische Reaktion auf Pollen, die zumeist von Windbestäubern (z.B. Hasel, Birke, verschiedene Gräser) stammen. Durch die allergische Reaktion kann es auch zu asthmatischen Beschwerden kommen, die in schweren Fällen zu Berufsunfähigkeit führen oder sogar lebensbedrohlich werden können.

Allergien sind eine klassische Umweltkrankheit. Sie entstehen durch Aufnahme der Allergenträger aus der Umgebung. Insbesondere die über die Außenluft durch Pollen übertragenen Allergien sind stark von den klimatischen Bedingungen abhängig. Das Klima steuert nicht nur das Wachstum und die Blütezeit der allergenen Pflanzen, sondern beeinflusst auch ganz entscheidend den Pollenflug.

Längere Pollensaison

Dass der Klimawandel die Phänologie der Pflanzen schon deutlich beeinflusst hat, ist durch zahlreiche Studien nachgewiesen. Auf der Nordhalbkugel hat sich die Wachstumsperiode und damit Austrieb und Blüte bei allergenen Pflanzen in den letzten Jahrzehnten um bis zu 8 Tage verlängert, in den mittleren und nördlichen Breiten sogar um zwei Wochen. Das bedeutet, dass auch die Pollensaison früher beginnt, was durch Messungen auch bestätigt ist.[1] Die frühere Pollensaison geht einher mit klimatischen Änderungen, d.h. vor allem einer Temperaturzunahme, die auf den Klimawandel zurückgeführt werden können. Eine Erhöhung der Frühlingstemperatur um 1 °C hat im Mittel eine Vorverlegung von Austrieb und Blüte um 2,5-6 Tage zur Folge.[2] Ein außergewöhnlich warmer Winter wie der von 2006/07 hat in Deutschland die Haselblüte sogar um 64 Tage nach vorne verlegt.[1] Auch in anderen Jahren findet der Pollenflug der Hasel häufig bereits im Januar statt.[3]

Mehr und andere Pollen

Der frühere Beginn der Pollensaison und die höheren Temperaturen haben dazu geführt, dass sich mehr Pollen in der Luft befinden. So wurden in Innsbruck zwischen 1980 und 2001 bei einem mittleren Temperaturanstieg um 1,5°C eine Zunahme der Pollenzahl um das 1,2-fache bei der Birke und das 6,5-fache bei der Esche festgestellt.[3] Durch höhere Temperaturen beschleunigen sich die Keimungsprozesse und das Wachstum.

Ein weiterer Grund für eine verstärkte Pollenproduktion ist die höhere Kohlendioxidkonzentration, die die Photosynthese verstärkt und zu dem sogenannten CO2-Düngeeffekt führt. In Laborversuchen wurde bei einer Verdoppelung der CO2-Konzentration eine um 61 % höhere Pollenzahl registriert.[3] Allerdings reagieren Pflanzen auf höhere CO2-Werte verschieden. Die sog. C3-Pflanzen, zu denen die Mehrheit der mittel- und nordeuropäischen Pflanzen gehört, reagieren mit einer deutlich erhöhten Photosynthese auf mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre. C4-Pflanzen dagegen, die hauptsächlich in Trockengebieten wachsen, besitzen einen Mechanismus, der die Aufnahme von Kohlendioxid begrenzt, um den Wasserverlust zu minimieren.

Birkenpollen

Mehrere Untersuchungen belegen die Verlängerung der Pollensaison sowie die Zunahme der Gesamtzahl der Pollen bei der Birke.[4] So konnte man in Turku, im Südwesten Finnlands, feststellen, dass die Birkenpollen-Saison zwischen 1974 und 2004 immer früher begann. Dabei bestand offenbar eine Abhängigkeit von der Temperatur in den Monaten unmittelbar vor Beginn der Blüte. Auch eine Zunahme der Anzahl der Pollen sowie der Tage mit erhöhter Pollenbelastung wurde festgestellt. Auch für Basel wurde im Zeitraum 1969-2006 ein früherer Beginn der Pollen-Saison belegt, und zwar hier um 15 Tage. Ähnliches ergab eine Untersuchung für Berlin für die Zeit 1984-2008, in der sich der Beginn der Birkenblüte um 11 Tage nach vorne verschoben hat.

Für Berlin haben sich die Temperaturen im Februar und März als entscheidend für den Blühbeginn erwiesen.[5] In den 25 Jahren von 1984 bis 2008 hat sich in Berlin-Dahlem die Temperatur um 2,2 °C erhöht und der Blühbeginn der Birke um 11 Tage nach vorne verlagert. Einflüsse auf die Temperatur haben auch die lokalen Gegebenheiten wie die städtische Bebauung und die die Witterung bestimmenden Großwetterlagen. So kann durch die Rückstrahlung an Häuserwänden an Sonnentagen die lokale Temperatur zusätzlich erhöht werden, was den Blühbeginn einzelner Birken noch weiter nach vorne verlagern kann. Außerdem hat sich gezeigt, dass die Nordatlantische Oszillation (NAO) die Temperaturen im Februar/März stark beeinflusst. Bei einer starken NAO gelangen milde Luftmassen vom Atlantik bis nach Mitteleuropa, durch die der Vegetationsbeginn früher erfolgt. Eine schwache NAO ist mit niedrigeren Temperaturen und entsprechend späterem Blühbeginn verbunden.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Menzel, A./ Behrendt, H. (2007/2008): Zunahme des Pollenflugs und die Gefahr von Allergien. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 132-135
  2. Parmesan, C. 2006: Ecological and Evolutionary Responses to Recent Climate Change. Annual Review of Ecology, Evolution and Systematics (37): 637-69; IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 1.3.5.1
  3. 3,0 3,1 3,2 Berendt, H. (2008): Klimawandel und Allergie, in: Gostomzyk, J.G. (Hrsg.): Globaler Klimawandel und Gesundheit, 73-82
  4. Robert Koch-Institut (2011): Klimawandel und Gesundheit - Ein Sachstandsbericht, 5.2.2.1
  5. Kannabei, S. (2008): Untersuchungen ausgewählter Klimaelemente auf den Blühbeginn der Birke in Berlin

Literatur

  • J.L. Lozán u.a. (Hg.): Warnsignal Klima – Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen, Hamburg 2008

Weblinks


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