Klimaprojektionen Deutschland

Aus Klimawandel
Veränderung der Jahresmitteltemperatur für Deutschland von 2000 bis 2100 nach den Szenarien A1B und B1

Deutschland

Modelle

Berechnungen über das künftige Klima in Deutschland werden mit regionalen Klimamodellen durchgeführt, da globale Modelle eine zu grobe Auflösung besitzen (bis 200x200 km). Regionale Modelle besitzen dagegen eine Auflösung von z.B. 18x18 km wie das CLM-Modell für Europa[1] oder von 10x10 km wie das Modell REMO für Deutschland.[2] Regionalmodelle werden in globale Modelle integriert, d.h. die Ergebnisse von globalen Modellen, z.B. des in Hamburg am Max-Planck-Institut für Meteorologie entwickelten Modells ECHAM5/MPI-OM, werden als Ausgangs- und Randbedingungen genutzt. Ein weiteres Regionalmodell ist das vom Deutschen Wetterdienst entwickelte Modell WETTREG, das seine Berechnungen auf der Basis von in Deutschland etablierten Wetterstationen durchführt.[3] Wie bei den globalen Modellen werden die Rechnungen auch bei den Regionalmodellen entsprechend den IPCC-Szenarien B1, A1B, A2 usw. durchgeführt.

Temperatur

Niederschlags- und Temperaturänderungen nach dem Szenario A1B in Deutschland nach Jahreszeit

Je nach Szenario nimmt die Temperatur in Deutschland bis zum Ende des Jahrhunderts nach den Ergebnissen von REMO um 2,5 bis 3,5 °C, nach den Rechnungen des CLM-Modells sogar bis 4,5 °C zu.[4] Der stärkste Anstieg wird in den Wintermonaten erwartet (REMO). Das kann auf der einen Seite mit der Schnee-Albedo-Rückkopplung erklärt werden. Höhere Temperaturen verringern die Schneedecke, da zum einen Niederschläge mehr als Regen denn als Schnee fallen und zum anderen Schneedecken schneller abschmelzen. Schneefreier dunkler Erdboden absorbiert mehr Sonnenstrahlen als eine stark reflektierende Schneefläche, was zu einer Erwärmung der unteren Luftschichten führt, die wiederum den Schnee noch schneller tauen lässt usw. Zum anderen spielt eine Rolle, dass in einem wärmeren globalen Klima die Winter in Mitteleuropa weniger von osteuropäischen Kältehochs bestimmt werden als von warmen, vom Atlantik einströmenden Westwinden. Nach CLM-Berechnungen sind die Erwärmungen im Spätsommer und Herbst etwas stärkere als im Winter. Die geringste Erwärmung ergibt sich bei beiden Regionalmodellen im Frühjahr, was mit dem Eindringen relativ kalter Luftmassen aus dem Norden nach Deutschland erklärt wird.

Niederschläge

Bei den Niederschlägen ergibt sich im Jahresmittel kein deutlicher Trend. Bei den Jahreszeiten zeigen jedoch besonders die Sommer- und Wintermonate deutliche Veränderungen. Die Sommer werden in Zukunft deutlich trockener, die Winter feuchter. Im Sommer können die Niederschlagsmengen bis zu 20 % ab- und im Winter bis zu 20 % zunehmen (REMO). Dabei werden für das A1B-Szenario in Bayern und Baden-Württemberg mit 20-30 % die stärksten Abnahmen bei den Sommerniederschlägen erwartet. Nach den CLM-Simulationen nehmen die Sommerniederschläge nach dem A1B-Szenario in Deutschland insgesamt um 12-28 % ab. In Brandenburg sind im Juli/August sogar Abnahmen bis 30 % möglich. Nach Berechnungen mit REMO geht dabei im Alpenraum in den Wintermonaten der Anteil von Schneefall an den Gesamtniederschlägen von heute 30 % auf 15-20 % zurück.

Kenntage (Frosttage, Sommertage, heiße Tage)

Signifikante Veränderungen werden hinsichtlich der sogenannten Kenntage prognostiziert. Darunter versteht man Tage, an denen bei bestimmten Parametern markante Werte unter- oder überschritten werden (siehe Tabelle).

Anzahl der Sommertage pro Jahr für die Szenarien A1B, B1 und A2

Bis zum Ende des Jahrhunderts wird sich nach REMO-Berechnungen die Zahl der Sommertage nach dem A1B-Szenario in Deutschland mehr als verdoppeln und etwa 50 Tage betragen. Die Zahl der heißen Tage wird sich auf ca. 18 Tage erhöhen und damit vervierfachen. Auf der anderen Seite nimmt die Zahl der Frosttage von heute 45 auf nur noch 12 gegen Ende des Jahrhunderts ab. Das Modell WETTREG hat ähnliche Werte für einzelne Stationen berechnet. Die Anzahl der Frosttage wird sich danach nach dem Szenario A2 in Norddeutschland mehr als halbiert haben, die Sommertage werden sich verdoppeln und die heißen Tage verdrei- bis vervierfachen. In Süddeutschland sind die Differenzen nicht ganz so groß.

Extremereignisse

Deutliche Änderungen ergeben sich auch bei den Extremereignissen. Nach Berechnungen des beim Deutschen Wetterdienst entwickelten Regionalmodells WETTREG wird der in Berlin-Dahlem bisher gemessene Tageshöchstwert der Temperatur von 37,7 °C gegen Ende des 21. Jahrhunderts alle 2-4 Jahre überschritten.[3]

Einzelne Regionen

Änderung der Anzahl der Kenntage bis Ende des 21. Jahrhunderts nach dem Szenario A1B auf Rügen und in der Region Müritz

Mecklenburg-Vorpommern

Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern liegt im Übergangsbereich zwischen maritimem und kontinentalem Klima, wobei die Küstenzone durch die ausgleichende Wirkung der Ostsee und der Westen des Bundeslandes durch die Einflüsse der atlantischen Westwindströmung stärker maritim geprägt sind als der Rest des Landes. Nach Berechnungen regionaler Klimamodelle wird bis 2100 ein Temperaturanstieg um 2-3 °C erwartet.[5] Besonders bei der Veränderung der Extremwerte wird die Ostseeküste weniger stark betroffen sein als das Binnenland. So nimmt die Anzahl der Sommertage (Maximaltemperatur über 25 °C) auf Rügen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts von 3 auf 11, in der Region Müritz dagegen von 21 auf 53 zu. Die Anzahl der heißen Tage steigt auf Rügen von Null auf höchstens einen, im Binnenland Mecklenburg-Vorpommerns von 4 auf 14.

Die Jahresniederschläge werden sich nach Berechnung der benutzten Regionalmodelle kaum ändern. Bei den Winterniederschlägen wird es jedoch bis 2100 deutliche Zunahmen und bei den Sommerniederschlägen Abnahmen geben. So nehmen die winterlichen Niederschläge auf Rügen von heute 175 mm auf ca. 200 mm zu. In den östlichen Landesteilen kann es sogar Zunahmen bis 50 % geben. Hier kann es im Sommer aber auch zu Abnahmen bis 50 % kommen, den höchsten prognostizierten Niederschlagsrückgängen in ganz Deutschland. Überhaupt wird Mecklenburg-Vorpommern deutschlandweit mit am stärksten von sommerlichen Trockenheit betroffen sein.

Differenz der jahreszeitlichen Mitteltemperatur und der jahreszeitlichen Niederschläge in Brandenburg 2071-2100 zu 1961-1990

Brandenburg

Für Brandenburg wurden vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung nach dem Szenario A1B und auf der Grundlage des globalen Modells ECHAM4-OPYC3 des MPI für Meteorologie Hamburg Klimatrends bis 2050 berechnet.[6] Die Jahresmittel der Temperaturen werden danach von heute zwischen 7,8-9,5 °C bis zur Mitte dieses Jahrhunderts auf 10,1-11,6 °C steigen. Das entspricht einem Anstieg um 2,0-2,3 °C (bei einem angenommenen globalen Anstieg um 1,4 °C nach dem A1B- Szenario). Entsprechend nimmt auch die Anzahl der heißen Tage und der Sommertage deutlich zu, während die Häufigkeit von Frost- und Eistagen sinkt.

Besonders problematisch erweist sich der Temperaturanstieg im Zusammenhang mit der Entwicklung der Niederschläge. Diese werden im Mittel unter 450 mm im Jahr liegen (heute zwischen 500 und 600 mm pro Jahr). In einzelnen Regionen, so im Leebereich des Harzes, können die Niederschläge auch unter 400 mm pro Jahr sinken. Besonders stark ist davon der Sommer betroffen. Während in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts je nach Region noch zwischen 35 und 464 mm Niederschlag im Sommer fielen, werden es nach Modellberechnungen um 2050 nur 39-296 mm sein. Als Folge der höheren Temperaturen wird sich die Verdunstung sowohl im Sommer als auch im Winter erhöhen. Bereits heute übertrifft die mittlere jährliche potentielle Verdunstung den Niederschlag um 25 mm, um 2050 wird dieser als klimatische Wasserbilanz bezeichnete Wert bei -124 mm liegen.

Baden-Württemberg und Bayern

Für beide Bundesländer wurden drei regionale Modellrechnungen durchgeführt (mit dem Hamburger Modell REMO und zwei auf Wetterstationen basierenden Modellen: WETTREG und ein Modell des PIK), die die Zeiträume 1971-2000 mit 2021-2050 vergleichen und auf dem IPCC-Szenario B2 beruhen. Da die Untersuchungen im Rahmen des Projekts KLIWA (Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft) durchgeführt wurden beziehen sich die jahreszeitlichen Aussagen auf den hydrologischen Winter (November-April) und den hydrologischen Sommer (Mai-Oktober). Die folgenden Ergebnisse sind über alle drei Modelle gemittelt.[7]

Die Temperaturen nehmen in dem untersuchten Zeitraum nach den Modellsimulationen im hydrologischen Winter mit 2 °C deutlich stärker zu als im hydrologischen Sommer mit 1,4 °C. Besonders stark ist die Erhöhung relativ gesehen in den meteorologischen Wintermonaten Dezember bis Februar. In einzelnen Monaten und an einzelnen Stationen ergeben sich auch deutlich größere Unterschiede. So steigen etwa in Freudenstadt die mittleren Tagestemperaturen im Dezember von -0,5 °C auf +2,5 °C und im August von 15 °C auf 17 °C. Temperaturerhöhungen von 2 °C und mehr liegen bei einem Zeitraum von ca. 50 Jahren und bei dem gewählten relativ „niedrigen“ Szenario B2 deutlich über dem globalen Durchschnitt. An vielen Stationen nimmt die Zahl der Sommertage (max. Temperatur 25 °C und mehr) um ein Drittel und mehr zu, während sich die Zahl der heißen Tage (max. Temperatur 30 °C und mehr) sogar verdoppelt. Und im Winter halbiert sich vielfach die Zahl der Eistage, worunter man Tage mit einer maximalen Temperatur unter 0 °C versteht.

Beim Niederschlag ist im Sommer in beiden Bundesländern mit nur geringen Veränderungen zu rechnen. Eine Ausnahme mit größeren Abnahmen ist der Südosten Bayerns. Für die meisten Gebiete sind Abnahmen bis 10 % berechnet worden. Die Winterniederschläge werden dagegen deutlich bis zu 35 % zunehmen, wofür die größere Häufigkeit der Großwetterlage „Westlage zyklonal“ verantwortlich sein wird. Auch die Anzahl der Tage mit hohen Niederschlägen, d.h. Tage mit mehr als 25 mm Niederschlag, wird im Winter zunehmen. Die Trockenperioden gehen dagegen in Baden-Württemberg zurück, während sie in Bayern zwischen April und August zunehmen könnten.

Einzelnachweise

  1. Homepage der CLM-Community (englisch) CLM-Community (englisch)
  2. Informationen über das REMO-Modell auf der Homepage des Max-Planck-Instituts für Meteorologie
  3. 3,0 3,1 Arne Spekat, Wolfgang Enke und Frank Kreienkamp (2007): Neuentwicklung von regional hoch aufgelösten Wetterlagen für Deutschland und Bereitstellung regionaler Klimaszenarios auf der Basis von globalen Klimasimulationen mit dem Regionalisierungsmodell WETTREG auf der Basis von globalen Klimasimulationen mit ECHAM5/MPI-OM T63L31 2010 bis 2100 für die SRES-Szenarios B1, A1B und A2
  4. Jacob, D., u.a. (2008): Klimaauswirkungen und Anpassung in Deutschland – Phase 1: Erstellung regionaler Klimaszenarien für Deutschland; CLM-Forum 2008: Neue detaillierte Klimasimulationen für Europa erweitern die Grundlage für Handlungsstrategien (Hintergrundinformationen)
  5. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus (2008): Klimaschutz und Folgen des Klimawandels in Mecklenburg-Vorpommern – online
  6. F.-W. Gerstengarbe, F. Badeck, F. Hattermann, V. Krysanova, W. Lahmer, P. Lasch, M. Stock, F. Suckow, F. Wechsung, P. C. Werner (2003): Studie zur klimatischen Entwicklung im Land Brandenburg bis 2055 und deren Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, die Forst- und Landwirtschaft sowie die Ableitung erster Perspektiven, PIK-Report 83 – online
  7. Vgl. die zusammenfassenden Berichte Der Klimawandel in Baden-Württemberg und Der Klimawandel in Bayern

Siehe auch

Weblinks

Linzenzhinweis

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