Klimaprojektionen

Aus Klimawandel
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Abb. 1 zeigt die Entwicklung der globalen Mitteltemperatur im 20. Jahrhundert aus Beobachtungen (schwarze Linie) und im 21. Jahrhundert für die Szenarien B1, A1B und A2 sowie für den Fall der fixen Konzentration im Jahre 2000. Die farbigen Linien geben den Mittelwert der Modellsimulationen wieder, die schattierten Bereiche deren Bandbreite. Die Balken neben der Graphik zeigen die Ergebnisse von Simulationen mit drei weiteren Szenarien (A1Fl, A1T, B2).

Die im IPCC-Bericht von 2007 veröffentlichten Berechnungen zum künftigen Klima beruhen auf zahlreichen Modellstudien von insgesamt 14 Forschungsgruppen aus 10 Ländern. Auch das Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie hat einen wesentlichen Teil zu den Ergebnissen beigetragen.[1]

Globale Änderungen

Änderung der globalen Mitteltemperatur

Die weitere Entwicklung des Klimas ist abhängig von der Entwicklung der Treibhausgasemissionen und -konzentrationen. Da die Emissionen von der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft im 21. Jahrhundert abhängen und daher nicht eindeutig bestimmt werden können, wurden verschiedene Szenarien aufgestellt, die mögliche Emissionspfade der Zukunft aufzeigen. Aus diesen Emissionspfaden wurden die zukünftigen Konzentrationen der Treibhausgase und daraus die Parameter (Temperatur, Niederschlag etc.) möglicher Klimaverhältnisse abgeleitet.

Für die Berechnung des künftigen Klimas wurden sechs beispielhafte Szenarien berücksichtigt: B1, B2, A1B, A1T, A2 und A1Fl. Dabei ist B1 das Szenario mit den geringsten, A1B mit mittleren und A1Fl mit den höchsten Treibhausgasemissionen bis 2100. Die meisten Modellrechnungen wurden mit den Vorgaben der Szenarien B1, A1B und A2 durchgeführt. Mögliche Klimaschutzmaßnahmen wurden dabei nicht berücksichtigt. Außerdem wurde auch berechnet, wie sich das Klima ändern würde, wenn man (rein theoretisch) die Konzentration der Treibhaugase und Aerosole auf dem Niveau des Jahres 2000 stabil gehalten hätte.

Für die ersten Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts (2011-2030 im Vergleich zu 1980-1999) zeigen die Modellrechnungen eine von den Szenarien fast unabhängige Erwärmung um 0,64 bis 0,69 °C.[2]

In der 2. Hälfte des Jahrhunderts ist die globale Erwärmung bei den einzelnen Szenarien erkennbar verschieden. Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 prognostizieren die Modelle für das Szenario B1 eine Zunahme der globalen Mitteltemperatur um 1,8 °C (bei einer Bandbreite der Modellergebnisse von 1,1-2,9 °C), bei dem Szenario B2 um 2,4 °C (1.4-3.8 °C), bei dem Szenario A1B um 2.8 °C (1.7 bis 4.4 °C), bei dem Szenario A1T um 2.4 °C (1.4 °C bis 3.8 °C), bei dem Szenario A2 um 3.4 °C (2.0 bis 5.4 °C) und bei dem Szenario A1Fl um 4.0 °C (2.4 bis 6.4 °C).[3]

Abb. 2: Änderung der Temperatur im zonalen Mittel über dem Land und über dem Ozean.

Auch bei einer Stabilisierung der Treibhausgas-Konzentration auf dem Niveau des Jahres 2000 hätte mit einer weiteren Erwärmung um 0,1 °C pro Jahrzehnt gerechnet werden müssen. Der Grund liegt hauptsächlich in der langsamen Reaktion und Anpassung der Ozeane und Eisschilde bis zu einem Gleichgewichtszustand mit der Atmosphäre. Die untere Atmosphäre reagiert auf einen externen Antrieb, z.B. die Erhöhung der Treibhausgase oder der Solarstrahlung, in Zeitskalen, die kürzer als ein Monat sind. Der obere Ozean reagiert z.B. auf eine Erwärmung über die Atmosphäre auf einer Zeitskala zwischen einigen Jahren und Jahrzehnten. Der tiefe Ozean und die Eisschilde passen sich erst in Zeiträumen zwischen Jahrhunderten und Jahrtausenden neuen Bedingungen an.

Geographische Muster

Abb. 3: Geographische Muster der Erwärmung

Die simulierte Erwärmung fällt regional sehr unterschiedlich aus (Abb. 3). Dabei lassen sich gewisse Muster erkennen. Zum einen ist die Temperaturerhöhung stärker über dem Land als über dem Ozean (Abb. 2). Der Grund dafür ist die langsamere Erwärmung des Ozeans. Nur in den hohen nördlichen Breiten gibt es von diesem Muster eine deutliche Abweichung: Die Atmosphäre über dem Arktischen Ozean erwärmt sich bis zum Ende des 21. Jahrhunderts in dem A1B-Szenario um fast 7 °C (Bandbreite 4-11 °C) und damit um 1 °C mehr als die angrenzenden Landmassen.[4] Ursache ist das starke Abschmelzen des arktischen Meereises, wodurch ein positiver Rückkopplungseffekt angestoßen wird: Die vom Eis reflektierte Sonnenstrahlung wird nach dem Schmelzen des Eises vom Meerwasser absorbiert und in Wärmestrahlen umgewandelt, die die untere Atmosphäre zusätzlich zum Treibhauseffekt erwärmen.

Die Landgebiete zeigen die stärksten Erwärmungen in den hohen nördlichen Breiten über Sibirien, Kanada und Alaska. Hier wird der Temperaturanstieg ca. 6 °C betragen, mit einer Bandbreite von 3-11 °C (ebenfalls nach dem A1B-Szenario). Auch hierfür sind Schnee- und Eiseffekte verantwortlich. Die heute von großen Eis- und winterlichem Schnee bedeckten Areale werden durch die Erwärmung immer weiter zurückgehen. Dadurch wird über die Albedo-Rückkopplung die Erwärmung weiter erhöht, was wiederum die Eis- und Schneeflächen noch schneller schrumpfen lässt usw. Auf der Südhalbkugel wirkt sich dieser Effekt weniger aus. Hier ist nur die Antarktis nennenswert mit Eis- und Schnee bedeckt, woran die globale Erwärmung wenig ändern wird. Eine weitere Auffälligkeit ist die stärkeren Temperaturzunahmen im Innern der Kontinente im Vergleich zu den küstennahen Gebieten. Hier wirkt sich der dämpfende Einfluss der angrenzenden Meere aus. Verhältnismäßig gering fällt die Erwärmung als Folge der Abschwächung des Nordatlantikstroms, der Fortsetzung des Golfstroms, im Nordatlantik aus (Vgl. Abb. 3).

Deutlich sind am Ende des 21. Jahrhunderts auch in den verschiedenen Regionen die Unterschiede zwischen den einzelnen Szenarien. So erwärmt sich Mitteleuropa nach dem Szenario A2 um 2 °C mehr als nach dem Szenario B1. Die arktischen Temperaturen liegen bei dem höheren Szenario sogar um 3 °C höher.

Regionale Veränderungen

Europa

Die jährlichen Mitteltemperaturen werden in Europa stärker ansteigen als im globalen Mittel.[5] Nach dem A1B-Szenario wird es bis zum Ende dieses Jahrhunderts in Nordeuropa zu einer Erhöhung der jährlichen Mitteltemperaturen um 3,2 °C, in Südeuropa um 3,5 °C kommen.[6] Dabei werden die nordeuropäischen Winter mit 4,3 °C und die mediterranen Sommer mit 4,1 °C die stärkste Erwärmung erfahren. Auch im westlichen Mittel- und Nordeuropa wird es trotz der prognostizierten Abschwächung des Nordatlantikstroms (der Nordatlantischen Meridionalen Umwälzzirkulation)[7] zu einer Erwärmung kommen. Vor allem für Mitteleuropa wird es von Jahr zu Jahr nach einigen Modellen stärkere Schwankungen bei den Sommertemperaturen geben. Und als sehr wahrscheinlich für ganz Europa gilt, dass sommerliche Hitzewellen in Häufigkeit, Dauer und Stärke zunehmen werden, während die Zahl der Frosttage schrumpft.

Abb. 4: Temperatur- und Niederschlagsänderungen 2080-2099 im Vergleich zu 1980-1990 nach dem A1B-Szenario.

Bei den Niederschlägen zeigt sich ein deutlicher Nord-Süd-Gegensatz: Sie nehmen im jährlichen Mittel in Nordeuropa um ca. 9% zu, in Südeuropa um 12% ab. Der stärkste Anstieg findet sich in Nordeuropa im Winter mit 15%, die stärkste Reduktion in Südeuropa im Sommer mit -24%. Auch in den anderen Jahreszeiten nehmen die Niederschläge in Südeuropa ab, wenn auch weniger stark als im Sommer. In Mitteleuropa findet sich im Sommer eine Tendenz zur Abnahme, im Winter zur Zunahme der Niederschläge. Eine Zunahme wird auch für Starkniederschläge vorhergesagt, z.T. auch, wenn die mittleren Niederschläge abnehmen wie in Mittel- und Südeuropa im Sommer. Entsprechend steigt hier auch das Risiko von Dürren.

In ganz Europa muss damit gerechnet werden, dass die Schneesaison kürzer und die Schneemächtigkeit geringer wird. Einige Modelle prognostizieren für Nordeuropa eine Verkürzung der Schneesaison um 1 bis 3 Monate und eine Abnahme der Schneedicke um 50-100% in den meisten Regionen. Die Folgen für den Wintertourismus sind gravierend. Auch die Eisbedeckung der Gewässer wird merklich abnehmen. So wird die maximale Eisausdehnung auf der Ostsee im Winter möglicherweise um 70% abnehmen und die Eissaison in der mittleren Ostsee um zwei bis drei Monate reduziert.

Einzelnachweise

  1. Vgl. IPCC AR4 Rechnungen, Abbildungen und Animationen (MPI-M, DKRZ), und Globale Klimaszenarien für das 21. Jahrhundert.
  2. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 10.5
  3. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 10.5.4.6
  4. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 11.1
  5. Für das Folgende vgl. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 11.3
  6. Mittelwert von 21 Modellen; vgl. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 11.1
  7. In den Medien wird in diesem Fall häufig von der Abschwächung des Golfstroms gesprochen. Als Golfstrom wird jedoch nur der entlang der Ostküste Nordamerikas nach Norden strömende Teil des Globalen Förderbands bezeichnet. Dessen Fortsetzung nach Nordwesten, durch die warmes Wasser in den Nordwestatlantik transportiert wird, heißt korrekterweise Nordatlantikstrom. Um das Prinzip des ganzen Strömungssystems zu verdeutlichen, hat man früher von der thermohalinen Zirkulation gesprochen. In letzter Zeit hat sich in der Wissenschaft dafür der Begriff Meridionale Umwälzzirkulation (engl. Meridional Overturning Circulation, MOC) eingebürgert.

Weblinks

Linzenzhinweis

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