Klimaänderungen in den Alpen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Klimawandel
 
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[[Bild:Aletschgletscher.jpg|thumb|520px|Der Aletschgletscher in den Berner Alpen]]
[[Bild:Alpen Lage Höhe.jpg|thumb|360px|Abb. 1: Lage, Einteilung und Höhenkarte der Alpen ]]
== Temperaturanstieg ==
== Die Alpen ==
[[Bild:Temp2m 1971 2000 Alpen Jahr.jpg|thumb|520px|Jahresmitteltemperatur in den Alpen und Umgebung 1971-2000 nach Modelldaten]]
Die Alpen erstrecken sich auf einer Länge von über 1200 km von der französischen und italienischen Mittelmeerküste bis in das Tiefland östlich von Wien (Abb. 1). Sie sind dicht bevölkert, und Wetter und Klima spielen für Millionen von Menschen eine wesentliche Rolle, da sie grundlegende Wirtschaftszweige wie die Landwirtschaft und den Tourismus stark beeinflussen.
Der Alpenraum hat sich seit dem späten 19. Jahrhundert doppelt so stark erwärmt wie der [[Klima im 20. Jahrhundert|globale Durchschnitt]]. Der Temperaturanstieg vom späten 19. Jahrhundert bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts lag bei etwa 2 °C. Die Erwärmung im 20. Jahrhundert erfolgte in zwei Stufen, vom Beginn des Jahrhunderts bis ca. 1950 und seit Mitte der 1970er Jahre. Dazwischen zeigen vor allem die Sommertemperaturen eine Abkühlung, die die Winterdaten nicht aufweisen.<ref name="EEA 2009">European Environment Agency (2009): [http://www.eea.europa.eu/publications/alps-climate-change-and-adaptation-2009 Regional climate change and adaptation. The Alps facing the challenge of changing water resources]</ref> Im Winterhalbjahr war die Erwärmung im 20. Jahrhundert eher gleichmäßig.<ref name="Auer 2007">Auer, I., et al. (2007): HISTALP – historical instrumental climatological surface time series of the Greater Alpine Region, International Journal of Climatology 27, 17–46</ref> Besonders in der kalten Jahreszeit sind die jährlichen Schwankungen hoch. Sie schwächen sich jedoch im Laufe des 20. Jahrhunderts ab. In den letzten 25 Jahren, in denen die Jahresmitteltemperaturen um 1,2 °C stiegen, waren die Erwärmungsraten im Sommer und Winter vergleichbar.<ref name="EEA 2009" />  Ab dem Jahr 2000 kam es jedoch im Einklang mit der [[Aktuelle Klimaänderungen|globalen Entwicklung]] zu einer erneuten Trendwende. Die Temperaturen etwa in der Schweiz steigen nicht mehr an und zeigen stattdessen einen leichten Abwärtstrend.<ref name="Scherrer">Scherrer, S.C., et al. (2013): Snow variability in the Swiss Alps 1864–2009, International Journal of Climatology, DOI: 10.1002/joc.3653</ref>
[[Bild:Alpen Temperatur1770-2003.jpg|thumb|468px|Temperaturveränderungen in der Alpen-Region relativ zu 1901-2000]]


Bei der Langzeitentwicklung der Temperatur zeigen sich keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Regionen sowie zwischen den höheren und tieferen Lagen. Die Observatorien auf der Zugspitze und dem Jungfrauenjoch zeigen dieselben Trends wie die Messstationen in München, Wien oder Mailand.<ref name="EEA 2009" />  Allerdings wurde  in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten, in denen sich die Erwärmung auf 0,57 °C pro Jahrzehnt (gegenüber 0,19 °C global und 0,25 °C auf der Nordhalbkugel) verstärkte, <ref>M. Rebetez and M. Reinhard (2007): [http://www.wsl.ch/personal_homepages/rebetez/Rebetez-Reinhard-TAC-2007.pdf Monthly air temperature trends in Switzerland 1901–2000´and 1975–2004, Theoretical and Applied Climatology]</ref>  ein Unterschied je nach Höhenlage festgestellt.  So nahm die Temperatur in tieferen Lagen von 1981 bis 2005 um 1,3 °C, in höheren Lagen bei 2200 m aber nur um 1 °C zu.<ref name="Philipona 2013">Philipona, R. (2013): Greenhouse warming and solar brightening in and around the Alps. International Journal of Climatology 33, 1540-1537</ref>
Die Alpen liegen in der [[Gemäßigte Zone|gemäßigten Zone]]. Der Nordwesten steht stark unter dem Einfluss westlicher Strömungen vom Atlantik her. Im Winter prägt die [[Nordatlantische Oszillation|NAO]] die Schwankungen dieser Strömungen, im Sommer ist das Azorenhoch dominierend. Im Nordosten spielen kontinentale Einflüsse eine Rolle. Der Süden ist durch das wärmere und trockenere [[Klimaänderungen im Mittelmeerraum|Mittelmeerklima]] geprägt. Daneben sorgen die komplexe Topographie und die Höhenlagen der Alpen für regionale Winde wie den Föhn sowie lokale Berg-und-Tal-Winde. Entsprechend können Temperaturen und [[Niederschläge]] räumlich sehr unterschiedlich sein, und ein erheblicher Teil der Niederschläge fällt besonders im Winter als [[Schnee im Klimawandel|Schnee]]. Die Mitteltemperaturen schwanken jahreszeitlich z.B. in der Schweiz je nach Höhenlage zwischen -12 °C und 0 °C (Jungfraujoch) bzw. zwischen 0 °C und +18 °C (Zürich). Die Niederschläge liegen zwischen weniger als 600 mm in manchen Tälern und über 3000 mm in den Hochlagen der Alpen.<ref name="NCCS 2018">National Centre for Climate Services NCCS, Hrsg. (2018): [https://www.nccs.admin.ch/nccs/de/home/klimawandel-und-auswirkungen/schweizer-klimaszenarien.html CH2018 - Klimaszenarien für die Schweiz.] National Centre for Climate Services</ref>  


== Ursachen der Temperaturveränderungen ==
== Temperaturanstieg ==
=== Temperaturänderungen ===
[[Bild:Temp2m 1971 2000 Alpen Jahr.jpg|thumb|520px|Abb. 2: Jahresmitteltemperatur in den Alpen und Umgebung 1971-2000 nach Modelldaten]]
Die Änderung der Temperatur seit der vorindustriellen Zeit (1850-1900) erfolgte in den Alpen sowohl im Hinblick auf die geographischen Regionen wie auf die Höhenstufen relativ gleichmäßig.<ref name="APAC 2014">APCC (2014): [https://data.ene.iiasa.ac.at/APCCTEST/4%20-%20Report.html Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel 2014], Bd. 1, Kap. 3</ref>  Sie betrug in der Schweiz<ref name="NCCS 2018" />  wie in Österreich<ref name="Chimani 2021">Chimani, B., M. Ganekind, M. Olefs, ZAMG (2021): [https://ccca.ac.at/fileadmin/00_DokumenteHauptmenue/02_Klimawissen/FactSheets/35_temperaturentwicklung_in_oesterreich_202110.pdf Temperaturentwicklung in Österreich im globalen Kontext]</ref>  seit Ende des 19. Jahrhunderts etwa 2 °C. Die Abweichung des einen Jahres 2022 vom [[Klima der letzten 1000 Jahre|vorindustriellen Klima]] lag sogar bei 2,4 °C.<ref name="Stangl 2023">Stangl, M., H. Formayer, J. Hiebl u.a., CCCA (2023): [https://ccca.ac.at/wissenstransfer/klimastatusbericht/klimastatusbericht-2022 Klimastatusbericht Österreich 2022]</ref>  Zwischen den Höhenlagen und den tiefer gelegenen Gebieten zeigt sich z.B. in Österreich ebenfalls kein relevanter Unterschied bei der Temperaturerhöhung. Größer sind die Differenzen zwischen den Jahreszeiten. So weist der Winter mit 2,3 °C seit vorindustriell die stärkste Erwärmung auf, der Herbst mit 1,3 °C die geringste.<ref name="Olefs 2021">Olefs, M., H. Formayer, A. Gobiet et al. (2021): [https://doi.org/10.1016/j.jort.2021.100395 Past and future changes of the Austrian climate – Importance for tourism], Journal of Outdoor Recreation and Tourism 34</ref>  Besonders seit den 1980er Jahren hat die Erwärmung stark zugenommen und zeigt eine Rate von 0,5 °C pro Jahrzehnt.<ref name="Chimani 2021"/> 


Die Temperaturänderungen vor 1950 werden primär den [[Natürliche Klimaschwankungen|natürlichen Klimaantrieben]], insbesondere einer zunehmenden [[Sonneneinstrahlung_und_Klimaänderungen|Solarstrahlung]], zugeschrieben. Die Abkühlung zwischen den 1950er und den 1970er Jahren geht auf die [[Aerosolwirkung in Europa|Zunahme anthropogener Aerosole]] in der Atmosphäre zurück. Verantwortlich für die anschließende Erwärmung ist vor allem die ansteigende [[Treibhausgase|Treibhausgaskonzentration]].<ref name="EEA 2009" />   
=== Ursachen ===
Im Vergleich zur globalen Erwärmung ist die Temperaturerhöhung seit der vorindustriellen Zeit in Österreich wie im gesamten Alpenraum etwa doppelt so hoch (Abb. 3). Der Grund liegt darin, dass bei der globalen Mitteltemperatur auch die Werte über der [[Meeresoberflächentemperatur|Meeresoberfläche]] berücksichtigt werden. Die Temperaturerhöhung an der Wasseroberfläche wird jedoch einerseits durch die hohe spezifische Wärmekapazität von [[Wasserkreislauf|Wasser]] verlangsamt. Zweitens können die Wassermassen der Weltmeere wesentlich mehr Wärme aufnehmen als die Landoberflächen, weil sie das erwärmte Wasser durch [[Meeresströmungen|Strömungen]] in größere Tiefen verteilen. Und drittens kühlt die hohe [[Verdunstung]], der eine unbegrenzte Wassermenge zur Verfügung steht, die Luft über der Meeresoberfläche ab, was über Landoberflächen  mit ihren begrenzten Oberflächengewässern weniger der Fall ist.<ref name="Chimani 2021"/>   


Ein Teil des Trends wird auch auf [[Atmosphärische Zirkulation und Klimawandel|Änderungen der atmosphärischen Zirkulation]] zurückgeführt. So wird eine Verschiebung des globalen subtropischen Hochdruckgürtels nach Norden, die möglicherweise eine Folge der globalen Erwärmung ist, als wichtige unmittelbare Ursache für die Erwärmung angenommen. Dadurch ist es häufiger zu [[Hochdruckgebiet|Hochdrucklagen]] im Alpenraum mit deutlich gestiegenen Phasen starker Sonneneinstrahlung gekommen. In diesem Zusammenhang nahmen die Windgeschwindigkeiten während des 20. Jahrhunderts vor allem im Sommer in Mitteleuropa ab, wodurch das Klima mehr durch lokale Faktoren wie die [[Eis-Albedo-Rückkopplung|Eis- und Schnee-Albedo-Rückkopplung]] und direkte Sonneneinstrahlung beeinflusst wurde.<ref name="EEA 2009" />  
[[Bild:Österreich temp 1765-2020.jpg|thumb|520px|Abb. 3: Änderung der globalen (lila) und der österreichischen (rot) jährlichen Mitteltemperatur 1765 bis 2020 sowie die Mittel der Klimaperioden 1961-1990 und 1991-2020, im Vergleich zur vorindustriellen Periode (1850-1900).]]
Andererseits folgt die Entwicklung der Temperatur über die letzten ca. 150 Jahre in den Alpen dem Verlauf der [[Klima im 20. Jahrhundert|globalen Veränderung]] (Abb. 3). Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgte zunächst eine Erwärmung um ca. 1 °C. Zwischen den 1950er und den 1970er Jahren zeigt sich eine leichte Abkühlung, die seit den 1980er Jahren durch die starke Erwärmung der letzten Jahrzehnte abgelöst wurde. Die wichtigsten Gründe unterscheiden sich nicht von den [[Ursachen von Klimaänderungen|Ursachen der globalen Entwicklung]]. Seit 1900 begann einerseits die leichte Zunahme von anthropogenen [[Treibhausgase]]n sich auszuwirken, andererseits hatte die [[Sonneneinstrahlung und Klimaänderungen|Sonneneinstrahlung]] leicht zugenommen. Die Erwärmungspause in den 1950er bis 1970er Jahren wird auf die zunehmende [[Klimawirkung von Aerosolen|Aerosolbelastung]] durch die relativ schmutzige Industrie der Nachkriegsjahrzehnte zurückgeführt. Der starke Anstieg der Temperatur danach ist zum einen den sich beschleunigenden [[Treibhausgasemissionen|Emissionen von Treibhausgasen]] geschuldet. Andererseits hat die Luftreinhaltepolitik der Industrieländer seit den 1970er/1980er Jahren dazu geführt, dass weniger Solarstrahlung durch Aerosolpartikel und durch diese verursachte Wolken reflektiert wurden. Die Ursachen der zunehmenden Sonneneinstrahlung über den Alpen wird zwar diskutiert,<ref name="Scherrer 2019">Scherrer, S. C., & Begert, M. (2019). [https://doi.org/10.1007/s00704-019-02823-x Effects of large-scale atmospheric flow and sunshine duration on the evolution of minimum and maximum temperature in Switzerland]. Theoretical and Applied Climatology</ref> dürfte aber nicht durch [[Sonneneinstrahlung und Klimaänderungen|Aktivitäten der Sonne]] selbst bedingt sein, da diese seit den 1960er Jahren abgenommen hat.


Häufigere wärmere Westwinde vom Atlantik her, die die Kälte-Hochs aus dem Nordosten abblocken, könnten im Winter etwa die Hälfte der Erwärmung zwischen 1959 und 2008 (0,21 °C/Dekade)  bewirkt haben.<ref name="Ceppi 2012">Ceppi, P., S.C. Scherrer, A.M. Fische, C. Appenzeller  (2012): Revisiting Swiss temperature trends 1959–2008. International Journal of Climatology 32: 203–213, DOI: 10.1002/joc.2260</ref>  Dafür sind möglicherweise aber vor allem natürliche Schwankungen der [[Nordatlantische Oszillation|Nordatlantischen Oszillation]] verantwortlich. Auch die [[Natürliche_Klimaschwankungen#Dekadenschwankungen_im_Nordatlantikraum|Atlantische Multidekadische Oszillation (AMO)]] hat nach manchen Forschern eine Rolle gespielt. Bei der AMO handelt es sich um Dekaden-Schwankungen der Meeresoberflächentemperatur im Nordatlantik, die durch die Thermohaline Zikrulation angetrieben sind. Eine positive (warme) Phase der AMO ist mit höheren Temperaturen in Europa verbunden.<ref name="Huss 2010">Huss, M., et al. (2010): 100‐year mass changes in the Swiss Alps linked to the Atlantic Multidecadal Oscillation, Geophysical Research Letters, VOL. 37, L10501, doi:10.1029/2010GL042616</ref>
Ein Teil des Trends wird auch auf [[Atmosphärische Zirkulation und Klimawandel|Änderungen der atmosphärischen Zirkulation]] zurückgeführt. So wird eine Verschiebung des globalen subtropischen Hochdruckgürtels nach Norden, die möglicherweise eine Folge der globalen Erwärmung ist, als wichtige unmittelbare Ursache für die Erwärmung angenommen. Dadurch ist es häufiger zu [[Hochdruckgebiet|Hochdrucklagen]] im Alpenraum mit deutlich gestiegenen Phasen starker Sonneneinstrahlung gekommen. In diesem Zusammenhang nahmen die Windgeschwindigkeiten während des 20. Jahrhunderts vor allem im Sommer in Mitteleuropa ab, wodurch das Klima mehr durch lokale Faktoren wie die [[Eis-Albedo-Rückkopplung|Eis- und Schnee-Albedo-Rückkopplung]] und direkte Sonneneinstrahlung beeinflusst wurde.<ref name="EEA 2009">European Environment Agency (2009): [http://www.eea.europa.eu/publications/alps-climate-change-and-adaptation-2009 Regional climate change and adaptation. The Alps facing the challenge of changing water resources]</ref>
 
Die geringere Erwärmung in den höheren Lagen (s.o.) steht an sich im Widerspruch zu Modellprognosen, die hier eher eine stärkere Erwärmung durch den globalen Klimawandel erwarten lassen. Der Grund wird in der geringen Aerosolbelastung während der Abkühlungsphase zwischen den 1950er und den 1970er Jahren gegenüber den dicht besiedelten Tälern und Ebenen gesehen. Allgemein hat sich die [[Aerosolwirkung in Europa|Aerosolkonzentration in Europa]] nach dem 2. Weltkrieg stark erhöht und zu einer Unterbrechung der globalen Erwärmung geführt. Seit Mitte der 1980er Jahre haben Maßnahmen zur Luftreinhaltung eine deutliche Abnahme der Aerosolkonzentration und eine Verstärkung der Sonneneinstrahlung bewirkt. Das konnte durch eine Verstärkung der kurzwelligen Strahlung belegt werden. Die Temperaturen in den höheren Gebieten der Alpenregion sind jedoch hauptsächlich durch die Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre gestiegen. Das belegen Messungen einer gestiegenen langwelligen Strahlung aufgrund einer höheren Treibhausgaskonzentration, die in den letzten Jahrzehnten zu einer Erwärmung  von 0,35 W/m<sup>2</sup> pro Jahrzehnt geführt hat.<ref name="Philipona 2013" />  
 
In den tieferen Lagen ist die Zunahme der Strahlung um 0,85 W/m<sup>2</sup> zwischen 1981 und 2005 zur Hälfte auf die abnehmenden anthropogenen Aerosole und die damit verbundene erhöhte Solarstrahlung zurückzuführen. Dadurch hat sich auch die Wolkenbedeckung verringert, die aber nur einen geringen Effekt hat. Die andere Hälfte geht auf den Anstieg der Treibhausgaskonzentration zurück.<ref name="Philipona 2013" />  Änderungen der Schnee-Albedo können sich vor allem im Frühling an der Null-Grad-Grenze bemerkbar machen.<ref name="Ceppi 2012" />


== Niederschläge ==
== Niederschläge ==
[[Bild:Österreich Niederschlag Bodenfeuchte.jpg|thumb|520px|Abb. 4: Änderung des Niederschlags und der Bodenfeuchte in Österreich 1820-2022 mit Trends über den Zeitraum 1900-2022]]
Während es im Alpenraum im vorletzten Jahrhundert noch Phasen mit reichlichen Niederschlägen und Zeiten, in denen verhältnismäßig geringe Niederschläge fielen, gab, zeigen die über den gesamten Alpenraum gemittelten Jahresniederschläge seit dem Ende des 19. Jahrhunderts keine ausgeprägten längerfristigen Schwankungen mehr (Abb. 4). In den verschiedenen Regionen lassen sich jedoch durchaus bestimmte Trends erkennen. So wurde in den südlichen Alpen über die letzten Jahrzehnte eine Abnahme um 4-12% beobachtet,<ref name="Monteiro 2023">Monteiro, D. and S. Morin (2023): [https://doi.org/10.5194/tc-17-3617-2023 Multi-decadal analysis of past winter temperature, precipitation and snow cover data in the European Alps from reanalyses], climate models and observational datasets, The Cryosphere, 17, 3617–3660</ref>  während in den nördlichen Alpen die Niederschläge zugenommen haben. Dabei erfolgten die Niederschlagszunahmen vor allem im Winter und Frühjahr, die Abnahmen von Juli bis November.<ref name="Haslinger 2019">Haslinger, K., F. Holawe & G. Blöschl (2019): [https://doi.org/10.1007/s00704-018-2506-5 Spatial characteristics of precipitation shortfalls in the Greater Alpine Region—a data-based analysis from observations]. Theor Appl Climatol 136, 717–731.</ref>  In Österreich haben die Niederschläge im Westen zu-, im Osten dagegen in den letzten 200 Jahren um 10-15% abgenommen. Außerdem wurde für Österreich eine Zunahme bei den [[Starkniederschläge und Hochwasser|Starkniederschlägen]] sowie eine Abnahme der Tage mit moderaten Niederschlägen festgestellt.<ref name="Olefs 2021" />  In der Schweiz zeigen die Niederschläge im Winter zwischen Ende des 19. Jahrhunderts und 2017 im Norden Zunahmen von 20%, im Süden dagegen nur um 10%. Im Sommer gab es so gut wie keine Veränderungen.<ref name="NCCS 2018" />  Und anders als die langfristigen Trends weisen die Schwankungen von Jahr zu Jahr oft starke Unterschiede auf, die von 60% bis 140% des mittleren Niederschlags reichen.<ref name="GeoSphere">GeoSphere Austria (o.J.): [https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/informationsportal-klimawandel/klimavergangenheit/neoklima/niederschlag Niederschlag]</ref>
[[Bild:Switzerland-summer-drying.jpg|thumb|520px|Abb. 5: Änderung der Jahresniederschläge und der Verdunstung in der Schweiz 1981-2020 in mm ]]
Trotz der etwa gleichbleibenden Niederschläge im Alpenraum in den letzten Jahrzehnten und obwohl die Alpen als wasserreiche Region gelten, kam es in jüngster Zeit auch zu einigen trockenen Jahren und Dürren. Nach drei Jahrzehnten ohne ernsthafte Sommerdürren erlebten die Alpenregion und die Schweiz mit Beginn der 2000er Jahre größere Dürren in den Jahren 2003, 2011, 2015, 2018 und 2020 (Abb. 5). Für die Schweiz zeigt sich für die letzten vier Jahrzehnte eine Tendenz zu trockeneren Sommer-Halbjahren mit einer klimatischen Wasserbilanz (= Niederschlag minus potentielle Verdunstung) von -39 mm pro Dekade. Der Hauptgrund ist die Zunahme der potentiellen Verdunstung um 21 mm pro Jahrzehnt bzw. einer tatsächlichen Verdunstung von 8-15 mm pro Jahrzehnt. Gleichzeitig haben aber auch die Niederschläge um 17 mm pro Jahrzehnt bzw. um 66 zwischen 1981 und 2020 abgenommen.<ref name="Scherrer 2022">Scherrer, S.C., M. Hirschi, C. Spirig, F. Maurer, S. Kotlarski (2022): Trends and drivers of recent summer drying in Switzerland. Environ Res Commun 4:025004. https://iopscience.iop.org/article/10.1088/2515-7620/ac4fb9</ref> Auch Österreich war in den Jahren 2003, 2015, 2018 und 2019 ähnlich wie andere Teile Mitteleuropas von [[Dürren]] betroffen.<ref name="Maraun 2023">Maraun, D., L. Roither, ZAMG (2023): [https://ccca.ac.at/fileadmin/00%20DokumenteHauptmenue/02%20Klimawissen/FactSheets/45%20duerre%2020230925.pdf Dürren im Klimawandel: Niederschlag und Bodenfeuchte]</ref> Neben der [[Verdunstung]] durch die Temperaturerhöhung infolge des Klimawandels und der [[Klimawirkung von Aerosolen|abnehmenden Aerosolkonzentration]] dürfte dabei auch die [[Biosphäre im Klimasystem|Verlängerung der Vegetationsperiode]] durch die höheren Temperaturen eine Rolle spielen, während der Pflanzen dem [[Boden im Klimasystem|Boden]] mehr Wasser entziehen.<ref name="Maraun 2023" /> Abb.4 zeigt daher, dass trotz der gleichbleibenden Niederschläge die Bodenfeuchte in Österreich deutlich abgenommen hat.


Weniger deutlich sind die Trends bei den [[Niederschlag|Niederschlägen]], die zwar starke jährliche Schwankungen, aber keine Zu- oder Abnahme im 20. Jahrhundert zeigen. Allerdings haben sich jahreszeitliche und regionale Änderungen ergeben. Die Niederschläge zeigen bereits seit dem 19. Jahrhundert einen Trend zu größerer Feuchte im NW der Alpen (östliches Frankreich, nördliche Schweiz, Süddeutschland und West-Österreich) und zu trockeneren Bedingungen im SO (Slowenien, Kroatien, Ungarn, südöstliches Österreich und Bosnien-Herzogowina).<ref name="EEA 2009" />  Im Herbst und Winter ist auch ein Trend zu intensiveren Niederschlägen festzustellen. Vor allem aber hat sich die Form der Niederschläge verändert. In weniger hohen Lagen fallen immer mehr Niederschläge als Regen statt als Schnee. Als Folge haben die zeitliche Dauer und die Menge der Schneedecke deutlich abgenommen.
Eine besonders für die Alpenregion wichtige Folge höherer Temperaturen und größerer Trockenheit sind Veränderungen des [[Schnee im Klimawandel|Schnee]]falls und der Schneebedeckung. Die höheren Temperaturen führen vor allem dazu, dass mehr Niederschlag als Regen statt als Schnee fällt. Als Folge nehmen sowohl die jahreszeitliche Dauer der Schneebedeckung wie die Schneetiefe deutlich ab. Im gesamten Alpenraum hat die winterliche Schneetiefe und die Schneedauer deutlich um 7-15% bzw. um 5 Tage pro Jahrzehnt abgenommen. Nach manchen Untersuchungen und je nach Region ging die Schneetiefe sogar bis zu 25% zurück und die Dauer der Schneebedeckung bis 18 Tage pro Jahrzehnt.<ref name="Monteiro 2023" />  In Österreich wurde eine Abnahme der Schneetiefe bis zu einer Höhenlage von 2100 m um 30-90% beobachtet, und die Schneedauer reduzierte sich von 1961 bis 2016 um insgesamt 44 Tage bzw. 8 Tage pro Jahrzehnt.<ref name="Olefs 2021" />
 
Während in der Schweiz in den 1970er und frühen 1980er Jahren der Schneefall zugenommen hat, zeigen die 1980er und 1990er Jahre eine deutliche Abnahme der Tage mit Schneefall (≥1 cm). Seit Beginn der Datenreihen im späten 19. Jahrhundert ist diese Abnahme ohne Beispiel. Ab 2000 folgte dann jedoch wieder eine Phase mit gering zunehmendem Schneefall. Diese Trends sind an die Temperaturentwicklung gebunden. Der leichte Temepraturabfall nach 2000 macht sich in etwas mehr Schneefall bemerkbar.<ref name="Scherrer" />  


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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== Weblinks ==
== Weblinks ==
* Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2007): [http://digital.bib-bvb.de/view/action/singleViewer.do?dvs=1452373973014~913&locale=de&VIEWER_URL=/view/action/singleViewer.do?&DELIVERY_RULE_ID=35&frameId=1&usePid1=true&usePid2=true Klimawandel in den Alpen. Fakten –  Folgen – Anpassung]
* Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2007): [https://www.cipra.org/de/pdfs/796/view Klimawandel in den Alpen. Fakten –  Folgen – Anpassung]


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Aktuelle Version vom 7. Oktober 2023, 14:29 Uhr

Abb. 1: Lage, Einteilung und Höhenkarte der Alpen

Die Alpen

Die Alpen erstrecken sich auf einer Länge von über 1200 km von der französischen und italienischen Mittelmeerküste bis in das Tiefland östlich von Wien (Abb. 1). Sie sind dicht bevölkert, und Wetter und Klima spielen für Millionen von Menschen eine wesentliche Rolle, da sie grundlegende Wirtschaftszweige wie die Landwirtschaft und den Tourismus stark beeinflussen.

Die Alpen liegen in der gemäßigten Zone. Der Nordwesten steht stark unter dem Einfluss westlicher Strömungen vom Atlantik her. Im Winter prägt die NAO die Schwankungen dieser Strömungen, im Sommer ist das Azorenhoch dominierend. Im Nordosten spielen kontinentale Einflüsse eine Rolle. Der Süden ist durch das wärmere und trockenere Mittelmeerklima geprägt. Daneben sorgen die komplexe Topographie und die Höhenlagen der Alpen für regionale Winde wie den Föhn sowie lokale Berg-und-Tal-Winde. Entsprechend können Temperaturen und Niederschläge räumlich sehr unterschiedlich sein, und ein erheblicher Teil der Niederschläge fällt besonders im Winter als Schnee. Die Mitteltemperaturen schwanken jahreszeitlich z.B. in der Schweiz je nach Höhenlage zwischen -12 °C und 0 °C (Jungfraujoch) bzw. zwischen 0 °C und +18 °C (Zürich). Die Niederschläge liegen zwischen weniger als 600 mm in manchen Tälern und über 3000 mm in den Hochlagen der Alpen.[1]

Temperaturanstieg

Temperaturänderungen

Abb. 2: Jahresmitteltemperatur in den Alpen und Umgebung 1971-2000 nach Modelldaten

Die Änderung der Temperatur seit der vorindustriellen Zeit (1850-1900) erfolgte in den Alpen sowohl im Hinblick auf die geographischen Regionen wie auf die Höhenstufen relativ gleichmäßig.[2] Sie betrug in der Schweiz[1] wie in Österreich[3] seit Ende des 19. Jahrhunderts etwa 2 °C. Die Abweichung des einen Jahres 2022 vom vorindustriellen Klima lag sogar bei 2,4 °C.[4] Zwischen den Höhenlagen und den tiefer gelegenen Gebieten zeigt sich z.B. in Österreich ebenfalls kein relevanter Unterschied bei der Temperaturerhöhung. Größer sind die Differenzen zwischen den Jahreszeiten. So weist der Winter mit 2,3 °C seit vorindustriell die stärkste Erwärmung auf, der Herbst mit 1,3 °C die geringste.[5] Besonders seit den 1980er Jahren hat die Erwärmung stark zugenommen und zeigt eine Rate von 0,5 °C pro Jahrzehnt.[3]

Ursachen

Im Vergleich zur globalen Erwärmung ist die Temperaturerhöhung seit der vorindustriellen Zeit in Österreich wie im gesamten Alpenraum etwa doppelt so hoch (Abb. 3). Der Grund liegt darin, dass bei der globalen Mitteltemperatur auch die Werte über der Meeresoberfläche berücksichtigt werden. Die Temperaturerhöhung an der Wasseroberfläche wird jedoch einerseits durch die hohe spezifische Wärmekapazität von Wasser verlangsamt. Zweitens können die Wassermassen der Weltmeere wesentlich mehr Wärme aufnehmen als die Landoberflächen, weil sie das erwärmte Wasser durch Strömungen in größere Tiefen verteilen. Und drittens kühlt die hohe Verdunstung, der eine unbegrenzte Wassermenge zur Verfügung steht, die Luft über der Meeresoberfläche ab, was über Landoberflächen mit ihren begrenzten Oberflächengewässern weniger der Fall ist.[3]

Abb. 3: Änderung der globalen (lila) und der österreichischen (rot) jährlichen Mitteltemperatur 1765 bis 2020 sowie die Mittel der Klimaperioden 1961-1990 und 1991-2020, im Vergleich zur vorindustriellen Periode (1850-1900).

Andererseits folgt die Entwicklung der Temperatur über die letzten ca. 150 Jahre in den Alpen dem Verlauf der globalen Veränderung (Abb. 3). Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgte zunächst eine Erwärmung um ca. 1 °C. Zwischen den 1950er und den 1970er Jahren zeigt sich eine leichte Abkühlung, die seit den 1980er Jahren durch die starke Erwärmung der letzten Jahrzehnte abgelöst wurde. Die wichtigsten Gründe unterscheiden sich nicht von den Ursachen der globalen Entwicklung. Seit 1900 begann einerseits die leichte Zunahme von anthropogenen Treibhausgasen sich auszuwirken, andererseits hatte die Sonneneinstrahlung leicht zugenommen. Die Erwärmungspause in den 1950er bis 1970er Jahren wird auf die zunehmende Aerosolbelastung durch die relativ schmutzige Industrie der Nachkriegsjahrzehnte zurückgeführt. Der starke Anstieg der Temperatur danach ist zum einen den sich beschleunigenden Emissionen von Treibhausgasen geschuldet. Andererseits hat die Luftreinhaltepolitik der Industrieländer seit den 1970er/1980er Jahren dazu geführt, dass weniger Solarstrahlung durch Aerosolpartikel und durch diese verursachte Wolken reflektiert wurden. Die Ursachen der zunehmenden Sonneneinstrahlung über den Alpen wird zwar diskutiert,[6] dürfte aber nicht durch Aktivitäten der Sonne selbst bedingt sein, da diese seit den 1960er Jahren abgenommen hat.

Ein Teil des Trends wird auch auf Änderungen der atmosphärischen Zirkulation zurückgeführt. So wird eine Verschiebung des globalen subtropischen Hochdruckgürtels nach Norden, die möglicherweise eine Folge der globalen Erwärmung ist, als wichtige unmittelbare Ursache für die Erwärmung angenommen. Dadurch ist es häufiger zu Hochdrucklagen im Alpenraum mit deutlich gestiegenen Phasen starker Sonneneinstrahlung gekommen. In diesem Zusammenhang nahmen die Windgeschwindigkeiten während des 20. Jahrhunderts vor allem im Sommer in Mitteleuropa ab, wodurch das Klima mehr durch lokale Faktoren wie die Eis- und Schnee-Albedo-Rückkopplung und direkte Sonneneinstrahlung beeinflusst wurde.[7]

Niederschläge

Abb. 4: Änderung des Niederschlags und der Bodenfeuchte in Österreich 1820-2022 mit Trends über den Zeitraum 1900-2022

Während es im Alpenraum im vorletzten Jahrhundert noch Phasen mit reichlichen Niederschlägen und Zeiten, in denen verhältnismäßig geringe Niederschläge fielen, gab, zeigen die über den gesamten Alpenraum gemittelten Jahresniederschläge seit dem Ende des 19. Jahrhunderts keine ausgeprägten längerfristigen Schwankungen mehr (Abb. 4). In den verschiedenen Regionen lassen sich jedoch durchaus bestimmte Trends erkennen. So wurde in den südlichen Alpen über die letzten Jahrzehnte eine Abnahme um 4-12% beobachtet,[8] während in den nördlichen Alpen die Niederschläge zugenommen haben. Dabei erfolgten die Niederschlagszunahmen vor allem im Winter und Frühjahr, die Abnahmen von Juli bis November.[9] In Österreich haben die Niederschläge im Westen zu-, im Osten dagegen in den letzten 200 Jahren um 10-15% abgenommen. Außerdem wurde für Österreich eine Zunahme bei den Starkniederschlägen sowie eine Abnahme der Tage mit moderaten Niederschlägen festgestellt.[5] In der Schweiz zeigen die Niederschläge im Winter zwischen Ende des 19. Jahrhunderts und 2017 im Norden Zunahmen von 20%, im Süden dagegen nur um 10%. Im Sommer gab es so gut wie keine Veränderungen.[1] Und anders als die langfristigen Trends weisen die Schwankungen von Jahr zu Jahr oft starke Unterschiede auf, die von 60% bis 140% des mittleren Niederschlags reichen.[10]

Abb. 5: Änderung der Jahresniederschläge und der Verdunstung in der Schweiz 1981-2020 in mm

Trotz der etwa gleichbleibenden Niederschläge im Alpenraum in den letzten Jahrzehnten und obwohl die Alpen als wasserreiche Region gelten, kam es in jüngster Zeit auch zu einigen trockenen Jahren und Dürren. Nach drei Jahrzehnten ohne ernsthafte Sommerdürren erlebten die Alpenregion und die Schweiz mit Beginn der 2000er Jahre größere Dürren in den Jahren 2003, 2011, 2015, 2018 und 2020 (Abb. 5). Für die Schweiz zeigt sich für die letzten vier Jahrzehnte eine Tendenz zu trockeneren Sommer-Halbjahren mit einer klimatischen Wasserbilanz (= Niederschlag minus potentielle Verdunstung) von -39 mm pro Dekade. Der Hauptgrund ist die Zunahme der potentiellen Verdunstung um 21 mm pro Jahrzehnt bzw. einer tatsächlichen Verdunstung von 8-15 mm pro Jahrzehnt. Gleichzeitig haben aber auch die Niederschläge um 17 mm pro Jahrzehnt bzw. um 66 zwischen 1981 und 2020 abgenommen.[11] Auch Österreich war in den Jahren 2003, 2015, 2018 und 2019 ähnlich wie andere Teile Mitteleuropas von Dürren betroffen.[12] Neben der Verdunstung durch die Temperaturerhöhung infolge des Klimawandels und der abnehmenden Aerosolkonzentration dürfte dabei auch die Verlängerung der Vegetationsperiode durch die höheren Temperaturen eine Rolle spielen, während der Pflanzen dem Boden mehr Wasser entziehen.[12] Abb.4 zeigt daher, dass trotz der gleichbleibenden Niederschläge die Bodenfeuchte in Österreich deutlich abgenommen hat.

Eine besonders für die Alpenregion wichtige Folge höherer Temperaturen und größerer Trockenheit sind Veränderungen des Schneefalls und der Schneebedeckung. Die höheren Temperaturen führen vor allem dazu, dass mehr Niederschlag als Regen statt als Schnee fällt. Als Folge nehmen sowohl die jahreszeitliche Dauer der Schneebedeckung wie die Schneetiefe deutlich ab. Im gesamten Alpenraum hat die winterliche Schneetiefe und die Schneedauer deutlich um 7-15% bzw. um 5 Tage pro Jahrzehnt abgenommen. Nach manchen Untersuchungen und je nach Region ging die Schneetiefe sogar bis zu 25% zurück und die Dauer der Schneebedeckung bis 18 Tage pro Jahrzehnt.[8] In Österreich wurde eine Abnahme der Schneetiefe bis zu einer Höhenlage von 2100 m um 30-90% beobachtet, und die Schneedauer reduzierte sich von 1961 bis 2016 um insgesamt 44 Tage bzw. 8 Tage pro Jahrzehnt.[5]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 National Centre for Climate Services NCCS, Hrsg. (2018): CH2018 - Klimaszenarien für die Schweiz. National Centre for Climate Services
  2. APCC (2014): Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel 2014, Bd. 1, Kap. 3
  3. 3,0 3,1 3,2 Chimani, B., M. Ganekind, M. Olefs, ZAMG (2021): Temperaturentwicklung in Österreich im globalen Kontext
  4. Stangl, M., H. Formayer, J. Hiebl u.a., CCCA (2023): Klimastatusbericht Österreich 2022
  5. 5,0 5,1 5,2 Olefs, M., H. Formayer, A. Gobiet et al. (2021): Past and future changes of the Austrian climate – Importance for tourism, Journal of Outdoor Recreation and Tourism 34
  6. Scherrer, S. C., & Begert, M. (2019). Effects of large-scale atmospheric flow and sunshine duration on the evolution of minimum and maximum temperature in Switzerland. Theoretical and Applied Climatology
  7. European Environment Agency (2009): Regional climate change and adaptation. The Alps facing the challenge of changing water resources
  8. 8,0 8,1 Monteiro, D. and S. Morin (2023): Multi-decadal analysis of past winter temperature, precipitation and snow cover data in the European Alps from reanalyses, climate models and observational datasets, The Cryosphere, 17, 3617–3660
  9. Haslinger, K., F. Holawe & G. Blöschl (2019): Spatial characteristics of precipitation shortfalls in the Greater Alpine Region—a data-based analysis from observations. Theor Appl Climatol 136, 717–731.
  10. GeoSphere Austria (o.J.): Niederschlag
  11. Scherrer, S.C., M. Hirschi, C. Spirig, F. Maurer, S. Kotlarski (2022): Trends and drivers of recent summer drying in Switzerland. Environ Res Commun 4:025004. https://iopscience.iop.org/article/10.1088/2515-7620/ac4fb9
  12. 12,0 12,1 Maraun, D., L. Roither, ZAMG (2023): Dürren im Klimawandel: Niederschlag und Bodenfeuchte

Weblinks

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