Holozän

Aus Klimawandel
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Überblick

Das Holozän ist die seit mehr als 11 000 Jahren andauernde warmzeitliche Epoche des Eiszeitalters, der die letzte Kaltzeit (Würm- oder Weichselkaltzeit) voranging. Es umfasst damit auch die Klimaänderungen der letzten 1000 Jahre und das Klima im 20. Jahrhundert.

Die Auswertung von 73 global verteilten (Proxy-)Datenserien[1] zeigen im globalen Mittel eine Erwärmung vom frühen Holozän (etwa 11300 v.h.) um 0,6 °C bis zu dem Temperaturplateau von 9500 bis 5500 v.h. Darauf folgte eine langfristige Abkühlung um -0,7 °C bis ins 19. Jahrhundert. Deutlich stärker als im globalen Mittel waren die Temperaturschwankungen in den Außertropen der Nordhalbkugel. Hier betrug die langfristige Abkühlung von 7000 v.h. bis ca. 100 v.h. ca. -2 °C. Der Grund für diesen Unterschied ist der hohe Anteil an Landmassen von etwa 50 % zwischen 30 °N und 90 °N gegenüber 25 % beiderseits des Äquators und 15 % zwischen 30 °S und 90 °S. Landmassen erwärmen sich und kühlen sich schneller und stärker ab als der Ozean.

Daneben gab es aber noch kurzfristige und regionale Schwankungen, die den groben Verlauf der Temperatur im Holozän unterbrochen bzw. verstärkt haben. So kühlte sich der Nordatlantik-Raum um 8200 v.h. deutlich ab (s.u. Frühes Holozän). Und die langfristige Abkühlung der letzten ca. 5000 Jahre wurde unterbrochen durch die Mittelalterliche Warmzeit und verstärkt durch die Kleine Eiszeit (s. Klima der letzten 1000 Jahre)

Frühes Holozän

Der Übergang von der Weichselkaltzeit kündigte sich bereits vor ca. 12 000 Jahren in der sogenannten Allerödzeit an, als die nordhemisphärischen Temperaturen zwar noch nicht die Durchschnittswerte des Holozäns erreichten, aber schon deutlich über denen der Kaltzeit lagen. Die Eisschilde gingen zunehmned zurück, was zu einem deutlichen Anstieg des Meeresspiegels führte. Die weitere Erwärmung wurde jedoch durch einen heftigen und rapiden Kälteeinbruch während der Jüngeren Dryaszeit vor rund 13 000 bis 11 500 Jahren unterbrochen. Die Temperatur sank zu Beginn dieser Periode im Nordatlantikraum in wenigen Jahrzehnten um mehrere Grad, und auch die Erwärmung am Ende dieser Phase war sehr abrupt und betrug in großen Teilen der nördlichen Hemisphere bis zu 10 °C in 50 Jahren.[2] Die Ursache für den plötzlichen Temperaturabfall lag nach heutiger Erkenntnis in einem Aussetzen oder einer deutlichen Schwächung der Tiefenkonvektion im Nordatlantik, die die am Ende der letzten Kaltzeit gerade wieder belebte Warmwasserheizung durch den Nordatlantikstrom abstellte. Als Grund für das Aufhören der Tiefenkonvektion wird eine plötzliche und gewaltige Schmelzwasserzufuhr über die Labradorsee in das Absinkgebiet der thermohalinen Zirkulation (THC) angenommen.

Nach der Jüngeren Dryaszeit ging das Abschmelzen der Eismassen weiter. Der Fennoskandische Eisschild verschwand bereits bis 9000 Jahre v.h. Neben dem Antarktischen enthielt danach noch der Rest des Laurentischen Eisschild im Nordosten Nordamerikas eine beträchtliche Eismasse. Ähnlich wie bei dem Jüngeren Dryas-Ereignis sammelte sich ein Teil des Schmelzwassers in einem großen See auf dem nordamerikanischen Festland, dem Agassiz-See. Um 8200 v.h. brach der Laurentische Eisschild jedoch am Ausgang der heutigen Hudson-Bay in zwei Teile, so dass das Wasser des Agassiz-See über die Hudson-Bay in den Nordwest-Atlantik auslief. Die Folge war eine Abschwächung der Nordatlantischen Thermohalinen Zirkulation, wodurch weniger warmes Wasser in den Nordatlantik transportiert wurde. Dieses sog. 8200-Ereignis führte erneut zu einer spürbaren Abkühlung von ca. 3 °C im Nordatlantik-Raum.[3]

Im Präboreal um 8000 v.Chr. vollzog sich jedoch der endgültige Übergang zur Warmzeit. Die Sommer waren ähnlich warm wie heute, die Winter jedoch noch sehr kalt.

Mittleres und spätes Holozän

Temperaturänderungen im Holozän nach verschiedenen regionalen Rekonstruktionen

Es folgte ein Wechsel von relativ kalten (Pessima) und relativ warmen (Optima) Perioden bis zur Gegenwart. Herausragende warme Perioden waren das sogenannte Hauptoptimum des Holozäns zwischen 4000 bis 5000 und 6000 bis 7000 Jahren v.h. mit wärmeren Sommern als heute und recht warmen Wintern, das Optimum der Römerzeit und das mittelalterliche Optimum. Während des Hauptoptimums und der etwas kälteren Phase zwischen 5000 und 6000 v.h. entstanden die ersten neolithischen Kulturen, die Menschen wurden sesshaft, betrieben Ackerbau und Viehzucht und es entstanden die ersten Kultbauten. Das endgültige Abschmelzen der großen Eisschilde der Würmkaltzeit bis etwa 6000 Jahre v.h. lies den Meeresspiegel steigen, worauf sich wahrscheinlich die Berichte über die "Sintflut" beziehen. Während des Optimums der Römerzeit waren wichtige Alpenpässe den ganzen Winter über passierbar, was etwa Hannibal den Einfall ins Römische Reich erleichterte.

Während der Pessima gab es längerfristige Temperaturrückgänge ähnlich denen der Kleinen Eiszeit. Ausgeprägt kalt war es während der Zeit vor ca. 2000 bis 2500 v.h. und während der Völkerwanderungszeit (Pessimum der Völkerwanderungszeit 400 bis 800 n.Chr.)

Allerdings muss dabei betont werden, dass sich die Einteilung in Optima und Pessima nicht auf globale, sondern nur auf regionale (Proxy-)Daten stützen kann.[4] Danach gab es in der ersten Hälfte des Holozäns Regionen, in denen lagen die Temperaturen etwa 2 °C über den vorindustriellen Werten, so auf Grönland, in SO-Europa und im östlichen China, wobei diese warmen Phasen nicht gleichzeitig stattfanden, sondern mit Unterschieden von z.T. einigen tausend Jahren. In den Tropen aber waren die Temperaturen von 10 000 bis 5 000 Jahren v.h. um 0,5-2 °C tiefer als in vorindustrieller Zeit. Die auf dem Hintergrund der gegenwärtigen Klimadiskussion interessante Frage, ob es im Holozän eine Periode gab, in der das Klima global wärmer war als in den letzten Jahrzehnten, lässt sich daher nicht beantworten.

Ursachen von Klimaschwankungen

Trotz des Wechsels zwischen kälteren und wärmeren Klimaphasen gilt das Klima des Holozäns insgesamt als eine sehr stabile Phase in der Erdgeschichte, die vielfach als positive Voraussetzung für die Entwicklung der menschlichen Hochkulturen gesehen wird. Für den Beginn des Holozäns und die Klimaschwankungen über größere Zeiträume von einigen Jahrhunderten oder Jahrtausenden haben die Erdbahnparameter, besonders in den höheren Breiten, den entscheidenden Anstoß gegeben. Sie wurden verstärkt durch Änderungen der Eisbedeckung, der Konzentration der Treibhausgase und der Vegetation. Schon am Ende der letzten Kaltzeit zeigte die Erde im Nordsommer eine stärkere Neigung zur Sonne und der sonnennächste Punkt verschob sich vom Winter auf den Herbst und später zum Sommer hin. Dadurch erhielten die Gebiete nördlich von 65° Breite eine um 10% höhere Einstrahlung. Das löste das Abschmelzen von Eis- und Schneemassen aus, wodurch der Eis-Albedo-Effekt zur Geltung kam: Weniger Strahlung wurde reflektiert, sondern von den neu entstehenden dunkleren und mit Vegetation bedeckten Flächen absorbiert. Die sich allmählich erwärmenden Ozeane gasten Kohlenstoff aus, wodurch der CO2-Gehalt der Atmosphäre erhöht und damit der Treibhauseffekt verstärkt wurde.

Auch die tendenzielle Abkühlung in den mittleren und höheren Breiten der Nordhalbkugel seit dem Hauptoptimum des Holozäns wird auf eine Änderung der Präzession zurückgeführt, die in einem Zyklus von 23 000 Jahren die Neigung der Erdachse auf der elliptischen Erdbahn wandern lässt. So lag der N-Sommer vor 9 000 Jahren im Perihel, dem sonnennächsten Punkt, während er heute im Aphel, dem sonnenfernsten Pubkt, liegt. Hinzu kam noch eine Verringerung der Achsenneigung der Erde um 1° während der letzten 9 000 Jahre, so dass beide astronomischen Efekte bei 65°N eine Verringerung der solaren Einstrahlung um 10% zur Folge hatten. Verstärkt wurde der orbitale Anstoß außerdem durch Rückkopplungseffekte in der Vegetation.[5]

Einzelnachweise

  1. Marcott, S.A., J.D. Shakun, P.U. Clark, A.C. Mix (2013): A Reconstruction of Regional and Global Temperature for the Past 11,300 Years, Science 339, 1198-1201
  2. IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the WorkinGroup I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (Houghton, J.T. et al., eds), Cambridge and New York, 2.4.3
  3. Törnquist, T.E., and M.P. Hijma (2012): Links between early Holocene ice-sheet decay, sea-level rise and abrupt climate change, Nature Geoscience 5, 601-606
  4. vgl. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 6.5.1.3
  5. M. Crucifix, M.-F. Loutre, P. Tulkens, T. Fichefet, A. Berger (2002): Climate evolution during the Holocene: a study with an Earth system model of intermediate complexity, Climate Dynamics 19, 43-60

Weblinks

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