ENSO und der anthropogene Treibhauseffekt

Aus Klimawandel
Der ENSO-Index setzt sich aus sechs Variablen zusammen: Luftdruck, meridionale und zonale Windkomponenten, Meeresoberflächentemperatur, Lufttemperatur, Wolkenbedeckung. Gezeigt ist die Standardabweichung vom Mittel 1950-1993

Beobachtete Veränderungen

Normalerweise wird für die Bestimmung von ENSO-Schwankungen die Meeresoberflächentemperatur in der Niño3-Region (s. ENSO) zugrunde gelegt, weil hier die stärksten Änderungen bei einem El Niño auftreten. Die frühesten Messungen gehen auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück, waren aber bis zum 2. Weltkrieg verhältnismäßig spärlich. Seit Anfang der 1980er Jahre kamen Satellitenbeobachtungen hinzu, so dass das aktuelle Verhalten deutlich besser eingeschätzt werden kann als das frühere Verhalten von ENSO. Es ist daher sehr schwierig die ENSO-Aktivität der letzten Jahrzehnte mit der vor dem 2. Weltkrieg zu vergleichen. Für die Zeit nach 1950 kann man erkennen, dass es starke Schwankungen in der ENSO-Aktivität von Jahr zu Jahr gab und dass einige Jahrzehnte wie die 1980er und 1990er Jahre als besonders aktiv erscheinen und andere wie die 1950er und 1960er eher inaktiv. Über die letzten ca. 50 Jahre hat die ENSO-Aktivität augenscheinlich zugenommen. Besonders herausragend sind die El-Niño-Ereignisse von 1982/83 und 1997/98, die beide als Jahrhundert-Ereignisse bezeichnet wurden. Nach 1998 gab es jedoch keine nennenswerten El-Niño-Ereignisse mehr. Allerdings wurde beobachtet, dass bei El-Niño-Ereignissen seit den 1990er Jahren die Niño4-Region, die westlich an die Niño3-Region anschließt, einen zunehmenden Trend bei der Erwärmung zeigt, mit einem Maximum Ende 2009/10.[1] Die Temperaturerhöhung ist hier jedoch im Mittel nur halb so hoch wie in der Niño3-Region.

Proxy-Daten wie Baumringe, Isotopen, chemische Zusammensetzung von Ozean- und Seesedimenten u.a. erlauben eine ungefähre Abschätzung weiter zurück liegender Aktivitäten. Danach gab es in den letzten 1000 Jahren Zeiten mit stärkerer ENSO-Aktivität wie Mitte des 17. und das späte 14. Jahrhundert und solche mit schwächerer Aktivität wie im 12., 14. und 15. Jahrhundert. Proxy-Daten zeigen, dass es das ENSO-Phänomen auch in den Kaltzeiten des Eiszeitalters gegeben hat, sogar im Letzten Glazialen Maximum (LGM) vor etwa 20 000 Jahren, als ENSO offenbar eine starke Aktivität besessen hat. Das zeigt, dass das Phänomen auf externe Antriebe wie die orbitale Strahlung reagieren kann.[2]

ENSO und die globale Erwärmung

Vor allem der El Niño von 1997/98 hat die Diskussion darüber angefacht, inwieweit sich in den bisherigen ENSO-Aktivitäten bereits die globale Erwärmung bemerkbar macht. So gibt es zwar Analysen, die die El-Nino-Aktivität der letzten 50-100 Jahre als Folge einer zunehmenden CO2-Konzentration interpretiert haben, aber ein wirklicher Nachweis fehlt immer noch. Die meisten Studien zeigen eher, dass die ENSO-Aktivität in dieser Zeit im Rahmen der natürlichen Variabilität liegt. Die Zusammenhänge sind so komplex, dass nicht einmal das Vorzeichen einer Änderung von ENSO durch die globale Erwärmung klar ist. Es gibt zu viele Faktoren, die ENSO beeinflussen können, so die Lage der Thermokline, die Stärke der Passate, die Wolkenbedeckung und die Strahlung. Nach einigen Modellberechnungen können sich Änderungen von ENSO wie in den letzten 1000 Jahren auch ohne Strahlungsantrieb allein aus interner Variabilität ereignen.[2] Dazu passt eine Langzeituntersuchung, die durch Analysen fossiler Korallen zu dem Ergebnis kommt, dass es in den letzten ca. 1000 Jahren keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen ENSO und dem jeweiligen Hintergrundklima gegeben hat.[3] So gab es während der sogenannten "Kleinen Eiszeit" im 17. Jahrhundert starke El-Niño-Ereignisse und während des Mittelalterlichen Optimums keine auffällige ENSO-Aktivität. Die Variabilität des ENSO-Phänomens scheint hiernach unabhängig von den klimatischen Randbedingungen zu sein und im wesentlichen aus einer internen Dynamik heraus erzeugt zu werden.

Projektionen

Die globale Erwärmung wird nach Modellprojektionen zu Änderungen einiger globaler Muster führen, die auch wichtige Faktoren für ENSO sind. So wird erwartet, dass die Hadley- und Walker-Zirkulation durch die globale Erwärmung abgeschwächt werden. Damit werden auch die Passatwinde schwächer, was auch sowohl durch Beobachtungen wie Modelle bestätigt ist. Die Schwächung der Passate wird zu einer Abflachung der Thermokline führen sowie zu einer Reduzierung des kalten Auftriebswassers im Osten und einer relativen Erwärmung der ostpazifischen Meeresoberflächentemperatur im Vergleich zum Westen.[4] Allgemein wird erwartet, dass sich die Meeresoberflächentemperatur stärker im Ostpazifik als im Westpazifik erwärmt.[5] Der westpazifische Warmwasserpool wird sich dadurch weiter nach Osten ausdehnen. Als Folge werden sich die Passate weiter abschwächen. Im zentralen und östlichen äquatorialen Pazifik werden mehr Niederschläge fallen. Diese Änderungen werden als El-Niño-artig beschrieben, sind jedoch schwächer als bei einem El Niño und folgen anderen Mechanismen. Unklar bleiben die Folgen der globalen Erwärmung auf die Wolkenbildung und deren Einfluss auf die Strahlung und das ENSO-System. Vor allem aber ist nicht geklärt, ob der veränderte mittlere Status des tropischen Klimas im Pazifik-Raum auf die natürlichen Dekadenschwankungen des ENSO-Systems einen nennenswerten Einfluss haben wird. Nach dem Stand der gegenwärtigen Forschung ist es daher nicht zu entscheiden, ob die ENSO-Aktivität durch die globale Erwärmung zunehmen, abnehmen oder unverändert bleiben wird.[2][6]

Einzelnachweise

  1. Tong Lee and Michael J. McPhaden (2010): Increasing intensity of El Niño in the central‐equatorial Pacific, GEOPHYSICAL RESEARCH LETTERS, VOL. 37, L14603, doi:10.1029/2010GL044007
  2. 2,0 2,1 2,2 Vecchi, G. A. & Wittenberg, A. T.(2010): El Niño and our future climate: Where do we stand? Wiley Interdisciplinary Reviews: Climate Change 1, 260-270
  3. Cobb, K.M., C.D. Charles, H. Cheng, R.L. Edwards (2003): El Niño/Southern Oscillation and tropical Pacific climate during the last millennium, Nature 424, 271-276
  4. Collins, M. et al. (2010): The impact of global warming on the tropical Pacific Ocean and El Niño. Nature Geoscience 3: 391-397
  5. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 10.3.5.3
  6. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 10.3.5.4

Siehe auch


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