Dürren 2018-2020 in Europa

Aus Klimawandel
Abb. 1: Räumliche Verteilung der Bodenfeuchte im Sommer 2018. Blau = hohe, rot = niedrige Bodenfeuchte, ausgedrückt durch einen Indexwert: unter -2,0 = extreme Dürre, -2,0 bis 1,5 = starke Dürre.
Abb. 2: Abweichungen der sommerlichen Niederschläge in % vom Mittel 1980-2010 in den Jahren 2018 (links) und 2019 (rechts).

Wetterverhältnisse

2018

Nach dem „Jahrhundertsommer“ 2003 zeichneten sich besonders die Sommer in den Jahren 2018 bis 2020 durch ungewöhnlich hohe Temperaturen und extreme Niederschlagsdefizite aus. 2018 waren vor allem Mittel-, Nordwest- und Nordeuropa betroffen. In Großbritannien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden kam es zu neuen Hitzerekorden. In Mitteleuropa lagen die Niederschläge vielfach um mehr als 40% unter dem Mittel von 1980-2010, in Skandinavien um 20-40% (Abb. 2).[1] Die größte Ausdehnung der Dürre 2018 umfasste 24-38 Mio. ha, im Vergleich zu 2003 mit 20-28 Mio. ha. Auch in anderen Regionen der Nordhalbkugel wie in Japan, Nordost-China und den südwestlichen USA kam es im Sommer 2018 zu gravierenden Dürren. Europa scheint aber am stärksten und besonders anhaltend von der Dürre betroffen gewesen zu sein. Nach Modellsimulationen nach dem RCP8.5-Szenario lassen erwarten, dass ein Sommer wie 2018 Anfang der 2040er Jahre für Mitteleuropa ein normaler Sommer sein wird.[2]

Ein wichtiges Kennzeichen von Trockenheit ist die Bodenfeuchtigkeit. Sie beeinflusst die Niederschlagsbildung, die Verdunstung und damit auch die Temperatur sowie das Wachstum von Anbaukulturen. Das Jahr 2018 unterschied sich von früheren Dürre-Jahren und heißen Sommern zunächst durch einen sehr feuchten Winter und einen sehr warmen und strahlungsreichen Frühling. Aufgrund der hohen winterlichen Niederschläge, die teilweise bis in den Frühling hineinreichten, war die Bodenfeuchtigkeit im März und April eine der höchsten der letzten Jahrzehnte. Zum Sommer hin nahm die Bodenfeuchtigkeit besonders in Mitteleuropa und dem südlichen Skandinavien jedoch rapide ab (Abb. 1) und erreichte im September einen extrem niedrigen Rekordwert.[3]

2019

Das Jahr 2018 war auch dadurch ungewöhnlich, dass in Mittel- und Nordeuropa von April bis September ein nahezu endloser Sommer herrschte.[4] Die außerordentlichen Wetterverhältnisse setzten sich mehr oder weniger auch noch im darauf folgenden Jahr 2019 fort. Zusammengenommen war die anhaltende Sommerdürre 2018-2019 in den letzten 250 Jahren in Europa beispiellos.[1] Auch wenn die sommerlichen Temperaturen 2019 nicht über so viele Monate herrschten wie 2018, wurden an einigen Orten 2019 bisherige Höchsttemperaturen übertroffen. So kletterten die Temperaturen im Südosten Frankreichs auf den nationalen Rekordwert von über 46 °C und in Deutschland ebenfalls auf einen neuen Rekord von über 42 °C.[5] 2019 waren die Niederschläge insgesamt in Europa ähnlich gering wie 2018. Die geographischen Schwerpunkte der Niederschlagsdefizite waren jedoch nach Osten verschoben. In Großbritannien fiel überdurchschnittlich viel Regen. Statt Schweden wie 2018 war 2019 vor allem Finnland von geringen Niederschlägen betroffen und statt Deutschland und die Beneluxstaaten Ostpolen und die Ukraine. In Mitteleuropa fielen etwa 20-40 % weniger Niederschläge als im Mittel 1980-2010, in der Ukraine bis zu 60%. Andererseits gab es 2019 auch in größeren Teilen Spaniens extrem niedrige Niederschläge (Abb.).

Trotz der etwas höheren Niederschläge waren die Böden in Mitteleuropa 2019 deutlich trockener als im Vorjahr (Abb.). Der Grund war, dass die bis in den Winter hinein zunehmende Bodentrockenheit von 2018 vor allem in den tieferen Bodenschichten (bis 1,80 m) auch 2019 noch vorhanden war und zusätzlich verstärkt wurde. So waren große zusammenhängende Gebiete Norddeutschlands von einer „außergewöhnlichen“ Dürre im Boden betroffen, was 2018 nur auf kleineren isolierten Flächen der Fall war.

2020

2020 war dann das dritte Jahr, in dem vor allem Mitteleuropa ungewöhnlich trockene Bedingungen erlebte. Im April und Mai 2020 fielen geringe Niederschläge vor allem in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Irland und Großbritanniens. Trockener als üblich war es im Juli auch in Frankreich und ab August in Teilen Skandinaviens.[6] Im Jahresmittel lagen die Niederschläge 2020 eher im normalen Bereich; besonders im Nordwesten des Kontinents fielen reichlich Niederschläge. Im Frühling und Sommer (mit Ausnahme des Monats Juni) waren die Niederschläge dagegen deutlich unterdurchschnittlich.[7]

Die Bodenfeuchte 2020 in Europa insgesamt ähnlich niedrig wie in den beiden Jahren zuvor (Abb.), auch in diesem Jahr, weil die tieferen Bodenschichten noch immer sehr trocken von dem vorangegangenen Jahr waren. Schon im Frühjahr zeigte sich ein geringer Wassergehalt im Boden, aber auch fast alle übrigen Monate lagen unter dem langjährigen Durchschnitt. Besonders betroffen waren die Gebiete zwischen Schwarzem und Kaspischen Meer, aber auch Mittel- und Westeuropa.[8]

Erklärungen

Unmittelbare Ursache für die extremen Dürreverhältnisse 2018-2020 war das Zusammentreffen hoher Temperaturen und geringer Niederschläge. In der Höhe bei 500 haP bildete sich ein stabiles Hochdrucksystem, dass zu einer blockierenden Wetterlage mit hoher Sonneneinstrahlung führte. Die hohen Temperaturen verdunsteten rasch die Feuchtigkeit von Pflanzen und Böden, so dass die Abkühlung durch Verdunstung vielerorts ausfiel. Dadurch entwickelten sich großräumige Hitze- und Dürrebedingungen, durch die sich Trockenheit und hohe Temperaturen weiter stabilisierten. Möglicherweise ist die Ursache dieser Wetterlage die sogenannte Arktische Verstärkung, d.h. die mehr als doppelt so starke Erwärmung der Arktis im Vergleich zu den mittleren Breiten. Der sich dadurch abschwächende Temperaturgegensatz zwischen hohen und mittleren Breiten bewirkt, dass der Jetstream sich abschwächt, stärker mäandriert und sich langsamer von Westen nach Osten bewegt. Dadurch können sich im Sommer stabile Hochdrucklagen, sog. blockierende Wetterlagen, ausbilden (wobei es andernorts aber auch zu anhaltenden Starkniederschlägen kommen kann). Allerdings wird dieser Mechanismus in der Forschung noch diskutiert.

Eine Untersuchung zum Ablauf der Dürrebedingungen 2018 zeigte zudem, dass Wechselwirkungen zwischen den Wetterbedingungen und der Vegetation die Sommerdürre erheblich verstärkten. Die hohen Temperaturen und feuchten Böden im Frühjahr 2018 förderten hiernach zunächst ein starkes Wachstum der Vegetation. Zusätzlich begünstigte die hohe Einstrahlung besonders in den höheren Breiten die Photosynthese. Entsprechend war auch die CO2-Aufnahme durch die Vegetation größtenteils sehr hoch, mit Rekordwerten in Skandinavien, im Baltikum und in West-Russland. Die hohe Nettoprimärproduktion führte aber auch zu einem hohen Wasserbedarf und zu einer starken Evapotranspiration, so dass der Wassergehalt des Bodens zum Sommer hin stark abnahm. Der Wasserverbrauch der Vegetation im Frühling hatte damit einen deutlichen Anteil an der Dürre im Sommer. Die Wetterbedingungen im Sommer selbst mit weitgehend fehlenden Niederschlägen, hoher Einstrahlung und hohen Temperaturen leisteten den restlichen Beitrag zu der Dürre. Die Folge war ein starker Rückgang der Nettoprimärproduktion. In Mitteleuropa und Südschweden sank entsprechend die Kohlendioxid-Aufnahme teilweise um die Hälfte.

Die Auswirkungen der Frühjahrsbedingungen auf die Vegetation im Sommer waren jedoch räumlich unterschiedlich (Abb. R1 und R2). Sie zeigten sich besonders stark im südlichen Teil der von der Dürre im Sommer 2018 betroffenen Region, d.h. in Südschweden und Mitteleuropa (R1), während das sommerliche Wachstum der Vegetation im mittleren und nördlichen Skandinavien (R2) kaum betroffen. Der Grund für diese verschiedene Entwicklung liegt im Wesentlichen darin, dass das nördliche Dürregebiet durch Wälder dominiert ist, während der südliche Teil wesentlich stärker landwirtschaftlich geprägt ist. Bäume haben tiefere Wurzeln als Anbaufrüchte und Gräser und erreichen damit auch tiefere Wasserreserven im Boden. Sie konnten sich also auch noch im Sommer, als die oberen Bodenschichten bereits ausgetrocknet waren, mit Wasser versorgen. Außerdem sind Bäume besser in der Lage, durch ihre Blattöffnungen ihren Wasserverbrauch bei Dürre-Stress zu regulieren.


Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Hari, V., O. Rakovec, Y. Markonis et al. (2020): Increased future occurrences of the exceptional 2018–2019 Central European drought under global warming. Sci Rep 10, 12207
  2. Peters, W., A. Bastos, P. Ciais, A. Vermeulen (2020): A historical, geographical and ecological perspective on the 2018 European summer drought. Phil. Trans. R. Soc. B 375: 20190505
  3. Bastos, A., P. Ciais, P. Friedlingstein, S. Sitch, J. Pongratz, L. Fan et al. (2020): Direct and seasonal legacy effects of the 2018 heat wave and drought on European ecosystem productivity. Science Advances, 6(24), eaba2724
  4. Hoy, A., S. Hänsel, M. Maugeri (2020): An endless summer: 2018 heat episodes in Europe in the context of secular temperature variability and change. Int J Climatol. 2020; 40:6315–6336
  5. Sousa, P.M., D. Barriopedro, R. García-Herrera et al. (2020): Distinct influences of large-scale circulation and regional feedbacks in two exceptional 2019 European heatwaves. Commun Earth Environ 1, 48; Bissoli, P., T. Deutschländer, F. Imbery u.a. (DWD 2019): Hitzewelle Juli 2019 in Westeuropa – neuer nationaler Rekord in Deutschland
  6. Barbosa, P., D. Masante, C. Arias Muñoz et al. (2021): Droughts in Europe and Worldwide 2019-2020, EUR 30719 EN, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2021, ISBN 978-92-76-38040-5, doi:10.2760/415204
  7. Copernicus Climate Change (2021): European state of the climate 2020, Precipitation
  8. Copernicus Climate Change (2021): European state of the climate 2020, Soil Moisture

Weblinks


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