Aktuelle Klimaänderungen

Aus Klimawandel
Abb. 1: Globale Jahresmittelwerte der bodennahen Lufttemperatur und Jahrzehntmittelwerte

Die globale Mitteltemperatur

Die globale Mitteltemperatur hat sich besonders seit 1980 stark erhöht und ein im 20. Jahrhundert unübertroffenes Niveau erreicht. Abb. 1 zeigt die globalen Jahresmitteltemperaturen mit Bezug auf das Mittel 1901-2000. Deutlich sind einerseits starke Schwankungen von Jahr zu Jahr sichtbar, andererseits insgesamt ein deutlicher Temperaturanstieg über die letzten vier Jahrzehnte. Von den zehn wärmsten Jahren der gesamten Periode liegen alle bereits im 21. Jahrhundert. 2016, 2020, 2019, 2015, 2017, 2018, 2014, 2010, 2013 und 2005 waren in absteigender Reihenfolge die bisher wärmsten Jahre der Messreihe.[1] Dabei hat das Tempo der Erwärmung deutlich zugenommen. So betrug die Temperaturzunahme pro Jahrzehnt im Zeitraum 1901-1950 ca.0,10 °C, zwischen 1979 und 2012 dagegen ca. 0,27 °C.[2] Im ersten Fall würde das eine Erwärmung von 1 °C in 100 Jahren bedeuten, im zweiten von fast drei Grad pro Jahrhundert. Die letzten 10 Jahre 2011 bis 2020 waren um 1,1 °C wärmer als die als „vorindustriell“ definierten Periode 1850-1900. Das Jahrzehnt 2011-2020 ist damit nach Einschätzung des Weltklimarats IPCC das wahrscheinlich wärmste Jahrzehnt seit der letzten Zwischeneiszeit vor etwa 125.000 Jahren.[3] Das Jahr 2020 lag mit 1,2 °C über dem vorindustriellen Wert (1850-1900), und die letzten sechs Jahre zwischen 2015 und 2020 waren zugleich die wärmsten Jahre seit Beginn der Messungen.[4]

Abb. 2: Änderung der globalen Mitteltemperatur 1850-2020: Jahresmittel, gleitende 10-Jahresmittel und Dekaden-Mittel.

Die globale Mitteltemperatur erfasst sowohl die Daten über dem Land wie die Meeresoberflächentemperaturen. Da 71 % der Erdoberfläche von den Ozeanen bedeckt sind, kommt den Meeresoberflächendaten sogar eine deutlich größere Bedeutung für die globale Mitteltemperatur zu als den Landtemperaturen. Andererseits lebt die Menschheit auf den Landflächen und erfährt den Klimawandel vor allem hier. Die Erwärmung des Klimas durch den Menschen ist hier fast doppelt so stark wie über den Ozeanen (s.u.) und betrug zwischen 2011-2020 und 1850-1900 1,59 °C.[3] Damit leben und wirtschaften die Menschen bereits in einer Welt von mehr als 1,5 °C Temperaturerhöhung, die nach den Beschlüssen der Klimakonferenz in Paris 2015 global (über Land und Meer) in diesem Jahrhundert möglichst nicht überschritten werden sollte. Die Erwärmung läuft allerdings auch über dem Land je nach Region unterschiedlich ab. Verhältnismäßg gering erwärmen sich die Kontinente auf der Südhalbkugel und in den Tropen, besonders stark die hohen nördlichen Breiten Nordamerikas und Eurasiens. So hat sich die Arktis mit einer Temperaturerhöhung von 3,1 °C zwischen 1971 und 2019 etwa dreimal so stark erwärmt wie der globale Durchschnitt.[5]

Abb. 3: Globale Temperaturen und ENSO. Globale Monatsmitteltemperaturen und El-Niño- und La-Niña-Jahre 1950-2020

Die längerfristigen Temperaturveränderungen über Jahrzehnte werden zunehmend durch den steigenden Gehalt anthropogener Treibhausgase in der Atmosphäre bestimmt. In den Schwankungen von Jahr zu Jahr dagegen zeigen sich natürliche Einflussfaktoren, vor allem durch das ENSO-System (Abb. 3). Das bisher wärmste Jahr, 2016, war durch einen starken El Niño, eine periodisch auftretende ungewöhnliche Erwärmung im tropischen Pazifik, beeinflusst, während im Jahr 2017 eine schwache La Niña, die kühle Gegenphase zum warmen El Niño,[6] und 2019 eine neutrale Situation vorherrschte. 2020 war zu Beginn des Jahres ebenfalls durch eine La-Niña-Phase bestimmt.[4] 2020, 2019 und 2017 waren somit die wärmsten Jahre seit Beginn der Messungen ohne den Einfluss durch einen El Niño und zeigen damit deutlich die Auswirkungen der Erwärmung durch anthropogene Treibhausgase. Zwischen den wichtigsten Temperaturreihen der NASA, der amerikanischen Wetterbehörde NOAA und des britischen MetOffice gibt es in dieser Hinsicht weitgehende Übereinstimmung.[7]

Tages- und Nachttemperaturen und das Stadtklima

Bei einem Vergleich zwischen Tages- und Nachttemperaturen zeigt sich, dass die Minimumtemperaturen zwischen 1950 und 2004 stärker als die Maximumtemperaturen zunahmen und der Unterschied zwischen Tages- und Nachttemperaturen dadurch abnahm. Dieser Trend war besonders ausgeprägt zwischen 1960 und 1980 und nahm danach ab. In einigen Regionen wie Europa und Australien kam es sogar zu einer Zunahme der Differenz zwischen Tages- und Nachttemperaturen nach 1980.[8] Die abnehmende Tag-Nacht-Differenz hat zu der Vermutung geführt, dass dafür eventuell die zunehmende Verstädterung mitverantwortlich sein könnte, da die urbanen Wärmeinseln die Nachttemperaturen stärker als die Tageswerte beeinflussen.[9] Im Hinblick auf die jährlichen globalen Mitteltemperaturren spielt die Verstädterung allerdings nur eine zu vernachlässigende Rolle. Regional und lokal kann die Urbanisierung jedoch einen signifikanten Einfluss auf die Häufigkeit von Extremereignissen, wie besonders Hitzewellen, haben.[10]

Die Rolle des Ozeans

Bei Betrachtung der gesamten Energie, die durch menschliche Aktivitäten in das Klimasystem gelangt, sollte man jedoch nicht nur die Atmosphäre berücksichtigen. Der allergrößte Teil der zusätzlichen Energie, die zwischen 1971 und 2010 das Erdsystem erwärmt hat, nämlich über 90 %, wurde vom Ozean aufgenommen.[11] Die Erwärmung des Ozeans zeigt sich vor allem in den oberen 700 m Wasserschicht, aber auch zwischen 700 und 2000 m Tiefe. Der Ozean ist insofern in mancher Hinsicht ein besserer Indikator für die globale Erwärmung des Klimasystems durch den Menschen als die globale Oberflächentemperatur. Er nimmt nicht nur die mit Abstand größte Menge an zusätzliche Wärme auf, sondern zeigt auch weniger Schwankungen von Jahr zu Jahr und spiegelt damit besser die stetige Zunahme von anthropogenen Treibhausgasen wider als die einer stärkeren Variabilität unterliegenden atmosphärischen Temperaturen. Bei Berücksichtigung des Ozeans hat es daher auch die viel diskutierte „Erwärmungspause“ in den 2000er Jahren gar nicht gegeben.[12] Die ‚Erde‘ hat sich weiterhin erwärmt; nur ist ein größerer Teil der Wärmemenge in den Ozean gegangen. Durch seine großes Volumen und seine hohe Wärmekapazität ist der Ozean mit Abstand das größte Wärme-Reservoir im Klimasystem. Die Wärmeaufnahme durch den Ozean stellt daher einen Puffer bei Klimaänderungen dar und verlangsamt im gegenwärtigen Klimawandel deutlich die Erwärmungsrate der Atmosphäre.

Abb. 4: Veränderung der globalen Oberflächentemperatur über dem Land (rot) und der Meeresoberflächentemperatur (blau) 1880-2019 im Vergleich zur Basis 1951-1980

Erwärmumg von Land und Ozean

Analysen von Daten der, historische Beobachtungen und Modellsimulationen haben gezeigt, dass sich das Land schneller als der Ozean erwärmt (Abb. 4).[13] So betrug die Temperaturdifferenz zwischen 2011-2020 und 1850-1900 über dem Land 1,59 °C, die der Oberflächentemperatur des Ozeans aber nur 0,88 °C.[3] D.h. die globalen Landtemperaturen erhöhten sich in diesem Zeitraum ungefähr doppelt so stark wie die Meeresoberflächentemperaturen. Die Ursache liegt nicht nur in der unterschiedlichen Wärmekapazität zwischen Wasser und Land. Nicht weniger wichtig sind andere Faktoren wie die verschieden starke Verdunstung, Feedbackprozesse zwischen Land und Klima und Änderungen des Einflusses anthropogener Aerosole.[13]

Die Erwärmung der Atmosphäre durch die Erhöhung der Treibhausgaskonzentration führt dazu, dass die Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Dadurch wird über dem Land und über dem Meer die Verdunstung verstärkt. Aufgrund der nahezu unbegrenzt zur Verfügung stehenden Wassermenge nimmt die Verdunstung über dem Meer infolge des Klimawandels stärker zu als über dem Land. Da Verdunstung abkühlend wirkt, erwärmt sich das Meer weniger stark. Die regional unterschiedliche Erwärmung des Ozeans ist auf der einen Seite stark von den Meeresströmungen und ihrer Veränderung abhängig. So wird die auffällige Abkühlung im Nordatlantik auf eine Abschwächung des Nordatlantikstroms zurückgeführt. Auf der anderen Seite spielt das Abschmelzen des Meereises in der Arktis eine Rolle. Allerdings wird dadurch das Oberflächenwasser des Nordpolarmeers abgekühlt, da weniger Eisbedeckung in der Polarnacht im Winter zu einer starken Wärmeabgabe des Ozeans an die Atmosphäre führt.

Über dem Land spielen zusätzliche Feedbackprozesse zwischen der Landbedeckung und der Atmosphäre eine Rolle, die vor allem die Albedo beeinflussen. Durch die Erwärmung schmelzen auf der einen Seite Eis- und Schneeflächen ab, wodurch weniger Sonneneinstrahlung reflektiert und mehr absorbiert wird, was zur Folge hat, dass sich die Luft über der Landoberfläche erwärmt. Andererseits breitet sich durch höhere Temperaturen die Bedeckung mit Wald und Strauchvegetation nach Norden und in die Höhe aus, was ebenfalls dunklere Flächen schafft und die Albedo verringert. Die Änderung der Vegetation beeinflusst außerdem den Kohlenstoffkreislauf und weitere Wechselwirkungen zwischen Land und Atmosphäre, die hier nur erwähnt werden sollen. Ebenso bewirkt eine Temperaturerhöhung vor allem in hohen Breiten ein Auftauen von Permafrost, wodurch Kohlendioxid und Methan freigesetzt werden und das Klima weiter erwärmen. Allerdings wird eine nennenswerte Freisetzung von Kohlenstoff durch tauenden Permafrost nach neueren Modelluntersuchungen nicht vor 2100 erfolgen.[14] Ein weiterer und regional sehr unterschiedlich wirkender Einflussfaktor auf die Temperatur sind anthropogene, durch menschliche Aktivitäten entstehende, die insgesamt eine abkühlende Wirkung haben. Sulfataerosole, die bei der Verbrennung fossiler Energieträger entstehen, haben nach dem 2. Weltkrieg vor allem über Europa und Nordamerika den Klimawandel gedämpft. Seit den 1990er Jahren hat sich die Aerosol-Verbreitung nach Ostasien und den pazifischen Raum verlagert und ist nicht mehr so stark über dem Land konzentriert wie zuvor.[15]

Einzelnachweise

  1. NOAA (2021): Climate at a Glance. Global Time Series
  2. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 2.4
  3. 3,0 3,1 3,2 IPCC (2021): Technical Summary, in: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Cross-Section Box TS.1
  4. 4,0 4,1 WMO (2021): State of Global Climate 2020
  5. AMAP (2021): Arctic Climate Change Update 2021: Key Trends and Impacts. Summary for Policy-makers
  6. Met Office (2018): 2017: warmest year on record without El Niño
  7. CarbonBrief (2021): State of the climate: 2020 ties as warmest year on record
  8. Thorne, P. W., et al. (2016): Reassessing changes in diurnal temperature range: Intercomparison and evaluation of existing global data set estimates, J. Geophys. Res. Atmos., 121, 5138– 5158, doi:10.1002/2015JD024584.
  9. IPCC (2019): Climate Change and Land: an IPCC special report on climate change, desertification, land degradation, sustainable land management, food security, and greenhouse gas fluxes in terrestrial ecosystems, Cross-Chapter Box 4 - Climate change and urbanisation
  10. IPCC (2021): Climate Change 2021: The Physical Science Basis, Box 10.3
  11. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Box 3.1
  12. MetOffice (2013): The recent pause in global warming (1): What do observations of the climate system tell us?; MetOffice (2013): The recent pause in global warming (2): What are the potential causes?
  13. 13,0 13,1 IPCC (2019): Climate Change and Land: an IPCC special report on climate change, desertification, land degradation, sustainable land management, food security, and greenhouse gas fluxes in terrestrial ecosystems, 2.2.1.2
  14. IPCC (2019): Climate Change and Land: an IPCC special report on climate change, desertification, land degradation, sustainable land management, food security, and greenhouse gas fluxes in terrestrial ecosystems, 2.5.3
  15. Wallace, C. J., and M. Joshi (2018): Comparison of land-ocean warming ratios in updated observed records 25 and CMIP5 climate models. Environ. Res. Lett., 13, doi:10.1088/1748-9326/aae46f

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