2-Grad-Ziel: Unterschied zwischen den Versionen

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In der Klimapolitik besteht ein weitreichender Konsens darüber, dass bei einer Begrenzung der [[Klimaprojektionen|globalen Erwärmung]] auf 2° C bzw. neuerdings auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Wert eine gefährliche Störung des [[Klimasystem]]s durch den Menschen gerade noch vermieden werden kann. Bei einer Überschreitung der 2(1,5)-Grad-Grenze würden die Folgen des Klimawandels nicht mehr kontrolliert werden können. [[Wetterextreme und Klimawandel|Wetterextreme]] und andere Klimafolgen würden ein gefährliches und kaum zu bewältigendes Maß annehmen und die [[Kosten des Klimawandels|ökonomischen Kosten]] unvertretbar hoch ansteigen lassen.  
In der Klimapolitik besteht ein weitreichender Konsens darüber, dass bei einer Begrenzung der [[Klimaprojektionen|globalen Erwärmung]] auf 2° C bzw. neuerdings auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Wert eine gefährliche Störung des [[Klimasystem]]s durch den Menschen gerade noch vermieden werden kann. Bei einer Überschreitung der 2(1,5)-Grad-Grenze würden die Folgen des Klimawandels nicht mehr kontrolliert werden können. [[Wetterextreme und Klimawandel|Wetterextreme]] und andere Klimafolgen würden ein gefährliches und kaum zu bewältigendes Maß annehmen und die [[Kosten des Klimawandels|ökonomischen Kosten]] unvertretbar hoch ansteigen lassen.  


Das sog. 2-Grad-Ziel geht als politische Zielformulierung auf einen Vorschlag der EU aus dem Jahre 1996 zurück, der 2005 wiederholt und später von zahlreichen internationalen Organisationen aufgegriffen wurde.<ref>Randalls, S. (2010): History of the 2◦C climate target, WIREs Climate Change1, 598-605</ref>  Eine wichtige Rolle bei der Begründung und Ausgestaltung des 2-Grad-Ziels spielte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU).<ref name="WBGU 2009">WBGU (2009): [http://www.wbgu.de/sondergutachten/sg-2009-budgetansatz/ Kassensturz für den Weltklimavertrag – Der Budgetansatz], Sondergutachten 2009, Berlin, 2009</ref> 2009 wurde das Ziel im Abschlussdokument der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen aufgegriffen, blieb aber unverbindlich. Auf der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen vom 30. November bis 12. Dezember 2015 in Paris wurde ein Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll von 1997 mit verbindlichen Klimazielen für alle 195 Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention vereinbart. Als Ziel wurde festgeschrieben, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C, idealerweise sogar auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Auf diese Weise sollen gefährliche Folgen für die menschliche Gesellschaft und natürliche Ökosysteme abgewendet werden.<ref> [http://unfccc.int/resource/docs/2015/cop21/eng/l09r01.pdf Text des Vertrages der Pariser Klimakonferenz] (engl.)</ref>
Das sog. 2-Grad-Ziel geht als politische Zielformulierung auf einen Vorschlag der EU aus dem Jahre 1996 zurück, der 2005 wiederholt und später von zahlreichen internationalen Organisationen aufgegriffen wurde.<ref>Randalls, S. (2010): History of the 2◦C climate target, WIREs Climate Change1, 598-605</ref>  Eine wichtige Rolle bei der Begründung und Ausgestaltung des 2-Grad-Ziels spielte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU).<ref name="WBGU 2009">WBGU (2009): [https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/kassensturz-fuer-den-weltklimavertrag-der-budgetansatz Kassensturz für den Weltklimavertrag – Der Budgetansatz], Sondergutachten 2009, Berlin, 2009</ref> 2009 wurde das Ziel im Abschlussdokument der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen aufgegriffen, blieb aber unverbindlich. Auf der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen vom 30. November bis 12. Dezember 2015 in Paris wurde ein Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll von 1997 mit verbindlichen Klimazielen für alle 195 Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention vereinbart (The Paris Agreement).<ref name="UN">United Nations: [https://unfccc.int/process-and-meetings/the-paris-agreement/the-paris-agreement The Paris Agreement]</ref> Als Ziel wurde festgeschrieben, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C, idealerweise sogar auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Auf diese Weise sollen gefährliche Folgen für die menschliche Gesellschaft und natürliche Ökosysteme abgewendet werden.<ref> [http://unfccc.int/resource/docs/2015/cop21/eng/l09r01.pdf Text des Vertrages der Pariser Klimakonferenz] (engl.)</ref>


Das Pariser Abkommen gilt für alle Staaten, nicht nur wie das Kyoto-Protokoll für nur einige Industriestaaten. Fast alle Staaten der Erde haben im Rahmen des Abkommens nationale Klimaschutzziele definiert, die sie allerdings selbst bestimmt haben. Ärmeren Staaten soll durch Wissens- und Tehnologietransfer bei der Umsetzung geholfen werden. Alle fünf Jahre sollen neue, jeweils anspruchsvollere Ziele vorgelegt werden. Damit wurde auf die veränderte Situation seit dem Kyoto-Protokoll reagiert, das heute nur noch 15 % der weltweiten Emissionen abdeckt. Verursachten damals die Industrieländer noch über die Hälfte der Emissionen, sind es heute nur noch ein Drittel.<ref name="BMU 2017">Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2017): [https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/internationale-klimapolitik/pariser-abkommen/ Die Klimakonferenz von Paris]</ref>
Das Pariser Abkommen gilt für alle Staaten, nicht nur wie das Kyoto-Protokoll für nur einige Industriestaaten. Fast alle Staaten der Erde haben im Rahmen des Abkommens nationale Klimaschutzziele definiert, die sie allerdings selbst bestimmt haben. Ärmeren Staaten soll durch Wissens- und Tehnologietransfer bei der Umsetzung geholfen werden. Alle fünf Jahre sollen neue, jeweils anspruchsvollere Ziele vorgelegt werden. Damit wurde auf die veränderte Situation seit dem Kyoto-Protokoll reagiert, das heute nur noch 15 % der weltweiten Emissionen abdeckt. Verursachten damals die Industrieländer noch über die Hälfte der Emissionen, sind es heute nur noch ein Drittel.<ref name="BMU 2017">Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2017): [https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/internationale-klimapolitik/pariser-abkommen/ Die Klimakonferenz von Paris]</ref>

Version vom 27. März 2021, 08:23 Uhr

Abb. 1: Temperaturveränderungen bis 2100 nach verschiedenen IPCC-Szenarien und das 2- bzw. 1,5-Grad-Ziel.

Das klimapolitische Ziel

In der Klimapolitik besteht ein weitreichender Konsens darüber, dass bei einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf 2° C bzw. neuerdings auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Wert eine gefährliche Störung des Klimasystems durch den Menschen gerade noch vermieden werden kann. Bei einer Überschreitung der 2(1,5)-Grad-Grenze würden die Folgen des Klimawandels nicht mehr kontrolliert werden können. Wetterextreme und andere Klimafolgen würden ein gefährliches und kaum zu bewältigendes Maß annehmen und die ökonomischen Kosten unvertretbar hoch ansteigen lassen.

Das sog. 2-Grad-Ziel geht als politische Zielformulierung auf einen Vorschlag der EU aus dem Jahre 1996 zurück, der 2005 wiederholt und später von zahlreichen internationalen Organisationen aufgegriffen wurde.[1] Eine wichtige Rolle bei der Begründung und Ausgestaltung des 2-Grad-Ziels spielte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU).[2] 2009 wurde das Ziel im Abschlussdokument der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen aufgegriffen, blieb aber unverbindlich. Auf der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen vom 30. November bis 12. Dezember 2015 in Paris wurde ein Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll von 1997 mit verbindlichen Klimazielen für alle 195 Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention vereinbart (The Paris Agreement).[3] Als Ziel wurde festgeschrieben, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C, idealerweise sogar auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Auf diese Weise sollen gefährliche Folgen für die menschliche Gesellschaft und natürliche Ökosysteme abgewendet werden.[4]

Das Pariser Abkommen gilt für alle Staaten, nicht nur wie das Kyoto-Protokoll für nur einige Industriestaaten. Fast alle Staaten der Erde haben im Rahmen des Abkommens nationale Klimaschutzziele definiert, die sie allerdings selbst bestimmt haben. Ärmeren Staaten soll durch Wissens- und Tehnologietransfer bei der Umsetzung geholfen werden. Alle fünf Jahre sollen neue, jeweils anspruchsvollere Ziele vorgelegt werden. Damit wurde auf die veränderte Situation seit dem Kyoto-Protokoll reagiert, das heute nur noch 15 % der weltweiten Emissionen abdeckt. Verursachten damals die Industrieländer noch über die Hälfte der Emissionen, sind es heute nur noch ein Drittel.[5]

Abb. 2: Nach Daten der NASA liegt die aktuelle Temperatur 1 °C über dem vorindustriellen (hier 1880-1909) Wert.

Was bedeutet das 2-Grad-Ziel?

Mit dem 2-Grad-Ziel ist eine Erwärmung der globalen Mitteltemperatur über den vorindustriellen Wert hinaus gemeint (Abb. 1). Es geht also nicht darum, um wie viele Grad Celsius die Temperatur gegenüber heute noch zunehmen darf. Gegenwärtig liegt die globale Mitteltemperatur bereits um 1 °C über dem vorindustriellen Niveau. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die bis heute erfolgten Emissionen in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten eine weitere Erwärmung von bis zu 0,5 °C verursachen könnten.[6] Die Trägheit des Klimasystems, d.h. vor allem die langsame Reaktionszeit des Ozeans, hat den Temperaturanstieg über 1 °C hinaus bisher verzögert. Bei Fortsetzung des gegenwärtigen Trends (Abb. 2) von 0,2 °C pro Jahrzehnt werden 1,5 °C im Zeitraum 2030-2052 erreicht. Auch bei einem totalen Stopp der aktuellen Emissionen wird die bisherige Erwärmung über Jahrhunderte bis Jahrtausende bestehen bleiben.

Abb. 3: CO2-Emissionen zur Einhaltung der 1.5- bzw. 2.0-Grad-Grenze bis 2100. Links sind die jährlichen CO2-Emissionen angegeben. Die dünnen Linien zeigen unterschiedliche Modellberechnungen, die dicken Linien Mittelwerte. Zur Einhaltung der Ziele von Paris sind in fast allen Fällen negative Emissionen notwendig.

Kann die 2- bzw. 1,5-Grad-Grenze eingehalten werden?

Um die 2 °C Grenze nicht zu überschreiten, müssten die CO2-Emissionen bis 2030 um 25 % gegenüber 2010 abnehmen und um 2070 auf null sinken. Bei einer Begrenzung der Erwärmung bis 2100 auf 1,5 °C wäre eine Abnahme bis 2030 um 45 % erforderlich und Null-Emissionen um 2050.[7] In beiden Fällen ist außerdem auch eine deutliche Minderung der Nicht-CO2-Emissionen (Methan, Lachgas, FCKW u.a.) nötig, deren Wirkung bis zum Ende des Jahrhunderts auf 0,15 °C geschätzt wird.[6]

Abb. 4: Pariser Klimaziele und die aktuelle Klimapolitik: Die Erwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit liegt gegenwärtig bei +1 °C. Die Beschlüsse der Klimakonferenz von Paris 2015 streben eine Erwärmung von 1,5 °C, höchstens 2 °C bis 2100 an. Die seit der Konferenz übernommenen Verpflichtungen der einzelnen Staaten laufen auf eine Erwärmung von ca. 3 °C hinaus, die aktuelle Klimapolitik steuert auf eine Erwärmung von ca. 3,3 °C zu.

Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist das Gesamtbudget an CO2-Emissionen, das zur Erreichung des 2,0/1,5 °C Ziels von heute an nicht überschritten werden darf. Also die Frage: Wie viele Milliarden Tonnen (Abkürzung häufig: Gt=Gigatonnen) Kohlendioxid kann durch menschliche Aktivitäten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch emittiert werden, ohne die Grenze von 2,0 bzw. 1,5 °C bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu überschreiten. Im Mittelpunkt stehen dabei die Emissionen durch Verbrennung fossiler Energieträger, weil sie mit Abstand den größten Anteil an allen Treibhausgasen besitzen und die stärkste Steigerung aufweisen. CO2-Emissionen durch Änderung der Bodenbedeckung (Abholzung von Wäldern etc.) und weitere Treibhausgase wie Methan und Distickstoffoxid spielen für die Temperatursteigerung in den nächsten Jahrzehnten jedoch ebenfalls eine Rolle und sollten deshalb nicht vernachlässigt werden. Wegen der langen Verweilzeit von Kohlendioxid in der Atmosphäre müssen dabei auch die bisherigen kumulativen Emissionen seit Beginn der Industrialisierung berücksichtigt werden, die sich bereits auf 2200 Gt CO2 belaufen.[7]

Bei einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit, die 1,5 °C Grenze nicht zu überschreiten, beläuft sich das noch verbleibende Budget nach dem IPCC-Bericht zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze[6] auf 580 Gt CO2, bei einer 66-prozentigen Wahrscheinlichkeit auf 420 Gt CO2. Diese Werte sind allerdings mit großen Unsicherheiten behaftet, die u.a. die Wirkung von nicht-CO2-Gasen wie vor allem Methan betreffen.

Gegenwärtig betragen die CO2-Emissionen ca. 42 Gt CO2 jährlich. Ändert sich daran nichts, wäre das verbleibende Budget bis 2030 aufgebraucht. Die Menschheit müsste schlagartig alle CO2-Emissionen stoppen, um eine Erwärmung von 1,5 °C nicht zu überschreiten. Da das undenkbar ist, müsste sofort mit einer radikalen Reduzierung der Emissionen auf nahezu die Hälfte in 10 Jahren begonnen werden. Nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen (WBGU) kann die Erderwärmung nur dann deutlich unter 2 °C begrenzt werden, wenn die globalen CO2-Emissionen „etwa im Jahr 2020 ihren Scheitelpunkt erreichen“.[8] Falls das nicht gelingt, und davon ist auszugehen, helfen nur noch sogenannte „negative Emissionen“. Darunter wird der nachträgliche Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre durch Maßnahmen wie Aufforstung, Kohlenstoffabscheidung und -speicherung oder Ozeandüngung verstanden. Diese Maßnahmen des Climate Engineering sind bis auf die Aufforstung technisch nicht ausgereift, und ihre Wirkung ist höchst umstritten.[9] Klimamodellberechnungen kommen jedenfalls zu dem Ergebnis, dass anders die angestrebte Begrenzung der globalen Erwärmung nicht eingehalten werden kann (Abb. 3). Auch der Weltklimarat IPCC geht in seinem Bericht von der Notwendigkeit aus, in der zweiten Jahrhunderthälfte negative Emissionen einzusetzen.

Das Pariser Klimaschutzabkommen strebt zwar eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C an. Die Verpflichtungen, die die einzelnen Staaten auf freiwilliger Basis bisher eingegangen sind, laufen jedoch auf eine Erwärmung von 3,0 °C bis zum Ende der 21. Jahrhunderts hinaus. Geht man davon aus, dass nicht alle Staaten ihre eingegangenen Verpflichtungen auch einhalten und die USA aus dem Abkommen bereits ausgestiegen sind, dürfte der Wert noch höher liegen (Abb. 4).

Welche Klimaentwicklung ist zu erwarten?

Abb. 5:Änderung der Dürre-Dauer in Monaten bei 1,5 °C und 2 °C globaler Erwärmung (Einteilung der Erde nach Regionen in der Quelle)

Ob ein gefährlicher Klimawandel tatsächlich bei einer globalen Erwärmung von 1,5 °C oder 2 °C vermieden werden kann, ist schwer vorherzusgen. Eine globale Erwärmung um 1,5 oder 2 Grad bedeutet ja nicht, dass diese Grenze überall auf der Erde eingehalten wird. Die Temperaturen über den Ozeanen, wo so gut wie keine Menschen leben, werden sich wahrscheinlich deutlich weniger erhöhen, die über den Kontinenten mit ihren dichten Siedlungsgebieten werden die Grenze in weiten Teilen z.T. kräftig überschreiten.[10] So fallen die Temperaturanstiege bei einem globalen Anstieg von 1,5 °C regional sehr verschieden aus: In den USA wären es 2 °C, in Zentralbrasilien 2,3 °C und in der Arktis sogar 4,2 °C.[9]

Erst recht werden sich Extremereignisse, die schon heute frühere Ereignisse oft deutlich übertreffen, weiter verstärken. Auch bei einer Erwärmung von 1,5 °C ist damit zu rechnen, dass extrem heiße Tage in den mittleren Breiten um bis zu 3 °C wärmer und ihre Anzahl zunehmen werden. Bei einer Erwärmung um 2 °C würden extrem heiße Tage sogar um bis zu 4 °C wärmer werden. Auch Dürren und Niederschlagsdefizite werden zunehmen, ebenfalls mehr bei einer globalen Erwärmung um 2 °C als bei 1,5 °C. Das gilt auch für Starkniederschläge während tropischer Wirbelstürme. Der Meeresspiegel wird bei 1,5 °C bis 2100 um 26-77 cm ansteigen, bei 2 °C um 10 cm mehr. Bei einem zusätzlichen Anstieg von 10 cm würden immerhin 10 Millionen Menschen mehr betroffen sein. Auch nach 2100 könnte es noch über hunderte bis tausende von Jahren zu einem Anstieg des Meeresspiegels um mehrere Meter kommen, vor allem durch die Instabilität mariner Eisschilde in der Antarktis und Verluste des grönländischen Eisschildes. Dadurch sind besonders niedrig gelegene Küstengebiete und Deltas sowie niedrige Inseln gefährdet. Auch die Ozeantemperaturen und die Versauerung des Ozeans werden weiter zunehmen. Infolgedessen werden Korallenriffe bei 1,5 °C globalem Anstieg der Temperatur um weitere 70-90 % zurückgehen, bei 2 °C sogar um 99 %.[7]

Ebenso werden die Risiken für die menschliche Ernährung, Wasserversorgung und Gesundheit bei einer globalen Erwärmung von 1,5 °C und mehr noch bei 2,0 °C weiter zunehmen. So werden Erträge bei Mais, Reis und Weizen vor allem in Afrika südlich der Sahara, in Südostasien und Lateinamerika zurückgehen. Die Probleme bei der Wasserversorgung werden vor allem in den Trockengebieten schon bei einer Erwärmung um 1,5 °C kritisch zunehmen, aber nur halb so stark wie bei 2,0 °C. Die schon heute vorhandenen Gesundheitsrisiken durch den Klimawandel werden sich bei einer weiteren, wenn auch mäßigen Erwärmung ebenfalls verstärken. Insbesondere gilt das für hitzebedingte Risiken in städtischen Wärmeinseln, aber auch für vektorbedingte Erkrankungen wie Malaria und Denguefieber, deren Verbreitungsgebiete sich erweitern werden.[7]

Einzelnachweise

  1. Randalls, S. (2010): History of the 2◦C climate target, WIREs Climate Change1, 598-605
  2. WBGU (2009): Kassensturz für den Weltklimavertrag – Der Budgetansatz, Sondergutachten 2009, Berlin, 2009
  3. United Nations: The Paris Agreement
  4. Text des Vertrages der Pariser Klimakonferenz (engl.)
  5. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2017): Die Klimakonferenz von Paris
  6. 6,0 6,1 6,2 IPCC (2018): Global Warming of 1.5°C: Summary for Policymakers
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 IPCC, dt. Koordinierungsstelle (2019): 1,5 °C Globale Erwärmung. Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, dt. Übersetzung
  8. WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung) (2018): Zeitgerechte Klimapolitik: Vier Initiativen für Fairness, Politikpapier Nr. 9
  9. 9,0 9,1 Rickels, W., u.a. (2019): Welche Rolle spielen negative Emissionen für die zukünftige Klimapolitik?, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik
  10. Joshi, M. et al. (2011): Projections of when temperature change will exceed 2 °C above pre-industrial levels, Nature Climate Change 1, 407-412

Weblinks

Unterricht

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