https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/api.php?action=feedcontributions&user=Kathi&feedformat=atomKlimawandel - Benutzerbeiträge [de-formal]2024-03-29T08:56:59ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.39.6https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Benutzer:Kathi&diff=14090Benutzer:Kathi2012-06-10T11:44:29Z<p>Kathi: </p>
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<div>* Katharina Moths, Dipl.-Umweltwissenschaftlerin<br />
* Redaktionelle Betreuung vom Wiki Klimawandel bis März 2009<br />
* E-Mail-Adresse: Katharina.Moths@hotmail.de</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Einfluss_des_Klimawandels_auf_die_Bodenfauna_polarer_Schelfmeere&diff=9126Einfluss des Klimawandels auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere2010-01-10T19:16:28Z<p>Kathi: </p>
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<div>[[Bild:Underwater mcmurdo sound.jpg|thumb|420 px| Meeresboden mit verschiedenen Benthonten im antarktischen McMurdo-Sund]]<br />
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Im Kontext des anthropogen bedingten Klimawandels kommt es auch in den Polarregionen zu erheblichen Umweltveränderungen, die sich auf die polaren Ökosysteme und somit auch auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere auswirken. Da sich Arktis und Antarktis hinsichtlich geographischer und hydrodynamischer Gegebenheiten, des erdgeschichtlichen Alters und damit einhergehend auch die Ökosysteme der arktischen und antarktischen Schelfmeere voneinander unterscheiden, ist zu erwarten, dass diese auch in unterschiedlicher Weise vom anthropogen bedingten Klimawandel beeinflusst werden <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Die kryo-pelago-benthische Kopplung ==<br />
Licht dringt maximal 200m tief ins Meerwasser ein; in tieferen Wasserschichten ist somit keine Photosynthese beziehungsweise keine Primärproduktion möglich. Die Zone, in der Photosynthese möglich ist, wird als euphotische Zone bezeichnet. Unterhalb dieser Zone befindliche benthische Ökosysteme sind auf die Nahrungszufuhr von außen angewiesen. Sie hängen von der Primärproduktion des Phytoplanktons in der euphotischen Zone ab, das teilweise durch Sedimentation auf den Meeresboden gelangt. Dieser Zusammenhang wird als pelago-benthische Kopplung bezeichnet (der Freiwasserbereich von Gewässern und Meeren wird als Pelagial bezeichnet) <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In polaren Gebieten ist dieser Zusammenhang besonders eng ausgeprägt<ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Es sedimentiert ein überproportionaler Anteil der Phytoplanktonproduktion und steht dem Benthos somit als Nahrungsquelle zur Verfügung. Dies ist insbesondere auf das Vorhandensein von Meereis zurückzuführen. Zum einen beeinflusst das Meereis die Algenproduktion in der Wassersäule; zum anderen stellt es den Lebensraum Photosynthese betreibender Primärproduzenten, so genannter Eisalgen, dar <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Vor allem in Eisrandgebieten sinkt verhältnismäßig viel organisches Material ab. Für die Polarregionen existiert somit eine kryo-pelago-benthischen Kopplung <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J., D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Arktis ==<br />
Das Nordpolarmeer besteht im wesentlichen aus vier Tiefseebecken, woran sich weitläufige, flache Schelfe der angrenzenden Landmassen anschließen. Zwischen Nordpolarmeer und Atlantik besteht ein reger Austausch von Oberflächenwasser sowie auch von Lebewesen. Weiterhin handelt es sich bei der Arktis um einen erdgeschichtlich relativ jungen Lebensraum, der in seiner heutigen durch Eis geprägten Form erst vor ca. 2 Mio. Jahren entstanden ist. Der arktischen Bodenfauna stand somit ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum zur Verfügung, sich an die Umweltbedingungen anzupassen.<br />
Der Meeresboden arktischer Schelfmeere ist zudem durch häufige Störungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen charakterisiert. Während es sich beispielsweise bei Störungen durch grabende Benthonten um kleinskalige Phänomene handelt, kann es durch strandende Eisberge zur Zerstörung ganzer benthischer Lebensgemeinschaften kommen.<br />
Auf Grund der durch Störung geprägten Umweltbedingungen und dem geringen Alter dieses Lebensraumes in der heutigen Form kann davon ausgegangen werden, dass die benthischen Ökosysteme der Arktis relativ unempfindlich gegen Störungen sind.<br />
Der Meeresboden des Nordpolarmeers weist sowohl sehr diversitäts- und biomassereiche Gebiete auf, die eine starke kryo-pelago-benthische Kopplung aufweisen (z.B. in Eisrandzonen) als auch Gebiete, die arm an Biomasse und Diversität sind (z.B. Tiefsee des zentralen Nordpolarmeers). Die meisten benthischen Arten sind aus angrenzenden südlicheren Gebieten eingewandert und stellen keine arktischen Endemiten dar <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Der anthropogen bedingte Klimawandel wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Lebensbedingungen des arktischen Benthos aus. So schreitet zum einen die Erwärmung der Meere derzeit in der Arktisschnellsten voran. Für das 21. Jahrhundert wird nach dem A1B-Szenario eine Temperaturerhöhung um 5 °C prognostiziert, im Winter sogar um 6,9 °C. Weiterhin ist von einem vermehrten Süßwassereintrag über Flüsse in die arktischen Meere sowie von einem drastischen Rückgang der Meereisbedeckung auszugehen. Jedoch werden voraussichtlich nicht alle benthischen Ökosysteme in gleicher Weise von den Veränderungen der Umweltbedingungen betroffen sein.<br />
Gemeinschaften in flachen Schelfgebieten werden vor allem vom Rückgang des Meereises, zunehmenden Süßwassereinträgen und damit einhergehenden Einträgen von Nähr-, Schad- und trübenden Stoffen sowie vermehrter Gletscherkalbung und damit verbundener Zunahme von Eisbergstrandungen betroffen sein <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Je nach Häufigkeit und Intensität der Eisbergstrandungen kann die Diversität benthischer Gemeinschaften reicher oder ärmer werden <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die Bodenfauna küstenferner, tiefer Schelfe und des zentralen Nordpolarmeers wird dagegen vor allem von einer Verschiebung der kryo-pelago-benthischen Kopplung betroffen sein<ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Generell werden die größten Auswirkungen auf die benthischen Ökosysteme der Arktis voraussichtlich durch den Rückgang des Meereises und der damit einhergehenden Veränderung der kryo-pelago-benthische Kopplung ausgelöst<ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Derzeit ist jedoch nicht geklärt, ob eine Verschiebung des Verhältnisses von Phytoplankton und Eisalgen dazu führt, dass dem Zooplankton ein höheres und dem Benthos ein geringeres Nahrungsangebot zur Verfügung steht oder ob das Benthos nach dem Rückgang des Meereises von der insgesamt höheren Primärproduktion (von 50 auf 100 g C/ m² pro Jahr <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>) profitiert <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Eine Verschiebung der trophischen Beziehungen zu Gunsten des Zooplankton hätte eine Verringerung der Größe potenzieller Beutetiere zu Folge <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>. Dies würde sich negativ auf größere Räuber (z.B. Seevögel, Meeressäuger) auswirken, während kleinere Räuber (z.B. Fische) profitieren würden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
Darüber hinaus kann es im Rahmen des Klimawandels zur Invasion von Arten aus südlicheren Gebieten in arktische Gebiete und somit zu weitreichenden Veränderungen trophischer Interaktionen in den marinen Ökosystemen der Arktis kommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
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== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Antarktis ==<br />
Die Umweltbedingungen in den antarktischen Schelfmeeren unterscheiden sich deutlich von denen in arktischen Gebieten. So ist der arktische Kontinent von schmalen, tiefen Schelfe (bis 800m) umgeben. Weiterhin stellt die Antarktis ein biogeographisch isoliertes Gebiet dar <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>; ein Austausch von Lebewesen, wie er im arktischen Raum möglich ist, wird hier durch die stabile Polarfront unterbunden. Im antarktischen Raum herrschen zudem seit ca. 23 Mio. Jahren ähnliche Umweltbedingungen. Das Benthos des arktischen Schelfs hat sich somit über einen langen Zeitraum unter isolierten Bedingungen entwickelt <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>.<br />
Viele Arten sind für die Antarktis endemisch und so stark an die dortigen Umweltbedingungen angepasst, dass sie nur unter diesen Bedingungen überleben können <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. So würde eine Erwärmung der küstennahen Gewässer fatale Folgen haben und das Sterben vieler Arten nach sich ziehen.<br />
In den antarktischen Schelfmeeren wechseln sich Gemeinschaften ab, in denen jeweils sessile oder mobile Benthonten überwiegen. Weiterhin gibt es sowohl diversitäts- und biomassearme (z.B. unter Schelfeis) als auch –reiche Gebiete <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In der Antarktis ist die kryo-pelago-benthische Kopplung für die meisten Arten nicht besonders eng; viele Benthonten sind nicht auf die jahreszeitliche Verfügbarkeit von Nahrung angewiesen und können relativ lange Zeiträume ohne Nahrung auskommen <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Beispielsweise richtet sich die Fortpflanzung nach dem Nahrungsangebot und findet bei günstigen Nahrungsbedingungen statt <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Bei moderaten Veränderungen der Nahrungsverfügbarkeit durch eine höhere Primärproduktion im Rahmen des Meereisrückgangs ist somit kein negativer Effekt zu erwarten. Ein erhöhtes Nahrungsangebot kann sogar zunächst die Diversität steigern aber bei Überschreitung eines Schwellenwertes auch zur Überdüngung und damit zu Diversitätsverlust führen <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Die antarktischen Schelfregionen bis in 500m Tiefe sind durch Störungen durch strandende Eisberge gekennzeichnet. Die Bodenfauna ist an die damit einhergehende Zerstörung der zum Teil nur sehr langsam wieder nachwachsenden durch sessile Organismen charakterisierte Gemeinschaften angepasst; die Störungen haben teilweise sogar einen diversitätssteigernden Effekt <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die praktisch ständig durch Störungen beeinflusste Flachwasserfauna (bis 50m Tiefe) besteht zudem überwiegend aus mobilen Organismen.<br />
Es ist zu erwarten, dass eine Zunahme der Störungsereignisse im Rahmen des anthropogen bedingten Klimawandels durch strandende Eisberge bis zu einem gewissen Grad keinen negativen Einfluss auf die benthischen Ökosysteme des antarktischen Schelfs haben wird <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Möglicherweise kann es durch den Klimawandel auch zu einem Ausbleiben von Eisbergstrandungen nach einer Phase verstärkter Gletscherkalbung kommen, die negative Folgen für das antarktische Benthos haben kann, da der biodiversitätssteigernde Effekt ausbleibt <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Am stärksten sind möglicherweise benthische Gemeinschaften betroffen, die sich unter dem Schelfeis befinden, da bereits große Schelfeisgebiete verschwunden und weitere gefährdet sind <ref name="Piepenburg, D./ Gutt, J.">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Marine Ökosysteme]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Einfluss_des_Klimawandels_auf_die_Bodenfauna_polarer_Schelfmeere&diff=9125Einfluss des Klimawandels auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere2010-01-10T19:02:35Z<p>Kathi: /* Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Antarktis */</p>
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<div>[[Bild:Underwater mcmurdo sound.jpg|thumb|420 px| Meeresboden mit verschiedenen Benthonten im antarktischen McMurdo-Sund]]<br />
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Im Kontext des anthropogen bedingten Klimawandels kommt es auch in den Polarregionen zu erheblichen Umweltveränderungen, die sich auf die polaren Ökosysteme und somit auch auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere auswirken. Da sich Arktis und Antarktis hinsichtlich geographischer und hydrodynamischer Gegebenheiten, des erdgeschichtlichen Alters und damit einhergehend auch die Ökosysteme der arktischen und antarktischen Schelfmeere voneinander unterscheiden, ist zu erwarten, dass diese auch in unterschiedlicher Weise vom anthropogen bedingten Klimawandel beeinflusst werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Die kryo-pelago-benthische Kopplung ==<br />
Licht dringt maximal 200m tief ins Meerwasser ein; in tieferen Wasserschichten ist somit keine Photosynthese beziehungsweise keine Primärproduktion möglich. Die Zone, in der Photosynthese möglich ist, wird als euphotische Zone bezeichnet. Unterhalb dieser Zone befindliche benthische Ökosysteme sind auf die Nahrungszufuhr von außen angewiesen. Sie hängen von der Primärproduktion des Phytoplanktons in der euphotischen Zone ab, das teilweise durch Sedimentation auf den Meeresboden gelangt. Dieser Zusammenhang wird als pelago-benthische Kopplung bezeichnet (der Freiwasserbereich von Gewässern und Meeren wird als Pelagial bezeichnet) <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In polaren Gebieten ist dieser Zusammenhang besonders eng ausgeprägt<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Es sedimentiert ein überproportionaler Anteil der Phytoplanktonproduktion und steht dem Benthos somit als Nahrungsquelle zur Verfügung. Dies ist insbesondere auf das Vorhandensein von Meereis zurückzuführen. Zum einen beeinflusst das Meereis die Algenproduktion in der Wassersäule; zum anderen stellt es den Lebensraum Photosynthese betreibender Primärproduzenten, so genannter Eisalgen, dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Vor allem in Eisrandgebieten sinkt verhältnismäßig viel organisches Material ab. Für die Polarregionen existiert somit eine kryo-pelago-benthischen Kopplung <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Arktis ==<br />
Das Nordpolarmeer besteht im wesentlichen aus vier Tiefseebecken, woran sich weitläufige, flache Schelfe der angrenzenden Landmassen anschließen. Zwischen Nordpolarmeer und Atlantik besteht ein reger Austausch von Oberflächenwasser sowie auch von Lebewesen. Weiterhin handelt es sich bei der Arktis um einen erdgeschichtlich relativ jungen Lebensraum, der in seiner heutigen durch Eis geprägten Form erst vor ca. 2 Mio. Jahren entstanden ist. Der arktischen Bodenfauna stand somit ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum zur Verfügung, sich an die Umweltbedingungen anzupassen.<br />
Der Meeresboden arktischer Schelfmeere ist zudem durch häufige Störungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen charakterisiert. Während es sich beispielsweise bei Störungen durch grabende Benthonten um kleinskalige Phänomene handelt, kann es durch strandende Eisberge zur Zerstörung ganzer benthischer Lebensgemeinschaften kommen.<br />
Auf Grund der durch Störung geprägten Umweltbedingungen und dem geringen Alter dieses Lebensraumes in der heutigen Form kann davon ausgegangen werden, dass die benthischen Ökosysteme der Arktis relativ unempfindlich gegen Störungen sind.<br />
Der Meeresboden des Nordpolarmeers weist sowohl sehr diversitäts- und biomassereiche Gebiete auf, die eine starke kryo-pelago-benthische Kopplung aufweisen (z.B. in Eisrandzonen) als auch Gebiete, die arm an Biomasse und Diversität sind (z.B. Tiefsee des zentralen Nordpolarmeers). Die meisten benthischen Arten sind aus angrenzenden südlicheren Gebieten eingewandert und stellen keine arktischen Endemiten dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Der anthropogen bedingte Klimawandel wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Lebensbedingungen des arktischen Benthos aus. So schreitet zum einen die Erwärmung der Meere derzeit in der Arktisschnellsten voran. Für das 21. Jahrhundert wird nach dem A1B-Szenario eine Temperaturerhöhung um 5 °C prognostiziert, im Winter sogar um 6,9 °C. Weiterhin ist von einem vermehrten Süßwassereintrag über Flüsse in die arktischen Meere sowie von einem drastischen Rückgang der Meereisbedeckung auszugehen. Jedoch werden voraussichtlich nicht alle benthischen Ökosysteme in gleicher Weise von den Veränderungen der Umweltbedingungen betroffen sein.<br />
Gemeinschaften in flachen Schelfgebieten werden vor allem vom Rückgang des Meereises, zunehmenden Süßwassereinträgen und damit einhergehenden Einträgen von Nähr-, Schad- und trübenden Stoffen sowie vermehrter Gletscherkalbung und damit verbundener Zunahme von Eisbergstrandungen betroffen sein <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Je nach Häufigkeit und Intensität der Eisbergstrandungen kann die Diversität benthischer Gemeinschaften reicher oder ärmer werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die Bodenfauna küstenferner, tiefer Schelfe und des zentralen Nordpolarmeers wird dagegen vor allem von einer Verschiebung der kryo-pelago-benthischen Kopplung betroffen sein<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Generell werden die größten Auswirkungen auf die benthischen Ökosysteme der Arktis voraussichtlich durch den Rückgang des Meereises und der damit einhergehenden Veränderung der kryo-pelago-benthische Kopplung ausgelöst<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Derzeit ist jedoch nicht geklärt, ob eine Verschiebung des Verhältnisses von Phytoplankton und Eisalgen dazu führt, dass dem Zooplankton ein höheres und dem Benthos ein geringeres Nahrungsangebot zur Verfügung steht oder ob das Benthos nach dem Rückgang des Meereises von der insgesamt höheren Primärproduktion (von 50 auf 100 g C/ m² pro Jahr <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>) profitiert <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Eine Verschiebung der trophischen Beziehungen zu Gunsten des Zooplankton hätte eine Verringerung der Größe potenzieller Beutetiere zu Folge <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>. Dies würde sich negativ auf größere Räuber (z.B. Seevögel, Meeressäuger) auswirken, während kleinere Räuber (z.B. Fische) profitieren würden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
Darüber hinaus kann es im Rahmen des Klimawandels zur Invasion von Arten aus südlicheren Gebieten in arktische Gebiete und somit zu weitreichenden Veränderungen trophischer Interaktionen in den marinen Ökosystemen der Arktis kommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
<br />
== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Antarktis ==<br />
Die Umweltbedingungen in den antarktischen Schelfmeeren unterscheiden sich deutlich von denen in arktischen Gebieten. So ist der arktische Kontinent von schmalen, tiefen Schelfe (bis 800m) umgeben. Weiterhin stellt die Antarktis ein biogeographisch isoliertes Gebiet dar <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>; ein Austausch von Lebewesen, wie er im arktischen Raum möglich ist, wird hier durch die stabile Polarfront unterbunden. Im antarktischen Raum herrschen zudem seit ca. 23 Mio. Jahren ähnliche Umweltbedingungen. Das Benthos des arktischen Schelfs hat sich somit über einen langen Zeitraum unter isolierten Bedingungen entwickelt <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>.<br />
Viele Arten sind für die Antarktis endemisch und so stark an die dortigen Umweltbedingungen angepasst, dass sie nur unter diesen Bedingungen überleben können <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. So würde eine Erwärmung der küstennahen Gewässer fatale Folgen haben und das Sterben vieler Arten nach sich ziehen.<br />
In den antarktischen Schelfmeeren wechseln sich Gemeinschaften ab, in denen jeweils sessile oder mobile Benthonten überwiegen. Weiterhin gibt es sowohl diversitäts- und biomassearme (z.B. unter Schelfeis) als auch –reiche Gebiete <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In der Antarktis ist die kryo-pelago-benthische Kopplung für die meisten Arten nicht besonders eng; viele Benthonten sind nicht auf die jahreszeitliche Verfügbarkeit von Nahrung angewiesen und können relativ lange Zeiträume ohne Nahrung auskommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Beispielsweise richtet sich die Fortpflanzung nach dem Nahrungsangebot und findet bei günstigen Nahrungsbedingungen statt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Bei moderaten Veränderungen der Nahrungsverfügbarkeit durch eine höhere Primärproduktion im Rahmen des Meereisrückgangs ist somit kein negativer Effekt zu erwarten. Ein erhöhtes Nahrungsangebot kann sogar zunächst die Diversität steigern aber bei Überschreitung eines Schwellenwertes auch zur Überdüngung und damit zu Diversitätsverlust führen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Die antarktischen Schelfregionen bis in 500m Tiefe sind durch Störungen durch strandende Eisberge gekennzeichnet. Die Bodenfauna ist an die damit einhergehende Zerstörung der zum Teil nur sehr langsam wieder nachwachsenden durch sessile Organismen charakterisierte Gemeinschaften angepasst; die Störungen haben teilweise sogar einen diversitätssteigernden Effekt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die praktisch ständig durch Störungen beeinflusste Flachwasserfauna (bis 50m Tiefe) besteht zudem überwiegend aus mobilen Organismen.<br />
Es ist zu erwarten, dass eine Zunahme der Störungsereignisse im Rahmen des anthropogen bedingten Klimawandels durch strandende Eisberge bis zu einem gewissen Grad keinen negativen Einfluss auf die benthischen Ökosysteme des antarktischen Schelfs haben wird <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Möglicherweise kann es durch den Klimawandel auch zu einem Ausbleiben von Eisbergstrandungen nach einer Phase verstärkter Gletscherkalbung kommen, die negative Folgen für das antarktische Benthos haben kann, da der biodiversitätssteigernde Effekt ausbleibt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Am stärksten sind möglicherweise benthische Gemeinschaften betroffen, die sich unter dem Schelfeis befinden, da bereits große Schelfeisgebiete verschwunden und weitere gefährdet sind <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Marine Ökosysteme]]<br />
<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Einfluss_des_Klimawandels_auf_die_Bodenfauna_polarer_Schelfmeere&diff=9124Einfluss des Klimawandels auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere2010-01-10T19:01:17Z<p>Kathi: </p>
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<div>[[Bild:Underwater mcmurdo sound.jpg|thumb|420 px| Meeresboden mit verschiedenen Benthonten im antarktischen McMurdo-Sund]]<br />
<br />
Im Kontext des anthropogen bedingten Klimawandels kommt es auch in den Polarregionen zu erheblichen Umweltveränderungen, die sich auf die polaren Ökosysteme und somit auch auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere auswirken. Da sich Arktis und Antarktis hinsichtlich geographischer und hydrodynamischer Gegebenheiten, des erdgeschichtlichen Alters und damit einhergehend auch die Ökosysteme der arktischen und antarktischen Schelfmeere voneinander unterscheiden, ist zu erwarten, dass diese auch in unterschiedlicher Weise vom anthropogen bedingten Klimawandel beeinflusst werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Die kryo-pelago-benthische Kopplung ==<br />
Licht dringt maximal 200m tief ins Meerwasser ein; in tieferen Wasserschichten ist somit keine Photosynthese beziehungsweise keine Primärproduktion möglich. Die Zone, in der Photosynthese möglich ist, wird als euphotische Zone bezeichnet. Unterhalb dieser Zone befindliche benthische Ökosysteme sind auf die Nahrungszufuhr von außen angewiesen. Sie hängen von der Primärproduktion des Phytoplanktons in der euphotischen Zone ab, das teilweise durch Sedimentation auf den Meeresboden gelangt. Dieser Zusammenhang wird als pelago-benthische Kopplung bezeichnet (der Freiwasserbereich von Gewässern und Meeren wird als Pelagial bezeichnet) <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In polaren Gebieten ist dieser Zusammenhang besonders eng ausgeprägt<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Es sedimentiert ein überproportionaler Anteil der Phytoplanktonproduktion und steht dem Benthos somit als Nahrungsquelle zur Verfügung. Dies ist insbesondere auf das Vorhandensein von Meereis zurückzuführen. Zum einen beeinflusst das Meereis die Algenproduktion in der Wassersäule; zum anderen stellt es den Lebensraum Photosynthese betreibender Primärproduzenten, so genannter Eisalgen, dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Vor allem in Eisrandgebieten sinkt verhältnismäßig viel organisches Material ab. Für die Polarregionen existiert somit eine kryo-pelago-benthischen Kopplung <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Arktis ==<br />
Das Nordpolarmeer besteht im wesentlichen aus vier Tiefseebecken, woran sich weitläufige, flache Schelfe der angrenzenden Landmassen anschließen. Zwischen Nordpolarmeer und Atlantik besteht ein reger Austausch von Oberflächenwasser sowie auch von Lebewesen. Weiterhin handelt es sich bei der Arktis um einen erdgeschichtlich relativ jungen Lebensraum, der in seiner heutigen durch Eis geprägten Form erst vor ca. 2 Mio. Jahren entstanden ist. Der arktischen Bodenfauna stand somit ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum zur Verfügung, sich an die Umweltbedingungen anzupassen.<br />
Der Meeresboden arktischer Schelfmeere ist zudem durch häufige Störungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen charakterisiert. Während es sich beispielsweise bei Störungen durch grabende Benthonten um kleinskalige Phänomene handelt, kann es durch strandende Eisberge zur Zerstörung ganzer benthischer Lebensgemeinschaften kommen.<br />
Auf Grund der durch Störung geprägten Umweltbedingungen und dem geringen Alter dieses Lebensraumes in der heutigen Form kann davon ausgegangen werden, dass die benthischen Ökosysteme der Arktis relativ unempfindlich gegen Störungen sind.<br />
Der Meeresboden des Nordpolarmeers weist sowohl sehr diversitäts- und biomassereiche Gebiete auf, die eine starke kryo-pelago-benthische Kopplung aufweisen (z.B. in Eisrandzonen) als auch Gebiete, die arm an Biomasse und Diversität sind (z.B. Tiefsee des zentralen Nordpolarmeers). Die meisten benthischen Arten sind aus angrenzenden südlicheren Gebieten eingewandert und stellen keine arktischen Endemiten dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Der anthropogen bedingte Klimawandel wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Lebensbedingungen des arktischen Benthos aus. So schreitet zum einen die Erwärmung der Meere derzeit in der Arktisschnellsten voran. Für das 21. Jahrhundert wird nach dem A1B-Szenario eine Temperaturerhöhung um 5 °C prognostiziert, im Winter sogar um 6,9 °C. Weiterhin ist von einem vermehrten Süßwassereintrag über Flüsse in die arktischen Meere sowie von einem drastischen Rückgang der Meereisbedeckung auszugehen. Jedoch werden voraussichtlich nicht alle benthischen Ökosysteme in gleicher Weise von den Veränderungen der Umweltbedingungen betroffen sein.<br />
Gemeinschaften in flachen Schelfgebieten werden vor allem vom Rückgang des Meereises, zunehmenden Süßwassereinträgen und damit einhergehenden Einträgen von Nähr-, Schad- und trübenden Stoffen sowie vermehrter Gletscherkalbung und damit verbundener Zunahme von Eisbergstrandungen betroffen sein <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Je nach Häufigkeit und Intensität der Eisbergstrandungen kann die Diversität benthischer Gemeinschaften reicher oder ärmer werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die Bodenfauna küstenferner, tiefer Schelfe und des zentralen Nordpolarmeers wird dagegen vor allem von einer Verschiebung der kryo-pelago-benthischen Kopplung betroffen sein<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Generell werden die größten Auswirkungen auf die benthischen Ökosysteme der Arktis voraussichtlich durch den Rückgang des Meereises und der damit einhergehenden Veränderung der kryo-pelago-benthische Kopplung ausgelöst<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Derzeit ist jedoch nicht geklärt, ob eine Verschiebung des Verhältnisses von Phytoplankton und Eisalgen dazu führt, dass dem Zooplankton ein höheres und dem Benthos ein geringeres Nahrungsangebot zur Verfügung steht oder ob das Benthos nach dem Rückgang des Meereises von der insgesamt höheren Primärproduktion (von 50 auf 100 g C/ m² pro Jahr <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>) profitiert <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Eine Verschiebung der trophischen Beziehungen zu Gunsten des Zooplankton hätte eine Verringerung der Größe potenzieller Beutetiere zu Folge <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>. Dies würde sich negativ auf größere Räuber (z.B. Seevögel, Meeressäuger) auswirken, während kleinere Räuber (z.B. Fische) profitieren würden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
Darüber hinaus kann es im Rahmen des Klimawandels zur Invasion von Arten aus südlicheren Gebieten in arktische Gebiete und somit zu weitreichenden Veränderungen trophischer Interaktionen in den marinen Ökosystemen der Arktis kommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
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== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Antarktis ==<br />
Die Umweltbedingungen in den antarktischen Schelfmeeren unterscheiden sich deutlich von denen in arktischen Gebieten. So ist der arktische Kontinent von schmalen, tiefen Schelfe (bis 800m) umgeben. Weiterhin stellt die Antarktis ein biogeographisch isoliertes Gebiet dar <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>; ein Austausch von Lebewesen, wie er im arktischen Raum möglich ist, wird hier durch die stabile Polarfront unterbunden. Im antarktischen Raum herrschen zudem seit ca. 23 Mio. Jahren ähnliche Umweltbedingungen. Das Benthos des arktischen Schelfs hat sich somit über einen langen Zeitraum unter isolierten Bedingungen entwickelt <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>.<br />
Viele Arten sind für die Antarktis endemisch und so stark an die dortigen Umweltbedingungen angepasst, dass sie nur unter diesen Bedingungen überleben können <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. So würde eine Erwärmung der küstennahen Gewässer fatale Folgen haben und das Sterben vieler Arten nach sich ziehen.<br />
In den antarktischen Schelfmeeren wechseln sich Gemeinschaften ab, in denen jeweils sessile oder mobile Benthonten überwiegen. Weiterhin gibt es sowohl diversitäts- und biomassearme (z.B. unter Schelfeis) als auch –reiche Gebiete <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In der Antarktis ist die kryo-pelago-benthische Kopplung für die meisten Arten nicht besonders eng; viele Benthonten sind nicht auf die jahreszeitliche Verfügbarkeit von Nahrung angewiesen und können relativ lange Zeiträume ohne Nahrung auskommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Beispielsweise richtet sich die Fortpflanzung nach dem Nahrungsangebot und findet bei günstigen Nahrungsbedingungen statt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Bei moderaten Veränderungen der Nahrungsverfügbarkeit durch eine höhere Primärproduktion im Rahmen des Meereisrückgangs ist somit kein negativer Effekt zu erwarten. Ein erhöhtes Nahrungsangebot kann sogar zunächst die Diversität steigern aber bei Überschreitung eines Schwellenwertes auch zur Überdüngung und damit zu Diversitätsverlust führen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Die antarktischen Schelfregionen bis in 500m Tiefe sind durch Störungen durch strandende Eisberge gekennzeichnet. Die Bodenfauna ist an die damit einhergehende Zerstörung der zum Teil nur sehr langsam wieder nachwachsenden durch sessile Organismen charakterisierte Gemeinschaften angepasst; die Störungen haben teilweise sogar einen diversitätssteigernden Effekt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die praktisch ständig durch Störungen beeinflusste Flachwasserfauna (bis 50m Tiefe) besteht zudem überwiegend aus mobilen Organismen.<br />
Es ist zu erwarten, dass eine Zunahme der Störungsereignisse im Rahmen des anthropogen bedingten Klimawandels durch strandende Eisberge bis zu einem gewissen Grad keinen negativen Einfluss auf die benthischen Ökosysteme des antarktischen Schelfs haben wird <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Möglicherweise kann es durch den Klimawandel auch zu einem Ausbleiben von Eisbergstrandungen nach einer Phase verstärkter Gletscherkalbung kommen, die negative Folgen für das antarktische Benthos haben kann, da der biodiversitätssteigernde Effekt ausbleibt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Am stärksten sind möglicherweise benthische Gemeinschaften betroffen, die sich unter dem Schelfeis befinden, da bereits große Schelfeisgebiete verschwunden und weitere gefährdet sind <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Marine Ökosysteme]]<br />
<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Einfluss_des_Klimawandels_auf_die_Bodenfauna_polarer_Schelfmeere&diff=9123Einfluss des Klimawandels auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere2010-01-10T18:56:30Z<p>Kathi: /* Die kryo-pelago-benthische Kopplung */</p>
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<div>[[Bild:Underwater mcmurdo sound.jpg|thumb|420 px| Meeresboden mit verschiedenen Benthonten im antarktischen McMurdo-Sund]]<br />
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Im Kontext des anthropogen bedingten Klimawandels kommt es auch in den Polarregionen zu erheblichen Umweltveränderungen, die sich auf die polaren Ökosysteme und somit auch auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere auswirken. Da sich Arktis und Antarktis hinsichtlich geographischer und hydrodynamischer Gegebenheiten, des erdgeschichtlichen Alters und damit einhergehend auch die Ökosysteme der arktischen und antarktischen Schelfmeere voneinander unterscheiden, ist zu erwarten, dass diese auch in unterschiedlicher Weise vom anthropogen bedingten Klimawandel beeinflusst werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Die kryo-pelago-benthische Kopplung ==<br />
Licht dringt maximal 200m tief ins Meerwasser ein; in tieferen Wasserschichten ist somit keine Photosynthese beziehungsweise keine Primärproduktion möglich. Die Zone, in der Photosynthese möglich ist, wird als euphotische Zone bezeichnet. Unterhalb dieser Zone befindliche benthische Ökosysteme sind auf die Nahrungszufuhr von außen angewiesen. Sie hängen von der Primärproduktion des Phytoplanktons in der euphotischen Zone ab, das teilweise durch Sedimentation auf den Meeresboden gelangt. Dieser Zusammenhang wird als pelago-benthische Kopplung bezeichnet (der Freiwasserbereich von Gewässern und Meeren wird als Pelagial bezeichnet) <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In polaren Gebieten ist dieser Zusammenhang besonders eng ausgeprägt<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Es sedimentiert ein überproportionaler Anteil der Phytoplanktonproduktion und steht dem Benthos somit als Nahrungsquelle zur Verfügung. Dies ist insbesondere auf das Vorhandensein von Meereis zurückzuführen. Zum einen beeinflusst das Meereis die Algenproduktion in der Wassersäule; zum anderen stellt es den Lebensraum Photosynthese betreibender Primärproduzenten, so genannter Eisalgen, dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Vor allem in Eisrandgebieten sinkt verhältnismäßig viel organisches Material ab. Für die Polarregionen existiert somit eine kryo-pelago-benthischen Kopplung <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Arktis ==<br />
Das Nordpolarmeer besteht im wesentlichen aus vier Tiefseebecken, woran sich weitläufige, flache Schelfe der angrenzenden Landmassen anschließen. Zwischen Nordpolarmeer und Atlantik besteht ein reger Austausch von Oberflächenwasser sowie auch von Lebewesen. Weiterhin handelt es sich bei der Arktis um einen erdgeschichtlich relativ jungen Lebensraum, der in seiner heutigen durch Eis geprägten Form erst vor ca. 2 Mio. Jahren entstanden ist. Der arktischen Bodenfauna stand somit ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum zur Verfügung, sich an die Umweltbedingungen anzupassen.<br />
Der Meeresboden arktischer Schelfmeere ist zudem durch häufige Störungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen charakterisiert. Während es sich beispielsweise bei Störungen durch grabende Benthonten um kleinskalige Phänomene handelt, kann es durch strandende Eisberge zur Zerstörung ganzer benthischer Lebensgemeinschaften kommen.<br />
Auf Grund der durch Störung geprägten Umweltbedingungen und dem geringen Alter dieses Lebensraumes in der heutigen Form kann davon ausgegangen werden, dass die benthischen Ökosysteme der Arktis relativ unempfindlich gegen Störungen sind.<br />
Der Meeresboden des Nordpolarmeers weist sowohl sehr diversitäts- und biomassereiche Gebiete auf, die eine starke kryo-pelago-benthische Kopplung aufweisen (z.B. in Eisrandzonen) als auch Gebiete, die arm an Biomasse und Diversität sind (z.B. Tiefsee des zentralen Nordpolarmeers). Die meisten benthischen Arten sind aus angrenzenden südlicheren Gebieten eingewandert und stellen keine arktischen Endemiten dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Der anthropogen bedingte Klimawandel wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Lebensbedingungen des arktischen Benthos aus. So schreitet zum einen die Erwärmung der Meere derzeit in der Arktis am schnellsten voran. Bis XXX wird eine Erwärmung von XXX prognostiziert. Weiterhin ist von einem vermehrten Süßwassereintrag über Flüsse in die arktischen Meere sowie von einem drastischen Rückgang der Meereisbedeckung auszugehen. Jedoch werden voraussichtlich nicht alle benthischen Ökosysteme in gleicher Weise von den Veränderungen der Umweltbedingungen betroffen sein.<br />
Gemeinschaften in flachen Schelfgebieten werden vor allem vom Rückgang des Meereises, zunehmenden Süßwassereinträgen und damit einhergehenden Einträgen von Nähr-, Schad- und trübenden Stoffen sowie vermehrter Gletscherkalbung und damit verbundener Zunahme von Eisbergstrandungen betroffen sein <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Je nach Häufigkeit und Intensität der Eisbergstrandungen kann die Diversität benthischer Gemeinschaften reicher oder ärmer werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die Bodenfauna küstenferner, tiefer Schelfe und des zentralen Nordpolarmeers wird dagegen vor allem von einer Verschiebung der kryo-pelago-benthischen Kopplung betroffen sein<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Generell werden die größten Auswirkungen auf die benthischen Ökosysteme der Arktis voraussichtlich durch den Rückgang des Meereises und der damit einhergehenden Veränderung der kryo-pelago-benthische Kopplung ausgelöst<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Derzeit ist jedoch nicht geklärt, ob eine Verschiebung des Verhältnisses von Phytoplankton und Eisalgen dazu führt, dass dem Zooplankton ein höheres und dem Benthos ein geringeres Nahrungsangebot zur Verfügung steht oder ob das Benthos nach dem Rückgang des Meereises von der insgesamt höheren Primärproduktion (von 50 auf 100 g C/ m² pro Jahr <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>) profitiert <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Eine Verschiebung der trophischen Beziehungen zu Gunsten des Zooplankton hätte eine Verringerung der Größe potenzieller Beutetiere zu Folge <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>. Dies würde sich negativ auf größere Räuber (z.B. Seevögel, Meeressäuger) auswirken, während kleinere Räuber (z.B. Fische) profitieren würden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
Darüber hinaus kann es im Rahmen des Klimawandels zur Invasion von Arten aus südlicheren Gebieten in arktische Gebiete und somit zu weitreichenden Veränderungen trophischer Interaktionen in den marinen Ökosystemen der Arktis kommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
<br />
== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Antarktis ==<br />
Die Umweltbedingungen in den antarktischen Schelfmeeren unterscheiden sich deutlich von denen in arktischen Gebieten. So ist der arktische Kontinent von schmalen, tiefen Schelfe (bis 800m) umgeben. Weiterhin stellt die Antarktis ein biogeographisch isoliertes Gebiet dar <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>; ein Austausch von Lebewesen, wie er im arktischen Raum möglich ist, wird hier durch die stabile Polarfront unterbunden. Im antarktischen Raum herrschen zudem seit ca. 23 Mio. Jahren ähnliche Umweltbedingungen. Das Benthos des arktischen Schelfs hat sich somit über einen langen Zeitraum unter isolierten Bedingungen entwickelt <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>.<br />
Viele Arten sind für die Antarktis endemisch und so stark an die dortigen Umweltbedingungen angepasst, dass sie nur unter diesen Bedingungen überleben können <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. So würde eine Erwärmung der küstennahen Gewässer fatale Folgen haben und das Sterben vieler Arten nach sich ziehen.<br />
In den antarktischen Schelfmeeren wechseln sich Gemeinschaften ab, in denen jeweils sessile oder mobile Benthonten überwiegen. Weiterhin gibt es sowohl diversitäts- und biomassearme (z.B. unter Schelfeis) als auch –reiche Gebiete <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In der Antarktis ist die kryo-pelago-benthische Kopplung für die meisten Arten nicht besonders eng; viele Benthonten sind nicht auf die jahreszeitliche Verfügbarkeit von Nahrung angewiesen und können relativ lange Zeiträume ohne Nahrung auskommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Beispielsweise richtet sich die Fortpflanzung nach dem Nahrungsangebot und findet bei günstigen Nahrungsbedingungen statt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Bei moderaten Veränderungen der Nahrungsverfügbarkeit durch eine höhere Primärproduktion im Rahmen des Meereisrückgangs ist somit kein negativer Effekt zu erwarten. Ein erhöhtes Nahrungsangebot kann sogar zunächst die Diversität steigern aber bei Überschreitung eines Schwellenwertes auch zur Überdüngung und damit zu Diversitätsverlust führen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Die antarktischen Schelfregionen bis in 500m Tiefe sind durch Störungen durch strandende Eisberge gekennzeichnet. Die Bodenfauna ist an die damit einhergehende Zerstörung der zum Teil nur sehr langsam wieder nachwachsenden durch sessile Organismen charakterisierte Gemeinschaften angepasst; die Störungen haben teilweise sogar einen diversitätssteigernden Effekt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die praktisch ständig durch Störungen beeinflusste Flachwasserfauna (bis 50m Tiefe) besteht zudem überwiegend aus mobilen Organismen.<br />
Es ist zu erwarten, dass eine Zunahme der Störungsereignisse im Rahmen des anthropogen bedingten Klimawandels durch strandende Eisberge bis zu einem gewissen Grad keinen negativen Einfluss auf die benthischen Ökosysteme des antarktischen Schelfs haben wird <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Möglicherweise kann es durch den Klimawandel auch zu einem Ausbleiben von Eisbergstrandungen nach einer Phase verstärkter Gletscherkalbung kommen, die negative Folgen für das antarktische Benthos haben kann, da der biodiversitätssteigernde Effekt ausbleibt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Am stärksten sind möglicherweise benthische Gemeinschaften betroffen, die sich unter dem Schelfeis befinden, da bereits große Schelfeisgebiete verschwunden und weitere gefährdet sind <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Marine Ökosysteme]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Einfluss_des_Klimawandels_auf_die_Bodenfauna_polarer_Schelfmeere&diff=9122Einfluss des Klimawandels auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere2010-01-10T18:52:22Z<p>Kathi: </p>
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<div>[[Bild:Underwater mcmurdo sound.jpg|thumb|420 px| Meeresboden mit verschiedenen Benthonten im antarktischen McMurdo-Sund]]<br />
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Im Kontext des anthropogen bedingten Klimawandels kommt es auch in den Polarregionen zu erheblichen Umweltveränderungen, die sich auf die polaren Ökosysteme und somit auch auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere auswirken. Da sich Arktis und Antarktis hinsichtlich geographischer und hydrodynamischer Gegebenheiten, des erdgeschichtlichen Alters und damit einhergehend auch die Ökosysteme der arktischen und antarktischen Schelfmeere voneinander unterscheiden, ist zu erwarten, dass diese auch in unterschiedlicher Weise vom anthropogen bedingten Klimawandel beeinflusst werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Die kryo-pelago-benthische Kopplung ==<br />
Licht dringt maximal 200m tief ins Meerwasser ein; in tieferen Wasserschichten ist somit keine Photosynthese beziehungsweise keine Primärproduktion möglich. Die Zone, in der Photosynthese möglich ist, wird als euphotische Zone bezeichnet. Unterhalb dieser Zone befindliche benthische Ökosysteme sind auf die Nahrungszufuhr von außen angewiesen. Sie hängen von der Primärproduktion des Phytoplanktons in der euphotischen Zone ab, das teilweise durch Sedimentation auf den Meeresboden gelangt. Dieser Zusammenhang wird als pelago-benthische Kopplung bezeichnet (der Freiwasserbereich von Gewässern und Meeren wird als Pelagial bezeichnet) <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In polaren Gebieten ist dieser Zusammenhang besonders eng ausgeprägt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Es sedimentiert ein überproportionaler Anteil der Phytoplanktonproduktion und steht dem Benthos somit als Nahrungsquelle zur Verfügung. Dies ist insbesondere auf das Vorhandensein von Meereis zurückzuführen. Zum einen beeinflusst das Meereis die Algenproduktion in der Wassersäule; zum anderen stellt es den Lebensraum Photosynthese betreibender Primärproduzenten, so genannter Eisalgen, dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Vor allem in Eisrandgebieten sinkt verhältnismäßig viel organisches Material ab. Für die Polarregionen existiert somit eine kryo-pelago-benthischen Kopplung <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Arktis ==<br />
Das Nordpolarmeer besteht im wesentlichen aus vier Tiefseebecken, woran sich weitläufige, flache Schelfe der angrenzenden Landmassen anschließen. Zwischen Nordpolarmeer und Atlantik besteht ein reger Austausch von Oberflächenwasser sowie auch von Lebewesen. Weiterhin handelt es sich bei der Arktis um einen erdgeschichtlich relativ jungen Lebensraum, der in seiner heutigen durch Eis geprägten Form erst vor ca. 2 Mio. Jahren entstanden ist. Der arktischen Bodenfauna stand somit ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum zur Verfügung, sich an die Umweltbedingungen anzupassen.<br />
Der Meeresboden arktischer Schelfmeere ist zudem durch häufige Störungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen charakterisiert. Während es sich beispielsweise bei Störungen durch grabende Benthonten um kleinskalige Phänomene handelt, kann es durch strandende Eisberge zur Zerstörung ganzer benthischer Lebensgemeinschaften kommen.<br />
Auf Grund der durch Störung geprägten Umweltbedingungen und dem geringen Alter dieses Lebensraumes in der heutigen Form kann davon ausgegangen werden, dass die benthischen Ökosysteme der Arktis relativ unempfindlich gegen Störungen sind.<br />
Der Meeresboden des Nordpolarmeers weist sowohl sehr diversitäts- und biomassereiche Gebiete auf, die eine starke kryo-pelago-benthische Kopplung aufweisen (z.B. in Eisrandzonen) als auch Gebiete, die arm an Biomasse und Diversität sind (z.B. Tiefsee des zentralen Nordpolarmeers). Die meisten benthischen Arten sind aus angrenzenden südlicheren Gebieten eingewandert und stellen keine arktischen Endemiten dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Der anthropogen bedingte Klimawandel wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Lebensbedingungen des arktischen Benthos aus. So schreitet zum einen die Erwärmung der Meere derzeit in der Arktis am schnellsten voran. Bis XXX wird eine Erwärmung von XXX prognostiziert. Weiterhin ist von einem vermehrten Süßwassereintrag über Flüsse in die arktischen Meere sowie von einem drastischen Rückgang der Meereisbedeckung auszugehen. Jedoch werden voraussichtlich nicht alle benthischen Ökosysteme in gleicher Weise von den Veränderungen der Umweltbedingungen betroffen sein.<br />
Gemeinschaften in flachen Schelfgebieten werden vor allem vom Rückgang des Meereises, zunehmenden Süßwassereinträgen und damit einhergehenden Einträgen von Nähr-, Schad- und trübenden Stoffen sowie vermehrter Gletscherkalbung und damit verbundener Zunahme von Eisbergstrandungen betroffen sein <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Je nach Häufigkeit und Intensität der Eisbergstrandungen kann die Diversität benthischer Gemeinschaften reicher oder ärmer werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die Bodenfauna küstenferner, tiefer Schelfe und des zentralen Nordpolarmeers wird dagegen vor allem von einer Verschiebung der kryo-pelago-benthischen Kopplung betroffen sein<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Generell werden die größten Auswirkungen auf die benthischen Ökosysteme der Arktis voraussichtlich durch den Rückgang des Meereises und der damit einhergehenden Veränderung der kryo-pelago-benthische Kopplung ausgelöst<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Derzeit ist jedoch nicht geklärt, ob eine Verschiebung des Verhältnisses von Phytoplankton und Eisalgen dazu führt, dass dem Zooplankton ein höheres und dem Benthos ein geringeres Nahrungsangebot zur Verfügung steht oder ob das Benthos nach dem Rückgang des Meereises von der insgesamt höheren Primärproduktion (von 50 auf 100 g C/ m² pro Jahr <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>) profitiert <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Eine Verschiebung der trophischen Beziehungen zu Gunsten des Zooplankton hätte eine Verringerung der Größe potenzieller Beutetiere zu Folge <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>. Dies würde sich negativ auf größere Räuber (z.B. Seevögel, Meeressäuger) auswirken, während kleinere Räuber (z.B. Fische) profitieren würden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
Darüber hinaus kann es im Rahmen des Klimawandels zur Invasion von Arten aus südlicheren Gebieten in arktische Gebiete und somit zu weitreichenden Veränderungen trophischer Interaktionen in den marinen Ökosystemen der Arktis kommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
<br />
== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Antarktis ==<br />
Die Umweltbedingungen in den antarktischen Schelfmeeren unterscheiden sich deutlich von denen in arktischen Gebieten. So ist der arktische Kontinent von schmalen, tiefen Schelfe (bis 800m) umgeben. Weiterhin stellt die Antarktis ein biogeographisch isoliertes Gebiet dar <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>; ein Austausch von Lebewesen, wie er im arktischen Raum möglich ist, wird hier durch die stabile Polarfront unterbunden. Im antarktischen Raum herrschen zudem seit ca. 23 Mio. Jahren ähnliche Umweltbedingungen. Das Benthos des arktischen Schelfs hat sich somit über einen langen Zeitraum unter isolierten Bedingungen entwickelt <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>.<br />
Viele Arten sind für die Antarktis endemisch und so stark an die dortigen Umweltbedingungen angepasst, dass sie nur unter diesen Bedingungen überleben können <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. So würde eine Erwärmung der küstennahen Gewässer fatale Folgen haben und das Sterben vieler Arten nach sich ziehen.<br />
In den antarktischen Schelfmeeren wechseln sich Gemeinschaften ab, in denen jeweils sessile oder mobile Benthonten überwiegen. Weiterhin gibt es sowohl diversitäts- und biomassearme (z.B. unter Schelfeis) als auch –reiche Gebiete <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In der Antarktis ist die kryo-pelago-benthische Kopplung für die meisten Arten nicht besonders eng; viele Benthonten sind nicht auf die jahreszeitliche Verfügbarkeit von Nahrung angewiesen und können relativ lange Zeiträume ohne Nahrung auskommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Beispielsweise richtet sich die Fortpflanzung nach dem Nahrungsangebot und findet bei günstigen Nahrungsbedingungen statt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Bei moderaten Veränderungen der Nahrungsverfügbarkeit durch eine höhere Primärproduktion im Rahmen des Meereisrückgangs ist somit kein negativer Effekt zu erwarten. Ein erhöhtes Nahrungsangebot kann sogar zunächst die Diversität steigern aber bei Überschreitung eines Schwellenwertes auch zur Überdüngung und damit zu Diversitätsverlust führen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Die antarktischen Schelfregionen bis in 500m Tiefe sind durch Störungen durch strandende Eisberge gekennzeichnet. Die Bodenfauna ist an die damit einhergehende Zerstörung der zum Teil nur sehr langsam wieder nachwachsenden durch sessile Organismen charakterisierte Gemeinschaften angepasst; die Störungen haben teilweise sogar einen diversitätssteigernden Effekt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die praktisch ständig durch Störungen beeinflusste Flachwasserfauna (bis 50m Tiefe) besteht zudem überwiegend aus mobilen Organismen.<br />
Es ist zu erwarten, dass eine Zunahme der Störungsereignisse im Rahmen des anthropogen bedingten Klimawandels durch strandende Eisberge bis zu einem gewissen Grad keinen negativen Einfluss auf die benthischen Ökosysteme des antarktischen Schelfs haben wird <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Möglicherweise kann es durch den Klimawandel auch zu einem Ausbleiben von Eisbergstrandungen nach einer Phase verstärkter Gletscherkalbung kommen, die negative Folgen für das antarktische Benthos haben kann, da der biodiversitätssteigernde Effekt ausbleibt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Am stärksten sind möglicherweise benthische Gemeinschaften betroffen, die sich unter dem Schelfeis befinden, da bereits große Schelfeisgebiete verschwunden und weitere gefährdet sind <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Marine Ökosysteme]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
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[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Einfluss_des_Klimawandels_auf_die_Bodenfauna_polarer_Schelfmeere&diff=9121Einfluss des Klimawandels auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere2010-01-10T18:51:33Z<p>Kathi: </p>
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<div>[[Bild:Underwater mcmurdo sound.jpg|thumb|420 px| Meeresboden mit verschiedenen Benthonten im antarktischen McMurdo-Sund]]<br />
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Im Kontext des anthropogen bedingten Klimawandels kommt es auch in den Polarregionen zu erheblichen Umweltveränderungen, die sich auf die polaren Ökosysteme und somit auch auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere auswirken. Da sich Arktis und Antarktis hinsichtlich geographischer und hydrodynamischer Gegebenheiten, des erdgeschichtlichen Alters und damit einhergehend auch die Ökosysteme der arktischen und antarktischen Schelfmeere voneinander unterscheiden, ist zu erwarten, dass diese auch in unterschiedlicher Weise vom anthropogen bedingten Klimawandel beeinflusst werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Die kryo-pelago-benthische Kopplung ==<br />
Licht dringt maximal 200m tief ins Meerwasser ein; in tieferen Wasserschichten ist somit keine Photosynthese beziehungsweise keine Primärproduktion möglich. Die Zone, in der Photosynthese möglich ist, wird als euphotische Zone bezeichnet. Unterhalb dieser Zone befindliche benthische Ökosysteme sind auf die Nahrungszufuhr von außen angewiesen. Sie hängen von der Primärproduktion des Phytoplanktons in der euphotischen Zone ab, das teilweise durch Sedimentation auf den Meeresboden gelangt. Dieser Zusammenhang wird als pelago-benthische Kopplung bezeichnet (der Freiwasserbereich von Gewässern und Meeren wird als Pelagial bezeichnet) <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In polaren Gebieten ist dieser Zusammenhang besonders eng ausgeprägt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Es sedimentiert ein überproportionaler Anteil der Phytoplanktonproduktion und steht dem Benthos somit als Nahrungsquelle zur Verfügung. Dies ist insbesondere auf das Vorhandensein von Meereis zurückzuführen. Zum einen beeinflusst das Meereis die Algenproduktion in der Wassersäule; zum anderen stellt es den Lebensraum Photosynthese betreibender Primärproduzenten, so genannter Eisalgen, dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Vor allem in Eisrandgebieten sinkt verhältnismäßig viel organisches Material ab. Für die Polarregionen existiert somit eine kryo-pelago-benthischen Kopplung <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Arktis ==<br />
Das Nordpolarmeer besteht im wesentlichen aus vier Tiefseebecken, woran sich weitläufige, flache Schelfe der angrenzenden Landmassen anschließen. Zwischen Nordpolarmeer und Atlantik besteht ein reger Austausch von Oberflächenwasser sowie auch von Lebewesen. Weiterhin handelt es sich bei der Arktis um einen erdgeschichtlich relativ jungen Lebensraum, der in seiner heutigen durch Eis geprägten Form erst vor ca. 2 Mio. Jahren entstanden ist. Der arktischen Bodenfauna stand somit ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum zur Verfügung, sich an die Umweltbedingungen anzupassen.<br />
Der Meeresboden arktischer Schelfmeere ist zudem durch häufige Störungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen charakterisiert. Während es sich beispielsweise bei Störungen durch grabende Benthen um kleinskalige Phänomene handelt, kann es durch strandende Eisberge zur Zerstörung ganzer benthischer Lebensgemeinschaften kommen.<br />
Auf Grund der durch Störung geprägten Umweltbedingungen und dem geringen Alter dieses Lebensraumes in der heutigen Form kann davon ausgegangen werden, dass die benthischen Ökosysteme der Arktis relativ unempfindlich gegen Störungen sind.<br />
Der Meeresboden des Nordpolarmeers weist sowohl sehr diversitäts- und biomassereiche Gebiete auf, die eine starke kryo-pelago-benthische Kopplung aufweisen (z.B. in Eisrandzonen) als auch Gebiete, die arm an Biomasse und Diversität sind (z.B. Tiefsee des zentralen Nordpolarmeers). Die meisten benthischen Arten sind aus angrenzenden südlicheren Gebieten eingewandert und stellen keine arktischen Endemiten dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Der anthropogen bedingte Klimawandel wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Lebensbedingungen des arktischen Benthos aus. So schreitet zum einen die Erwärmung der Meere derzeit in der Arktis am schnellsten voran. Bis XXX wird eine Erwärmung von XXX prognostiziert. Weiterhin ist von einem vermehrten Süßwassereintrag über Flüsse in die arktischen Meere sowie von einem drastischen Rückgang der Meereisbedeckung auszugehen. Jedoch werden voraussichtlich nicht alle benthischen Ökosysteme in gleicher Weise von den Veränderungen der Umweltbedingungen betroffen sein.<br />
Gemeinschaften in flachen Schelfgebieten werden vor allem vom Rückgang des Meereises, zunehmenden Süßwassereinträgen und damit einhergehenden Einträgen von Nähr-, Schad- und trübenden Stoffen sowie vermehrter Gletscherkalbung und damit verbundener Zunahme von Eisbergstrandungen betroffen sein <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Je nach Häufigkeit und Intensität der Eisbergstrandungen kann die Diversität benthischer Gemeinschaften reicher oder ärmer werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die Bodenfauna küstenferner, tiefer Schelfe und des zentralen Nordpolarmeers wird dagegen vor allem von einer Verschiebung der kryo-pelago-benthischen Kopplung betroffen sein<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Generell werden die größten Auswirkungen auf die benthischen Ökosysteme der Arktis voraussichtlich durch den Rückgang des Meereises und der damit einhergehenden Veränderung der kryo-pelago-benthische Kopplung ausgelöst<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Derzeit ist jedoch nicht geklärt, ob eine Verschiebung des Verhältnisses von Phytoplankton und Eisalgen dazu führt, dass dem Zooplankton ein höheres und dem Benthos ein geringeres Nahrungsangebot zur Verfügung steht oder ob das Benthos nach dem Rückgang des Meereises von der insgesamt höheren Primärproduktion (von 50 auf 100 g C/ m² pro Jahr <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>) profitiert <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Eine Verschiebung der trophischen Beziehungen zu Gunsten des Zooplankton hätte eine Verringerung der Größe potenzieller Beutetiere zu Folge <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>. Dies würde sich negativ auf größere Räuber (z.B. Seevögel, Meeressäuger) auswirken, während kleinere Räuber (z.B. Fische) profitieren würden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
Darüber hinaus kann es im Rahmen des Klimawandels zur Invasion von Arten aus südlicheren Gebieten in arktische Gebiete und somit zu weitreichenden Veränderungen trophischer Interaktionen in den marinen Ökosystemen der Arktis kommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
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== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Antarktis ==<br />
Die Umweltbedingungen in den antarktischen Schelfmeeren unterscheiden sich deutlich von denen in arktischen Gebieten. So ist der arktische Kontinent von schmalen, tiefen Schelfe (bis 800m) umgeben. Weiterhin stellt die Antarktis ein biogeographisch isoliertes Gebiet dar <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>; ein Austausch von Lebewesen, wie er im arktischen Raum möglich ist, wird hier durch die stabile Polarfront unterbunden. Im antarktischen Raum herrschen zudem seit ca. 23 Mio. Jahren ähnliche Umweltbedingungen. Das Benthos des arktischen Schelfs hat sich somit über einen langen Zeitraum unter isolierten Bedingungen entwickelt <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>.<br />
Viele Arten sind für die Antarktis endemisch und so stark an die dortigen Umweltbedingungen angepasst, dass sie nur unter diesen Bedingungen überleben können <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. So würde eine Erwärmung der küstennahen Gewässer fatale Folgen haben und das Sterben vieler Arten nach sich ziehen.<br />
In den antarktischen Schelfmeeren wechseln sich Gemeinschaften ab, in denen jeweils sessile oder mobile Benthen überwiegen. Weiterhin gibt es sowohl diversitäts- und biomassearme (z.B. unter Schelfeis) als auch –reiche Gebiete <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In der Antarktis ist die kryo-pelago-benthische Kopplung für die meisten Arten nicht besonders eng; viele Benthen sind nicht auf die jahreszeitliche Verfügbarkeit von Nahrung angewiesen und können relativ lange Zeiträume ohne Nahrung auskommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Beispielsweise richtet sich die Fortpflanzung nach dem Nahrungsangebot und findet bei günstigen Nahrungsbedingungen statt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Bei moderaten Veränderungen der Nahrungsverfügbarkeit durch eine höhere Primärproduktion im Rahmen des Meereisrückgangs ist somit kein negativer Effekt zu erwarten. Ein erhöhtes Nahrungsangebot kann sogar zunächst die Diversität steigern aber bei Überschreitung eines Schwellenwertes auch zur Überdüngung und damit zu Diversitätsverlust führen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Die antarktischen Schelfregionen bis in 500m Tiefe sind durch Störungen durch strandende Eisberge gekennzeichnet. Die Bodenfauna ist an die damit einhergehende Zerstörung der zum Teil nur sehr langsam wieder nachwachsenden durch sessile Organismen charakterisierte Gemeinschaften angepasst; die Störungen haben teilweise sogar einen diversitätssteigernden Effekt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die praktisch ständig durch Störungen beeinflusste Flachwasserfauna (bis 50m Tiefe) besteht zudem überwiegend aus mobilen Organismen.<br />
Es ist zu erwarten, dass eine Zunahme der Störungsereignisse im Rahmen des anthropogen bedingten Klimawandels durch strandende Eisberge bis zu einem gewissen Grad keinen negativen Einfluss auf die benthischen Ökosysteme des antarktischen Schelfs haben wird <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Möglicherweise kann es durch den Klimawandel auch zu einem Ausbleiben von Eisbergstrandungen nach einer Phase verstärkter Gletscherkalbung kommen, die negative Folgen für das antarktische Benthos haben kann, da der biodiversitätssteigernde Effekt ausbleibt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Am stärksten sind möglicherweise benthische Gemeinschaften betroffen, die sich unter dem Schelfeis befinden, da bereits große Schelfeisgebiete verschwunden und weitere gefährdet sind <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Marine Ökosysteme]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
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[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Einfluss_des_Klimawandels_auf_die_Bodenfauna_polarer_Schelfmeere&diff=9120Einfluss des Klimawandels auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere2010-01-10T18:48:56Z<p>Kathi: </p>
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<div>[[Bild:Underwater mcmurdo sound.jpg|420 px| Meeresboden mit verschiedenen Benthonten im antarktischen McMurdo-Sund]]<br />
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Im Kontext des anthropogen bedingten Klimawandels kommt es auch in den Polarregionen zu erheblichen Umweltveränderungen, die sich auf die polaren Ökosysteme und somit auch auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere auswirken. Da sich Arktis und Antarktis hinsichtlich geographischer und hydrodynamischer Gegebenheiten, des erdgeschichtlichen Alters und damit einhergehend auch die Ökosysteme der arktischen und antarktischen Schelfmeere voneinander unterscheiden, ist zu erwarten, dass diese auch in unterschiedlicher Weise vom anthropogen bedingten Klimawandel beeinflusst werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Die kryo-pelago-benthische Kopplung ==<br />
Licht dringt maximal 200m tief ins Meerwasser ein; in tieferen Wasserschichten ist somit keine Photosynthese beziehungsweise keine Primärproduktion möglich. Die Zone, in der Photosynthese möglich ist, wird als euphotische Zone bezeichnet. Unterhalb dieser Zone befindliche benthische Ökosysteme sind auf die Nahrungszufuhr von außen angewiesen. Sie hängen von der Primärproduktion des Phytoplanktons in der euphotischen Zone ab, das teilweise durch Sedimentation auf den Meeresboden gelangt. Dieser Zusammenhang wird als pelago-benthische Kopplung bezeichnet (der Freiwasserbereich von Gewässern und Meeren wird als Pelagial bezeichnet) <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In polaren Gebieten ist dieser Zusammenhang besonders eng ausgeprägt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Es sedimentiert ein überproportionaler Anteil der Phytoplanktonproduktion und steht dem Benthos somit als Nahrungsquelle zur Verfügung. Dies ist insbesondere auf das Vorhandensein von Meereis zurückzuführen. Zum einen beeinflusst das Meereis die Algenproduktion in der Wassersäule; zum anderen stellt es den Lebensraum Photosynthese betreibender Primärproduzenten, so genannter Eisalgen, dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Vor allem in Eisrandgebieten sinkt verhältnismäßig viel organisches Material ab. Für die Polarregionen existiert somit eine kryo-pelago-benthischen Kopplung <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Arktis ==<br />
Das Nordpolarmeer besteht im wesentlichen aus vier Tiefseebecken, woran sich weitläufige, flache Schelfe der angrenzenden Landmassen anschließen. Zwischen Nordpolarmeer und Atlantik besteht ein reger Austausch von Oberflächenwasser sowie auch von Lebewesen. Weiterhin handelt es sich bei der Arktis um einen erdgeschichtlich relativ jungen Lebensraum, der in seiner heutigen durch Eis geprägten Form erst vor ca. 2 Mio. Jahren entstanden ist. Der arktischen Bodenfauna stand somit ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum zur Verfügung, sich an die Umweltbedingungen anzupassen.<br />
Der Meeresboden arktischer Schelfmeere ist zudem durch häufige Störungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen charakterisiert. Während es sich beispielsweise bei Störungen durch grabende Benthen um kleinskalige Phänomene handelt, kann es durch strandende Eisberge zur Zerstörung ganzer benthischer Lebensgemeinschaften kommen.<br />
Auf Grund der durch Störung geprägten Umweltbedingungen und dem geringen Alter dieses Lebensraumes in der heutigen Form kann davon ausgegangen werden, dass die benthischen Ökosysteme der Arktis relativ unempfindlich gegen Störungen sind.<br />
Der Meeresboden des Nordpolarmeers weist sowohl sehr diversitäts- und biomassereiche Gebiete auf, die eine starke kryo-pelago-benthische Kopplung aufweisen (z.B. in Eisrandzonen) als auch Gebiete, die arm an Biomasse und Diversität sind (z.B. Tiefsee des zentralen Nordpolarmeers). Die meisten benthischen Arten sind aus angrenzenden südlicheren Gebieten eingewandert und stellen keine arktischen Endemiten dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Der anthropogen bedingte Klimawandel wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Lebensbedingungen des arktischen Benthos aus. So schreitet zum einen die Erwärmung der Meere derzeit in der Arktis am schnellsten voran. Bis XXX wird eine Erwärmung von XXX prognostiziert. Weiterhin ist von einem vermehrten Süßwassereintrag über Flüsse in die arktischen Meere sowie von einem drastischen Rückgang der Meereisbedeckung auszugehen. Jedoch werden voraussichtlich nicht alle benthischen Ökosysteme in gleicher Weise von den Veränderungen der Umweltbedingungen betroffen sein.<br />
Gemeinschaften in flachen Schelfgebieten werden vor allem vom Rückgang des Meereises, zunehmenden Süßwassereinträgen und damit einhergehenden Einträgen von Nähr-, Schad- und trübenden Stoffen sowie vermehrter Gletscherkalbung und damit verbundener Zunahme von Eisbergstrandungen betroffen sein <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Je nach Häufigkeit und Intensität der Eisbergstrandungen kann die Diversität benthischer Gemeinschaften reicher oder ärmer werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die Bodenfauna küstenferner, tiefer Schelfe und des zentralen Nordpolarmeers wird dagegen vor allem von einer Verschiebung der kryo-pelago-benthischen Kopplung betroffen sein<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Generell werden die größten Auswirkungen auf die benthischen Ökosysteme der Arktis voraussichtlich durch den Rückgang des Meereises und der damit einhergehenden Veränderung der kryo-pelago-benthische Kopplung ausgelöst<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Derzeit ist jedoch nicht geklärt, ob eine Verschiebung des Verhältnisses von Phytoplankton und Eisalgen dazu führt, dass dem Zooplankton ein höheres und dem Benthos ein geringeres Nahrungsangebot zur Verfügung steht oder ob das Benthos nach dem Rückgang des Meereises von der insgesamt höheren Primärproduktion (von 50 auf 100 g C/ m² pro Jahr <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>) profitiert <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Eine Verschiebung der trophischen Beziehungen zu Gunsten des Zooplankton hätte eine Verringerung der Größe potenzieller Beutetiere zu Folge <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>. Dies würde sich negativ auf größere Räuber (z.B. Seevögel, Meeressäuger) auswirken, während kleinere Räuber (z.B. Fische) profitieren würden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
Darüber hinaus kann es im Rahmen des Klimawandels zur Invasion von Arten aus südlicheren Gebieten in arktische Gebiete und somit zu weitreichenden Veränderungen trophischer Interaktionen in den marinen Ökosystemen der Arktis kommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
<br />
== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Antarktis ==<br />
Die Umweltbedingungen in den antarktischen Schelfmeeren unterscheiden sich deutlich von denen in arktischen Gebieten. So ist der arktische Kontinent von schmalen, tiefen Schelfe (bis 800m) umgeben. Weiterhin stellt die Antarktis ein biogeographisch isoliertes Gebiet dar <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>; ein Austausch von Lebewesen, wie er im arktischen Raum möglich ist, wird hier durch die stabile Polarfront unterbunden. Im antarktischen Raum herrschen zudem seit ca. 23 Mio. Jahren ähnliche Umweltbedingungen. Das Benthos des arktischen Schelfs hat sich somit über einen langen Zeitraum unter isolierten Bedingungen entwickelt <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>.<br />
Viele Arten sind für die Antarktis endemisch und so stark an die dortigen Umweltbedingungen angepasst, dass sie nur unter diesen Bedingungen überleben können <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. So würde eine Erwärmung der küstennahen Gewässer fatale Folgen haben und das Sterben vieler Arten nach sich ziehen.<br />
In den antarktischen Schelfmeeren wechseln sich Gemeinschaften ab, in denen jeweils sessile oder mobile Benthen überwiegen. Weiterhin gibt es sowohl diversitäts- und biomassearme (z.B. unter Schelfeis) als auch –reiche Gebiete <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In der Antarktis ist die kryo-pelago-benthische Kopplung für die meisten Arten nicht besonders eng; viele Benthen sind nicht auf die jahreszeitliche Verfügbarkeit von Nahrung angewiesen und können relativ lange Zeiträume ohne Nahrung auskommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Beispielsweise richtet sich die Fortpflanzung nach dem Nahrungsangebot und findet bei günstigen Nahrungsbedingungen statt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Bei moderaten Veränderungen der Nahrungsverfügbarkeit durch eine höhere Primärproduktion im Rahmen des Meereisrückgangs ist somit kein negativer Effekt zu erwarten. Ein erhöhtes Nahrungsangebot kann sogar zunächst die Diversität steigern aber bei Überschreitung eines Schwellenwertes auch zur Überdüngung und damit zu Diversitätsverlust führen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Die antarktischen Schelfregionen bis in 500m Tiefe sind durch Störungen durch strandende Eisberge gekennzeichnet. Die Bodenfauna ist an die damit einhergehende Zerstörung der zum Teil nur sehr langsam wieder nachwachsenden durch sessile Organismen charakterisierte Gemeinschaften angepasst; die Störungen haben teilweise sogar einen diversitätssteigernden Effekt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die praktisch ständig durch Störungen beeinflusste Flachwasserfauna (bis 50m Tiefe) besteht zudem überwiegend aus mobilen Organismen.<br />
Es ist zu erwarten, dass eine Zunahme der Störungsereignisse im Rahmen des anthropogen bedingten Klimawandels durch strandende Eisberge bis zu einem gewissen Grad keinen negativen Einfluss auf die benthischen Ökosysteme des antarktischen Schelfs haben wird <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Möglicherweise kann es durch den Klimawandel auch zu einem Ausbleiben von Eisbergstrandungen nach einer Phase verstärkter Gletscherkalbung kommen, die negative Folgen für das antarktische Benthos haben kann, da der biodiversitätssteigernde Effekt ausbleibt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Am stärksten sind möglicherweise benthische Gemeinschaften betroffen, die sich unter dem Schelfeis befinden, da bereits große Schelfeisgebiete verschwunden und weitere gefährdet sind <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Marine Ökosysteme]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Datei:Underwater_mcmurdo_sound.jpg&diff=9119Datei:Underwater mcmurdo sound.jpg2010-01-10T18:47:31Z<p>Kathi: ==Lizenzhinweis==
{| style="border:1px solid #8888aa; background-color:#f7f8ff;padding:5px;font-size:95%;"
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Dies ist ein Bild der online-Medienbibliothek wikimedia und ist [http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Underwater_mcmurdo_sound.jpg hier] verfüg</p>
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<div>==Lizenzhinweis==<br />
{| style="border:1px solid #8888aa; background-color:#f7f8ff;padding:5px;font-size:95%;"<br />
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Dies ist ein Bild der online-Medienbibliothek wikimedia und ist [http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Underwater_mcmurdo_sound.jpg hier] verfügbar.<br />
|}</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Einfluss_des_Klimawandels_auf_die_Bodenfauna_polarer_Schelfmeere&diff=9118Einfluss des Klimawandels auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere2010-01-10T18:40:28Z<p>Kathi: </p>
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<div>[[Bild:Underwater mcmurdo sound.jpg|200 px| Meeresboden mit verschiedenen Benthonten im antarktischen McMurdo-Sund]]<br />
Im Kontext des anthropogen bedingten Klimawandels kommt es auch in den Polarregionen zu erheblichen Umweltveränderungen, die sich auf die polaren Ökosysteme und somit auch auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere auswirken. Da sich Arktis und Antarktis hinsichtlich geographischer und hydrodynamischer Gegebenheiten, des erdgeschichtlichen Alters und damit einhergehend auch die Ökosysteme der arktischen und antarktischen Schelfmeere voneinander unterscheiden, ist zu erwarten, dass diese auch in unterschiedlicher Weise vom anthropogen bedingten Klimawandel beeinflusst werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Die kryo-pelago-benthische Kopplung ==<br />
Licht dringt maximal 200m tief ins Meerwasser ein; in tieferen Wasserschichten ist somit keine Photosynthese beziehungsweise keine Primärproduktion möglich. Die Zone, in der Photosynthese möglich ist, wird als euphotische Zone bezeichnet. Unterhalb dieser Zone befindliche benthische Ökosysteme sind auf die Nahrungszufuhr von außen angewiesen. Sie hängen von der Primärproduktion des Phytoplanktons in der euphotischen Zone ab, das teilweise durch Sedimentation auf den Meeresboden gelangt. Dieser Zusammenhang wird als pelago-benthische Kopplung bezeichnet (der Freiwasserbereich von Gewässern und Meeren wird als Pelagial bezeichnet) <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In polaren Gebieten ist dieser Zusammenhang besonders eng ausgeprägt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Es sedimentiert ein überproportionaler Anteil der Phytoplanktonproduktion und steht dem Benthos somit als Nahrungsquelle zur Verfügung. Dies ist insbesondere auf das Vorhandensein von Meereis zurückzuführen. Zum einen beeinflusst das Meereis die Algenproduktion in der Wassersäule; zum anderen stellt es den Lebensraum Photosynthese betreibender Primärproduzenten, so genannter Eisalgen, dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Vor allem in Eisrandgebieten sinkt verhältnismäßig viel organisches Material ab. Für die Polarregionen existiert somit eine kryo-pelago-benthischen Kopplung <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Arktis ==<br />
Das Nordpolarmeer besteht im wesentlichen aus vier Tiefseebecken, woran sich weitläufige, flache Schelfe der angrenzenden Landmassen anschließen. Zwischen Nordpolarmeer und Atlantik besteht ein reger Austausch von Oberflächenwasser sowie auch von Lebewesen. Weiterhin handelt es sich bei der Arktis um einen erdgeschichtlich relativ jungen Lebensraum, der in seiner heutigen durch Eis geprägten Form erst vor ca. 2 Mio. Jahren entstanden ist. Der arktischen Bodenfauna stand somit ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum zur Verfügung, sich an die Umweltbedingungen anzupassen.<br />
Der Meeresboden arktischer Schelfmeere ist zudem durch häufige Störungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen charakterisiert. Während es sich beispielsweise bei Störungen durch grabende Benthen um kleinskalige Phänomene handelt, kann es durch strandende Eisberge zur Zerstörung ganzer benthischer Lebensgemeinschaften kommen.<br />
Auf Grund der durch Störung geprägten Umweltbedingungen und dem geringen Alter dieses Lebensraumes in der heutigen Form kann davon ausgegangen werden, dass die benthischen Ökosysteme der Arktis relativ unempfindlich gegen Störungen sind.<br />
Der Meeresboden des Nordpolarmeers weist sowohl sehr diversitäts- und biomassereiche Gebiete auf, die eine starke kryo-pelago-benthische Kopplung aufweisen (z.B. in Eisrandzonen) als auch Gebiete, die arm an Biomasse und Diversität sind (z.B. Tiefsee des zentralen Nordpolarmeers). Die meisten benthischen Arten sind aus angrenzenden südlicheren Gebieten eingewandert und stellen keine arktischen Endemiten dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Der anthropogen bedingte Klimawandel wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Lebensbedingungen des arktischen Benthos aus. So schreitet zum einen die Erwärmung der Meere derzeit in der Arktis am schnellsten voran. Bis XXX wird eine Erwärmung von XXX prognostiziert. Weiterhin ist von einem vermehrten Süßwassereintrag über Flüsse in die arktischen Meere sowie von einem drastischen Rückgang der Meereisbedeckung auszugehen. Jedoch werden voraussichtlich nicht alle benthischen Ökosysteme in gleicher Weise von den Veränderungen der Umweltbedingungen betroffen sein.<br />
Gemeinschaften in flachen Schelfgebieten werden vor allem vom Rückgang des Meereises, zunehmenden Süßwassereinträgen und damit einhergehenden Einträgen von Nähr-, Schad- und trübenden Stoffen sowie vermehrter Gletscherkalbung und damit verbundener Zunahme von Eisbergstrandungen betroffen sein <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Je nach Häufigkeit und Intensität der Eisbergstrandungen kann die Diversität benthischer Gemeinschaften reicher oder ärmer werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die Bodenfauna küstenferner, tiefer Schelfe und des zentralen Nordpolarmeers wird dagegen vor allem von einer Verschiebung der kryo-pelago-benthischen Kopplung betroffen sein<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Generell werden die größten Auswirkungen auf die benthischen Ökosysteme der Arktis voraussichtlich durch den Rückgang des Meereises und der damit einhergehenden Veränderung der kryo-pelago-benthische Kopplung ausgelöst<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Derzeit ist jedoch nicht geklärt, ob eine Verschiebung des Verhältnisses von Phytoplankton und Eisalgen dazu führt, dass dem Zooplankton ein höheres und dem Benthos ein geringeres Nahrungsangebot zur Verfügung steht oder ob das Benthos nach dem Rückgang des Meereises von der insgesamt höheren Primärproduktion (von 50 auf 100 g C/ m² pro Jahr <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>) profitiert <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Eine Verschiebung der trophischen Beziehungen zu Gunsten des Zooplankton hätte eine Verringerung der Größe potenzieller Beutetiere zu Folge <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>. Dies würde sich negativ auf größere Räuber (z.B. Seevögel, Meeressäuger) auswirken, während kleinere Räuber (z.B. Fische) profitieren würden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
Darüber hinaus kann es im Rahmen des Klimawandels zur Invasion von Arten aus südlicheren Gebieten in arktische Gebiete und somit zu weitreichenden Veränderungen trophischer Interaktionen in den marinen Ökosystemen der Arktis kommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
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== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Antarktis ==<br />
Die Umweltbedingungen in den antarktischen Schelfmeeren unterscheiden sich deutlich von denen in arktischen Gebieten. So ist der arktische Kontinent von schmalen, tiefen Schelfe (bis 800m) umgeben. Weiterhin stellt die Antarktis ein biogeographisch isoliertes Gebiet dar <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>; ein Austausch von Lebewesen, wie er im arktischen Raum möglich ist, wird hier durch die stabile Polarfront unterbunden. Im antarktischen Raum herrschen zudem seit ca. 23 Mio. Jahren ähnliche Umweltbedingungen. Das Benthos des arktischen Schelfs hat sich somit über einen langen Zeitraum unter isolierten Bedingungen entwickelt <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>.<br />
Viele Arten sind für die Antarktis endemisch und so stark an die dortigen Umweltbedingungen angepasst, dass sie nur unter diesen Bedingungen überleben können <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. So würde eine Erwärmung der küstennahen Gewässer fatale Folgen haben und das Sterben vieler Arten nach sich ziehen.<br />
In den antarktischen Schelfmeeren wechseln sich Gemeinschaften ab, in denen jeweils sessile oder mobile Benthen überwiegen. Weiterhin gibt es sowohl diversitäts- und biomassearme (z.B. unter Schelfeis) als auch –reiche Gebiete <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In der Antarktis ist die kryo-pelago-benthische Kopplung für die meisten Arten nicht besonders eng; viele Benthen sind nicht auf die jahreszeitliche Verfügbarkeit von Nahrung angewiesen und können relativ lange Zeiträume ohne Nahrung auskommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Beispielsweise richtet sich die Fortpflanzung nach dem Nahrungsangebot und findet bei günstigen Nahrungsbedingungen statt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Bei moderaten Veränderungen der Nahrungsverfügbarkeit durch eine höhere Primärproduktion im Rahmen des Meereisrückgangs ist somit kein negativer Effekt zu erwarten. Ein erhöhtes Nahrungsangebot kann sogar zunächst die Diversität steigern aber bei Überschreitung eines Schwellenwertes auch zur Überdüngung und damit zu Diversitätsverlust führen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Die antarktischen Schelfregionen bis in 500m Tiefe sind durch Störungen durch strandende Eisberge gekennzeichnet. Die Bodenfauna ist an die damit einhergehende Zerstörung der zum Teil nur sehr langsam wieder nachwachsenden durch sessile Organismen charakterisierte Gemeinschaften angepasst; die Störungen haben teilweise sogar einen diversitätssteigernden Effekt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die praktisch ständig durch Störungen beeinflusste Flachwasserfauna (bis 50m Tiefe) besteht zudem überwiegend aus mobilen Organismen.<br />
Es ist zu erwarten, dass eine Zunahme der Störungsereignisse im Rahmen des anthropogen bedingten Klimawandels durch strandende Eisberge bis zu einem gewissen Grad keinen negativen Einfluss auf die benthischen Ökosysteme des antarktischen Schelfs haben wird <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Möglicherweise kann es durch den Klimawandel auch zu einem Ausbleiben von Eisbergstrandungen nach einer Phase verstärkter Gletscherkalbung kommen, die negative Folgen für das antarktische Benthos haben kann, da der biodiversitätssteigernde Effekt ausbleibt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Am stärksten sind möglicherweise benthische Gemeinschaften betroffen, die sich unter dem Schelfeis befinden, da bereits große Schelfeisgebiete verschwunden und weitere gefährdet sind <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Marine Ökosysteme]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Einfluss_des_Klimawandels_auf_die_Bodenfauna_polarer_Schelfmeere&diff=9117Einfluss des Klimawandels auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere2010-01-10T18:39:52Z<p>Kathi: Die Seite wurde neu angelegt: Meeresboden mit verschiedenen Benthonten im antarktischen McMurdo-Sund Im Kontext des anthropogen bedingten Klimawandels k...</p>
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<div>[[Bild:Underwater mcmurdo sound.jpg|200 px| Meeresboden mit verschiedenen Benthonten im antarktischen McMurdo-Sund]]<br />
Im Kontext des anthropogen bedingten Klimawandels kommt es auch in den Polarregionen zu erheblichen Umweltveränderungen, die sich auf die polaren Ökosysteme und somit auch auf die Bodenfauna polarer Schelfmeere auswirken. Da sich Arktis und Antarktis hinsichtlich geographischer und hydrodynamischer Gegebenheiten, des erdgeschichtlichen Alters und damit einhergehend auch die Ökosysteme der arktischen und antarktischen Schelfmeere voneinander unterscheiden, ist zu erwarten, dass diese auch in unterschiedlicher Weise vom anthropogen bedingten Klimawandel beeinflusst werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Die kryo-pelago-benthische Kopplung ==<br />
Licht dringt maximal 200m tief ins Meerwasser ein; in tieferen Wasserschichten ist somit keine Photosynthese beziehungsweise keine Primärproduktion möglich. Die Zone, in der Photosynthese möglich ist, wird als euphotische Zone bezeichnet. Unterhalb dieser Zone befindliche benthische Ökosysteme sind auf die Nahrungszufuhr von außen angewiesen. Sie hängen von der Primärproduktion des Phytoplanktons in der euphotischen Zone ab, das teilweise durch Sedimentation auf den Meeresboden gelangt. Dieser Zusammenhang wird als pelago-benthische Kopplung bezeichnet (der Freiwasserbereich von Gewässern und Meeren wird als Pelagial bezeichnet) <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In polaren Gebieten ist dieser Zusammenhang besonders eng ausgeprägt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Es sedimentiert ein überproportionaler Anteil der Phytoplanktonproduktion und steht dem Benthos somit als Nahrungsquelle zur Verfügung. Dies ist insbesondere auf das Vorhandensein von Meereis zurückzuführen. Zum einen beeinflusst das Meereis die Algenproduktion in der Wassersäule; zum anderen stellt es den Lebensraum Photosynthese betreibender Primärproduzenten, so genannter Eisalgen, dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Vor allem in Eisrandgebieten sinkt verhältnismäßig viel organisches Material ab. Für die Polarregionen existiert somit eine kryo-pelago-benthischen Kopplung <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
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== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Arktis ==<br />
Das Nordpolarmeer besteht im wesentlichen aus vier Tiefseebecken, woran sich weitläufige, flache Schelfe der angrenzenden Landmassen anschließen. Zwischen Nordpolarmeer und Atlantik besteht ein reger Austausch von Oberflächenwasser sowie auch von Lebewesen. Weiterhin handelt es sich bei der Arktis um einen erdgeschichtlich relativ jungen Lebensraum, der in seiner heutigen durch Eis geprägten Form erst vor ca. 2 Mio. Jahren entstanden ist. Der arktischen Bodenfauna stand somit ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum zur Verfügung, sich an die Umweltbedingungen anzupassen.<br />
Der Meeresboden arktischer Schelfmeere ist zudem durch häufige Störungen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen charakterisiert. Während es sich beispielsweise bei Störungen durch grabende Benthen um kleinskalige Phänomene handelt, kann es durch strandende Eisberge zur Zerstörung ganzer benthischer Lebensgemeinschaften kommen.<br />
Auf Grund der durch Störung geprägten Umweltbedingungen und dem geringen Alter dieses Lebensraumes in der heutigen Form kann davon ausgegangen werden, dass die benthischen Ökosysteme der Arktis relativ unempfindlich gegen Störungen sind.<br />
Der Meeresboden des Nordpolarmeers weist sowohl sehr diversitäts- und biomassereiche Gebiete auf, die eine starke kryo-pelago-benthische Kopplung aufweisen (z.B. in Eisrandzonen) als auch Gebiete, die arm an Biomasse und Diversität sind (z.B. Tiefsee des zentralen Nordpolarmeers). Die meisten benthischen Arten sind aus angrenzenden südlicheren Gebieten eingewandert und stellen keine arktischen Endemiten dar <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Der anthropogen bedingte Klimawandel wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Lebensbedingungen des arktischen Benthos aus. So schreitet zum einen die Erwärmung der Meere derzeit in der Arktis am schnellsten voran. Bis XXX wird eine Erwärmung von XXX prognostiziert. Weiterhin ist von einem vermehrten Süßwassereintrag über Flüsse in die arktischen Meere sowie von einem drastischen Rückgang der Meereisbedeckung auszugehen. Jedoch werden voraussichtlich nicht alle benthischen Ökosysteme in gleicher Weise von den Veränderungen der Umweltbedingungen betroffen sein.<br />
Gemeinschaften in flachen Schelfgebieten werden vor allem vom Rückgang des Meereises, zunehmenden Süßwassereinträgen und damit einhergehenden Einträgen von Nähr-, Schad- und trübenden Stoffen sowie vermehrter Gletscherkalbung und damit verbundener Zunahme von Eisbergstrandungen betroffen sein <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Je nach Häufigkeit und Intensität der Eisbergstrandungen kann die Diversität benthischer Gemeinschaften reicher oder ärmer werden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die Bodenfauna küstenferner, tiefer Schelfe und des zentralen Nordpolarmeers wird dagegen vor allem von einer Verschiebung der kryo-pelago-benthischen Kopplung betroffen sein<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Generell werden die größten Auswirkungen auf die benthischen Ökosysteme der Arktis voraussichtlich durch den Rückgang des Meereises und der damit einhergehenden Veränderung der kryo-pelago-benthische Kopplung ausgelöst<ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Derzeit ist jedoch nicht geklärt, ob eine Verschiebung des Verhältnisses von Phytoplankton und Eisalgen dazu führt, dass dem Zooplankton ein höheres und dem Benthos ein geringeres Nahrungsangebot zur Verfügung steht oder ob das Benthos nach dem Rückgang des Meereises von der insgesamt höheren Primärproduktion (von 50 auf 100 g C/ m² pro Jahr <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>) profitiert <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Eine Verschiebung der trophischen Beziehungen zu Gunsten des Zooplankton hätte eine Verringerung der Größe potenzieller Beutetiere zu Folge <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>. Dies würde sich negativ auf größere Räuber (z.B. Seevögel, Meeressäuger) auswirken, während kleinere Räuber (z.B. Fische) profitieren würden <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
Darüber hinaus kann es im Rahmen des Klimawandels zur Invasion von Arten aus südlicheren Gebieten in arktische Gebiete und somit zu weitreichenden Veränderungen trophischer Interaktionen in den marinen Ökosystemen der Arktis kommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D. (2006): The Seafloor Fauna in a Changing Arctic – a Review on Its Past, Present and Future. In: Polarforschung. 75. Bd., Heft (2-3),S. 63-76</ref>.<br />
<br />
== Einfluss des Klimawandels auf die benthischen Ökosysteme der Antarktis ==<br />
Die Umweltbedingungen in den antarktischen Schelfmeeren unterscheiden sich deutlich von denen in arktischen Gebieten. So ist der arktische Kontinent von schmalen, tiefen Schelfe (bis 800m) umgeben. Weiterhin stellt die Antarktis ein biogeographisch isoliertes Gebiet dar <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>; ein Austausch von Lebewesen, wie er im arktischen Raum möglich ist, wird hier durch die stabile Polarfront unterbunden. Im antarktischen Raum herrschen zudem seit ca. 23 Mio. Jahren ähnliche Umweltbedingungen. Das Benthos des arktischen Schelfs hat sich somit über einen langen Zeitraum unter isolierten Bedingungen entwickelt <ref name="Brandt">Brandt, A. (2006): Marine Biodiversität in den Polarregionen: Nordpolarmeer versus Südpolarmeer. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 167-171.</ref>.<br />
Viele Arten sind für die Antarktis endemisch und so stark an die dortigen Umweltbedingungen angepasst, dass sie nur unter diesen Bedingungen überleben können <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. So würde eine Erwärmung der küstennahen Gewässer fatale Folgen haben und das Sterben vieler Arten nach sich ziehen.<br />
In den antarktischen Schelfmeeren wechseln sich Gemeinschaften ab, in denen jeweils sessile oder mobile Benthen überwiegen. Weiterhin gibt es sowohl diversitäts- und biomassearme (z.B. unter Schelfeis) als auch –reiche Gebiete <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
In der Antarktis ist die kryo-pelago-benthische Kopplung für die meisten Arten nicht besonders eng; viele Benthen sind nicht auf die jahreszeitliche Verfügbarkeit von Nahrung angewiesen und können relativ lange Zeiträume ohne Nahrung auskommen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Beispielsweise richtet sich die Fortpflanzung nach dem Nahrungsangebot und findet bei günstigen Nahrungsbedingungen statt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
Bei moderaten Veränderungen der Nahrungsverfügbarkeit durch eine höhere Primärproduktion im Rahmen des Meereisrückgangs ist somit kein negativer Effekt zu erwarten. Ein erhöhtes Nahrungsangebot kann sogar zunächst die Diversität steigern aber bei Überschreitung eines Schwellenwertes auch zur Überdüngung und damit zu Diversitätsverlust führen <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Die antarktischen Schelfregionen bis in 500m Tiefe sind durch Störungen durch strandende Eisberge gekennzeichnet. Die Bodenfauna ist an die damit einhergehende Zerstörung der zum Teil nur sehr langsam wieder nachwachsenden durch sessile Organismen charakterisierte Gemeinschaften angepasst; die Störungen haben teilweise sogar einen diversitätssteigernden Effekt< ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Die praktisch ständig durch Störungen beeinflusste Flachwasserfauna (bis 50m Tiefe) besteht zudem überwiegend aus mobilen Organismen.<br />
Es ist zu erwarten, dass eine Zunahme der Störungsereignisse im Rahmen des anthropogen bedingten Klimawandels durch strandende Eisberge bis zu einem gewissen Grad keinen negativen Einfluss auf die benthischen Ökosysteme des antarktischen Schelfs haben wird <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. Möglicherweise kann es durch den Klimawandel auch zu einem Ausbleiben von Eisbergstrandungen nach einer Phase verstärkter Gletscherkalbung kommen, die negative Folgen für das antarktische Benthos haben kann, da der biodiversitätssteigernde Effekt ausbleibt <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>. <br />
Am stärksten sind möglicherweise benthische Gemeinschaften betroffen, die sich unter dem Schelfeis befinden, da bereits große Schelfeisgebiete verschwunden und weitere gefährdet sind <ref name="Piepenburg">Piepenburg, D./ Gutt, J. (2006): Die Bodenfauna arktischer und antarktischer Schelfmeere. In: Lozán, J.L. [u.a.] (Hrsg.): Warnsignale aus den Polarregionen. Natur.Klimawandel.Ressourcen.Umweltschutz. Hamburg [u.a.]. S. 126-132.</ref>.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Marine Ökosysteme]]<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7952Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:52:15Z<p>Kathi: /* Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen */</p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu [[aktuelle Klimaänderungen]]). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der [[Biosphäre im Klimasystem|Biosphäre]] Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt (siehe dazu [[Verbreitung der Arten]]). <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
[[Bild:Pluvialis apricaria photo.jpg|thumb|200 px| Goldregenpfeifer]]<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
== Veränderungen trophischer Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
== Evolution als Reaktion auf den Klimawandel==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref name="Skelly">Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref name="Skelly">Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref name="Skelly">Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[Verbreitung der Arten]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7951Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:44:13Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu [[aktuelle Klimaänderungen]]). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der [[Biosphäre im Klimasystem|Biosphäre]] Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt (siehe dazu [[Verbreitung der Arten]]). <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
== Veränderungen trophischer Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
== Evolution als Reaktion auf den Klimawandel==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref name="Skelly">Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref name="Skelly">Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref name="Skelly">Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[Verbreitung der Arten]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
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<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7950Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:41:24Z<p>Kathi: </p>
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<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu [[aktuelle Klimaänderungen]]). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt (siehe dazu [[Verbreitung der Arten]]). <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
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== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
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Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
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== Veränderungen trophischer Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
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Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
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== Evolution als Reaktion auf den Klimawandel==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref name="Skelly">Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref name="Skelly">Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref name="Skelly">Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[Verbreitung der Arten]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7949Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:39:45Z<p>Kathi: /* Evolution */</p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu [[aktuelle Klimaänderungen]]). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt (siehe dazu [[Verbreitung der Arten]]). <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
== Veränderungen trophischer Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
== Evolution als Reaktion auf den Klimawandel==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[Verbreitung der Arten]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7948Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:39:23Z<p>Kathi: /* Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen */</p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu [[aktuelle Klimaänderungen]]). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt (siehe dazu [[Verbreitung der Arten]]). <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
== Veränderungen trophischer Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[Verbreitung der Arten]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7947Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:38:34Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu [[aktuelle Klimaänderungen]]). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt (siehe dazu [[Verbreitung der Arten]]). <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[Verbreitung der Arten]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7946Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:37:47Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu [[aktuelle Klimaänderungen]]). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt (siehe dazu [[Verbreitung der Arten]]). <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
<br />
== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[Verbreitung der Arten]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7945Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:37:26Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu [[aktuelle Klimaänderungen]]). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich [[Phänologie|frühjahrsphänologische Ereignisse]] (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt (siehe dazu [[Verbreitung der Arten]]). <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
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== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
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== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[Verbreitung der Arten]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7944Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:35:17Z<p>Kathi: /* Siehe auch */</p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu [[aktuelle Klimaänderungen]]). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich [[Phänologie|frühjahrsphänologische Ereignisse]] (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
<br />
== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[Verbreitung der Arten]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Klimawandel:Portal&diff=7943Klimawandel:Portal2009-03-13T21:33:54Z<p>Kathi: /* Ökosysteme im Klimawandel */</p>
<hr />
<div>[[Bild:Temperaturtrends_20.jh.gif|thumb|420px|Veränderung der globalen Mitteltemperatur seit Beginn der instrumentellen Messungen und die Trends in verschiedenen Zeitabschnitten]]<br />
<br />
==Grundlagen==<br />
<br />
=== <span style="color:#B70000;">Das Klimasystem</span> === <br />
<br />
{| style="background-color:#E0EEEE;" width="100%" align="center"|<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Klimasystem|Das Klimasystem]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Atmosphäre im Klimasystem]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Ozean im Klimasystem]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Kryosphäre im Klimasystem|Kryosphäre im Klimasystem]]'''''<br />
|-<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Biosphäre im Klimasystem]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Boden im Klimasystem]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Lithosphäre und Pedosphäre im Klimasystem]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
=== <span style="color:#B70000;">Die Atmosphäre</span> ===<br />
<br />
{| style="background-color:#E0EEEE;" width="100%" align="center"|<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Aufbau der Atmosphäre]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Atmosphärische Zirkulation]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Nordatlantische Oszillation]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Geschichte der Erdatmosphäre]]'''''<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
=== <span style="color:#B70000;">Der Treibhauseffekt</span> ===<br />
<br />
{| style="background-color:#E0EEEE;" width="100%" align="center"|<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Treibhauseffekt]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Strahlungshaushalt der Atmosphäre|Strahlungshaushalt]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Treibhausgase]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Kohlendioxid]]'''''<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
=== <span style="color:#B70000;">Der Ozean</span> ===<br />
<br />
{| style="background-color:#E0EEEE;" width="100%" align="center"|<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Meeresströmungen]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Globales Förderband]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[ENSO|ENSO/El Niño]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
==Klimawandel==<br />
<br />
=== <span style="color:#B70000;">Klimageschichte</span> === <br />
<br />
{| style="background-color:#FFF5EE;" width="100%" align="center"|<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Präkambrium|Das Klima im Präkambrium]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Paläozoikum und Mesozoikum|Paläozoikum und Mesozoikum]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Känozoikum|Das Klima im Känozoikum]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Eiszeitalter|Das Klima im Eiszeitalter]]'''''<br />
|-<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Holozän|Das Klima im Holozän]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Klima der letzten 1000 Jahre|Das Klima der letzten 1000 Jahre]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Aktuelle Klimaänderungen]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
|-<br />
<br />
|}<br />
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=== <span style="color:#B70000;">Zukünftige Klimaänderungen</span> === <br />
<br />
{| style="background-color:#FFF5EE;" width="100%" align="center"|<br />
<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Klimaszenarien]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Zukünftige Treibhausgas- und Aerosolkonzentrationen|Künftige Antriebe]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Klima im 21. Jahrhundert|Das Klima im 21. Jahrhundert]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Langfristige Klimaänderungen]]'''''<br />
|-<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Kipppunkte im Klimasystem]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Anthropozän|Das "Anthropozän"]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
|- <br />
<br />
|}<br />
<br />
===<span style="color:#B70000;">Ursachen von Klimaänderungen</span> ===<br />
<br />
{| style="background-color:#FFF5EE;" width="100%" align="center"|<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Sonnenenergie]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Erdbahnparameter]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Plattentektonik]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Vulkanismus]]'''''<br />
|-<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Treibhausgase]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Aerosole]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Landnutzung]]'''''<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
===<span style="color:#B70000;">Ozean und Klimawandel</span> ===<br />
<br />
{| style="background-color:#FFF5EE;" width="100%" align="center"||<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Erwärmung des Ozeans]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Versauerung der Meere]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Thermohaline Zirkulation]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
== Folgen des Klimawandels ==<br />
<br />
=== <span style="color:#B70000;">Extremereignisse</span> === <br />
<br />
{| style="background-color:#EEE9E9;" width="100%" align="center"||<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Wetterextreme]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Hitzewellen]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Starkniederschläge und Hochwasser]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Dürren]]'''''<br />
<br />
|-<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Hurrikane]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Tornados]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
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|-<br />
|}<br />
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=== <span style="color:#B70000;">Eis und Schnee (Kryosphäre)</span> === <br />
<br />
{| style="background-color:#EEE9E9;" width="100%" align="center"||<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Änderungen der Kryosphäre]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Meereis]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Eisschilde]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Gletscherschmelze]]'''''<br />
|-<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Permafrost]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Schnee (Kryosphäre)|Schnee]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
=== <span style="color:#B70000;">Meeresspiegelanstieg</span> ===<br />
<br />
{| style="background-color:#EEE9E9;" width="100%" align="center"|<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Meeresspiegeländerungen]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Ursachen des aktuellen Meeresspiegelanstiegs]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Meeresspiegel der Zukunft]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Folgen des Meeresspiegelanstiegs]]'''''<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
=== <span style="color:#B70000;">Boden und Klimawandel</span> ===<br />
<br />
{| style="background-color:#EEE9E9;" width="100%" align="center"|<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Die Bedeutung des Bodens]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Hitze und Trockenheit (Boden)|Hitze und Trockenheit]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Erwärmung und Kohlenstoff im Boden|Erwärmung und Kohlenstoff]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Methan im Permafrost]]'''''<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
=== <span style="color:#B70000;">Ökosysteme im Klimawandel</span> ===<br />
<br />
{| style="background-color:#EEE9E9;" width="100%" align="center"||<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme|Ökosysteme im Klimawandel]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Verbreitung der Arten]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Phänologie]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Wälder im Klimawandel]]'''''<br />
|-<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Marine Ökosysteme]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Arktische Ökosysteme]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Alpine Ökosysteme]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Klimawandel und Zugvögel]]'''''<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
=== <span style="color:#B70000;">Wasser und Klimawandel</span> ===<br />
{| style="background-color:#EEE9E9;" width="100%" align="center"||<br />
|- <br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Wasserressourcen]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Wassernutzung]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Wasserkreislauf]]'''''<br />
|width="25%" valign="top"|<br />
'''''[[Wasserkreislauf und Klima]]'''''<br />
|-<br />
|- <br />
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'''''[[Wasserressourcen und Klima]]'''''<br />
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'''''[[Wasserprobleme (regional)]]'''''<br />
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=== <span style="color:#B70000;">Klimawandel und Landwirtschaft</span> ===<br />
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'''''[[Landwirtschaft und Klima]]'''''<br />
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'''''[[Klimaänderungen und Landwirtschaft]]'''''<br />
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'''''[[Wirkung von Kohlendioxid und Ozon]]'''''<br />
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'''''[[Unkräuter, Schädlinge, Krankheiten]]'''''<br />
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'''''[[Landwirtschaftliche Kulturen]]'''''<br />
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'''''[[Globale Produktion]]'''''<br />
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'''''[[Regionale Produktion]]'''''<br />
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'''''[[Landwirtschaft als Klimafaktor]]'''''<br />
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=== <span style="color:#B70000;">Gesundheitsrisiken</span> ===<br />
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'''''[[Klimawandel und Gesundheit]]'''''<br />
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'''''[[Direkte Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit|Direkte Auswirkungen]]'''''<br />
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'''''[[Indirekte Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit|Indirekte Auswirkungen]]'''''<br />
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'''''[[Stratosphärische Ozonabnahme und Gesundheit|Stratosphärische Ozonabnahme]]'''''<br />
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=== <span style="color:#B70000;">Klimawandel und Tourismus</span> ===<br />
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'''''[[Tourismus und Klimawandel]]'''''<br />
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'''''[[Wintertourismus]]'''''<br />
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'''''[[Sommertourismus]]'''''<br />
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==Unterricht==<br />
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'''''[[Unterricht zum Klimawandel (allgemein)|Allgemeines]]'''''<br />
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'''''[[Unterricht Grundschule|Grundschule]]'''''<br />
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'''''[[Unterricht Sekundarstufen|Sekundarstufen]]'''''<br />
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'''''[[Unterricht Themen|Themen]]'''''<br />
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|}</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7942Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:28:34Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu [[aktuelle Klimaänderungen]]). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich [[Phänologie|frühjahrsphänologische Ereignisse]] (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
<br />
== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7941Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:26:52Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich [[Phänologie|frühjahrsphänologische Ereignisse]] (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
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== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
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Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
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<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7940Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:23:14Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis 2100 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klima im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich [[Phänologie|frühjahrsphänologische Ereignisse]] (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
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== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
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== Evolution ==<br />
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Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
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<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7939Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:22:36Z<p>Kathi: </p>
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<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis 2100 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu [[Klimaänderungen im 21. Jahrhundert]]). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich [[Phänologie|frühjahrsphänologische Ereignisse]] (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
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== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
<br />
== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7938Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:16:10Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis 2100 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um 1,4-5,8°C prognostiziert. Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich [[Phänologie|frühjahrsphänologische Ereignisse]] (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
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== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
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Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
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== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7937Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:15:53Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis 2100 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um 1,4-5,8°C prognostiziert. Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von [[Wetterextreme|Extremereignissen]] verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf [[Ökosystem|Ökosysteme]] haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption, also genetische anpassung, auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der [[Biosphäre]] Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich [[Phänologie|frühjahrsphänologische Ereignisse]] (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
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== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu [[Phänologie]]). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
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== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
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Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7936Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:11:19Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis 2100 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um 1,4-5,8°C prognostiziert. Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. [[NAO]] und [[ENSO]]) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf Ökosysteme haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
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== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
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Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu Phänologie). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
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== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
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Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
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== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
<br />
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<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7935Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:10:42Z<p>Kathi: /* Siehe auch */</p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis 2100 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um 1,4-5,8°C prognostiziert. Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. NAO und ENSO) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf Ökosysteme haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu Phänologie). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
<br />
== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökosystem]]<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
* [[arktische Ökosysteme]]<br />
* [[Klimawandel und Zugvögel]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7934Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:09:00Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis 2100 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um 1,4-5,8°C prognostiziert. Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. NAO und ENSO) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf Ökosysteme haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu Phänologie). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref name="Chmielewski">Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref name="Forkner">Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
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== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref name="Mustin">Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref name="Schweiger">Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7933Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T21:00:11Z<p>Kathi: /* Siehe auch */</p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis 2100 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um 1,4-5,8°C prognostiziert. Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. NAO und ENSO) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf Ökosysteme haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref>Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref>Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
<br />
== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu Phänologie). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref>Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref>Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
<br />
== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref>Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref>Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
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== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[alpine Ökosysteme]]<br />
* [[marine Ökosysteme]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7932Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T20:59:32Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis 2100 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um 1,4-5,8°C prognostiziert. Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. NAO und ENSO) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf Ökosysteme haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref>Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref>Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
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== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu Phänologie). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref>Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref>Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
<br />
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== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
<br />
Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref>Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref>Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
<br />
<br />
== Evolution ==<br />
<br />
Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref><br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Präkambrium]]<br />
* [[Paläozoikum und Mesozoikum]]<br />
* [[Känozoikum]]<br />
* [[Eiszeitalter]]<br />
* [[Holozän]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie:Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Auswirkungen_des_Klimawandels_auf_%C3%96kosysteme&diff=7931Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme2009-03-13T20:57:18Z<p>Kathi: Die Seite wurde neu angelegt: Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis ...</p>
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<div>Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht. Bis 2100 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um 1,4-5,8°C prognostiziert. Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. NAO und ENSO) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.<br />
Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf Ökosysteme haben werden. <br />
Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex. <br />
Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. <ref>Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref><br />
Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. <ref>Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.<br />
Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.<br />
<br />
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== Veränderungen phänologischer Ereignisse und trophische Interaktionen ==<br />
<br />
Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels verändert sich der Zeitpunkt verschiedener phänologischer Ereignisse (siehe dazu Phänologie). Besonders im Frühjahr sind pflanzenphänologische Phasen stark temperaturabhängig. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Höhere Temperaturen im späten Winter und zeitigen Frühjahr führen entsprechend zu einer Verfrühung von Blattaustrieb und Blüte. Späte phänologische Phasen wie Blattverfärbung und Blattabfall weisen dagegen einen Trend zur Verspätung auf. Höhere Temperaturen im Herbst können dazu führen, dass Pflanzen ihre physiologischen Prozesse länger aufrechterhalten können wobei die phänologischen Phasen im Herbst jedoch weniger stark temperaturabhängig sind als im Frühjahr. Tatsächlich können bereits heute Veränderungen verschiedener phänologischer Phasen beobachtet werden. So haben sich beispielsweise Blattaustrieb und Blüte in Nordamerika in den letzten 30-50 Jahren um 1,2-2 Tage pro Jahrzehnt und in Europa um 1,4-3,1 Jahre pro Jahrzehnt verfrüht. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Der Beginn der Vegetationsperiode hat zwischen 1969 und 2003 in Europa um ca. 7 Tage verfrüht und das Ende der Vegetationsperiode um durchschnittlich 3 Tage verspätet. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> In den erfassten 35 Jahren hat sich die Vegetationsperiode somit um ca. 10 Tage verlängert. <br />
Diese Veränderungen phänologischer Phasen beeinflussen Ökosysteme in vielerlei Hinsicht. So führt die Verlängerung der Vegetationsperiode beispielsweise zu einer erhöhten Produktivität von Wäldern und somit zu einer Veränderung des Kohlenstoffkreislaufes. <ref>Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35</ref> Dabei ist besonders der frühere Beginn der Wachstumsperiode relevant, da die Wachstumsbedingungen von Bäumen durch stärkere Sonneneinstrahlung und bessere Wasserversorgung im Frühjahr besser sind als am Ende der Vegetationsperiode. Durch eine weitere globale Erwärmung wird eine weitere Verlängerung der Vegetationsperiode erwartet, so dass sich der Trend einer verstärkten Biomasseproduktion vor allem in nördlichen Regionen wahrscheinlich weiter verstärken wird. <br />
Neben der Veränderung von Stoffkreisläufen kann die Veränderung phänologischer Phasen auch trophische Interaktionen beeinflussen. Beispielsweise sind die Raupenstadien verschiedener Schmetterlingsarten auf frisch entfalteten Blättern bestimmter Bäume als Nahrungsquelle angewiesen. <ref>Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Dies liegt im Wesentlichen an der Blattqualität, die sich im Verlauf der Vegetationsperiode verändern (z.B. Blatthärte und chemische Zusammensetzung der Blätter). Ihre Populationsgröße ist also stark davon abhängig, dass in der Zeit in der sie fressen junge Blätter verfügbar sind. Kommt es im Rahmen des Klimawandels zu einer Verlagerung entscheidender phänologischer Ereignisse (z.B. Blattentfaltung und Schlupf der Raupen), kann diese Nahrungsbeziehung gestört oder sogar zerstört werden – mit erheblichen Folgen für die Schmetterlingspopulation. <ref>Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285</ref> Eine Veränderung pflanzenphänologischer Ereignisse kann also auch höhere trophische Level beeinflussen.<br />
Auch weitere trophische Ebenen und Interaktionen können durch eine Veränderung phänologischer Ereignisse beeinflusst werden. Beispielsweise wird der Bruterfolg des Goldregenpfeifers vom Zeitpunkt an dem Schnaken (Beuteinsekt der Vögel) schlüpfen, beeinflusst. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnacken kommen kann. Dies würde sich negativ auf den Erfolg früher Bruten des Goldregenpfeifers auswirken.<br />
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== Trophische Interaktionen und Arealverschiebungen ==<br />
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Trophische Interaktionen, also Nahrungsbeziehungen zwischen Organismen, werden auf vielfältige Weise vom Klimawandel beeinflusst. Neben phänologischen Veränderungen (siehe oben) können sich klimatische Veränderungen auch anderweitig auf Nahrungsbeziehungen auswirken. Ein Beispiel stellt die Vogel-Lemming-Hypothese von Roselaar und Summers dar. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Demnach ist der Bruterfolg bodenbrütender Vögel in der Tundra von der Häufigkeit von Lemmingen abhängig. Zwischen den Populationen der Lemminge und deren Prädatoren, vor allem dem arktischen Fuchs, besteht eine Räuber-Beute-Beziehung. Ist die Lemmingpopulation hoch, steigt die Populationsgröße der Prädatoren an woraufhin die Populationsgröße der Lemminge wieder zurückgeht. Wenn die Lemmingpopulation klein ist und die der Prädatoren noch hoch, greifen die Prädatoren auf Eier und Küken der bodenbrütenden Vögel als alternative Nahrungsquelle zurück. Entsprechend ist der Bruterfolg der Vögel in Jahren mit großer Lemmingpopulation am höchsten. Kleine Säugetiere in der arktischen Tundra (z.B. Lemminge) sind im Winter von einer tiefen Schneedecke abhängig, da diese sie vor extremer Kälte und vor Prädatoren schützt. Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels kommt es allerdings zu einer Verringerung der Schneetiefe. Zudem verkürzt sich der jährliche Zeitraum der Schneebedeckung. Durch diesen Effekt kann es zu einer Verringerung der Lemmingpopulationen kommen, was sich auf den Bruterfolg der bodenbrütenden Vögel auswirken würde.<br />
Sämtliche Nahrungsbeziehungen innerhalb eines Ökosystems können durch den anthropogenen Klimawandel beeinflusst werden. So kann eine Veränderung des Verhältnisses von Photoperiode und Temperatur das Laichverhalten von Ästuarbewohnern (Ästuare sind Trichtermündungen von Flüssen im Gezeitenbereich) verändern. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> Dadurch können weitere Effekte angestoßen werden, die letztlich bestehende Nahrungsnetzwerke in Ästuaren verändern. Da Ästuare einen wichtigen Nahrungsgrund für überwinternde Watvögel darstellen sind auch höhere trophische Ebenen betroffen. <ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref><br />
Auch die Verbreitung von Parasiten, Vektoren und Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst<ref>Mustin, K./ Sutherland, W./ Gill, J. A. (2007): The complexity of predicting climate-induced ecological impacts. In: Climate Research, Jg. 35, S. 165-175</ref> (siehe dazu z.B. Malaria, Zecken als Krankheitsüberträger) und kann erhebliche Folgen für Ökosysteme haben.<br />
Weiterhin können trophische Beziehungen und deren Beeinflussung durch den Klimawandel auch das Verbreitungsgebiet einer Art begrenzen.<br />
Das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters ist beispielsweise einerseits durch abiotische Faktoren und andererseits durch das Verbreitungsgebiet der Nahrungspflanze seiner Raupen, des Schlangen-Knöterichs, begrenzt. <ref>Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Derzeit kommt der Falter vorwiegend in Zentraleuropa, den baltischen Staaten und in Südfinnland vor. In diesen Bereichen überschneidet sich das Verbreitungsgebiet des Knöterichs mit dem Gebiet, in dem der Falter potenziell vorkäme, wenn er nicht von seiner Nahrungspflanze abhängig wäre. Modellberechnungen ergeben, dass das Verbreitungsgebiet des Falters unter der Annahme, dass beide Arten kein Ausbreitungspotenzial hätten, wahrscheinlich stark schrumpfen wird. <ref>Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479</ref> Wäre das Ausbreitungspotenzial beider Arten unbegrenzt, würden vor allem in Skandinavien neue Überschneidungsgebiete entstehen. Das Ausbreitungspotenzial stellt somit eine zentrale Größe hinsichtlich der Prognose zukünftiger Verbreitungsgebiete dar.<br />
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== Evolution ==<br />
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Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref> Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.<br />
Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. <ref>Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355</ref></div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Starkniederschl%C3%A4ge_und_Hochwasser&diff=7860Starkniederschläge und Hochwasser2009-03-01T20:06:41Z<p>Kathi: /* Siehe auch */</p>
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<div>== Definition Starkniederschlag ==<br />
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Im Allgemeinen kann Starkniederschlag als selten auftretender [[Niederschlag]] mit zerstörerischer Wirkung (z.B. Überflutungen) bezeichnet werden. Es gibt jedoch feste Definitionen hierfür. Diese sind abhängig von der jeweiligen Fragestellung. Bei der Wettervorhersage hat zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst (DWD) die Warnkriterien für Starkniederschlag auf Niederschlag von 25 mm in einer Stunde und 35 mm in 6 Stunden festgelegt.<ref>Deutscher Wetterdienst - Warnkriterien [[http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_windowLabel=T14600649251144330032285&_urlType=action&_pageLabel=_dwdwww_wetter_warnungen_warnungen&WEEKLY_REPORT_VIEW=false&TIME=x&SHOW_HEIGHT_SEL=true&MAP_VIEW=true&STATIC_CONTENT_ID=22&MOVIE_VIEW=false&TABLE_VIEW=false&HEIGHT=x&SHOW_TIME_SEL=true&STATIC_CONTENT_VIEW=true&WARNING_TYPE=0&REPORT_VIEW=false&LAND_CODE=DE]]</ref> In der Klimaforschung wird hingegen meist der Tagesniederschlag betrachtet. Hier werden dann wieder Schwellwerte definiert, bei deren Überschreitung man von Starkniederschlag spricht. Für die Festlegung dieser Schwellwerte gibt es unterschiedliche Ansätze. Einige Wissenschaftler definieren einen festen Schwellwert (z.B. 30 mm, 50,8 mm oder 101,6 mm pro Tag)<ref>Groisman, P.Y., T.R. Karl, D.R. Easterling, R.W. Knight, P.F. Jamason, K.J. Hennessy, R. Suppiah, C.M. Page, J. Wibig, K. Fortuniak, V.N. Razuvaev, A. Douglas, E. Føtland and P.-M. Zhai (1999): Changes in the probability of heavy precipitation: Important indicators of climate change, Climate Change 42: 243-283 </ref>, welcher mehr oder weniger willkürlich festgelegt wird. Andere nehmen die größten 5% der Tagesniederschläge einer Periode (z.B. 30 Jahre). Eine ähnliche Definition ist die der Wiederkehrrate. Hiefür nimmt man Niederschläge, die z.B. alle 5 Jahre einmal auftreten. Alle vorher genannten Definitionen basieren nur auf den gemessen Daten. Es gibt aber auch statistische Ansätze, bei der zuerst die statistische Verteilungsfunktion des Niederschlags bestimmt wird und dann die größten 5% dieser Verteilungsfunktion als Starkniederschlag definiert werden. <br />
<br />
[[Bild:Wasserkreislauf.gif|thumb|320 px|Durch die zunehmende Konzentration von Treibhausgasen wird die Atmosphäre erwärmt. Dadurch erhöhen sich die Verdunstung und die atmosphärische Wasserdampfkapazität. Die Folgen sind einerseits [[Dürren]] und andererseits mehr Wasserdampf in der Atmosphäre und stärkere Niederschläge.]]<br />
<br />
== Veränderung des Wasserkreislaufs ==<br />
<br />
Einige Beispiele der jüngsten Zeit wie die Winterhochwasser in Süddeutschland oder die Sommerfluten in Mitteleuropa legen die Annahme nahe, dass es in einem wärmeren Klima zu stärkeren [[Niederschlag|Niederschlägen]] und Hochwasserereignissen kommen kann. Rein physikalische Überlegungen sprechen dafür, dass bei einer globalen Erwärmung in einigen Gebieten die Niederschläge und vor allem die Starkniederschläge zunehmen werden, in anderen allerdings Trockenheit und [[Dürren]]. Höhere [[Lufttemperatur|Lufttemperaturen]] haben zwei entscheidende Folgen: <br />
# eine Verstärkung der Verdunstung und <br />
# eine Erhöhung der Wasserdampfkapazität der Atmosphäre. <br />
Die Zunahme der atmosphärischen Wasserdampfkapazität von 7 % pro Grad Celsius und die höhere Verdunstung erhöhen den absoluten Wasserdampfgehalt der Luft. Die relative Feuchtigkeit verändert sich dagegen nur geringfügig. Dadurch ändert sich in einem wärmeren Klima die Niederschlagshäufigkeit nur wenig. Pro Niederschlagsereignis steht aber mehr Wasserdampf zur Verfügung, und deshalb kommt es zu häufigeren Extremereignissen mit größeren Niederschlagsmengen. Allgemein sollte es in vielen Regionen durch die globale Erwärmung eine Abnahme von leichten und moderaten Regenfällen geben und/oder eine Abnahme in der Häufigkeit von Niederschlagsereignissen, aber häufigere und intensivere Starkregen.<br />
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== Regen oder Schnee ==<br />
[[Bild:Schneedecke.gif|thumb|320px|Relativer Trend der mittleren Anzahl der Tage mit einer Schneedecke (Schneedeckendauer) in Baden-Württemberg und Bayern, 1951/52 bis 1995/96]]<br />
Wo die höhere Verdunstung nicht durch mehr Niederschläge ersetzt wird, kommt es zu erhöhter Trockenheit. In bestimmten Regionen spielt auch die Art der Niederschläge eine Rolle. In den Gebirgen der mittleren Breiten bilden die winterlichen Schneemassen eine Wasserreserve im Frühjahr und Sommer, wenn der Schnee schmilzt. Eine Erwärmung verursacht eine kürzere Schneesaison, und es fällt mehr [[Niederschlag]] in Form von Regen als in Form von Schnee, und der Schnee schmilzt früher. Im Frühjahr und Sommer steht weniger Bodenfeuchtigkeit zur Verfügung, was Trockenheit zur Folge haben kann. Dem wirkt allerdings entgegen, dass zumindest in den mittleren Breiten die Wolkenbedeckung zunimmt, was die Verdunstung verringern kann.<br />
<br />
Schneedecken regulieren die Grundwasserneubildung und den Abfluss. Bei einer lange liegenden Schneedecke und allmählichen Tauvorgängen versickert ein größerer Teil der Niederschläge, während der andere langsam abfließt. Damit kommt es selten zu Hochwasserereignissen in den Wintermonaten und eher zu gemäßigten Hochwassern im Frühjahr während der Schneeschmelze. In den letzten Jahrzehnten ist diese Situation etwa in Süddeutschland jedoch immer seltener geworden. Die Schneedeckendauer in Baden-Württemberg und Bayern ging fast flächendeckend deutlich zurück, in den tiefer liegenden Gebieten (< 300 m ü. NN) um 30 bis 40% und mehr, was etwa 25 Tagen entspricht. In den mittleren Höhenlagen verringert sich der Rückgang um 10 bis 20%, in den höher gelegenen Gebieten (> 800 m ü.NN) um weniger als 10%, bzw. es kam hier aufgrund des stärkeren Schneefalls auch zu leichten Zunahmen. Die Folge ist ein sofortiges Abfließen der reichlicher fallenden Regen-Niederschläge mit Hochwassergefahren schon im Winter.<br />
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== Aerosole ==<br />
<br />
Eine entgegengesetzte Wirkung auf den hydrologischen Zyklus als die Treibhauserwärmung besitzen jedoch die [[Aerosole]], kleinste Schwebstoffteilchen, deren atmosphärische Konzentration ebenfalls in letzter Zeit durch menschliches Einwirken zugenommen hat. Beobachtungen zeigen eine Zunahme der Verdunstung über den relativ aerosolfreien Gebieten der Ozeane, jedoch eine Abnahme trotz eines höheren Temperaturanstiegs über dem Land. Der Grund liegt in der Verringerung der am Boden ankommenden [[Sonnenenergie|Solarstrahlung]] infolge der zunehmenden Aerosolbelastung der Atmosphäre. Dieses als "global dimming" bekannte Phänomen hat dazu geführt, dass die Sonneneinstrahlung in den letzten Jahrzehnten weltweit um mehr als 10% abgenommen hat, wodurch sich die Verdunstung abschwächt. Hinzu kommt, dass aufgrund der indirekten Wirkung der Aerosole auf die Wolkenbildung bei der Kondensation eher kleine als größere Tröpfchen entstehen, was die Niederschlagsneigung schwächt. Da der Wasserdampf für die Niederschläge über dem Land weitgehend von den Ozeanen herantransportiert wird, sollte der Aerosoleffekt auf die Niederschläge aber auch nicht überschätzt werden.<br />
<br />
== Wasserdampftransport und Zikulationssysteme ==<br />
<br />
Ob es in einem bestimmten Gebiet viel, wenig oder gar nicht regnet, hängt nur zu einem geringen Teil von Temperatur und Verdunstung in diesem Gebiet ab. Die Wassermenge bestimmter Niederschlagsereignisse stammt im globalen Mittel zu ca. 90% aus Wasserdampf, der aus mehr oder weniger größerer Entfernung herantransportiert wurde.<ref>Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217</ref> So kommt etwa der Wasserdampf, der in einer außertropischen Zyklone in einem Radius von 800 km fällt, aus Entfernungen von bis zu 3200 km. Der Anteil des herantransportierten Wasserdampfes an dem gesamten Wasserdampf, der sich über einem bestimmten Gebiet in Niederschlag umwandelt, ist über dem Land höher als über den Ozeanen und im Winter höher als im Sommer. Für den Wasserdampftransport sind atmosphärische Zirkulationssysteme von entscheidender Bedeutung, z.B. die tropischen Monsune und subtropischen Passate in den niederen Breiten und in den mittleren und höheren Breiten die durch den Jetstream gesteuerten Zugbahnen der Tiefdruckgebiete.<br />
<br />
In Nord- und Westeuropa sind es die nordatlantischen Tiefdrucksysteme, die, wie oben gezeigt, vor allem im Winter den Niederschlag regulieren und selbst wiederum von der [[Nordatlantische Oszillation|Nordatlantischen Oszillation]] (NAO) beeinflusst werden. Der NAO-Index hat in den 1980er und 1990er Jahren eine Tendenz zu auffällig hohen Werte gezeigt. Ein stärkerer NAO-Index ist in der Regel im nördlichen Europa mit mehr Niederschlägen und im südlichen Europa mit geringeren Niederschlägen verbunden. Die in jüngster Zeit beobachtete Zunahme zyklonaler Großwetterlagen, die im wesentlichen durch eine Verstärkung des NAO-Index hervorgerufen wurde, lässt einen Zusammenhang mit der globalen Erwärmung als wahrscheinlich erscheinen, kann aber auch durch eine natürliche Dekaden-Schwankung der NAO verursacht sein. Eine Verstärkung der Nordatlantischen Oszillation infolge des menschengemachten [[Treibhauseffekt | Treibhauseffekts]] gilt allerdings als wahrscheinlich.<br />
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Ähnlich liegt der Fall bei einer anderen einflussreichen Klimavariabilität, bei dem [[ENSO|El-Niño]]-Phänomen, das für Extremniederschläge mit der Gefahr von Hochwasser an der südamerikanischen Westküste, in Ostafrika, im Südwesten der USA und extreme Trockenheit mit der Gefahr von Dürren in Indonesien, Australien, Südafrika und Nordost-Brasilien verantwortlich ist. Auch die Stärke von El-Niño-Ereignissen hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen, bis hin zu dem "Jahrhundert"-El-Niño von 1997/98. Auch hier wird ein Zusammenhang mit der globalen Erwärmung angenommen und wird von manchen Forschern eine Zunahme von starken El-Niño-Ereignissen für die Zukunft erwartet. Andere bezweifeln jedoch auch eine Verbindung zwischen El Niño und dem anthropogenen Treibhauseffekt.<br />
<br />
Zumindest ist die beobachtete Zunahme von Niederschlagsextremen nicht inkonsistent zu den erwarteten Veränderungen durch den anthropogenen Antrieb. Die Frage nach den definitiven Ursachen bleibt aber, wenn es um Festlegungen für ganz bestimmte regionale Ereignisse geht, unbeantwortet. Eine jüngere Untersuchung über die Häufigkeit von Extremereignissen in den USA seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, die erstmals digitalisierte Daten von 1895-2000 von 1076 Stationen auswerten konnte, zeigt, dass die natürlichen Schwankungen auch auf Zeitskalen von Dekaden relativ groß sind und als mögliche Ursache oder eine der Ursachen auch für den Anstieg von Extremniederschlägen Ende des 20. Jahrhunderts nicht außer Acht gelassen werden können.<ref>Kunkel, K.E. (2003): North American Trends in Extreme Precipitation, Natural Hazards 29, 291-305</ref><br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Jacob, D. & S. Hagemann (2005): Verstärkung und Schwächung des regionalen Wasserkreislaufs - wichtiges Kennzeichen des Klimawandels, in Lozan, J.L., H. Graßl, P. Hupfer, L. Menzel, C.-D. Schönwiese: Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 167-170<br />
* Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_wetterereignisse&T92033gsbDocumentPath=Navigation%2FOeffentlichkeit%2FKlima__Umwelt%2FBesondere__Ereignisse%2FBesondere__Ereignisse__Deutschland%2Fniederschlaege__node.html__nnn%3Dtrue Extreme Niederschläge] Artikel des Deutschen Wetterdienstes über extreme Niederschlagsereignisse in Deutschland<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Wetterextreme]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Extremereignisse]]<br />
[[Kategorie: Wasserkreislauf]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Zecken_als_Krankheits%C3%BCbertr%C3%A4ger&diff=7859Zecken als Krankheitsüberträger2009-03-01T20:05:39Z<p>Kathi: /* Siehe auch */</p>
<hr />
<div>[[Bild:Ixodes ricinus.jpg|thumb|550 px| Oberkörper und Kopf des Gemeinen Holzbocks]]<br />
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Zecken gehören zur Klasse der Spinnentieren und werden in zwei Familien, Lederzecken und Schildzecken, untergliedert. Aktuell sind weltweit ca. 850 Zeckenarten bekannt, wobei 650 Arten der Familie der Schildzecken zuzuordnen sind. Schildzecken sind weltweit nach den Stechmücken die zweitwichtigsten Krankheitsüberträger. In Mittel- und Nordeuropa sowie in den Vereinigten Staaten spielen als klimaabhängige Vektor-Krankheiten (Krankheiten, die durch andere Organismen, so genannte Vektoren übertragen werden) vor allem die durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis und die Lyme-Borreliose eine wichtige Rolle. Neben Faktoren wie dem Vorhandensein geeigneter Wirte (bei Zecken ausschließlich Wirbeltiere), ist die Verbreitung der verschiedenen Zeckenarten auch von klimatischen Gegebenheiten abhängig, besonders von Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Weiterhin beeinflusst das Klima aber auch die Verbreitung geeigneter Wirtstiere und hierdurch auch die Verbreitung von Zecken. Der anthropogene Klimawandel wirkt sich also auch auf die Verbreitungsgebiete von Zecken und somit auch von Krankheiten aus, die durch Zecken übertragen werden. <br />
<br />
== Zecken als Vektoren ==<br />
<br />
Zecken sind Ektoparasiten. Sie dringen mit den zur Nahrungsaufnahme notwendigen Körperteilen in einen Wirtsorganismus ein und saugen dort meist über mehrere Tage Blut. Als Wirtsorganismen kommen je nach Art und Entwicklungsstadium der Zecke kleinere oder größere Wirbeltiere in Frage. Schildzecken nehmen in ihrem Leben (i.d.R. 1-4 Jahre) drei Blutmahlzeiten ein<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Sie saugen je einmal im Larvenstadium, als Nymphe und als adulte Zecke Blut. Adulte Weibchen des Gemeinen Holzbocks (Ixodes ricinus) saugen dabei innerhalb von 6-8 Tagen das 100-200fache ihrer eigenen Körpermasse an Blut<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Lederzecken werden bis zu 10 Jahren alt und nehmen ca. zehn Blutmahlzeiten ein. Die Phasen zwischen den Blutmahlzeiten verbringen Zecken an geschützten Orten z.B. in Laubstreu. Dort findet entweder die Weiterentwicklung in das nächste Entwicklungsstadium oder beim adulten Weibchen die Eiablage statt. Eine Zecke kann durch das saugen an einem infizierten Wirt Krankheitserreger aufnehmen und diese bei der nächsten Blutmahlzeit an den nächsten Wirt weitergeben. Auch die Übertragung von Erregern von einem adulten Weibchen auf die Eier und somit auf die nächste Generation ist bei einigen Krankheiten, beispielsweise bei der Hundemalaria, möglich.<br />
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== Zeckenassoziierte Krankheiten ==<br />
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=== Lyme-Borreliose ===<br />
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[[Bild:BorreliaBurgdorferi.jpg|thumb|200 px| Borrelia burgdorferi im Dunkelfeldmikroskop]]<br />
Auf der Nordhalbkugel ist die Lyme-Borreliose die am häufigsten durch Zecken übertragene Krankheit<ref name="Fingerle">Fingerle, V./ Wilske, B. (2007/2008): Zecken als Vektoren für Borrelia burgdorferi sensu lato, dem Erreger der Lyme-Borreliose. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 219-223.</ref>. In Mitteleuropa ist sie sogar die am häufigsten durch Vektoren übertragene Infektion überhaupt. Bei dem Erreger handelt es sich um mindestens vier Spezies des Schraubenbakteriums Borrelia burgdorferi. Er wird in Europa durch den Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) übertragen. Im östlichen Europa und in Asien dienen Ixodes persulcatus, in Nordamerika Ixodes scapularis und Ixodes pacificus als Überträger. Die Zecke nimmt den Erreger durch das Saugen an einem infizierten Wirt auf und gibt ihn bei der nächsten Blutmahlzeit an den nächsten Wirt weiter. Eine Übertragung des Erregers vom Weibchen auf die Eier, die es legt, ist die Ausnahme. Für die Übertragung des Erregers ist die lange Dauer der Blutmahlzeit bei Zecken ausschlaggebend. Da sich nur wenige Borrelien im Gewebe des Wirts befinden, gelangen nur durch längeres Saugen ausreichend viele Borrelien in die Zecke, um den nächsten Wirt zu infizieren<ref name="Fingerle">Fingerle, V./ Wilske, B. (2007/2008): Zecken als Vektoren für Borrelia burgdorferi sensu lato, dem Erreger der Lyme-Borreliose. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 219-223.</ref>. Daher kommen beispielsweise Stechmücken nicht als Überträger der Lyme-Borreliose in Frage.<br />
Zum Krankheitsbild der Lyme-Borreliose gehört zunächst die so genannte Wanderröte, die einige Tage oder Wochen nach dem Zeckenstich auftritt. Nach weiteren Wochen bis Monaten treten dann Beschwerden wie schmerzhafte Entzündungen der Nerven und damit verbundene Gesichtslähmungen, Gelengentzündungen, Herzprobleme und Flüssigkeitseinlagerungen in der Haut (rötliche/bläuliche Knötchen) auf. Nach Monaten oder Jahren kommt es dann zu chronische Formen der Erkrankung. Da es sich um eine bakterielle Infektion handelt, kann diese besonders im frühen Stadium mit hohen Heilungschancen mit Antibiotika behandelt werden. Weiterhin heilt die Erkrankung häufig auch ohne Behandlung aus. Hochrechnungen einer Studie im Raum Würzburg ergeben, dass in Deutschland pro Jahr ca. 88.800 Menschen von 80 Millionen an Lyme-Borreliose erkranken<ref name="Fingerle">Fingerle, V./ Wilske, B. (2007/2008): Zecken als Vektoren für Borrelia burgdorferi sensu lato, dem Erreger der Lyme-Borreliose. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 219-223.</ref>. <br />
In den 1990er Jahren ist die Verbreitung der Lyme-Borreliose in den Vereinigten Staaten, nach einem ersten deutlichen Ausbruch in der Mitte der 1970er Jahren im US-Staat Connecticut, stark angestiegen.<br />
<br />
=== Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ===<br />
<br />
Bei der Frühsommer-Meningoenzephalitis handelt es sich um eine Virusinfektion, die zur Erkrankungen der Hirnhaut, des Gehirns und des Rückenmarks führen kann. Die Krankheit wird in Mitteleuropa durch den Gemeinen Holzbock übertragen und kann tödlich sein. Jährlich sterben in Mitteleuropa ca. 1-2% der betroffenen Menschen, in Sibirien und Fernost 20-40%<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Derzeit können nur die Symptome der Krankheit behandelt werden, da es keine wirksame Therapie gibt. Eine Impfung ist hingegen möglich.<br />
Bei 60% der Erkrankten tritt nach der Inkubationszeit eine fiebrige Infektionskrankheit auf. Anschließend ist die Krankheit entweder ausgestanden oder es kommt ca. eine Woche später erneut zu hohem Fieber und weiterhin zur Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Je älter der Patient ist, desto schwerer fällt in der Regel die Erkrankung aus.<br />
Frühsommer-Meningoenzephalitis kommt in 28 Ländern Europas vor, wobei Russland mit 6617 und Tschechien mit 553 Erkrankungen im Zeitraum von 1990-2006 besonders stark betroffen sind<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. In Deutschland wurden im selben Zeitraum 223 Fälle, in Norwegen nur 2 Fälle verzeichnet. Die Gebiete in denen die Krankheit verbreitet ist, so genannte Naturherde, sind meist über Jahre bis Jahrzehnte stabil begrenzt. In Deutschland gelten Bayern und Baden-Württemberg sowie acht Landkreise in Hessen, sieben in Bayern und einer in Rheinland-Pfalz als Risikogebiete.<br />
Seit den 1970er Jahren ist die Anzahl der FSME-Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern (FSME-Inzidenz) angewachsen. So ist die FSME-Inzidenz der 10 am stärksten betroffenen Länder des Zeitraums 1994-2003 gegenüber derer im Zeitraum 1974-1983 auf 411% gestiegen<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Große Steigerungen an Neuerkrankungen wurden in allen betroffenen Staaten verzeichnet. Nur in Österreich ging die FSME-Inzidenz zurück, da ein Großteil (ca. 86% im Jahr 2001) der Bevölkerung geimpft ist.<br />
Besonders in den letzten Jahren ist ein weiterhin starker Anstieg der FSME-Inzidenz zu beobachten. So liegt die Steigerungsrate zwischen 2005 und 2006 für Deutschland bei 26,9%. Im Zeitraum zwischen 1993 und 2002 erkrankten in Deutschland 185 Personen an Frühsommer-Meningoenzephalitis, im Jahr 2005 431 und 2006 546 Menschen<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>.<br />
<br />
== Auswirkungen des Klimawandels auf die Ausbreitung von Zecken und zeckenassoziierten Krankheiten ==<br />
<br />
Die Ausbreitung von Krankheiten, die durch Zecken übertragen werden, hängt wesentlich von der Ausbreitung der Zecken als Überträger ab. Diese ist wiederum neben weiteren Faktoren von klimatischen Gegebenheiten, insbesondere von Temperatur und Luftfeuchtigkeit, abhängig. Der Gemeine Holzbock, der wichtigste Überträger von Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis in Mitteleuropa, ist in Mitteleuropa die am häufigsten vorkommende Zecke. Im Osten Europas kommt statt des Gemeinen Holzbocks verstärkt die im asiatischen Raum vorherrschende Taiga-Zecke (Ixodes persulcatus) vor. Im Norden endet das Verbreitungsgebiet des Gemeinen Holzbocks im Norden Skandinaviens und Weissrusslands. Im Mittelmeerraum kommt die Zecke in kühleren Höhenlagen vor. Ergebnisse aktueller Studien weisen darauf hin, dass sich Ixodes ricinus derzeit an seiner nördlichen Verbreitungsgrenze im mittleren Skandinavien weiter nach Norden ausbreitet<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Beispielsweise wurden in Schweden Hunde- und Katzenbesitzer befragt. Die Studie ergab für den Zeitraum zwischen den frühen 1980ern und frühen 1990ern ein zunehmend verstärktes Vorkommen des Gemeinen Holzbocks besonders in Zentralschweden<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Weitere Befunde aus Zentralschweden weisen darauf hin, dass die Zecke in Gebieten auftaucht, in denen sie zuvor nicht vorkam. Für die derzeitige Ausbreitung des Gemeinen Holzbocks nach Norden sind wahrscheinlich mildere Winter, besonders die geringere Anzahl von Tagen mit unter -12°C, verantwortlich<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. In Zentralschweden führt weiterhin der frühere Frühlingsbeginn und der spätere Herbstbeginn zu einem verstärkten Auftreten der Zecke. In Nordamerika konnte in den letzten 10-15 Jahren eine Ausbreitung nach Norden ebenfalls für einen nahen Verwandten des Gemeinen Holzbocks, Ixodes scapularis, nachgewiesen werden. Neben der Ausbreitung nach Norden, ist der Gemeine Holzbock auch zunehmend in größeren Höhenlagen anzutreffen. In den Jahren 1957-1983 konnte er im tschechischen Riesengebirge oberhalb von 800m über NN seinen Entwicklungszyklus nicht vollständig durchlaufen und somit keine Population aufbauen. Aktuell Studien zeigen, dass die Zecke dort gegenwärtig bereits in Höhen von 1100m über NN vorkommt<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Diese Ausbreitung geht mit einem Anstieg der mittleren Temperaturen einher. Diese sind im tschechischen Riesengebirge zwischen 1960 und 2005 um 1,4°C gestiegen.<br />
Weiterhin hat eine Studie ergeben, dass der Gemeine Holzbock bei höheren Wintertemperaturen auch im Winter aktiv bleibt und auf Wirtssuche geht<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Bei Wintertemperaturen unter 6-7°C zieht sich die Zecke in die Laubstreu zurück und verweilt dort inaktiv, um sich vor Kälte zu schützen. Diese Winterruhe ist im Versuchszeitraum (September 2007-März 2007), einem extrem milden Winter, vollständig ausgefallen. Die Zecken zeigten kontinuierlich Wirtssuchverhalten. Diese klimabedingte Veränderung im Verhalten des Gemeinen Holzbocks wirkt sich auf die Anzahl der Neuerkrankungen an Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis in der darauffolgenden Zeckensaison aus<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. So wurden in Deutschland in den Jahren 2001-2006 im vierten Jahresquartal jeweils zwischen 25 und 90 Fälle von FSME registriert und in den ersten drei Quartalen nur wenige Einzelfälle. Im Jahr 2007 wurden dagegen bis zur 36. Meldewoche schon 183 Erkrankungen registriert. <br />
Der Klimawandel führt außerdem durch höhere Durchschnittstemperaturen in Verbindung mit hoher oder zunehmender Luftfeuchtigkeit zu einer verstärkten Produktion von Eiern und zu einer Beschleunigung des Lebenszyklus von Ixides ricinus und Ixodes persulcatus und somit zu einer höheren Populationsdichte<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Prognosen für Deutschland ergeben, dass sich die Gebiete, in denen die klimatischen Faktoren die Entwicklung von Beständen des Gemeinen Holzbocks ermöglichen (bodennahe Temperaturen von über 6-7°C, Luftfeuchtigkeit > 85%) weiter in Nordrichtung ausbreiten werden<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. In den nächsten 50 Jahren werden Prognosen zu Folge die Durchschnittstemperaturen in Deutschland um ca. 0,6-1,8°C steigen. Weiterhin wird im Süden des Landes mit einer Zunahme und im Norden mit einer Abnahme von Niederschlägen gerechnet. Die Veränderungen der Niederschläge können somit zu einer Verstärkung der Zeckenproblematik im Süden und zu einer Abschwächung in Norden führen.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Klimawandel und Gesundheit]]<br />
* [[Indirekte Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit]]<br />
* [[Malaria]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Malaria&diff=7858Malaria2009-03-01T20:05:20Z<p>Kathi: /* Siehe auch */</p>
<hr />
<div>[[Bild:AnophelesGambiaemosquito.jpg |thumb|250 px|Anopheles gambiae]]<br />
[[Bild:Plasmodium_falciparum_Ringformen.jpg |thumb|250 px|Ringformen von Plasmodium falciparum in roten Blutkörperchen (violett markiert)]]<br />
Die durch die Anopheles-Stechmücken übertragene Malaria gehört weltweit zu den wichtigsten vektorbedingten Krankheiten. Gegenwärtig leben in 101 Staaten und Territorien 2,4 Milliarden Menschen oder 40% der Weltbevölkerung in malaria-gefährdeten Gebieten, 400-500 Millionen werden jährlich neu infiziert und über eine Million Menschen, meistens Kinder unter fünf Jahre, sterben jedes Jahr an einer Malaria-Infektion.<ref>McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, in: IPCC WG II, 9.7.1.</ref> Über 80% der Malaria-Fälle ereignen sich in Afrika südlich der Sahara. Die Malaria-Erkrankung wird durch die Stechmücken-Gattung Anopheles übertragen. Von der Anopheles-Mücke sind 422 Arten bekannt, jedoch nur 70 Arten sind in der Lage, als Vektoren für Malaria zu dienen. Die wichtigste Art in Afrika, die Anopheles gambiae, ist zugleich die effektivste bei der Malaria-Übertragung. Obwohl die Anopheles-Mücke hauptsächlich in tropischen und subtropischen Gebieten vorkommt, gibt es bestimmte Arten auch im gemäßigten Klima (z.B. Anopheles sacharovi). Die Malaria-Krankheit selbst wird durch vier Arten von Plasmodium-Parasiten verursacht. Einige Plasmodium-Arten kommen außer in tropischen und subtropischen auch in gemäßigten Gebieten vor (Plasmodium vivax); die gefährlichsten Arten (Plasmodium falciparum) finden sich allerdings nur in den Tropen. Ihr Überleben ist abhängig von der Temperatur. Die untere Grenze liegt bei Plasmodium vivax zwischen 14,5 und 15°C, bei Plasmodium falciparum zwischen 16 und 19°C. Bei Temperaturen über 32-34°C nimmt die Überlebensfähigkeit der Parasiten schnell ab. Auch die Fortpflanzungschancen und die Aktivität der Anopheles-Mücke sind von der Temperatur abhängig und finden bei 20-30°C die besten Bedingungen vor. Ebenso spielen eine genügend hohe Feuchtigkeit und ausreichender Niederschlag für das Überleben und geeignete Brutplätze der Moskitos eine wichtige Rolle.<br />
<br />
== Aktuelle Ausbreitung von Malaria und ihre möglichen Ursachen ==<br />
<br />
[[Bild:VerbreitungMalaria1961-1990.gif|thumb|550 px|Die Verbreitung der Malaria-Krankheit, die Vektor-Verbreitung und die klimatischen Grenzen für die Entwicklung von Plasmodium falciparum für das Basis-Klima 1961-1990 ]]<br />
[[Bild:MalariaKolumbienElNino.gif|thumb|550 px|Anzahl der durch die beiden wichtigsten Malaria-Erreger (Vivax und Falciparum) infizierten Personen in Kolumbien. Die Pfeile zeigen El-Niño-Jahre an.]]<br />
In jüngster Zeit ist ein Wiederaufleben der Malaria in vielen Teilen der Welt beobachtet worden. So ist Malaria seit 1990 in einigen Staaten der USA, in Korea, in Teilen Südeuropas, in der früheren Sowjetunion (z.B. in Armenien, Aserbaidschan und Tadschikistan), in der Türkei und in Südafrika entlang der Küste des Indischen Ozeans neu aufgetreten bzw. zurückgekehrt.<ref>Epstein, P.R. (2000): Is Global Warming Harmful to Health?, Scientific American, August 2000 (http://www.sciam.com/2000/0800issue/0800epstein.html); McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, in: IPCC WG II, 9.7.1.; Martens, P., R.S. Kovats, S. Nijhof, P. de Vries, M.T.J. Livermoore, D.J. Bradley, J. Cox and A.J. McMichael (1999): Climate change and future populations at risk of malaria, Global Environmental Change, 9, S89-S107; Githeko, A.K., S.W. Lindsay, U.E. Confalonieri and J.A. Patz: Climate change and vector-borne diseases: a regional analysis, WHO Bulletin, 78, 1136-1147</ref> Verantwortlich dafür werden unterschiedliche Gründe gemacht wie die Zunahme der Weltbevölkerung, eine Zunahme des weltweiten Tourismus, die zunehmende Resistenz des Krankheitserregers gegen Medikamente, die wachsende Armut etwa in Osteuropa, die Massenbewegung von Flüchtlingen und heimatlosen Menschen, zerrüttete Gesundheitssysteme, aber auch Veränderungen von Temperatur, Niederschlag und Luftfeuchtigkeit. Zwar werden in vielen Fällen Touristen den Erreger eingeschleppt haben - in den USA wurden die jährlich importierten Fälle auf 1000, in Europa auf über 4000 geschätzt <ref>Martens, P., R.S. Kovats, S. Nijhof, P. de Vries, M.T.J. Livermoore, D.J. Bradley, J. Cox and A.J. McMichael (1999): Climate change and future populations at risk of malaria, Global Environmental Change, 9, S89-S107</ref>-, der dann aber offensichtlich hinreichend hohe Temperaturen und Feuchtigkeit für sein Überleben vorfand. Sehr hohe Temperaturen sind zwar für die Anopheles-Mücke wie für den Krankheitserreger tödlich, weshalb in einzelnen Fällen eine Temperaturerhöhung auch zu einer Verminderung der Krankheit führen kann. Eine Temperaturerhöhung in Gebieten, in denen bisher eine zu niedrige Temperatur das Auftreten der Krankheit verhindert hat, kann jedoch zu einer sehr rapiden Ausbreitung der Krankheit führen, was auch damit zusammenhängt, dass die betroffene Bevölkerung keine Immunabwehr gegen Malaia entwickelt hat. Innerhalb ihrer Überlebens-Temperatur verbreiten sich Stechmücken schneller und saugen häufiger Blut, wenn sich die Temperatur erhöht. Überschwemmungen und Dürren als mögliche Folge der globalen Erwärmung beeinflussen ebenfalls die Verbreitung der Malariakrankheit, indem sie Brutplätze in Form von ruhigen Wasserlöchern schaffen. Wenn sich Fluten zurückziehen, hinterlassen sie Pfützen. Während einer Dürre können aus Flüssen stehende Gewässer werden. Dennoch gibt es bisher keine Beweise dafür, dass die globale Erwärmung für die neuerliche Verbreitung der Malaria mitverantwortlich gemacht werden kann, da die Datenlage zu dürftig ist.<br />
<br />
Gut belegt ist eine Verschiebung der Höhengrenze der Malariagebiete in den Tropen.<ref>McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, in: IPCC WG II, 9.7.1.</ref> Um die Ursachen des Wiederauflebens der Malaria in afrikanischen Hochlandgebieten ist viel diskutiert worden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat es Malaria-Epidemien in Höhen zwischen 1500 und 2500 m in Afrika, Südamerika und Neuguinea gegeben. In Afrika wurde die Hochland-Malaria in den 1950er und 1960er Jahren erfolgreich durch DDT und medizinische Vorsorge bekämpft. In jüngster Zeit ist Malaria aber wieder in den Hochlandgebieten von Kenia, Uganda, Tansania, Madagaskar und Äthiopien festgestellt worden. Bevölkerungswachstum und -migration, Veränderungen in der Landnutzung sowie abnehmende Ressourcen für die Malariabekämpfung kommen als Ursache für die Rückkehr der Krankheit in Frage. Um eine eventuelle Rolle auch der Erwärmung zu bestimmen, liegen auch hier zu wenige Daten vor. Neu ist Malaria in den letzten 10 Jahren auch südlich ihres bisherigen afrikanischen Verbreitungsgebietes in Zambia und Botswana aufgetreten;<ref>Dobler, G. und G.Jendritzky (1998): Krankheiten und Klima, in:Lozán, J.L., H. Graßl und P. Hupfer: Warnsignal Klima, Hamburg, 334-337</ref> allerdings sind hier auch andere Faktoren als Ursache anzunehmen wie Änderungen in der Landnutzung oder eine verstärkte Migration. Es konnte aber auch beobachtet werden, dass Malaria durch eine Abnahme von Niederschlägen weitgehend verschwunden ist, wie z.B. im Senegal und Niger. Die Ursachen lagen hier in den seit den 1970er Jahren abnehmenden Niederschlägen, z.B. im Senegal von 684 mm pro Jahr in der Periode 1931-1960 auf 259 mm in 1992.<br />
<br />
Dass die Ausbreitung der Malaria-Krankheit aber stark von Temperatur und Feuchtigkeit abhängig sein kann, zeigt die Zu- bzw. Abnahme von Malaria-Fällen im Zusammenhang mit dem El-Niño-Phänomen. Die konkreten Ursachen können dabei sehr unterschiedlich sein. In den Jahren nach El-Niño-Ereignissen wurde in Venezuela von 1910 bis in die 1990er Jahre eine Zunahme der Malaria-Erkrankungen um durchschnittlich 36,5%, in Kolumbien um 35% festgestellt. In beiden Fällen waren die Niederschläge während eines El-Niño niedriger als normal, wodurch aus Flüssen Tümpel entstanden sind, die ideale Brutplätze für Moskitos abgaben, die zudem noch durch höhere Temperaturen begünstigt wurden. In Nordost-Kenia dagegen, wo es normalerweise zu trocken für eine Malaria-Übertragung ist, haben starke Niederschläge und Überschwemmungen während des El-Niño 1987/88 zu einer Malaria-Epidemie bei einer Bevölkerung geführt, deren Immunsystem darauf nicht eingestellt war.<ref>Kovats, R.S. (2000): El Niño and human health, Bulletin of the World Health Organization, 78, 1127-1135</ref> Ebenfalls starke Niederschläge haben dagegen während desselben El-Niño-Ereignisses im Hochland von Tansania, wo Malaria bei Kindern zuvor stark verbreitet war, zu einem deutlichen Rückgang der Erkrankung bei Kindern geführt, da die heftigen Regenfälle offensichtlich die Moskitos aus ihren Brutplätzen ausgeschwemmt haben.<br />
<br />
== Prognosen für das 21. Jahrhundert ==<br />
<br />
[[Bild:ModellMalaria.gif|thumb|550 px|Modell zur Beurteilung der Auswirkungen einer Klimaänderung auf das Übertragungspotential von Malaria]]<br />
[[Bild:PrognosenMalaria2020.gif|thumb|550 px|Prognostizierte Veränderung der Malaria-Übertragung 2020 gegenüber dem durchschnittlichen Risiko 1961-1990 ]]<br />
[[Bild:PrognosenMalaria21.Jh.gif|thumb|550 px|Die weltweit zusätzliche Zahl von durch Vivax- und Falciparium-Malria gefährdete Menschen in den Jahren 2020, 2050 und 2080 nach Modellberechnungen]]<br />
In Modellrechnungen ist versucht worden, die Auswirkungen einer möglichen Klimaänderung auf das Übertragungspotential von Malaria zu bestimmen. Dabei wurde berücksichtigt, wie sich ein Klimawandel auf das Verhalten der Moskitos (Lebensspanne, Freßverhalten, Entwicklung usw.) und der Parasiten auswirkt, nicht jedoch der Einfluß lokaler Umwelt-Faktoren wie etwa Wasserverfügbarkeit und -qualität, Parasitenreservoir, Gesundheitssystem usw. Die Ergebnisse sind daher nicht als genaue Vorhersagen zu werten und durch die lokalen Bedingungen zu variieren, lassen aber doch gewisse Trendaussagen zu. Bei einem Temperaturanstieg um 3-5 °C bis zum Jahre 2100 wird sich hiernach die Übertragungsgefahr von Malaria in tropischen Regionen verdoppeln und in gemäßigten Gebieten sogar mehr als verzehnfachen. Auch in Mitteleuropa muss mit einer künftigen Ausbreitung von Malaria gerechnet werden. Insgesamt wird sich in der zweiten Hälfte des nächsten Jahrhunderts der Anteil der Weltbevölkerung, der in malariagefährdeten Gebieten lebt, von gegenwärtig 45% auf 60% erhöhen. Die Fälle von Malaria werden sich von 500 auf 550 bis 580 Millionen pro Jahr erhöhen.<ref>Watson, R.T., M.C. Zinyowera, R.H. Moss and D.J. Dokken (1998): The Regional Impacts of Climate Change. An Assessment of Vulnerability, Cambridge, p.7</ref><br />
<br />
Eine jüngere Modellrechnung kommt zu dem Ergebnis, dass es im Jahre 2080 durch den Klimawandel 300 Millionen Menschen mehr in durch Plasmodium falciparium und 150 Millionen mehr in durch Plasmodium vivax gefährdeten Gebieten als 1990 geben wird.<ref>McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, IPCC, WG II, TAR, 9.7.1.; Martens, P., R.S. Kovats, S. Nijhof, P. de Vries, M.T.J. Livermoore, D.J. Bradley, J. Cox and A.J. McMichael (1999): Climate change and future populations at risk of malaria, Global Environmental Change, 9, S89-S107</ref> Das entspricht einer zusätzlichen Erhöhung um 2-4% der aus anderen Gründen erwarteten Zunahme der der Malaria-Gefahr ausgesetzten Bevölkerung auf etwa 8 Milliarden. Die stärksten Veränderungen wird es hiernach in gemäßigten Klimazonen wie Europa, Nordamerika und Teilen Chinas geben, da hier die untere Temperaturgrenze zur Entwicklung des Parasiten und zur Übertragungsmöglichkeit neu überschritten wird. Auch in den Hochlandgebieten in Afrika und der Anden in Südamerika wird eine Zunahme des Übertragungspotentials erwartet. Außerdem wird sich in manchen Gebieten, vor allem in Afrika, die Infektionszeit auf bestimmte Jahreszeiten begrenzen, das es in anderen für das Überleben des Vektors zu trocken sein wird. In anderen Gebieten, so z.B. in Pakistan wird sich die bisherige saisonale Übertragungsperiode auf das ganze Jahr ausweiten.<br />
<br />
Eine andere globale Modellstudie<ref>Rogers, D.J. and S.E. Randolph: The Global Spread o Malaria in a Future, Warmer World, Science, 289, 1763-1765</ref> kann keine signifikante Netto-Veränderung der Bevölkerung in malariagefährdeten Gebieten bis zum Jahre 2050 feststellen, da die Zunahme des Übertragungspotentials in einigen Gebieten wie den südlichen USA, in der Türkei, Turkmenistan, Usbekistan, Brasilien und China durch die Abnahme in anderen in etwa wieder aufgewogen wird. Keine der Modellrechnungen berücksichtigt allerdings künftige Anpassungsmaßnahmen in der öffentlichen Gesundheitsvorsorge oder im Verhalten der Menschen, die besonders in den entwickelten Ländern der gemäßigten Zone zu einer deutlichen Verringerung der Malariagefahr beitragen können.<br />
<br />
== Prognosen für das 21. Jahrhundert in Europa ==<br />
<br />
Für die zukünftige Verbreitung von Malaria in Europa liegen nur wenige Studien vor. Für Großbritannien wird vorausgesagt, dass sich die Gebiete, in denen es warm genug für eine Übertragung von Plasmodium vivax ist, in Zukunft vergrößern werden <ref name="Kampen">Kampen, H./ Maier, W. A. (2007/2008): Wird die Malaria wieder eine Gefahr für Europa. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 169-172.</ref>. Weitere Analysen für Großbritannien ergeben unter der Voraussetzung eines gleich bleibenden Gesundheitssystems selbst bei einer Temperaturerhöhung um 2,5°C bis 2050 nur sehr geringe Wahrscheinlichkeiten für eine erneute Ausbreitung von Malaria <ref name="Kampen">Kampen, H./ Maier, W. A. (2007/2008): Wird die Malaria wieder eine Gefahr für Europa. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 169-172.</ref>. Für Niedersachsen wurde auf der Basis der IPCC-Szenarien berechnet, dass die Zeitspanne, in der Malaria tertiana (verursacht durch Plasmodium vivax) übertragen werden kann, im Jahr 2020 auf vier Monate begrenzt sein wird <ref name="Kampen">Kampen, H./ Maier, W. A. (2007/2008): Wird die Malaria wieder eine Gefahr für Europa. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 169-172.</ref>. Insgesamt wird bei gleich bleibenden Gesundheitssystemen eine erneute, durch den Klimawandel bedingte Etablierung von Malaria oder das Auftreten von Epidemien im mitteleuropäischen Raum als unwahrscheinlich betrachtet. Dennoch können zukünftig häufiger einzelne Fälle von Malariaerkrankungen auftreten, da sich die Umweltbedingungen im Rahmen des Klimawandels wahrscheinlich zu Gunsten von Vektoren und Malariaparasiten verändern werden.<br />
<br />
== Ausbreitung von Malaria in gemäßigten Klimaten in der Vergangenheit ==<br />
<br />
Ein weiterer Gesichtspunkt, der in der Debatte um die zukünftige, durch den menschlichen Klimawandel bedingte Ausbreitung der Malaria eine wichtige Rolle spielt, ist die Betrachtung der Geschichte der Krankheit in gemäßigten Klimagebieten. Besonders für England belegen zahlreiche historische Quellen, dass es Malaria bereits im Mittelalter gab und die Krankheit selbst in der Kleinen Eiszeit seit dem 16. Jahrhundert weit verbreitet war. Auch in vielen anderen europäischen Ländern gab es zahlreiche Fälle von Malaria im 18. und 19. Jahrhundert, in Schweden und Finnland sogar rund um den Bottnischen Meerbusen bis fast an den Polarkreis. Dass die Krankheit dann seit dem Ende des 19. Jahrunderts stark abnahm, in einer Zeit, als die Temperaturen deutlich stiegen, hatte zahlreiche nichtklimatischen Ursachen wie die Entwässerung von Sümpfen, die zunehmende Tierhaltung, die die Moskitos zunehmend das Blut von Tieren statt von Menschen saugen ließen, die zudem verstärkt vom Land in die Stadt zogen und in abgedichteten Behausungen lebten. Außerdem spielte die medizinische Entwicklung und die fallenden Kosten für Chinin eine wesentliche Rolle. Endgültig frei von Malaria wurde Europa dann durch die Anwendung von DDT nach dem Zweiten Weltkrieg. Die historische Betrachtung zeigt, dass auch für die zukünftige Verbreitung der Krankheit andere Faktoren von großer wenn nicht größerer Bedeutung sein können als die klimatischen Verhältnisse.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Klimawandel und Gesundheit]]<br />
* [[Indirekte Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit]]<br />
* [[Zecken als Krankheitsüberträger]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]<br />
[[Kategorie: Biosphäre]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Malaria&diff=7857Malaria2009-03-01T20:03:12Z<p>Kathi: /* Siehe auch */</p>
<hr />
<div>[[Bild:AnophelesGambiaemosquito.jpg |thumb|250 px|Anopheles gambiae]]<br />
[[Bild:Plasmodium_falciparum_Ringformen.jpg |thumb|250 px|Ringformen von Plasmodium falciparum in roten Blutkörperchen (violett markiert)]]<br />
Die durch die Anopheles-Stechmücken übertragene Malaria gehört weltweit zu den wichtigsten vektorbedingten Krankheiten. Gegenwärtig leben in 101 Staaten und Territorien 2,4 Milliarden Menschen oder 40% der Weltbevölkerung in malaria-gefährdeten Gebieten, 400-500 Millionen werden jährlich neu infiziert und über eine Million Menschen, meistens Kinder unter fünf Jahre, sterben jedes Jahr an einer Malaria-Infektion.<ref>McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, in: IPCC WG II, 9.7.1.</ref> Über 80% der Malaria-Fälle ereignen sich in Afrika südlich der Sahara. Die Malaria-Erkrankung wird durch die Stechmücken-Gattung Anopheles übertragen. Von der Anopheles-Mücke sind 422 Arten bekannt, jedoch nur 70 Arten sind in der Lage, als Vektoren für Malaria zu dienen. Die wichtigste Art in Afrika, die Anopheles gambiae, ist zugleich die effektivste bei der Malaria-Übertragung. Obwohl die Anopheles-Mücke hauptsächlich in tropischen und subtropischen Gebieten vorkommt, gibt es bestimmte Arten auch im gemäßigten Klima (z.B. Anopheles sacharovi). Die Malaria-Krankheit selbst wird durch vier Arten von Plasmodium-Parasiten verursacht. Einige Plasmodium-Arten kommen außer in tropischen und subtropischen auch in gemäßigten Gebieten vor (Plasmodium vivax); die gefährlichsten Arten (Plasmodium falciparum) finden sich allerdings nur in den Tropen. Ihr Überleben ist abhängig von der Temperatur. Die untere Grenze liegt bei Plasmodium vivax zwischen 14,5 und 15°C, bei Plasmodium falciparum zwischen 16 und 19°C. Bei Temperaturen über 32-34°C nimmt die Überlebensfähigkeit der Parasiten schnell ab. Auch die Fortpflanzungschancen und die Aktivität der Anopheles-Mücke sind von der Temperatur abhängig und finden bei 20-30°C die besten Bedingungen vor. Ebenso spielen eine genügend hohe Feuchtigkeit und ausreichender Niederschlag für das Überleben und geeignete Brutplätze der Moskitos eine wichtige Rolle.<br />
<br />
== Aktuelle Ausbreitung von Malaria und ihre möglichen Ursachen ==<br />
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[[Bild:VerbreitungMalaria1961-1990.gif|thumb|550 px|Die Verbreitung der Malaria-Krankheit, die Vektor-Verbreitung und die klimatischen Grenzen für die Entwicklung von Plasmodium falciparum für das Basis-Klima 1961-1990 ]]<br />
[[Bild:MalariaKolumbienElNino.gif|thumb|550 px|Anzahl der durch die beiden wichtigsten Malaria-Erreger (Vivax und Falciparum) infizierten Personen in Kolumbien. Die Pfeile zeigen El-Niño-Jahre an.]]<br />
In jüngster Zeit ist ein Wiederaufleben der Malaria in vielen Teilen der Welt beobachtet worden. So ist Malaria seit 1990 in einigen Staaten der USA, in Korea, in Teilen Südeuropas, in der früheren Sowjetunion (z.B. in Armenien, Aserbaidschan und Tadschikistan), in der Türkei und in Südafrika entlang der Küste des Indischen Ozeans neu aufgetreten bzw. zurückgekehrt.<ref>Epstein, P.R. (2000): Is Global Warming Harmful to Health?, Scientific American, August 2000 (http://www.sciam.com/2000/0800issue/0800epstein.html); McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, in: IPCC WG II, 9.7.1.; Martens, P., R.S. Kovats, S. Nijhof, P. de Vries, M.T.J. Livermoore, D.J. Bradley, J. Cox and A.J. McMichael (1999): Climate change and future populations at risk of malaria, Global Environmental Change, 9, S89-S107; Githeko, A.K., S.W. Lindsay, U.E. Confalonieri and J.A. Patz: Climate change and vector-borne diseases: a regional analysis, WHO Bulletin, 78, 1136-1147</ref> Verantwortlich dafür werden unterschiedliche Gründe gemacht wie die Zunahme der Weltbevölkerung, eine Zunahme des weltweiten Tourismus, die zunehmende Resistenz des Krankheitserregers gegen Medikamente, die wachsende Armut etwa in Osteuropa, die Massenbewegung von Flüchtlingen und heimatlosen Menschen, zerrüttete Gesundheitssysteme, aber auch Veränderungen von Temperatur, Niederschlag und Luftfeuchtigkeit. Zwar werden in vielen Fällen Touristen den Erreger eingeschleppt haben - in den USA wurden die jährlich importierten Fälle auf 1000, in Europa auf über 4000 geschätzt <ref>Martens, P., R.S. Kovats, S. Nijhof, P. de Vries, M.T.J. Livermoore, D.J. Bradley, J. Cox and A.J. McMichael (1999): Climate change and future populations at risk of malaria, Global Environmental Change, 9, S89-S107</ref>-, der dann aber offensichtlich hinreichend hohe Temperaturen und Feuchtigkeit für sein Überleben vorfand. Sehr hohe Temperaturen sind zwar für die Anopheles-Mücke wie für den Krankheitserreger tödlich, weshalb in einzelnen Fällen eine Temperaturerhöhung auch zu einer Verminderung der Krankheit führen kann. Eine Temperaturerhöhung in Gebieten, in denen bisher eine zu niedrige Temperatur das Auftreten der Krankheit verhindert hat, kann jedoch zu einer sehr rapiden Ausbreitung der Krankheit führen, was auch damit zusammenhängt, dass die betroffene Bevölkerung keine Immunabwehr gegen Malaia entwickelt hat. Innerhalb ihrer Überlebens-Temperatur verbreiten sich Stechmücken schneller und saugen häufiger Blut, wenn sich die Temperatur erhöht. Überschwemmungen und Dürren als mögliche Folge der globalen Erwärmung beeinflussen ebenfalls die Verbreitung der Malariakrankheit, indem sie Brutplätze in Form von ruhigen Wasserlöchern schaffen. Wenn sich Fluten zurückziehen, hinterlassen sie Pfützen. Während einer Dürre können aus Flüssen stehende Gewässer werden. Dennoch gibt es bisher keine Beweise dafür, dass die globale Erwärmung für die neuerliche Verbreitung der Malaria mitverantwortlich gemacht werden kann, da die Datenlage zu dürftig ist.<br />
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Gut belegt ist eine Verschiebung der Höhengrenze der Malariagebiete in den Tropen.<ref>McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, in: IPCC WG II, 9.7.1.</ref> Um die Ursachen des Wiederauflebens der Malaria in afrikanischen Hochlandgebieten ist viel diskutiert worden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat es Malaria-Epidemien in Höhen zwischen 1500 und 2500 m in Afrika, Südamerika und Neuguinea gegeben. In Afrika wurde die Hochland-Malaria in den 1950er und 1960er Jahren erfolgreich durch DDT und medizinische Vorsorge bekämpft. In jüngster Zeit ist Malaria aber wieder in den Hochlandgebieten von Kenia, Uganda, Tansania, Madagaskar und Äthiopien festgestellt worden. Bevölkerungswachstum und -migration, Veränderungen in der Landnutzung sowie abnehmende Ressourcen für die Malariabekämpfung kommen als Ursache für die Rückkehr der Krankheit in Frage. Um eine eventuelle Rolle auch der Erwärmung zu bestimmen, liegen auch hier zu wenige Daten vor. Neu ist Malaria in den letzten 10 Jahren auch südlich ihres bisherigen afrikanischen Verbreitungsgebietes in Zambia und Botswana aufgetreten;<ref>Dobler, G. und G.Jendritzky (1998): Krankheiten und Klima, in:Lozán, J.L., H. Graßl und P. Hupfer: Warnsignal Klima, Hamburg, 334-337</ref> allerdings sind hier auch andere Faktoren als Ursache anzunehmen wie Änderungen in der Landnutzung oder eine verstärkte Migration. Es konnte aber auch beobachtet werden, dass Malaria durch eine Abnahme von Niederschlägen weitgehend verschwunden ist, wie z.B. im Senegal und Niger. Die Ursachen lagen hier in den seit den 1970er Jahren abnehmenden Niederschlägen, z.B. im Senegal von 684 mm pro Jahr in der Periode 1931-1960 auf 259 mm in 1992.<br />
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Dass die Ausbreitung der Malaria-Krankheit aber stark von Temperatur und Feuchtigkeit abhängig sein kann, zeigt die Zu- bzw. Abnahme von Malaria-Fällen im Zusammenhang mit dem El-Niño-Phänomen. Die konkreten Ursachen können dabei sehr unterschiedlich sein. In den Jahren nach El-Niño-Ereignissen wurde in Venezuela von 1910 bis in die 1990er Jahre eine Zunahme der Malaria-Erkrankungen um durchschnittlich 36,5%, in Kolumbien um 35% festgestellt. In beiden Fällen waren die Niederschläge während eines El-Niño niedriger als normal, wodurch aus Flüssen Tümpel entstanden sind, die ideale Brutplätze für Moskitos abgaben, die zudem noch durch höhere Temperaturen begünstigt wurden. In Nordost-Kenia dagegen, wo es normalerweise zu trocken für eine Malaria-Übertragung ist, haben starke Niederschläge und Überschwemmungen während des El-Niño 1987/88 zu einer Malaria-Epidemie bei einer Bevölkerung geführt, deren Immunsystem darauf nicht eingestellt war.<ref>Kovats, R.S. (2000): El Niño and human health, Bulletin of the World Health Organization, 78, 1127-1135</ref> Ebenfalls starke Niederschläge haben dagegen während desselben El-Niño-Ereignisses im Hochland von Tansania, wo Malaria bei Kindern zuvor stark verbreitet war, zu einem deutlichen Rückgang der Erkrankung bei Kindern geführt, da die heftigen Regenfälle offensichtlich die Moskitos aus ihren Brutplätzen ausgeschwemmt haben.<br />
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== Prognosen für das 21. Jahrhundert ==<br />
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[[Bild:ModellMalaria.gif|thumb|550 px|Modell zur Beurteilung der Auswirkungen einer Klimaänderung auf das Übertragungspotential von Malaria]]<br />
[[Bild:PrognosenMalaria2020.gif|thumb|550 px|Prognostizierte Veränderung der Malaria-Übertragung 2020 gegenüber dem durchschnittlichen Risiko 1961-1990 ]]<br />
[[Bild:PrognosenMalaria21.Jh.gif|thumb|550 px|Die weltweit zusätzliche Zahl von durch Vivax- und Falciparium-Malria gefährdete Menschen in den Jahren 2020, 2050 und 2080 nach Modellberechnungen]]<br />
In Modellrechnungen ist versucht worden, die Auswirkungen einer möglichen Klimaänderung auf das Übertragungspotential von Malaria zu bestimmen. Dabei wurde berücksichtigt, wie sich ein Klimawandel auf das Verhalten der Moskitos (Lebensspanne, Freßverhalten, Entwicklung usw.) und der Parasiten auswirkt, nicht jedoch der Einfluß lokaler Umwelt-Faktoren wie etwa Wasserverfügbarkeit und -qualität, Parasitenreservoir, Gesundheitssystem usw. Die Ergebnisse sind daher nicht als genaue Vorhersagen zu werten und durch die lokalen Bedingungen zu variieren, lassen aber doch gewisse Trendaussagen zu. Bei einem Temperaturanstieg um 3-5 °C bis zum Jahre 2100 wird sich hiernach die Übertragungsgefahr von Malaria in tropischen Regionen verdoppeln und in gemäßigten Gebieten sogar mehr als verzehnfachen. Auch in Mitteleuropa muss mit einer künftigen Ausbreitung von Malaria gerechnet werden. Insgesamt wird sich in der zweiten Hälfte des nächsten Jahrhunderts der Anteil der Weltbevölkerung, der in malariagefährdeten Gebieten lebt, von gegenwärtig 45% auf 60% erhöhen. Die Fälle von Malaria werden sich von 500 auf 550 bis 580 Millionen pro Jahr erhöhen.<ref>Watson, R.T., M.C. Zinyowera, R.H. Moss and D.J. Dokken (1998): The Regional Impacts of Climate Change. An Assessment of Vulnerability, Cambridge, p.7</ref><br />
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Eine jüngere Modellrechnung kommt zu dem Ergebnis, dass es im Jahre 2080 durch den Klimawandel 300 Millionen Menschen mehr in durch Plasmodium falciparium und 150 Millionen mehr in durch Plasmodium vivax gefährdeten Gebieten als 1990 geben wird.<ref>McMichael, A. and A. Githeko (2001): Human Health, IPCC, WG II, TAR, 9.7.1.; Martens, P., R.S. Kovats, S. Nijhof, P. de Vries, M.T.J. Livermoore, D.J. Bradley, J. Cox and A.J. McMichael (1999): Climate change and future populations at risk of malaria, Global Environmental Change, 9, S89-S107</ref> Das entspricht einer zusätzlichen Erhöhung um 2-4% der aus anderen Gründen erwarteten Zunahme der der Malaria-Gefahr ausgesetzten Bevölkerung auf etwa 8 Milliarden. Die stärksten Veränderungen wird es hiernach in gemäßigten Klimazonen wie Europa, Nordamerika und Teilen Chinas geben, da hier die untere Temperaturgrenze zur Entwicklung des Parasiten und zur Übertragungsmöglichkeit neu überschritten wird. Auch in den Hochlandgebieten in Afrika und der Anden in Südamerika wird eine Zunahme des Übertragungspotentials erwartet. Außerdem wird sich in manchen Gebieten, vor allem in Afrika, die Infektionszeit auf bestimmte Jahreszeiten begrenzen, das es in anderen für das Überleben des Vektors zu trocken sein wird. In anderen Gebieten, so z.B. in Pakistan wird sich die bisherige saisonale Übertragungsperiode auf das ganze Jahr ausweiten.<br />
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Eine andere globale Modellstudie<ref>Rogers, D.J. and S.E. Randolph: The Global Spread o Malaria in a Future, Warmer World, Science, 289, 1763-1765</ref> kann keine signifikante Netto-Veränderung der Bevölkerung in malariagefährdeten Gebieten bis zum Jahre 2050 feststellen, da die Zunahme des Übertragungspotentials in einigen Gebieten wie den südlichen USA, in der Türkei, Turkmenistan, Usbekistan, Brasilien und China durch die Abnahme in anderen in etwa wieder aufgewogen wird. Keine der Modellrechnungen berücksichtigt allerdings künftige Anpassungsmaßnahmen in der öffentlichen Gesundheitsvorsorge oder im Verhalten der Menschen, die besonders in den entwickelten Ländern der gemäßigten Zone zu einer deutlichen Verringerung der Malariagefahr beitragen können.<br />
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== Prognosen für das 21. Jahrhundert in Europa ==<br />
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Für die zukünftige Verbreitung von Malaria in Europa liegen nur wenige Studien vor. Für Großbritannien wird vorausgesagt, dass sich die Gebiete, in denen es warm genug für eine Übertragung von Plasmodium vivax ist, in Zukunft vergrößern werden <ref name="Kampen">Kampen, H./ Maier, W. A. (2007/2008): Wird die Malaria wieder eine Gefahr für Europa. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 169-172.</ref>. Weitere Analysen für Großbritannien ergeben unter der Voraussetzung eines gleich bleibenden Gesundheitssystems selbst bei einer Temperaturerhöhung um 2,5°C bis 2050 nur sehr geringe Wahrscheinlichkeiten für eine erneute Ausbreitung von Malaria <ref name="Kampen">Kampen, H./ Maier, W. A. (2007/2008): Wird die Malaria wieder eine Gefahr für Europa. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 169-172.</ref>. Für Niedersachsen wurde auf der Basis der IPCC-Szenarien berechnet, dass die Zeitspanne, in der Malaria tertiana (verursacht durch Plasmodium vivax) übertragen werden kann, im Jahr 2020 auf vier Monate begrenzt sein wird <ref name="Kampen">Kampen, H./ Maier, W. A. (2007/2008): Wird die Malaria wieder eine Gefahr für Europa. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 169-172.</ref>. Insgesamt wird bei gleich bleibenden Gesundheitssystemen eine erneute, durch den Klimawandel bedingte Etablierung von Malaria oder das Auftreten von Epidemien im mitteleuropäischen Raum als unwahrscheinlich betrachtet. Dennoch können zukünftig häufiger einzelne Fälle von Malariaerkrankungen auftreten, da sich die Umweltbedingungen im Rahmen des Klimawandels wahrscheinlich zu Gunsten von Vektoren und Malariaparasiten verändern werden.<br />
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== Ausbreitung von Malaria in gemäßigten Klimaten in der Vergangenheit ==<br />
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Ein weiterer Gesichtspunkt, der in der Debatte um die zukünftige, durch den menschlichen Klimawandel bedingte Ausbreitung der Malaria eine wichtige Rolle spielt, ist die Betrachtung der Geschichte der Krankheit in gemäßigten Klimagebieten. Besonders für England belegen zahlreiche historische Quellen, dass es Malaria bereits im Mittelalter gab und die Krankheit selbst in der Kleinen Eiszeit seit dem 16. Jahrhundert weit verbreitet war. Auch in vielen anderen europäischen Ländern gab es zahlreiche Fälle von Malaria im 18. und 19. Jahrhundert, in Schweden und Finnland sogar rund um den Bottnischen Meerbusen bis fast an den Polarkreis. Dass die Krankheit dann seit dem Ende des 19. Jahrunderts stark abnahm, in einer Zeit, als die Temperaturen deutlich stiegen, hatte zahlreiche nichtklimatischen Ursachen wie die Entwässerung von Sümpfen, die zunehmende Tierhaltung, die die Moskitos zunehmend das Blut von Tieren statt von Menschen saugen ließen, die zudem verstärkt vom Land in die Stadt zogen und in abgedichteten Behausungen lebten. Außerdem spielte die medizinische Entwicklung und die fallenden Kosten für Chinin eine wesentliche Rolle. Endgültig frei von Malaria wurde Europa dann durch die Anwendung von DDT nach dem Zweiten Weltkrieg. Die historische Betrachtung zeigt, dass auch für die zukünftige Verbreitung der Krankheit andere Faktoren von großer wenn nicht größerer Bedeutung sein können als die klimatischen Verhältnisse.<br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Klimawandel und Gesundheit]]<br />
* [[Indirekte Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit]]<br />
* [[Zecken als Krankheitsüberträger]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Zecken_als_Krankheits%C3%BCbertr%C3%A4ger&diff=7856Zecken als Krankheitsüberträger2009-03-01T20:01:42Z<p>Kathi: /* Siehe auch */</p>
<hr />
<div>[[Bild:Ixodes ricinus.jpg|thumb|550 px| Oberkörper und Kopf des Gemeinen Holzbocks]]<br />
<br />
Zecken gehören zur Klasse der Spinnentieren und werden in zwei Familien, Lederzecken und Schildzecken, untergliedert. Aktuell sind weltweit ca. 850 Zeckenarten bekannt, wobei 650 Arten der Familie der Schildzecken zuzuordnen sind. Schildzecken sind weltweit nach den Stechmücken die zweitwichtigsten Krankheitsüberträger. In Mittel- und Nordeuropa sowie in den Vereinigten Staaten spielen als klimaabhängige Vektor-Krankheiten (Krankheiten, die durch andere Organismen, so genannte Vektoren übertragen werden) vor allem die durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis und die Lyme-Borreliose eine wichtige Rolle. Neben Faktoren wie dem Vorhandensein geeigneter Wirte (bei Zecken ausschließlich Wirbeltiere), ist die Verbreitung der verschiedenen Zeckenarten auch von klimatischen Gegebenheiten abhängig, besonders von Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Weiterhin beeinflusst das Klima aber auch die Verbreitung geeigneter Wirtstiere und hierdurch auch die Verbreitung von Zecken. Der anthropogene Klimawandel wirkt sich also auch auf die Verbreitungsgebiete von Zecken und somit auch von Krankheiten aus, die durch Zecken übertragen werden. <br />
<br />
== Zecken als Vektoren ==<br />
<br />
Zecken sind Ektoparasiten. Sie dringen mit den zur Nahrungsaufnahme notwendigen Körperteilen in einen Wirtsorganismus ein und saugen dort meist über mehrere Tage Blut. Als Wirtsorganismen kommen je nach Art und Entwicklungsstadium der Zecke kleinere oder größere Wirbeltiere in Frage. Schildzecken nehmen in ihrem Leben (i.d.R. 1-4 Jahre) drei Blutmahlzeiten ein<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Sie saugen je einmal im Larvenstadium, als Nymphe und als adulte Zecke Blut. Adulte Weibchen des Gemeinen Holzbocks (Ixodes ricinus) saugen dabei innerhalb von 6-8 Tagen das 100-200fache ihrer eigenen Körpermasse an Blut<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Lederzecken werden bis zu 10 Jahren alt und nehmen ca. zehn Blutmahlzeiten ein. Die Phasen zwischen den Blutmahlzeiten verbringen Zecken an geschützten Orten z.B. in Laubstreu. Dort findet entweder die Weiterentwicklung in das nächste Entwicklungsstadium oder beim adulten Weibchen die Eiablage statt. Eine Zecke kann durch das saugen an einem infizierten Wirt Krankheitserreger aufnehmen und diese bei der nächsten Blutmahlzeit an den nächsten Wirt weitergeben. Auch die Übertragung von Erregern von einem adulten Weibchen auf die Eier und somit auf die nächste Generation ist bei einigen Krankheiten, beispielsweise bei der Hundemalaria, möglich.<br />
<br />
== Zeckenassoziierte Krankheiten ==<br />
<br />
=== Lyme-Borreliose ===<br />
<br />
[[Bild:BorreliaBurgdorferi.jpg|thumb|200 px| Borrelia burgdorferi im Dunkelfeldmikroskop]]<br />
Auf der Nordhalbkugel ist die Lyme-Borreliose die am häufigsten durch Zecken übertragene Krankheit<ref name="Fingerle">Fingerle, V./ Wilske, B. (2007/2008): Zecken als Vektoren für Borrelia burgdorferi sensu lato, dem Erreger der Lyme-Borreliose. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 219-223.</ref>. In Mitteleuropa ist sie sogar die am häufigsten durch Vektoren übertragene Infektion überhaupt. Bei dem Erreger handelt es sich um mindestens vier Spezies des Schraubenbakteriums Borrelia burgdorferi. Er wird in Europa durch den Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) übertragen. Im östlichen Europa und in Asien dienen Ixodes persulcatus, in Nordamerika Ixodes scapularis und Ixodes pacificus als Überträger. Die Zecke nimmt den Erreger durch das Saugen an einem infizierten Wirt auf und gibt ihn bei der nächsten Blutmahlzeit an den nächsten Wirt weiter. Eine Übertragung des Erregers vom Weibchen auf die Eier, die es legt, ist die Ausnahme. Für die Übertragung des Erregers ist die lange Dauer der Blutmahlzeit bei Zecken ausschlaggebend. Da sich nur wenige Borrelien im Gewebe des Wirts befinden, gelangen nur durch längeres Saugen ausreichend viele Borrelien in die Zecke, um den nächsten Wirt zu infizieren<ref name="Fingerle">Fingerle, V./ Wilske, B. (2007/2008): Zecken als Vektoren für Borrelia burgdorferi sensu lato, dem Erreger der Lyme-Borreliose. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 219-223.</ref>. Daher kommen beispielsweise Stechmücken nicht als Überträger der Lyme-Borreliose in Frage.<br />
Zum Krankheitsbild der Lyme-Borreliose gehört zunächst die so genannte Wanderröte, die einige Tage oder Wochen nach dem Zeckenstich auftritt. Nach weiteren Wochen bis Monaten treten dann Beschwerden wie schmerzhafte Entzündungen der Nerven und damit verbundene Gesichtslähmungen, Gelengentzündungen, Herzprobleme und Flüssigkeitseinlagerungen in der Haut (rötliche/bläuliche Knötchen) auf. Nach Monaten oder Jahren kommt es dann zu chronische Formen der Erkrankung. Da es sich um eine bakterielle Infektion handelt, kann diese besonders im frühen Stadium mit hohen Heilungschancen mit Antibiotika behandelt werden. Weiterhin heilt die Erkrankung häufig auch ohne Behandlung aus. Hochrechnungen einer Studie im Raum Würzburg ergeben, dass in Deutschland pro Jahr ca. 88.800 Menschen von 80 Millionen an Lyme-Borreliose erkranken<ref name="Fingerle">Fingerle, V./ Wilske, B. (2007/2008): Zecken als Vektoren für Borrelia burgdorferi sensu lato, dem Erreger der Lyme-Borreliose. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 219-223.</ref>. <br />
In den 1990er Jahren ist die Verbreitung der Lyme-Borreliose in den Vereinigten Staaten, nach einem ersten deutlichen Ausbruch in der Mitte der 1970er Jahren im US-Staat Connecticut, stark angestiegen.<br />
<br />
=== Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ===<br />
<br />
Bei der Frühsommer-Meningoenzephalitis handelt es sich um eine Virusinfektion, die zur Erkrankungen der Hirnhaut, des Gehirns und des Rückenmarks führen kann. Die Krankheit wird in Mitteleuropa durch den Gemeinen Holzbock übertragen und kann tödlich sein. Jährlich sterben in Mitteleuropa ca. 1-2% der betroffenen Menschen, in Sibirien und Fernost 20-40%<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Derzeit können nur die Symptome der Krankheit behandelt werden, da es keine wirksame Therapie gibt. Eine Impfung ist hingegen möglich.<br />
Bei 60% der Erkrankten tritt nach der Inkubationszeit eine fiebrige Infektionskrankheit auf. Anschließend ist die Krankheit entweder ausgestanden oder es kommt ca. eine Woche später erneut zu hohem Fieber und weiterhin zur Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Je älter der Patient ist, desto schwerer fällt in der Regel die Erkrankung aus.<br />
Frühsommer-Meningoenzephalitis kommt in 28 Ländern Europas vor, wobei Russland mit 6617 und Tschechien mit 553 Erkrankungen im Zeitraum von 1990-2006 besonders stark betroffen sind<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. In Deutschland wurden im selben Zeitraum 223 Fälle, in Norwegen nur 2 Fälle verzeichnet. Die Gebiete in denen die Krankheit verbreitet ist, so genannte Naturherde, sind meist über Jahre bis Jahrzehnte stabil begrenzt. In Deutschland gelten Bayern und Baden-Württemberg sowie acht Landkreise in Hessen, sieben in Bayern und einer in Rheinland-Pfalz als Risikogebiete.<br />
Seit den 1970er Jahren ist die Anzahl der FSME-Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern (FSME-Inzidenz) angewachsen. So ist die FSME-Inzidenz der 10 am stärksten betroffenen Länder des Zeitraums 1994-2003 gegenüber derer im Zeitraum 1974-1983 auf 411% gestiegen<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Große Steigerungen an Neuerkrankungen wurden in allen betroffenen Staaten verzeichnet. Nur in Österreich ging die FSME-Inzidenz zurück, da ein Großteil (ca. 86% im Jahr 2001) der Bevölkerung geimpft ist.<br />
Besonders in den letzten Jahren ist ein weiterhin starker Anstieg der FSME-Inzidenz zu beobachten. So liegt die Steigerungsrate zwischen 2005 und 2006 für Deutschland bei 26,9%. Im Zeitraum zwischen 1993 und 2002 erkrankten in Deutschland 185 Personen an Frühsommer-Meningoenzephalitis, im Jahr 2005 431 und 2006 546 Menschen<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>.<br />
<br />
== Auswirkungen des Klimawandels auf die Ausbreitung von Zecken und zeckenassoziierten Krankheiten ==<br />
<br />
Die Ausbreitung von Krankheiten, die durch Zecken übertragen werden, hängt wesentlich von der Ausbreitung der Zecken als Überträger ab. Diese ist wiederum neben weiteren Faktoren von klimatischen Gegebenheiten, insbesondere von Temperatur und Luftfeuchtigkeit, abhängig. Der Gemeine Holzbock, der wichtigste Überträger von Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis in Mitteleuropa, ist in Mitteleuropa die am häufigsten vorkommende Zecke. Im Osten Europas kommt statt des Gemeinen Holzbocks verstärkt die im asiatischen Raum vorherrschende Taiga-Zecke (Ixodes persulcatus) vor. Im Norden endet das Verbreitungsgebiet des Gemeinen Holzbocks im Norden Skandinaviens und Weissrusslands. Im Mittelmeerraum kommt die Zecke in kühleren Höhenlagen vor. Ergebnisse aktueller Studien weisen darauf hin, dass sich Ixodes ricinus derzeit an seiner nördlichen Verbreitungsgrenze im mittleren Skandinavien weiter nach Norden ausbreitet<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Beispielsweise wurden in Schweden Hunde- und Katzenbesitzer befragt. Die Studie ergab für den Zeitraum zwischen den frühen 1980ern und frühen 1990ern ein zunehmend verstärktes Vorkommen des Gemeinen Holzbocks besonders in Zentralschweden<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Weitere Befunde aus Zentralschweden weisen darauf hin, dass die Zecke in Gebieten auftaucht, in denen sie zuvor nicht vorkam. Für die derzeitige Ausbreitung des Gemeinen Holzbocks nach Norden sind wahrscheinlich mildere Winter, besonders die geringere Anzahl von Tagen mit unter -12°C, verantwortlich<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. In Zentralschweden führt weiterhin der frühere Frühlingsbeginn und der spätere Herbstbeginn zu einem verstärkten Auftreten der Zecke. In Nordamerika konnte in den letzten 10-15 Jahren eine Ausbreitung nach Norden ebenfalls für einen nahen Verwandten des Gemeinen Holzbocks, Ixodes scapularis, nachgewiesen werden. Neben der Ausbreitung nach Norden, ist der Gemeine Holzbock auch zunehmend in größeren Höhenlagen anzutreffen. In den Jahren 1957-1983 konnte er im tschechischen Riesengebirge oberhalb von 800m über NN seinen Entwicklungszyklus nicht vollständig durchlaufen und somit keine Population aufbauen. Aktuell Studien zeigen, dass die Zecke dort gegenwärtig bereits in Höhen von 1100m über NN vorkommt<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Diese Ausbreitung geht mit einem Anstieg der mittleren Temperaturen einher. Diese sind im tschechischen Riesengebirge zwischen 1960 und 2005 um 1,4°C gestiegen.<br />
Weiterhin hat eine Studie ergeben, dass der Gemeine Holzbock bei höheren Wintertemperaturen auch im Winter aktiv bleibt und auf Wirtssuche geht<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Bei Wintertemperaturen unter 6-7°C zieht sich die Zecke in die Laubstreu zurück und verweilt dort inaktiv, um sich vor Kälte zu schützen. Diese Winterruhe ist im Versuchszeitraum (September 2007-März 2007), einem extrem milden Winter, vollständig ausgefallen. Die Zecken zeigten kontinuierlich Wirtssuchverhalten. Diese klimabedingte Veränderung im Verhalten des Gemeinen Holzbocks wirkt sich auf die Anzahl der Neuerkrankungen an Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis in der darauffolgenden Zeckensaison aus<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. So wurden in Deutschland in den Jahren 2001-2006 im vierten Jahresquartal jeweils zwischen 25 und 90 Fälle von FSME registriert und in den ersten drei Quartalen nur wenige Einzelfälle. Im Jahr 2007 wurden dagegen bis zur 36. Meldewoche schon 183 Erkrankungen registriert. <br />
Der Klimawandel führt außerdem durch höhere Durchschnittstemperaturen in Verbindung mit hoher oder zunehmender Luftfeuchtigkeit zu einer verstärkten Produktion von Eiern und zu einer Beschleunigung des Lebenszyklus von Ixides ricinus und Ixodes persulcatus und somit zu einer höheren Populationsdichte<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Prognosen für Deutschland ergeben, dass sich die Gebiete, in denen die klimatischen Faktoren die Entwicklung von Beständen des Gemeinen Holzbocks ermöglichen (bodennahe Temperaturen von über 6-7°C, Luftfeuchtigkeit > 85%) weiter in Nordrichtung ausbreiten werden<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. In den nächsten 50 Jahren werden Prognosen zu Folge die Durchschnittstemperaturen in Deutschland um ca. 0,6-1,8°C steigen. Weiterhin wird im Süden des Landes mit einer Zunahme und im Norden mit einer Abnahme von Niederschlägen gerechnet. Die Veränderungen der Niederschläge können somit zu einer Verstärkung der Zeckenproblematik im Süden und zu einer Abschwächung in Norden führen.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Klimawandel und Gesundheit]]<br />
* [[Indirekte Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit]]<br />
* [[Malaria]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Zecken_als_Krankheits%C3%BCbertr%C3%A4ger&diff=7855Zecken als Krankheitsüberträger2009-03-01T20:00:51Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>[[Bild:Ixodes ricinus.jpg|thumb|550 px| Oberkörper und Kopf des Gemeinen Holzbocks]]<br />
<br />
Zecken gehören zur Klasse der Spinnentieren und werden in zwei Familien, Lederzecken und Schildzecken, untergliedert. Aktuell sind weltweit ca. 850 Zeckenarten bekannt, wobei 650 Arten der Familie der Schildzecken zuzuordnen sind. Schildzecken sind weltweit nach den Stechmücken die zweitwichtigsten Krankheitsüberträger. In Mittel- und Nordeuropa sowie in den Vereinigten Staaten spielen als klimaabhängige Vektor-Krankheiten (Krankheiten, die durch andere Organismen, so genannte Vektoren übertragen werden) vor allem die durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis und die Lyme-Borreliose eine wichtige Rolle. Neben Faktoren wie dem Vorhandensein geeigneter Wirte (bei Zecken ausschließlich Wirbeltiere), ist die Verbreitung der verschiedenen Zeckenarten auch von klimatischen Gegebenheiten abhängig, besonders von Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Weiterhin beeinflusst das Klima aber auch die Verbreitung geeigneter Wirtstiere und hierdurch auch die Verbreitung von Zecken. Der anthropogene Klimawandel wirkt sich also auch auf die Verbreitungsgebiete von Zecken und somit auch von Krankheiten aus, die durch Zecken übertragen werden. <br />
<br />
== Zecken als Vektoren ==<br />
<br />
Zecken sind Ektoparasiten. Sie dringen mit den zur Nahrungsaufnahme notwendigen Körperteilen in einen Wirtsorganismus ein und saugen dort meist über mehrere Tage Blut. Als Wirtsorganismen kommen je nach Art und Entwicklungsstadium der Zecke kleinere oder größere Wirbeltiere in Frage. Schildzecken nehmen in ihrem Leben (i.d.R. 1-4 Jahre) drei Blutmahlzeiten ein<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Sie saugen je einmal im Larvenstadium, als Nymphe und als adulte Zecke Blut. Adulte Weibchen des Gemeinen Holzbocks (Ixodes ricinus) saugen dabei innerhalb von 6-8 Tagen das 100-200fache ihrer eigenen Körpermasse an Blut<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Lederzecken werden bis zu 10 Jahren alt und nehmen ca. zehn Blutmahlzeiten ein. Die Phasen zwischen den Blutmahlzeiten verbringen Zecken an geschützten Orten z.B. in Laubstreu. Dort findet entweder die Weiterentwicklung in das nächste Entwicklungsstadium oder beim adulten Weibchen die Eiablage statt. Eine Zecke kann durch das saugen an einem infizierten Wirt Krankheitserreger aufnehmen und diese bei der nächsten Blutmahlzeit an den nächsten Wirt weitergeben. Auch die Übertragung von Erregern von einem adulten Weibchen auf die Eier und somit auf die nächste Generation ist bei einigen Krankheiten, beispielsweise bei der Hundemalaria, möglich.<br />
<br />
== Zeckenassoziierte Krankheiten ==<br />
<br />
=== Lyme-Borreliose ===<br />
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[[Bild:BorreliaBurgdorferi.jpg|thumb|200 px| Borrelia burgdorferi im Dunkelfeldmikroskop]]<br />
Auf der Nordhalbkugel ist die Lyme-Borreliose die am häufigsten durch Zecken übertragene Krankheit<ref name="Fingerle">Fingerle, V./ Wilske, B. (2007/2008): Zecken als Vektoren für Borrelia burgdorferi sensu lato, dem Erreger der Lyme-Borreliose. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 219-223.</ref>. In Mitteleuropa ist sie sogar die am häufigsten durch Vektoren übertragene Infektion überhaupt. Bei dem Erreger handelt es sich um mindestens vier Spezies des Schraubenbakteriums Borrelia burgdorferi. Er wird in Europa durch den Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) übertragen. Im östlichen Europa und in Asien dienen Ixodes persulcatus, in Nordamerika Ixodes scapularis und Ixodes pacificus als Überträger. Die Zecke nimmt den Erreger durch das Saugen an einem infizierten Wirt auf und gibt ihn bei der nächsten Blutmahlzeit an den nächsten Wirt weiter. Eine Übertragung des Erregers vom Weibchen auf die Eier, die es legt, ist die Ausnahme. Für die Übertragung des Erregers ist die lange Dauer der Blutmahlzeit bei Zecken ausschlaggebend. Da sich nur wenige Borrelien im Gewebe des Wirts befinden, gelangen nur durch längeres Saugen ausreichend viele Borrelien in die Zecke, um den nächsten Wirt zu infizieren<ref name="Fingerle">Fingerle, V./ Wilske, B. (2007/2008): Zecken als Vektoren für Borrelia burgdorferi sensu lato, dem Erreger der Lyme-Borreliose. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 219-223.</ref>. Daher kommen beispielsweise Stechmücken nicht als Überträger der Lyme-Borreliose in Frage.<br />
Zum Krankheitsbild der Lyme-Borreliose gehört zunächst die so genannte Wanderröte, die einige Tage oder Wochen nach dem Zeckenstich auftritt. Nach weiteren Wochen bis Monaten treten dann Beschwerden wie schmerzhafte Entzündungen der Nerven und damit verbundene Gesichtslähmungen, Gelengentzündungen, Herzprobleme und Flüssigkeitseinlagerungen in der Haut (rötliche/bläuliche Knötchen) auf. Nach Monaten oder Jahren kommt es dann zu chronische Formen der Erkrankung. Da es sich um eine bakterielle Infektion handelt, kann diese besonders im frühen Stadium mit hohen Heilungschancen mit Antibiotika behandelt werden. Weiterhin heilt die Erkrankung häufig auch ohne Behandlung aus. Hochrechnungen einer Studie im Raum Würzburg ergeben, dass in Deutschland pro Jahr ca. 88.800 Menschen von 80 Millionen an Lyme-Borreliose erkranken<ref name="Fingerle">Fingerle, V./ Wilske, B. (2007/2008): Zecken als Vektoren für Borrelia burgdorferi sensu lato, dem Erreger der Lyme-Borreliose. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 219-223.</ref>. <br />
In den 1990er Jahren ist die Verbreitung der Lyme-Borreliose in den Vereinigten Staaten, nach einem ersten deutlichen Ausbruch in der Mitte der 1970er Jahren im US-Staat Connecticut, stark angestiegen.<br />
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=== Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ===<br />
<br />
Bei der Frühsommer-Meningoenzephalitis handelt es sich um eine Virusinfektion, die zur Erkrankungen der Hirnhaut, des Gehirns und des Rückenmarks führen kann. Die Krankheit wird in Mitteleuropa durch den Gemeinen Holzbock übertragen und kann tödlich sein. Jährlich sterben in Mitteleuropa ca. 1-2% der betroffenen Menschen, in Sibirien und Fernost 20-40%<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Derzeit können nur die Symptome der Krankheit behandelt werden, da es keine wirksame Therapie gibt. Eine Impfung ist hingegen möglich.<br />
Bei 60% der Erkrankten tritt nach der Inkubationszeit eine fiebrige Infektionskrankheit auf. Anschließend ist die Krankheit entweder ausgestanden oder es kommt ca. eine Woche später erneut zu hohem Fieber und weiterhin zur Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Je älter der Patient ist, desto schwerer fällt in der Regel die Erkrankung aus.<br />
Frühsommer-Meningoenzephalitis kommt in 28 Ländern Europas vor, wobei Russland mit 6617 und Tschechien mit 553 Erkrankungen im Zeitraum von 1990-2006 besonders stark betroffen sind<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. In Deutschland wurden im selben Zeitraum 223 Fälle, in Norwegen nur 2 Fälle verzeichnet. Die Gebiete in denen die Krankheit verbreitet ist, so genannte Naturherde, sind meist über Jahre bis Jahrzehnte stabil begrenzt. In Deutschland gelten Bayern und Baden-Württemberg sowie acht Landkreise in Hessen, sieben in Bayern und einer in Rheinland-Pfalz als Risikogebiete.<br />
Seit den 1970er Jahren ist die Anzahl der FSME-Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern (FSME-Inzidenz) angewachsen. So ist die FSME-Inzidenz der 10 am stärksten betroffenen Länder des Zeitraums 1994-2003 gegenüber derer im Zeitraum 1974-1983 auf 411% gestiegen<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Große Steigerungen an Neuerkrankungen wurden in allen betroffenen Staaten verzeichnet. Nur in Österreich ging die FSME-Inzidenz zurück, da ein Großteil (ca. 86% im Jahr 2001) der Bevölkerung geimpft ist.<br />
Besonders in den letzten Jahren ist ein weiterhin starker Anstieg der FSME-Inzidenz zu beobachten. So liegt die Steigerungsrate zwischen 2005 und 2006 für Deutschland bei 26,9%. Im Zeitraum zwischen 1993 und 2002 erkrankten in Deutschland 185 Personen an Frühsommer-Meningoenzephalitis, im Jahr 2005 431 und 2006 546 Menschen<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>.<br />
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== Auswirkungen des Klimawandels auf die Ausbreitung von Zecken und zeckenassoziierten Krankheiten ==<br />
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Die Ausbreitung von Krankheiten, die durch Zecken übertragen werden, hängt wesentlich von der Ausbreitung der Zecken als Überträger ab. Diese ist wiederum neben weiteren Faktoren von klimatischen Gegebenheiten, insbesondere von Temperatur und Luftfeuchtigkeit, abhängig. Der Gemeine Holzbock, der wichtigste Überträger von Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis in Mitteleuropa, ist in Mitteleuropa die am häufigsten vorkommende Zecke. Im Osten Europas kommt statt des Gemeinen Holzbocks verstärkt die im asiatischen Raum vorherrschende Taiga-Zecke (Ixodes persulcatus) vor. Im Norden endet das Verbreitungsgebiet des Gemeinen Holzbocks im Norden Skandinaviens und Weissrusslands. Im Mittelmeerraum kommt die Zecke in kühleren Höhenlagen vor. Ergebnisse aktueller Studien weisen darauf hin, dass sich Ixodes ricinus derzeit an seiner nördlichen Verbreitungsgrenze im mittleren Skandinavien weiter nach Norden ausbreitet<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Beispielsweise wurden in Schweden Hunde- und Katzenbesitzer befragt. Die Studie ergab für den Zeitraum zwischen den frühen 1980ern und frühen 1990ern ein zunehmend verstärktes Vorkommen des Gemeinen Holzbocks besonders in Zentralschweden<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. Weitere Befunde aus Zentralschweden weisen darauf hin, dass die Zecke in Gebieten auftaucht, in denen sie zuvor nicht vorkam. Für die derzeitige Ausbreitung des Gemeinen Holzbocks nach Norden sind wahrscheinlich mildere Winter, besonders die geringere Anzahl von Tagen mit unter -12°C, verantwortlich<ref name="Kahl">Kahl, O./ Dautel, H. (2007/2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 215-218.</ref>. In Zentralschweden führt weiterhin der frühere Frühlingsbeginn und der spätere Herbstbeginn zu einem verstärkten Auftreten der Zecke. In Nordamerika konnte in den letzten 10-15 Jahren eine Ausbreitung nach Norden ebenfalls für einen nahen Verwandten des Gemeinen Holzbocks, Ixodes scapularis, nachgewiesen werden. Neben der Ausbreitung nach Norden, ist der Gemeine Holzbock auch zunehmend in größeren Höhenlagen anzutreffen. In den Jahren 1957-1983 konnte er im tschechischen Riesengebirge oberhalb von 800m über NN seinen Entwicklungszyklus nicht vollständig durchlaufen und somit keine Population aufbauen. Aktuell Studien zeigen, dass die Zecke dort gegenwärtig bereits in Höhen von 1100m über NN vorkommt<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Diese Ausbreitung geht mit einem Anstieg der mittleren Temperaturen einher. Diese sind im tschechischen Riesengebirge zwischen 1960 und 2005 um 1,4°C gestiegen.<br />
Weiterhin hat eine Studie ergeben, dass der Gemeine Holzbock bei höheren Wintertemperaturen auch im Winter aktiv bleibt und auf Wirtssuche geht<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Bei Wintertemperaturen unter 6-7°C zieht sich die Zecke in die Laubstreu zurück und verweilt dort inaktiv, um sich vor Kälte zu schützen. Diese Winterruhe ist im Versuchszeitraum (September 2007-März 2007), einem extrem milden Winter, vollständig ausgefallen. Die Zecken zeigten kontinuierlich Wirtssuchverhalten. Diese klimabedingte Veränderung im Verhalten des Gemeinen Holzbocks wirkt sich auf die Anzahl der Neuerkrankungen an Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis in der darauffolgenden Zeckensaison aus<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. So wurden in Deutschland in den Jahren 2001-2006 im vierten Jahresquartal jeweils zwischen 25 und 90 Fälle von FSME registriert und in den ersten drei Quartalen nur wenige Einzelfälle. Im Jahr 2007 wurden dagegen bis zur 36. Meldewoche schon 183 Erkrankungen registriert. <br />
Der Klimawandel führt außerdem durch höhere Durchschnittstemperaturen in Verbindung mit hoher oder zunehmender Luftfeuchtigkeit zu einer verstärkten Produktion von Eiern und zu einer Beschleunigung des Lebenszyklus von Ixides ricinus und Ixodes persulcatus und somit zu einer höheren Populationsdichte<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. Prognosen für Deutschland ergeben, dass sich die Gebiete, in denen die klimatischen Faktoren die Entwicklung von Beständen des Gemeinen Holzbocks ermöglichen (bodennahe Temperaturen von über 6-7°C, Luftfeuchtigkeit > 85%) weiter in Nordrichtung ausbreiten werden<ref name="Süss">Süss, J. (2007/2008): Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) - Zunahme der Inzidenz in Euroa und der Klimawandel. In: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt. S. 224-228.</ref>. In den nächsten 50 Jahren werden Prognosen zu Folge die Durchschnittstemperaturen in Deutschland um ca. 0,6-1,8°C steigen. Weiterhin wird im Süden des Landes mit einer Zunahme und im Norden mit einer Abnahme von Niederschlägen gerechnet. Die Veränderungen der Niederschläge können somit zu einer Verstärkung der Zeckenproblematik im Süden und zu einer Abschwächung in Norden führen.<br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Klimawandel und Gesundheit]]<br />
* [[Malaria]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie: Gesundheit]]<br />
[[Kategorie: Ökosysteme]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Wetterextreme_und_Klimawandel&diff=7854Wetterextreme und Klimawandel2009-03-01T19:59:17Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Für die regionalen Folgen des Klimawandels von besonderer Bedeutung sind mögliche Veränderungen von Extremereignissen wie [[Hitzewellen|Hitzeperioden]], [[Starkniederschläge und Hochwasser|Starkniederschläge und Hochwasserereignisse]], Stürme (siehe [[Hurrikane]], [[Tornados]]) und Sturmfluten. Sie können zu Naturkatastrophen mit erheblichen Schäden und dem Verlust von Menschenleben führen. Katastrophen der letzten Jahre wie die Überschwemmungen am chinesischen Jangtse 1998, das Jahrhunderthochwasser am Mississippi 1993, der europäische Hitzesommer 2003 oder die Elbeflut 2002 haben nicht nur wegen der Opfer und Schäden, sondern auch wegen der möglichen Beziehung zum anthropogenen Klimawandel in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt. Dabei hat die Frage, ob extreme Wetterereignisse in letzter Zeit zugenommen haben und künftig weiter zunehmen könnten und ob diese Zunahme auf den Klimawandel zurückzuführen ist, eine zentrale Rolle gespielt.<br />
<br />
Hitzewellen, Überschwemmungen und Stürme kommen dem Interesse der Medien entgegen, den Klimawandel als katastrophales Ereignis darzustellen. Und so vermitteln zumindest die Medienberichte den Eindruck, dass die Welt in jüngster Zeit von immer mehr und immer stärkeren Unwettern heimgesucht wurde. Tatsächlich zugenommen haben in jüngster Zeit die ökonomischen Kosten von wetterbedingten Naturkatastrophen. So haben sich etwa die volkswirtschaftlichen Schäden durch große Überschwemmungskatastrophen von 22 Mrd. US$ in den 1960er Jahren auf 234 US$ in den 1990er Jahren mehr als verzehnfacht.<ref>Berz, G. und W. Kron (2005): Überschwemmungskatastrophen und Klimaänderung: Trends und Handlungsoptionen aus (Rück-)Versicherungssicht, in: Lozán, J.L. u.a.(Hg.): Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 264-269</ref> Der Hauptgrund dafür liegt allerdings in der zunehmenden Zahl von Menschen und den höheren Sachwerten in Gebieten, die durch Extremereignisse gefährdet sind. Dazu gehören insbesondere Küstenstreifen und Flussauen, in denen sich Siedlungen und Infrastrukturanlagen konzentrieren. Ob auch die Verursacher dieser Schäden, nämlich die meteorologischen und hydrologischen Extreme, in Anzahl und Stärke zugenommen haben, lässt sich weniger leicht bestimmen und muss bei jedem Typ von Extremereignis für sich entschieden werden.<br />
<br />
Noch schwieriger ist es, einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Wetterereignissen und dem globalen Klimawandel nachzuweisen. Bei einem einzelnen Vorkommen wie etwa der [[Hitzewellen Europa|europäischen Hitzewelle im August 2003]] oder der Elbeflut im Jahre 2002 ist das nicht möglich, da solche außerordentlichen Ereignisse ebenso ein Ergebnis der natürlichen Klimaschwankung sein könnten. Erst eine signifikante statistische Häufung von Starkregen, Stürmen oder Dürren im Einklang mit den Veränderung des mittleren Klimas kämen als Grundlage für den Nachweis des Zusammenhangs in Frage. Physikalische Überlegungen legen es zwar nahe, bei einer Zunahme der Durchschnittstemperatur auch eine Zunahme von Hitzeperioden sowie starken Niederschlägen in einigen Regionen und Trockenheit in anderen zu erwarten (bei Stürmen sind die Zusammenhänge schwieriger zu beurteilen) und insofern liegen solche Vorkommnisse in der "Logik" des Klimawandels. Beweisen lässt sich dieser Zusammenhang jedoch gegenwärtig nicht, da Extremereignisse per definitionem sehr selten sind und es daher in den meisten Fällen keine ausreichenden statistischen Datenreihen gibt. Für die Zukunft sagen [[Klimamodelle|Klimasimulationen]] zwar eine statistische Zunahme von Extremereignissen voraus, können das aber aufgrund begrenzter Rechnerkapazitäten nicht für einzelne Regionen und bestimmte Zeiträume leisten. <br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* Christian Schönwiese: [http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau/klima/PDF_Dateien/Sw_Muenster_2006.pdf Wird das Klima extremer?]<br />
* Christian Schönwiese (2005): [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_umwelt&T31201558461164718194235gsbDocumentPath=Content%2FOeffentlichkeit%2FKU%2FKU2%2FKU22%2Fklimastatusbericht%2Feinzelne__berichte%2Fksb2005__pdf%2F01__2005.html Klimawandel und Extremereignisse in Deutschland]<br />
* Wolfgang Pomrehn (Telepolis vom 30.12.2008): [http://www.heise.de/tp/blogs/2/120980 Mehr Naturkatastrophen • Über 200.000 Menschen starben 2008 durch Naturkatastrophen. Der Trend der ökonomischen Schäden zeigt steil nach oben.]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Hitzewellen]] <br />
* [[Starkniederschläge und Hochwasser]]<br />
* [[Dürren]]<br />
* [[Hurrikane]]<br />
* [[Desertifikation und Klimawandel]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
<br />
[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Wetterextreme_und_Klimawandel&diff=7853Wetterextreme und Klimawandel2009-03-01T19:58:18Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Für die regionalen Folgen des Klimawandels von besonderer Bedeutung sind mögliche Veränderungen von Extremereignissen wie [[Hitzewellen|Hitzeperioden]], [[Starkniederschläge und Hochwasser|Starkniederschläge und Hochwasserereignisse]], Stürme (siehe [[Hurrikane]], [[Tornados]]) und Sturmfluten. Sie können zu Naturkatastrophen mit erheblichen Schäden und dem Verlust von Menschenleben führen. Katastrophen der letzten Jahre wie die Überschwemmungen am chinesischen Jangtse 1998, das Jahrhunderthochwasser am Mississippi 1993, der europäische Hitzesommer 2003 oder die Elbeflut 2002 haben nicht nur wegen der Opfer und Schäden, sondern auch wegen der möglichen Beziehung zum anthropogenen Klimawandel in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt. Dabei hat die Frage, ob extreme Wetterereignisse in letzter Zeit zugenommen haben und künftig weiter zunehmen könnten und ob diese Zunahme auf den Klimawandel zurückzuführen ist, eine zentrale Rolle gespielt.<br />
<br />
Hitzewellen, Überschwemmungen und Stürme kommen dem Interesse der Medien entgegen, den Klimawandel als katastrophales Ereignis darzustellen. Und so vermitteln zumindest die Medienberichte den Eindruck, dass die Welt in jüngster Zeit von immer mehr und immer stärkeren Unwettern heimgesucht wurde. Tatsächlich zugenommen haben in jüngster Zeit die ökonomischen Kosten von wetterbedingten Naturkatastrophen. So haben sich etwa die volkswirtschaftlichen Schäden durch große Überschwemmungskatastrophen von 22 Mrd. US$ in den 1960er Jahren auf 234 US$ in den 1990er Jahren mehr als verzehnfacht.<ref>Berz, G. und W. Kron (2005): Überschwemmungskatastrophen und Klimaänderung: Trends und Handlungsoptionen aus (Rück-)Versicherungssicht, in: Lozán, J.L. u.a.(Hg.): Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 264-269</ref> Der Hauptgrund dafür liegt allerdings in der zunehmenden Zahl von Menschen und den höheren Sachwerten in Gebieten, die durch Extremereignisse gefährdet sind. Dazu gehören insbesondere Küstenstreifen und Flussauen, in denen sich Siedlungen und Infrastrukturanlagen konzentrieren. Ob auch die Verursacher dieser Schäden, nämlich die meteorologischen und hydrologischen Extreme, in Anzahl und Stärke zugenommen haben, lässt sich weniger leicht bestimmen und muss bei jedem Typ von Extremereignis für sich entschieden werden.<br />
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Noch schwieriger ist es, einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Wetterereignissen und dem globalen Klimawandel nachzuweisen. Bei einem einzelnen Vorkommen wie etwa der [[Hitzewellen Europa|europäischen Hitzewelle im August 2003]] oder der Elbeflut im Jahre 2002 ist das nicht möglich, da solche außerordentlichen Ereignisse ebenso ein Ergebnis der natürlichen Klimaschwankung sein könnten. Erst eine signifikante statistische Häufung von Starkregen, Stürmen oder Dürren im Einklang mit den Veränderung des mittleren Klimas kämen als Grundlage für den Nachweis des Zusammenhangs in Frage. Physikalische Überlegungen legen es zwar nahe, bei einer Zunahme der Durchschnittstemperatur auch eine Zunahme von Hitzeperioden sowie starken Niederschlägen in einigen Regionen und Trockenheit in anderen zu erwarten (bei Stürmen sind die Zusammenhänge schwieriger zu beurteilen) und insofern liegen solche Vorkommnisse in der "Logik" des Klimawandels. Beweisen lässt sich dieser Zusammenhang jedoch gegenwärtig nicht, da Extremereignisse per definitionem sehr selten sind und es daher in den meisten Fällen keine ausreichenden statistischen Datenreihen gibt. Für die Zukunft sagen Klimasimulationen zwar eine statistische Zunahme von Extremereignissen voraus, können das aber aufgrund begrenzter Rechnerkapazitäten nicht für einzelne Regionen und bestimmte Zeiträume leisten. <br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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== Weblinks ==<br />
* Christian Schönwiese: [http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau/klima/PDF_Dateien/Sw_Muenster_2006.pdf Wird das Klima extremer?]<br />
* Christian Schönwiese (2005): [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_umwelt&T31201558461164718194235gsbDocumentPath=Content%2FOeffentlichkeit%2FKU%2FKU2%2FKU22%2Fklimastatusbericht%2Feinzelne__berichte%2Fksb2005__pdf%2F01__2005.html Klimawandel und Extremereignisse in Deutschland]<br />
* Wolfgang Pomrehn (Telepolis vom 30.12.2008): [http://www.heise.de/tp/blogs/2/120980 Mehr Naturkatastrophen • Über 200.000 Menschen starben 2008 durch Naturkatastrophen. Der Trend der ökonomischen Schäden zeigt steil nach oben.]<br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Hitzewellen]] <br />
* [[Starkniederschläge und Hochwasser]]<br />
* [[Dürren]]<br />
* [[Hurrikane]]<br />
* [[Desertifikation und Klimawandel]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
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[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Wetterextreme_und_Klimawandel&diff=7852Wetterextreme und Klimawandel2009-03-01T19:57:56Z<p>Kathi: </p>
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<div>Für die regionalen Folgen des Klimawandels von besonderer Bedeutung sind mögliche Veränderungen von Extremereignissen wie [[Hitzewellen|Hitzeperioden]], [[Starkniederschläge und Hochwasser|Starkniederschläge und Hochwasserereignisse]], Stürme (siehe [[Hurrikane]], [[Tornados]]) und Sturmfluten. Sie können zu Naturkatastrophen mit erheblichen Schäden und dem Verlust von Menschenleben führen. Katastrophen der letzten Jahre wie die Überschwemmungen am chinesischen Jangtse 1998, das Jahrhunderthochwasser am Mississippi 1993, der europäische Hitzesommer 2003 oder die Elbeflut 2002 haben nicht nur wegen der Opfer und Schäden, sondern auch wegen der möglichen Beziehung zum anthropogenen Klimawandel in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt. Dabei hat die Frage, ob extreme Wetterereignisse in letzter Zeit zugenommen haben und künftig weiter zunehmen könnten und ob diese Zunahme auf den Klimawandel zurückzuführen ist, eine zentrale Rolle gespielt.<br />
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Hitzewellen, Überschwemmungen und Stürme kommen dem Interesse der Medien entgegen, den Klimawandel als katastrophales Ereignis darzustellen. Und so vermitteln zumindest die Medienberichte den Eindruck, dass die Welt in jüngster Zeit von immer mehr und immer stärkeren Unwettern heimgesucht wurde. Tatsächlich zugenommen haben in jüngster Zeit die ökonomischen Kosten von wetterbedingten Naturkatastrophen. So haben sich etwa die volkswirtschaftlichen Schäden durch große Überschwemmungskatastrophen von 22 Mrd. US$ in den 1960er Jahren auf 234 US$ in den 1990er Jahren mehr als verzehnfacht.<ref>Berz, G. und W. Kron (2005): Überschwemmungskatastrophen und Klimaänderung: Trends und Handlungsoptionen aus (Rück-)Versicherungssicht, in: Lozán, J.L. u.a.(Hg.): Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 264-269</ref> Der Hauptgrund dafür liegt allerdings in der zunehmenden Zahl von Menschen und den höheren Sachwerten in Gebieten, die durch Extremereignisse gefährdet sind. Dazu gehören insbesondere Küstenstreifen und Flussauen, in denen sich Siedlungen und Infrastrukturanlagen konzentrieren. Ob auch die Verursacher dieser Schäden, nämlich die meteorologischen und hydrologischen Extreme, in Anzahl und Stärke zugenommen haben, lässt sich weniger leicht bestimmen und muss bei jedem Typ von Extremereignis für sich entschieden werden.<br />
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Noch schwieriger ist es, einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Wetterereignissen und dem globalen Klimawandel nachzuweisen. Bei einem einzelnen Vorkommen wie etwa der [[Hitzewellen 2003|europäischen Hitzewelle im August 2003]] oder der Elbeflut im Jahre 2002 ist das nicht möglich, da solche außerordentlichen Ereignisse ebenso ein Ergebnis der natürlichen Klimaschwankung sein könnten. Erst eine signifikante statistische Häufung von Starkregen, Stürmen oder Dürren im Einklang mit den Veränderung des mittleren Klimas kämen als Grundlage für den Nachweis des Zusammenhangs in Frage. Physikalische Überlegungen legen es zwar nahe, bei einer Zunahme der Durchschnittstemperatur auch eine Zunahme von Hitzeperioden sowie starken Niederschlägen in einigen Regionen und Trockenheit in anderen zu erwarten (bei Stürmen sind die Zusammenhänge schwieriger zu beurteilen) und insofern liegen solche Vorkommnisse in der "Logik" des Klimawandels. Beweisen lässt sich dieser Zusammenhang jedoch gegenwärtig nicht, da Extremereignisse per definitionem sehr selten sind und es daher in den meisten Fällen keine ausreichenden statistischen Datenreihen gibt. Für die Zukunft sagen Klimasimulationen zwar eine statistische Zunahme von Extremereignissen voraus, können das aber aufgrund begrenzter Rechnerkapazitäten nicht für einzelne Regionen und bestimmte Zeiträume leisten. <br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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== Weblinks ==<br />
* Christian Schönwiese: [http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau/klima/PDF_Dateien/Sw_Muenster_2006.pdf Wird das Klima extremer?]<br />
* Christian Schönwiese (2005): [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_umwelt&T31201558461164718194235gsbDocumentPath=Content%2FOeffentlichkeit%2FKU%2FKU2%2FKU22%2Fklimastatusbericht%2Feinzelne__berichte%2Fksb2005__pdf%2F01__2005.html Klimawandel und Extremereignisse in Deutschland]<br />
* Wolfgang Pomrehn (Telepolis vom 30.12.2008): [http://www.heise.de/tp/blogs/2/120980 Mehr Naturkatastrophen • Über 200.000 Menschen starben 2008 durch Naturkatastrophen. Der Trend der ökonomischen Schäden zeigt steil nach oben.]<br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Hitzewellen]] <br />
* [[Starkniederschläge und Hochwasser]]<br />
* [[Dürren]]<br />
* [[Hurrikane]]<br />
* [[Desertifikation und Klimawandel]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
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[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Wetterextreme_und_Klimawandel&diff=7851Wetterextreme und Klimawandel2009-03-01T19:56:10Z<p>Kathi: /* Siehe auch */</p>
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<div>Für die regionalen Folgen des Klimawandels von besonderer Bedeutung sind mögliche Veränderungen von Extremereignissen wie [[Hitzewellen|Hitzeperioden]], [[Starkniederschläge und Hochwasser|Starkniederschläge und Hochwasserereignisse]], Stürme (siehe [[Hurrikane]], [[Tornados]]) und Sturmfluten. Sie können zu Naturkatastrophen mit erheblichen Schäden und dem Verlust von Menschenleben führen. Katastrophen der letzten Jahre wie die Überschwemmungen am chinesischen Jangtse 1998, das Jahrhunderthochwasser am Mississippi 1993, der europäische Hitzesommer 2003 oder die Elbeflut 2002 haben nicht nur wegen der Opfer und Schäden, sondern auch wegen der möglichen Beziehung zum anthropogenen Klimawandel in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt. Dabei hat die Frage, ob extreme Wetterereignisse in letzter Zeit zugenommen haben und künftig weiter zunehmen könnten und ob diese Zunahme auf den Klimawandel zurückzuführen ist, eine zentrale Rolle gespielt.<br />
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Hitzewellen, Überschwemmungen und Stürme kommen dem Interesse der Medien entgegen, den Klimawandel als katastrophales Ereignis darzustellen. Und so vermitteln zumindest die Medienberichte den Eindruck, dass die Welt in jüngster Zeit von immer mehr und immer stärkeren Unwettern heimgesucht wurde. Tatsächlich zugenommen haben in jüngster Zeit die ökonomischen Kosten von wetterbedingten Naturkatastrophen. So haben sich etwa die volkswirtschaftlichen Schäden durch große Überschwemmungskatastrophen von 22 Mrd. US$ in den 1960er Jahren auf 234 US$ in den 1990er Jahren mehr als verzehnfacht.<ref>Berz, G. und W. Kron (2005): Überschwemmungskatastrophen und Klimaänderung: Trends und Handlungsoptionen aus (Rück-)Versicherungssicht, in: Lozán, J.L. u.a.(Hg.): Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 264-269</ref> Der Hauptgrund dafür liegt allerdings in der zunehmenden Zahl von Menschen und den höheren Sachwerten in Gebieten, die durch Extremereignisse gefährdet sind. Dazu gehören insbesondere Küstenstreifen und Flussauen, in denen sich Siedlungen und Infrastrukturanlagen konzentrieren. Ob auch die Verursacher dieser Schäden, nämlich die meteorologischen und hydrologischen Extreme, in Anzahl und Stärke zugenommen haben, lässt sich weniger leicht bestimmen und muss bei jedem Typ von Extremereignis für sich entschieden werden.<br />
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Noch schwieriger ist es, einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Wetterereignissen und dem globalen Klimawandel nachzuweisen. Bei einem einzelnen Vorkommen wie etwa der europäischen Hitzewelle im August 2003 oder der Elbeflut im Jahre 2002 ist das nicht möglich, da solche außerordentlichen Ereignisse ebenso ein Ergebnis der natürlichen Klimaschwankung sein könnten. Erst eine signifikante statistische Häufung von Starkregen, Stürmen oder Dürren im Einklang mit den Veränderung des mittleren Klimas kämen als Grundlage für den Nachweis des Zusammenhangs in Frage. Physikalische Überlegungen legen es zwar nahe, bei einer Zunahme der Durchschnittstemperatur auch eine Zunahme von Hitzeperioden sowie starken Niederschlägen in einigen Regionen und Trockenheit in anderen zu erwarten (bei Stürmen sind die Zusammenhänge schwieriger zu beurteilen) und insofern liegen solche Vorkommnisse in der "Logik" des Klimawandels. Beweisen lässt sich dieser Zusammenhang jedoch gegenwärtig nicht, da Extremereignisse per definitionem sehr selten sind und es daher in den meisten Fällen keine ausreichenden statistischen Datenreihen gibt. Für die Zukunft sagen Klimasimulationen zwar eine statistische Zunahme von Extremereignissen voraus, können das aber aufgrund begrenzter Rechnerkapazitäten nicht für einzelne Regionen und bestimmte Zeiträume leisten. <br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
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== Weblinks ==<br />
* Christian Schönwiese: [http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau/klima/PDF_Dateien/Sw_Muenster_2006.pdf Wird das Klima extremer?]<br />
* Christian Schönwiese (2005): [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_umwelt&T31201558461164718194235gsbDocumentPath=Content%2FOeffentlichkeit%2FKU%2FKU2%2FKU22%2Fklimastatusbericht%2Feinzelne__berichte%2Fksb2005__pdf%2F01__2005.html Klimawandel und Extremereignisse in Deutschland]<br />
* Wolfgang Pomrehn (Telepolis vom 30.12.2008): [http://www.heise.de/tp/blogs/2/120980 Mehr Naturkatastrophen • Über 200.000 Menschen starben 2008 durch Naturkatastrophen. Der Trend der ökonomischen Schäden zeigt steil nach oben.]<br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Hitzewellen]] <br />
* [[Starkniederschläge und Hochwasser]]<br />
* [[Dürren]]<br />
* [[Hurrikane]]<br />
* [[Desertifikation und Klimawandel]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
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[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Starkniederschl%C3%A4ge_und_Hochwasser&diff=7850Starkniederschläge und Hochwasser2009-03-01T19:55:33Z<p>Kathi: </p>
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<div>== Definition Starkniederschlag ==<br />
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Im Allgemeinen kann Starkniederschlag als selten auftretender [[Niederschlag]] mit zerstörerischer Wirkung (z.B. Überflutungen) bezeichnet werden. Es gibt jedoch feste Definitionen hierfür. Diese sind abhängig von der jeweiligen Fragestellung. Bei der Wettervorhersage hat zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst (DWD) die Warnkriterien für Starkniederschlag auf Niederschlag von 25 mm in einer Stunde und 35 mm in 6 Stunden festgelegt.<ref>Deutscher Wetterdienst - Warnkriterien [[http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_windowLabel=T14600649251144330032285&_urlType=action&_pageLabel=_dwdwww_wetter_warnungen_warnungen&WEEKLY_REPORT_VIEW=false&TIME=x&SHOW_HEIGHT_SEL=true&MAP_VIEW=true&STATIC_CONTENT_ID=22&MOVIE_VIEW=false&TABLE_VIEW=false&HEIGHT=x&SHOW_TIME_SEL=true&STATIC_CONTENT_VIEW=true&WARNING_TYPE=0&REPORT_VIEW=false&LAND_CODE=DE]]</ref> In der Klimaforschung wird hingegen meist der Tagesniederschlag betrachtet. Hier werden dann wieder Schwellwerte definiert, bei deren Überschreitung man von Starkniederschlag spricht. Für die Festlegung dieser Schwellwerte gibt es unterschiedliche Ansätze. Einige Wissenschaftler definieren einen festen Schwellwert (z.B. 30 mm, 50,8 mm oder 101,6 mm pro Tag)<ref>Groisman, P.Y., T.R. Karl, D.R. Easterling, R.W. Knight, P.F. Jamason, K.J. Hennessy, R. Suppiah, C.M. Page, J. Wibig, K. Fortuniak, V.N. Razuvaev, A. Douglas, E. Føtland and P.-M. Zhai (1999): Changes in the probability of heavy precipitation: Important indicators of climate change, Climate Change 42: 243-283 </ref>, welcher mehr oder weniger willkürlich festgelegt wird. Andere nehmen die größten 5% der Tagesniederschläge einer Periode (z.B. 30 Jahre). Eine ähnliche Definition ist die der Wiederkehrrate. Hiefür nimmt man Niederschläge, die z.B. alle 5 Jahre einmal auftreten. Alle vorher genannten Definitionen basieren nur auf den gemessen Daten. Es gibt aber auch statistische Ansätze, bei der zuerst die statistische Verteilungsfunktion des Niederschlags bestimmt wird und dann die größten 5% dieser Verteilungsfunktion als Starkniederschlag definiert werden. <br />
<br />
[[Bild:Wasserkreislauf.gif|thumb|320 px|Durch die zunehmende Konzentration von Treibhausgasen wird die Atmosphäre erwärmt. Dadurch erhöhen sich die Verdunstung und die atmosphärische Wasserdampfkapazität. Die Folgen sind einerseits [[Dürren]] und andererseits mehr Wasserdampf in der Atmosphäre und stärkere Niederschläge.]]<br />
<br />
== Veränderung des Wasserkreislaufs ==<br />
<br />
Einige Beispiele der jüngsten Zeit wie die Winterhochwasser in Süddeutschland oder die Sommerfluten in Mitteleuropa legen die Annahme nahe, dass es in einem wärmeren Klima zu stärkeren [[Niederschlag|Niederschlägen]] und Hochwasserereignissen kommen kann. Rein physikalische Überlegungen sprechen dafür, dass bei einer globalen Erwärmung in einigen Gebieten die Niederschläge und vor allem die Starkniederschläge zunehmen werden, in anderen allerdings Trockenheit und [[Dürren]]. Höhere [[Lufttemperatur|Lufttemperaturen]] haben zwei entscheidende Folgen: <br />
# eine Verstärkung der Verdunstung und <br />
# eine Erhöhung der Wasserdampfkapazität der Atmosphäre. <br />
Die Zunahme der atmosphärischen Wasserdampfkapazität von 7 % pro Grad Celsius und die höhere Verdunstung erhöhen den absoluten Wasserdampfgehalt der Luft. Die relative Feuchtigkeit verändert sich dagegen nur geringfügig. Dadurch ändert sich in einem wärmeren Klima die Niederschlagshäufigkeit nur wenig. Pro Niederschlagsereignis steht aber mehr Wasserdampf zur Verfügung, und deshalb kommt es zu häufigeren Extremereignissen mit größeren Niederschlagsmengen. Allgemein sollte es in vielen Regionen durch die globale Erwärmung eine Abnahme von leichten und moderaten Regenfällen geben und/oder eine Abnahme in der Häufigkeit von Niederschlagsereignissen, aber häufigere und intensivere Starkregen.<br />
<br />
== Regen oder Schnee ==<br />
[[Bild:Schneedecke.gif|thumb|320px|Relativer Trend der mittleren Anzahl der Tage mit einer Schneedecke (Schneedeckendauer) in Baden-Württemberg und Bayern, 1951/52 bis 1995/96]]<br />
Wo die höhere Verdunstung nicht durch mehr Niederschläge ersetzt wird, kommt es zu erhöhter Trockenheit. In bestimmten Regionen spielt auch die Art der Niederschläge eine Rolle. In den Gebirgen der mittleren Breiten bilden die winterlichen Schneemassen eine Wasserreserve im Frühjahr und Sommer, wenn der Schnee schmilzt. Eine Erwärmung verursacht eine kürzere Schneesaison, und es fällt mehr [[Niederschlag]] in Form von Regen als in Form von Schnee, und der Schnee schmilzt früher. Im Frühjahr und Sommer steht weniger Bodenfeuchtigkeit zur Verfügung, was Trockenheit zur Folge haben kann. Dem wirkt allerdings entgegen, dass zumindest in den mittleren Breiten die Wolkenbedeckung zunimmt, was die Verdunstung verringern kann.<br />
<br />
Schneedecken regulieren die Grundwasserneubildung und den Abfluss. Bei einer lange liegenden Schneedecke und allmählichen Tauvorgängen versickert ein größerer Teil der Niederschläge, während der andere langsam abfließt. Damit kommt es selten zu Hochwasserereignissen in den Wintermonaten und eher zu gemäßigten Hochwassern im Frühjahr während der Schneeschmelze. In den letzten Jahrzehnten ist diese Situation etwa in Süddeutschland jedoch immer seltener geworden. Die Schneedeckendauer in Baden-Württemberg und Bayern ging fast flächendeckend deutlich zurück, in den tiefer liegenden Gebieten (< 300 m ü. NN) um 30 bis 40% und mehr, was etwa 25 Tagen entspricht. In den mittleren Höhenlagen verringert sich der Rückgang um 10 bis 20%, in den höher gelegenen Gebieten (> 800 m ü.NN) um weniger als 10%, bzw. es kam hier aufgrund des stärkeren Schneefalls auch zu leichten Zunahmen. Die Folge ist ein sofortiges Abfließen der reichlicher fallenden Regen-Niederschläge mit Hochwassergefahren schon im Winter.<br />
<br />
== Aerosole ==<br />
<br />
Eine entgegengesetzte Wirkung auf den hydrologischen Zyklus als die Treibhauserwärmung besitzen jedoch die [[Aerosole]], kleinste Schwebstoffteilchen, deren atmosphärische Konzentration ebenfalls in letzter Zeit durch menschliches Einwirken zugenommen hat. Beobachtungen zeigen eine Zunahme der Verdunstung über den relativ aerosolfreien Gebieten der Ozeane, jedoch eine Abnahme trotz eines höheren Temperaturanstiegs über dem Land. Der Grund liegt in der Verringerung der am Boden ankommenden [[Sonnenenergie|Solarstrahlung]] infolge der zunehmenden Aerosolbelastung der Atmosphäre. Dieses als "global dimming" bekannte Phänomen hat dazu geführt, dass die Sonneneinstrahlung in den letzten Jahrzehnten weltweit um mehr als 10% abgenommen hat, wodurch sich die Verdunstung abschwächt. Hinzu kommt, dass aufgrund der indirekten Wirkung der Aerosole auf die Wolkenbildung bei der Kondensation eher kleine als größere Tröpfchen entstehen, was die Niederschlagsneigung schwächt. Da der Wasserdampf für die Niederschläge über dem Land weitgehend von den Ozeanen herantransportiert wird, sollte der Aerosoleffekt auf die Niederschläge aber auch nicht überschätzt werden.<br />
<br />
== Wasserdampftransport und Zikulationssysteme ==<br />
<br />
Ob es in einem bestimmten Gebiet viel, wenig oder gar nicht regnet, hängt nur zu einem geringen Teil von Temperatur und Verdunstung in diesem Gebiet ab. Die Wassermenge bestimmter Niederschlagsereignisse stammt im globalen Mittel zu ca. 90% aus Wasserdampf, der aus mehr oder weniger größerer Entfernung herantransportiert wurde.<ref>Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217</ref> So kommt etwa der Wasserdampf, der in einer außertropischen Zyklone in einem Radius von 800 km fällt, aus Entfernungen von bis zu 3200 km. Der Anteil des herantransportierten Wasserdampfes an dem gesamten Wasserdampf, der sich über einem bestimmten Gebiet in Niederschlag umwandelt, ist über dem Land höher als über den Ozeanen und im Winter höher als im Sommer. Für den Wasserdampftransport sind atmosphärische Zirkulationssysteme von entscheidender Bedeutung, z.B. die tropischen Monsune und subtropischen Passate in den niederen Breiten und in den mittleren und höheren Breiten die durch den Jetstream gesteuerten Zugbahnen der Tiefdruckgebiete.<br />
<br />
In Nord- und Westeuropa sind es die nordatlantischen Tiefdrucksysteme, die, wie oben gezeigt, vor allem im Winter den Niederschlag regulieren und selbst wiederum von der [[Nordatlantische Oszillation|Nordatlantischen Oszillation]] (NAO) beeinflusst werden. Der NAO-Index hat in den 1980er und 1990er Jahren eine Tendenz zu auffällig hohen Werte gezeigt. Ein stärkerer NAO-Index ist in der Regel im nördlichen Europa mit mehr Niederschlägen und im südlichen Europa mit geringeren Niederschlägen verbunden. Die in jüngster Zeit beobachtete Zunahme zyklonaler Großwetterlagen, die im wesentlichen durch eine Verstärkung des NAO-Index hervorgerufen wurde, lässt einen Zusammenhang mit der globalen Erwärmung als wahrscheinlich erscheinen, kann aber auch durch eine natürliche Dekaden-Schwankung der NAO verursacht sein. Eine Verstärkung der Nordatlantischen Oszillation infolge des menschengemachten [[Treibhauseffekt | Treibhauseffekts]] gilt allerdings als wahrscheinlich.<br />
<br />
Ähnlich liegt der Fall bei einer anderen einflussreichen Klimavariabilität, bei dem [[ENSO|El-Niño]]-Phänomen, das für Extremniederschläge mit der Gefahr von Hochwasser an der südamerikanischen Westküste, in Ostafrika, im Südwesten der USA und extreme Trockenheit mit der Gefahr von Dürren in Indonesien, Australien, Südafrika und Nordost-Brasilien verantwortlich ist. Auch die Stärke von El-Niño-Ereignissen hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen, bis hin zu dem "Jahrhundert"-El-Niño von 1997/98. Auch hier wird ein Zusammenhang mit der globalen Erwärmung angenommen und wird von manchen Forschern eine Zunahme von starken El-Niño-Ereignissen für die Zukunft erwartet. Andere bezweifeln jedoch auch eine Verbindung zwischen El Niño und dem anthropogenen Treibhauseffekt.<br />
<br />
Zumindest ist die beobachtete Zunahme von Niederschlagsextremen nicht inkonsistent zu den erwarteten Veränderungen durch den anthropogenen Antrieb. Die Frage nach den definitiven Ursachen bleibt aber, wenn es um Festlegungen für ganz bestimmte regionale Ereignisse geht, unbeantwortet. Eine jüngere Untersuchung über die Häufigkeit von Extremereignissen in den USA seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, die erstmals digitalisierte Daten von 1895-2000 von 1076 Stationen auswerten konnte, zeigt, dass die natürlichen Schwankungen auch auf Zeitskalen von Dekaden relativ groß sind und als mögliche Ursache oder eine der Ursachen auch für den Anstieg von Extremniederschlägen Ende des 20. Jahrhunderts nicht außer Acht gelassen werden können.<ref>Kunkel, K.E. (2003): North American Trends in Extreme Precipitation, Natural Hazards 29, 291-305</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Jacob, D. & S. Hagemann (2005): Verstärkung und Schwächung des regionalen Wasserkreislaufs - wichtiges Kennzeichen des Klimawandels, in Lozan, J.L., H. Graßl, P. Hupfer, L. Menzel, C.-D. Schönwiese: Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 167-170<br />
* Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_wetterereignisse&T92033gsbDocumentPath=Navigation%2FOeffentlichkeit%2FKlima__Umwelt%2FBesondere__Ereignisse%2FBesondere__Ereignisse__Deutschland%2Fniederschlaege__node.html__nnn%3Dtrue Extreme Niederschläge] Artikel des Deutschen Wetterdienstes über extreme Niederschlagsereignisse in Deutschland<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Wetterextreme]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Starkniederschl%C3%A4ge_und_Hochwasser&diff=7849Starkniederschläge und Hochwasser2009-03-01T19:55:11Z<p>Kathi: /* Siehe auch */</p>
<hr />
<div>== Definition Starkniederschlag ==<br />
<br />
<br />
Im Allgemeinen kann Starkniederschlag als selten auftretender [[Niederschlag]] mit zerstörerischer Wirkung (z.B. Überflutungen) bezeichnet werden. Es gibt jedoch feste Definitionen hierfür. Diese sind abhängig von der jeweiligen Fragestellung. Bei der Wettervorhersage hat zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst (DWD) die Warnkriterien für Starkniederschlag auf Niederschlag von 25 mm in einer Stunde und 35 mm in 6 Stunden festgelegt.<ref>Deutscher Wetterdienst - Warnkriterien [[http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_windowLabel=T14600649251144330032285&_urlType=action&_pageLabel=_dwdwww_wetter_warnungen_warnungen&WEEKLY_REPORT_VIEW=false&TIME=x&SHOW_HEIGHT_SEL=true&MAP_VIEW=true&STATIC_CONTENT_ID=22&MOVIE_VIEW=false&TABLE_VIEW=false&HEIGHT=x&SHOW_TIME_SEL=true&STATIC_CONTENT_VIEW=true&WARNING_TYPE=0&REPORT_VIEW=false&LAND_CODE=DE]]</ref> In der Klimaforschung wird hingegen meist der Tagesniederschlag betrachtet. Hier werden dann wieder Schwellwerte definiert, bei deren Überschreitung man von Starkniederschlag spricht. Für die Festlegung dieser Schwellwerte gibt es unterschiedliche Ansätze. Einige Wissenschaftler definieren einen festen Schwellwert (z.B. 30 mm, 50,8 mm oder 101,6 mm pro Tag)<ref>Groisman, P.Y., T.R. Karl, D.R. Easterling, R.W. Knight, P.F. Jamason, K.J. Hennessy, R. Suppiah, C.M. Page, J. Wibig, K. Fortuniak, V.N. Razuvaev, A. Douglas, E. Føtland and P.-M. Zhai (1999): Changes in the probability of heavy precipitation: Important indicators of climate change, Climate Change 42: 243-283 </ref>, welcher mehr oder weniger willkürlich festgelegt wird. Andere nehmen die größten 5% der Tagesniederschläge einer Periode (z.B. 30 Jahre). Eine ähnliche Definition ist die der Wiederkehrrate. Hiefür nimmt man Niederschläge, die z.B. alle 5 Jahre einmal auftreten. Alle vorher genannten Definitionen basieren nur auf den gemessen Daten. Es gibt aber auch statistische Ansätze, bei der zuerst die statistische Verteilungsfunktion des Niederschlags bestimmt wird und dann die größten 5% dieser Verteilungsfunktion als Starkniederschlag definiert werden. <br />
<br />
[[Bild:Wasserkreislauf.gif|thumb|320 px|Durch die zunehmende Konzentration von Treibhausgasen wird die Atmosphäre erwärmt. Dadurch erhöhen sich die Verdunstung und die atmosphärische Wasserdampfkapazität. Die Folgen sind einerseits [[Dürren]] und andererseits mehr Wasserdampf in der Atmosphäre und stärkere Niederschläge.]]<br />
<br />
== Veränderung des Wasserkreislaufs ==<br />
<br />
Einige Beispiele der jüngsten Zeit wie die Winterhochwasser in Süddeutschland oder die Sommerfluten in Mitteleuropa legen die Annahme nahe, dass es in einem wärmeren Klima zu stärkeren [[Niederschlag|Niederschlägen]] und Hochwasserereignissen kommen kann. Rein physikalische Überlegungen sprechen dafür, dass bei einer globalen Erwärmung in einigen Gebieten die Niederschläge und vor allem die Starkniederschläge zunehmen werden, in anderen allerdings Trockenheit und [[Dürren]]. Höhere [[Lufttemperatur|Lufttemperaturen]] haben zwei entscheidende Folgen: <br />
# eine Verstärkung der Verdunstung und <br />
# eine Erhöhung der Wasserdampfkapazität der Atmosphäre. <br />
Die Zunahme der atmosphärischen Wasserdampfkapazität von 7 % pro Grad Celsius und die höhere Verdunstung erhöhen den absoluten Wasserdampfgehalt der Luft. Die relative Feuchtigkeit verändert sich dagegen nur geringfügig. Dadurch ändert sich in einem wärmeren Klima die Niederschlagshäufigkeit nur wenig. Pro Niederschlagsereignis steht aber mehr Wasserdampf zur Verfügung, und deshalb kommt es zu häufigeren Extremereignissen mit größeren Niederschlagsmengen. Allgemein sollte es in vielen Regionen durch die globale Erwärmung eine Abnahme von leichten und moderaten Regenfällen geben und/oder eine Abnahme in der Häufigkeit von Niederschlagsereignissen, aber häufigere und intensivere Starkregen.<br />
<br />
== Regen oder Schnee ==<br />
[[Bild:Schneedecke.gif|thumb|320px|Relativer Trend der mittleren Anzahl der Tage mit einer Schneedecke (Schneedeckendauer) in Baden-Württemberg und Bayern, 1951/52 bis 1995/96]]<br />
Wo die höhere Verdunstung nicht durch mehr Niederschläge ersetzt wird, kommt es zu erhöhter Trockenheit. In bestimmten Regionen spielt auch die Art der Niederschläge eine Rolle. In den Gebirgen der mittleren Breiten bilden die winterlichen Schneemassen eine Wasserreserve im Frühjahr und Sommer, wenn der Schnee schmilzt. Eine Erwärmung verursacht eine kürzere Schneesaison, und es fällt mehr [[Niederschlag]] in Form von Regen als in Form von Schnee, und der Schnee schmilzt früher. Im Frühjahr und Sommer steht weniger Bodenfeuchtigkeit zur Verfügung, was Trockenheit zur Folge haben kann. Dem wirkt allerdings entgegen, dass zumindest in den mittleren Breiten die Wolkenbedeckung zunimmt, was die Verdunstung verringern kann.<br />
<br />
Schneedecken regulieren die Grundwasserneubildung und den Abfluss. Bei einer lange liegenden Schneedecke und allmählichen Tauvorgängen versickert ein größerer Teil der Niederschläge, während der andere langsam abfließt. Damit kommt es selten zu Hochwasserereignissen in den Wintermonaten und eher zu gemäßigten Hochwassern im Frühjahr während der Schneeschmelze. In den letzten Jahrzehnten ist diese Situation etwa in Süddeutschland jedoch immer seltener geworden. Die Schneedeckendauer in Baden-Württemberg und Bayern ging fast flächendeckend deutlich zurück, in den tiefer liegenden Gebieten (< 300 m ü. NN) um 30 bis 40% und mehr, was etwa 25 Tagen entspricht. In den mittleren Höhenlagen verringert sich der Rückgang um 10 bis 20%, in den höher gelegenen Gebieten (> 800 m ü.NN) um weniger als 10%, bzw. es kam hier aufgrund des stärkeren Schneefalls auch zu leichten Zunahmen. Die Folge ist ein sofortiges Abfließen der reichlicher fallenden Regen-Niederschläge mit Hochwassergefahren schon im Winter.<br />
<br />
== Aerosole ==<br />
<br />
Eine entgegengesetzte Wirkung auf den hydrologischen Zyklus als die Treibhauserwärmung besitzen jedoch die [[Aerosole]], kleinste Schwebstoffteilchen, deren atmosphärische Konzentration ebenfalls in letzter Zeit durch menschliches Einwirken zugenommen hat. Beobachtungen zeigen eine Zunahme der Verdunstung über den relativ aerosolfreien Gebieten der Ozeane, jedoch eine Abnahme trotz eines höheren Temperaturanstiegs über dem Land. Der Grund liegt in der Verringerung der am Boden ankommenden [[Sonnenenergie|Solarstrahlung]] infolge der zunehmenden Aerosolbelastung der Atmosphäre. Dieses als "global dimming" bekannte Phänomen hat dazu geführt, dass die Sonneneinstrahlung in den letzten Jahrzehnten weltweit um mehr als 10% abgenommen hat, wodurch sich die Verdunstung abschwächt. Hinzu kommt, dass aufgrund der indirekten Wirkung der Aerosole auf die Wolkenbildung bei der Kondensation eher kleine als größere Tröpfchen entstehen, was die Niederschlagsneigung schwächt. Da der Wasserdampf für die Niederschläge über dem Land weitgehend von den Ozeanen herantransportiert wird, sollte der Aerosoleffekt auf die Niederschläge aber auch nicht überschätzt werden.<br />
<br />
== Wasserdampftransport und Zikulationssysteme ==<br />
<br />
Ob es in einem bestimmten Gebiet viel, wenig oder gar nicht regnet, hängt nur zu einem geringen Teil von Temperatur und Verdunstung in diesem Gebiet ab. Die Wassermenge bestimmter Niederschlagsereignisse stammt im globalen Mittel zu ca. 90% aus Wasserdampf, der aus mehr oder weniger größerer Entfernung herantransportiert wurde.<ref>Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217</ref> So kommt etwa der Wasserdampf, der in einer außertropischen Zyklone in einem Radius von 800 km fällt, aus Entfernungen von bis zu 3200 km. Der Anteil des herantransportierten Wasserdampfes an dem gesamten Wasserdampf, der sich über einem bestimmten Gebiet in Niederschlag umwandelt, ist über dem Land höher als über den Ozeanen und im Winter höher als im Sommer. Für den Wasserdampftransport sind atmosphärische Zirkulationssysteme von entscheidender Bedeutung, z.B. die tropischen Monsune und subtropischen Passate in den niederen Breiten und in den mittleren und höheren Breiten die durch den Jetstream gesteuerten Zugbahnen der Tiefdruckgebiete.<br />
<br />
In Nord- und Westeuropa sind es die nordatlantischen Tiefdrucksysteme, die, wie oben gezeigt, vor allem im Winter den Niederschlag regulieren und selbst wiederum von der [[Nordatlantische Oszillation|Nordatlantischen Oszillation]] (NAO) beeinflusst werden. Der NAO-Index hat in den 1980er und 1990er Jahren eine Tendenz zu auffällig hohen Werte gezeigt. Ein stärkerer NAO-Index ist in der Regel im nördlichen Europa mit mehr Niederschlägen und im südlichen Europa mit geringeren Niederschlägen verbunden. Die in jüngster Zeit beobachtete Zunahme zyklonaler Großwetterlagen, die im wesentlichen durch eine Verstärkung des NAO-Index hervorgerufen wurde, lässt einen Zusammenhang mit der globalen Erwärmung als wahrscheinlich erscheinen, kann aber auch durch eine natürliche Dekaden-Schwankung der NAO verursacht sein. Eine Verstärkung der Nordatlantischen Oszillation infolge des menschengemachten [[Treibhauseffekt | Treibhauseffekts]] gilt allerdings als wahrscheinlich.<br />
<br />
Ähnlich liegt der Fall bei einer anderen einflussreichen Klimavariabilität, bei dem [[ENSO|El-Niño]]-Phänomen, das für Extremniederschläge mit der Gefahr von Hochwasser an der südamerikanischen Westküste, in Ostafrika, im Südwesten der USA und extreme Trockenheit mit der Gefahr von Dürren in Indonesien, Australien, Südafrika und Nordost-Brasilien verantwortlich ist. Auch die Stärke von El-Niño-Ereignissen hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen, bis hin zu dem "Jahrhundert"-El-Niño von 1997/98. Auch hier wird ein Zusammenhang mit der globalen Erwärmung angenommen und wird von manchen Forschern eine Zunahme von starken El-Niño-Ereignissen für die Zukunft erwartet. Andere bezweifeln jedoch auch eine Verbindung zwischen El Niño und dem anthropogenen Treibhauseffekt.<br />
<br />
Zumindest ist die beobachtete Zunahme von Niederschlagsextremen nicht inkonsistent zu den erwarteten Veränderungen durch den anthropogenen Antrieb. Die Frage nach den definitiven Ursachen bleibt aber, wenn es um Festlegungen für ganz bestimmte regionale Ereignisse geht, unbeantwortet. Eine jüngere Untersuchung über die Häufigkeit von Extremereignissen in den USA seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, die erstmals digitalisierte Daten von 1895-2000 von 1076 Stationen auswerten konnte, zeigt, dass die natürlichen Schwankungen auch auf Zeitskalen von Dekaden relativ groß sind und als mögliche Ursache oder eine der Ursachen auch für den Anstieg von Extremniederschlägen Ende des 20. Jahrhunderts nicht außer Acht gelassen werden können.<ref>Kunkel, K.E. (2003): North American Trends in Extreme Precipitation, Natural Hazards 29, 291-305</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Jacob, D. & S. Hagemann (2005): Verstärkung und Schwächung des regionalen Wasserkreislaufs - wichtiges Kennzeichen des Klimawandels, in Lozan, J.L., H. Graßl, P. Hupfer, L. Menzel, C.-D. Schönwiese: Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 167-170<br />
* Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_wetterereignisse&T92033gsbDocumentPath=Navigation%2FOeffentlichkeit%2FKlima__Umwelt%2FBesondere__Ereignisse%2FBesondere__Ereignisse__Deutschland%2Fniederschlaege__node.html__nnn%3Dtrue Extreme Niederschläge] Artikel des Deutschen Wetterdienstes über extreme Niederschlagsereignisse in Deutschland<br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Wetterextreme]]<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Starkniederschl%C3%A4ge_und_Hochwasser&diff=7848Starkniederschläge und Hochwasser2009-03-01T19:53:56Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>== Definition Starkniederschlag ==<br />
<br />
<br />
Im Allgemeinen kann Starkniederschlag als selten auftretender [[Niederschlag]] mit zerstörerischer Wirkung (z.B. Überflutungen) bezeichnet werden. Es gibt jedoch feste Definitionen hierfür. Diese sind abhängig von der jeweiligen Fragestellung. Bei der Wettervorhersage hat zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst (DWD) die Warnkriterien für Starkniederschlag auf Niederschlag von 25 mm in einer Stunde und 35 mm in 6 Stunden festgelegt.<ref>Deutscher Wetterdienst - Warnkriterien [[http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_windowLabel=T14600649251144330032285&_urlType=action&_pageLabel=_dwdwww_wetter_warnungen_warnungen&WEEKLY_REPORT_VIEW=false&TIME=x&SHOW_HEIGHT_SEL=true&MAP_VIEW=true&STATIC_CONTENT_ID=22&MOVIE_VIEW=false&TABLE_VIEW=false&HEIGHT=x&SHOW_TIME_SEL=true&STATIC_CONTENT_VIEW=true&WARNING_TYPE=0&REPORT_VIEW=false&LAND_CODE=DE]]</ref> In der Klimaforschung wird hingegen meist der Tagesniederschlag betrachtet. Hier werden dann wieder Schwellwerte definiert, bei deren Überschreitung man von Starkniederschlag spricht. Für die Festlegung dieser Schwellwerte gibt es unterschiedliche Ansätze. Einige Wissenschaftler definieren einen festen Schwellwert (z.B. 30 mm, 50,8 mm oder 101,6 mm pro Tag)<ref>Groisman, P.Y., T.R. Karl, D.R. Easterling, R.W. Knight, P.F. Jamason, K.J. Hennessy, R. Suppiah, C.M. Page, J. Wibig, K. Fortuniak, V.N. Razuvaev, A. Douglas, E. Føtland and P.-M. Zhai (1999): Changes in the probability of heavy precipitation: Important indicators of climate change, Climate Change 42: 243-283 </ref>, welcher mehr oder weniger willkürlich festgelegt wird. Andere nehmen die größten 5% der Tagesniederschläge einer Periode (z.B. 30 Jahre). Eine ähnliche Definition ist die der Wiederkehrrate. Hiefür nimmt man Niederschläge, die z.B. alle 5 Jahre einmal auftreten. Alle vorher genannten Definitionen basieren nur auf den gemessen Daten. Es gibt aber auch statistische Ansätze, bei der zuerst die statistische Verteilungsfunktion des Niederschlags bestimmt wird und dann die größten 5% dieser Verteilungsfunktion als Starkniederschlag definiert werden. <br />
<br />
[[Bild:Wasserkreislauf.gif|thumb|320 px|Durch die zunehmende Konzentration von Treibhausgasen wird die Atmosphäre erwärmt. Dadurch erhöhen sich die Verdunstung und die atmosphärische Wasserdampfkapazität. Die Folgen sind einerseits [[Dürren]] und andererseits mehr Wasserdampf in der Atmosphäre und stärkere Niederschläge.]]<br />
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== Veränderung des Wasserkreislaufs ==<br />
<br />
Einige Beispiele der jüngsten Zeit wie die Winterhochwasser in Süddeutschland oder die Sommerfluten in Mitteleuropa legen die Annahme nahe, dass es in einem wärmeren Klima zu stärkeren [[Niederschlag|Niederschlägen]] und Hochwasserereignissen kommen kann. Rein physikalische Überlegungen sprechen dafür, dass bei einer globalen Erwärmung in einigen Gebieten die Niederschläge und vor allem die Starkniederschläge zunehmen werden, in anderen allerdings Trockenheit und [[Dürren]]. Höhere [[Lufttemperatur|Lufttemperaturen]] haben zwei entscheidende Folgen: <br />
# eine Verstärkung der Verdunstung und <br />
# eine Erhöhung der Wasserdampfkapazität der Atmosphäre. <br />
Die Zunahme der atmosphärischen Wasserdampfkapazität von 7 % pro Grad Celsius und die höhere Verdunstung erhöhen den absoluten Wasserdampfgehalt der Luft. Die relative Feuchtigkeit verändert sich dagegen nur geringfügig. Dadurch ändert sich in einem wärmeren Klima die Niederschlagshäufigkeit nur wenig. Pro Niederschlagsereignis steht aber mehr Wasserdampf zur Verfügung, und deshalb kommt es zu häufigeren Extremereignissen mit größeren Niederschlagsmengen. Allgemein sollte es in vielen Regionen durch die globale Erwärmung eine Abnahme von leichten und moderaten Regenfällen geben und/oder eine Abnahme in der Häufigkeit von Niederschlagsereignissen, aber häufigere und intensivere Starkregen.<br />
<br />
== Regen oder Schnee ==<br />
[[Bild:Schneedecke.gif|thumb|320px|Relativer Trend der mittleren Anzahl der Tage mit einer Schneedecke (Schneedeckendauer) in Baden-Württemberg und Bayern, 1951/52 bis 1995/96]]<br />
Wo die höhere Verdunstung nicht durch mehr Niederschläge ersetzt wird, kommt es zu erhöhter Trockenheit. In bestimmten Regionen spielt auch die Art der Niederschläge eine Rolle. In den Gebirgen der mittleren Breiten bilden die winterlichen Schneemassen eine Wasserreserve im Frühjahr und Sommer, wenn der Schnee schmilzt. Eine Erwärmung verursacht eine kürzere Schneesaison, und es fällt mehr [[Niederschlag]] in Form von Regen als in Form von Schnee, und der Schnee schmilzt früher. Im Frühjahr und Sommer steht weniger Bodenfeuchtigkeit zur Verfügung, was Trockenheit zur Folge haben kann. Dem wirkt allerdings entgegen, dass zumindest in den mittleren Breiten die Wolkenbedeckung zunimmt, was die Verdunstung verringern kann.<br />
<br />
Schneedecken regulieren die Grundwasserneubildung und den Abfluss. Bei einer lange liegenden Schneedecke und allmählichen Tauvorgängen versickert ein größerer Teil der Niederschläge, während der andere langsam abfließt. Damit kommt es selten zu Hochwasserereignissen in den Wintermonaten und eher zu gemäßigten Hochwassern im Frühjahr während der Schneeschmelze. In den letzten Jahrzehnten ist diese Situation etwa in Süddeutschland jedoch immer seltener geworden. Die Schneedeckendauer in Baden-Württemberg und Bayern ging fast flächendeckend deutlich zurück, in den tiefer liegenden Gebieten (< 300 m ü. NN) um 30 bis 40% und mehr, was etwa 25 Tagen entspricht. In den mittleren Höhenlagen verringert sich der Rückgang um 10 bis 20%, in den höher gelegenen Gebieten (> 800 m ü.NN) um weniger als 10%, bzw. es kam hier aufgrund des stärkeren Schneefalls auch zu leichten Zunahmen. Die Folge ist ein sofortiges Abfließen der reichlicher fallenden Regen-Niederschläge mit Hochwassergefahren schon im Winter.<br />
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== Aerosole ==<br />
<br />
Eine entgegengesetzte Wirkung auf den hydrologischen Zyklus als die Treibhauserwärmung besitzen jedoch die [[Aerosole]], kleinste Schwebstoffteilchen, deren atmosphärische Konzentration ebenfalls in letzter Zeit durch menschliches Einwirken zugenommen hat. Beobachtungen zeigen eine Zunahme der Verdunstung über den relativ aerosolfreien Gebieten der Ozeane, jedoch eine Abnahme trotz eines höheren Temperaturanstiegs über dem Land. Der Grund liegt in der Verringerung der am Boden ankommenden [[Sonnenenergie|Solarstrahlung]] infolge der zunehmenden Aerosolbelastung der Atmosphäre. Dieses als "global dimming" bekannte Phänomen hat dazu geführt, dass die Sonneneinstrahlung in den letzten Jahrzehnten weltweit um mehr als 10% abgenommen hat, wodurch sich die Verdunstung abschwächt. Hinzu kommt, dass aufgrund der indirekten Wirkung der Aerosole auf die Wolkenbildung bei der Kondensation eher kleine als größere Tröpfchen entstehen, was die Niederschlagsneigung schwächt. Da der Wasserdampf für die Niederschläge über dem Land weitgehend von den Ozeanen herantransportiert wird, sollte der Aerosoleffekt auf die Niederschläge aber auch nicht überschätzt werden.<br />
<br />
== Wasserdampftransport und Zikulationssysteme ==<br />
<br />
Ob es in einem bestimmten Gebiet viel, wenig oder gar nicht regnet, hängt nur zu einem geringen Teil von Temperatur und Verdunstung in diesem Gebiet ab. Die Wassermenge bestimmter Niederschlagsereignisse stammt im globalen Mittel zu ca. 90% aus Wasserdampf, der aus mehr oder weniger größerer Entfernung herantransportiert wurde.<ref>Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217</ref> So kommt etwa der Wasserdampf, der in einer außertropischen Zyklone in einem Radius von 800 km fällt, aus Entfernungen von bis zu 3200 km. Der Anteil des herantransportierten Wasserdampfes an dem gesamten Wasserdampf, der sich über einem bestimmten Gebiet in Niederschlag umwandelt, ist über dem Land höher als über den Ozeanen und im Winter höher als im Sommer. Für den Wasserdampftransport sind atmosphärische Zirkulationssysteme von entscheidender Bedeutung, z.B. die tropischen Monsune und subtropischen Passate in den niederen Breiten und in den mittleren und höheren Breiten die durch den Jetstream gesteuerten Zugbahnen der Tiefdruckgebiete.<br />
<br />
In Nord- und Westeuropa sind es die nordatlantischen Tiefdrucksysteme, die, wie oben gezeigt, vor allem im Winter den Niederschlag regulieren und selbst wiederum von der [[Nordatlantische Oszillation|Nordatlantischen Oszillation]] (NAO) beeinflusst werden. Der NAO-Index hat in den 1980er und 1990er Jahren eine Tendenz zu auffällig hohen Werte gezeigt. Ein stärkerer NAO-Index ist in der Regel im nördlichen Europa mit mehr Niederschlägen und im südlichen Europa mit geringeren Niederschlägen verbunden. Die in jüngster Zeit beobachtete Zunahme zyklonaler Großwetterlagen, die im wesentlichen durch eine Verstärkung des NAO-Index hervorgerufen wurde, lässt einen Zusammenhang mit der globalen Erwärmung als wahrscheinlich erscheinen, kann aber auch durch eine natürliche Dekaden-Schwankung der NAO verursacht sein. Eine Verstärkung der Nordatlantischen Oszillation infolge des menschengemachten [[Treibhauseffekt | Treibhauseffekts]] gilt allerdings als wahrscheinlich.<br />
<br />
Ähnlich liegt der Fall bei einer anderen einflussreichen Klimavariabilität, bei dem [[ENSO|El-Niño]]-Phänomen, das für Extremniederschläge mit der Gefahr von Hochwasser an der südamerikanischen Westküste, in Ostafrika, im Südwesten der USA und extreme Trockenheit mit der Gefahr von Dürren in Indonesien, Australien, Südafrika und Nordost-Brasilien verantwortlich ist. Auch die Stärke von El-Niño-Ereignissen hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen, bis hin zu dem "Jahrhundert"-El-Niño von 1997/98. Auch hier wird ein Zusammenhang mit der globalen Erwärmung angenommen und wird von manchen Forschern eine Zunahme von starken El-Niño-Ereignissen für die Zukunft erwartet. Andere bezweifeln jedoch auch eine Verbindung zwischen El Niño und dem anthropogenen Treibhauseffekt.<br />
<br />
Zumindest ist die beobachtete Zunahme von Niederschlagsextremen nicht inkonsistent zu den erwarteten Veränderungen durch den anthropogenen Antrieb. Die Frage nach den definitiven Ursachen bleibt aber, wenn es um Festlegungen für ganz bestimmte regionale Ereignisse geht, unbeantwortet. Eine jüngere Untersuchung über die Häufigkeit von Extremereignissen in den USA seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, die erstmals digitalisierte Daten von 1895-2000 von 1076 Stationen auswerten konnte, zeigt, dass die natürlichen Schwankungen auch auf Zeitskalen von Dekaden relativ groß sind und als mögliche Ursache oder eine der Ursachen auch für den Anstieg von Extremniederschlägen Ende des 20. Jahrhunderts nicht außer Acht gelassen werden können.<ref>Kunkel, K.E. (2003): North American Trends in Extreme Precipitation, Natural Hazards 29, 291-305</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Jacob, D. & S. Hagemann (2005): Verstärkung und Schwächung des regionalen Wasserkreislaufs - wichtiges Kennzeichen des Klimawandels, in Lozan, J.L., H. Graßl, P. Hupfer, L. Menzel, C.-D. Schönwiese: Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 167-170<br />
* Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_wetterereignisse&T92033gsbDocumentPath=Navigation%2FOeffentlichkeit%2FKlima__Umwelt%2FBesondere__Ereignisse%2FBesondere__Ereignisse__Deutschland%2Fniederschlaege__node.html__nnn%3Dtrue Extreme Niederschläge] Artikel des Deutschen Wetterdienstes über extreme Niederschlagsereignisse in Deutschland<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Wetterextreme]]<br />
* [[Hurrikane]]<br />
* [[Tornados]]<br />
* [[Dürren]]<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Starkniederschl%C3%A4ge_und_Hochwasser&diff=7847Starkniederschläge und Hochwasser2009-03-01T19:52:36Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>== Definition Starkniederschlag ==<br />
<br />
<br />
Im Allgemeinen kann Starkniederschlag als selten auftretender [[Niederschlag]] mit zerstörerischer Wirkung (z.B. Überflutungen) bezeichnet werden. Es gibt jedoch feste Definitionen hierfür. Diese sind abhängig von der jeweiligen Fragestellung. Bei der Wettervorhersage hat zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst (DWD) die Warnkriterien für Starkniederschlag auf Niederschlag von 25 mm in einer Stunde und 35 mm in 6 Stunden festgelegt.<ref>Deutscher Wetterdienst - Warnkriterien [[http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_windowLabel=T14600649251144330032285&_urlType=action&_pageLabel=_dwdwww_wetter_warnungen_warnungen&WEEKLY_REPORT_VIEW=false&TIME=x&SHOW_HEIGHT_SEL=true&MAP_VIEW=true&STATIC_CONTENT_ID=22&MOVIE_VIEW=false&TABLE_VIEW=false&HEIGHT=x&SHOW_TIME_SEL=true&STATIC_CONTENT_VIEW=true&WARNING_TYPE=0&REPORT_VIEW=false&LAND_CODE=DE]]</ref> In der Klimaforschung wird hingegen meist der Tagesniederschlag betrachtet. Hier werden dann wieder Schwellwerte definiert, bei deren Überschreitung man von Starkniederschlag spricht. Für die Festlegung dieser Schwellwerte gibt es unterschiedliche Ansätze. Einige Wissenschaftler definieren einen festen Schwellwert (z.B. 30 mm, 50,8 mm oder 101,6 mm pro Tag)<ref>Groisman, P.Y., T.R. Karl, D.R. Easterling, R.W. Knight, P.F. Jamason, K.J. Hennessy, R. Suppiah, C.M. Page, J. Wibig, K. Fortuniak, V.N. Razuvaev, A. Douglas, E. Føtland and P.-M. Zhai (1999): Changes in the probability of heavy precipitation: Important indicators of climate change, Climate Change 42: 243-283 </ref>, welcher mehr oder weniger willkürlich festgelegt wird. Andere nehmen die größten 5% der Tagesniederschläge einer Periode (z.B. 30 Jahre). Eine ähnliche Definition ist die der Wiederkehrrate. Hiefür nimmt man Niederschläge, die z.B. alle 5 Jahre einmal auftreten. Alle vorher genannten Definitionen basieren nur auf den gemessen Daten. Es gibt aber auch statistische Ansätze, bei der zuerst die statistische Verteilungsfunktion des Niederschlags bestimmt wird und dann die größten 5% dieser Verteilungsfunktion als Starkniederschlag definiert werden. <br />
<br />
[[Bild:Wasserkreislauf.gif|thumb|320 px|Durch die zunehmende Konzentration von Treibhausgasen wird die Atmosphäre erwärmt. Dadurch erhöhen sich die Verdunstung und die atmosphärische Wasserdampfkapazität. Die Folgen sind einerseits [[Dürren]] und andererseits mehr Wasserdampf in der Atmosphäre und stärkere Niederschläge.]]<br />
<br />
== Veränderung des Wasserkreislaufs ==<br />
<br />
Einige Beispiele der jüngsten Zeit wie die Winterhochwasser in Süddeutschland oder die Sommerfluten in Mitteleuropa legen die Annahme nahe, dass es in einem wärmeren Klima zu stärkeren [[Niederschlag|Niederschlägen]] und Hochwasserereignissen kommen kann. Rein physikalische Überlegungen sprechen dafür, dass bei einer globalen Erwärmung in einigen Gebieten die Niederschläge und vor allem die Starkniederschläge zunehmen werden, in anderen allerdings Trockenheit und [[Dürren]]. Höhere [[Lufttemperatur|Lufttemperaturen]] haben zwei entscheidende Folgen: <br />
# eine Verstärkung der Verdunstung und <br />
# eine Erhöhung der Wasserdampfkapazität der Atmosphäre. <br />
Die Zunahme der atmosphärischen Wasserdampfkapazität von 7 % pro Grad Celsius und die höhere Verdunstung erhöhen den absoluten Wasserdampfgehalt der Luft. Die relative Feuchtigkeit verändert sich dagegen nur geringfügig. Dadurch ändert sich in einem wärmeren Klima die Niederschlagshäufigkeit nur wenig. Pro Niederschlagsereignis steht aber mehr Wasserdampf zur Verfügung, und deshalb kommt es zu häufigeren Extremereignissen mit größeren Niederschlagsmengen. Allgemein sollte es in vielen Regionen durch die globale Erwärmung eine Abnahme von leichten und moderaten Regenfällen geben und/oder eine Abnahme in der Häufigkeit von Niederschlagsereignissen, aber häufigere und intensivere Starkregen.<br />
<br />
== Regen oder Schnee ==<br />
[[Bild:Schneedecke.gif|thumb|320px|Relativer Trend der mittleren Anzahl der Tage mit einer Schneedecke (Schneedeckendauer) in Baden-Württemberg und Bayern, 1951/52 bis 1995/96]]<br />
Wo die höhere Verdunstung nicht durch mehr Niederschläge ersetzt wird, kommt es zu erhöhter Trockenheit. In bestimmten Regionen spielt auch die Art der Niederschläge eine Rolle. In den Gebirgen der mittleren Breiten bilden die winterlichen Schneemassen eine Wasserreserve im Frühjahr und Sommer, wenn der Schnee schmilzt. Eine Erwärmung verursacht eine kürzere Schneesaison, und es fällt mehr [[Niederschlag]] in Form von Regen als in Form von Schnee, und der Schnee schmilzt früher. Im Frühjahr und Sommer steht weniger Bodenfeuchtigkeit zur Verfügung, was Trockenheit zur Folge haben kann. Dem wirkt allerdings entgegen, dass zumindest in den mittleren Breiten die Wolkenbedeckung zunimmt, was die Verdunstung verringern kann.<br />
<br />
Schneedecken regulieren die Grundwasserneubildung und den Abfluss. Bei einer lange liegenden Schneedecke und allmählichen Tauvorgängen versickert ein größerer Teil der Niederschläge, während der andere langsam abfließt. Damit kommt es selten zu Hochwasserereignissen in den Wintermonaten und eher zu gemäßigten Hochwassern im Frühjahr während der Schneeschmelze. In den letzten Jahrzehnten ist diese Situation etwa in Süddeutschland jedoch immer seltener geworden. Die Schneedeckendauer in Baden-Württemberg und Bayern ging fast flächendeckend deutlich zurück, in den tiefer liegenden Gebieten (< 300 m ü. NN) um 30 bis 40% und mehr, was etwa 25 Tagen entspricht. In den mittleren Höhenlagen verringert sich der Rückgang um 10 bis 20%, in den höher gelegenen Gebieten (> 800 m ü.NN) um weniger als 10%, bzw. es kam hier aufgrund des stärkeren Schneefalls auch zu leichten Zunahmen. Die Folge ist ein sofortiges Abfließen der reichlicher fallenden Regen-Niederschläge mit Hochwassergefahren schon im Winter.<br />
<br />
== Aerosole ==<br />
<br />
Eine entgegengesetzte Wirkung auf den hydrologischen Zyklus als die Treibhauserwärmung besitzen jedoch die [[Aerosole]], kleinste Schwebstoffteilchen, deren atmosphärische Konzentration ebenfalls in letzter Zeit durch menschliches Einwirken zugenommen hat. Beobachtungen zeigen eine Zunahme der Verdunstung über den relativ aerosolfreien Gebieten der Ozeane, jedoch eine Abnahme trotz eines höheren Temperaturanstiegs über dem Land. Der Grund liegt in der Verringerung der am Boden ankommenden [[Sonnenenergie|Solarstrahlung]] infolge der zunehmenden Aerosolbelastung der Atmosphäre. Dieses als "global dimming" bekannte Phänomen hat dazu geführt, dass die Sonneneinstrahlung in den letzten Jahrzehnten weltweit um mehr als 10% abgenommen hat, wodurch sich die Verdunstung abschwächt. Hinzu kommt, dass aufgrund der indirekten Wirkung der Aerosole auf die Wolkenbildung bei der Kondensation eher kleine als größere Tröpfchen entstehen, was die Niederschlagsneigung schwächt. Da der Wasserdampf für die Niederschläge über dem Land weitgehend von den Ozeanen herantransportiert wird, sollte der Aerosoleffekt auf die Niederschläge aber auch nicht überschätzt werden.<br />
<br />
== Wasserdampftransport und Zikulationssysteme ==<br />
<br />
Ob es in einem bestimmten Gebiet viel, wenig oder gar nicht regnet, hängt nur zu einem geringen Teil von Temperatur und Verdunstung in diesem Gebiet ab. Die Wassermenge bestimmter Niederschlagsereignisse stammt im globalen Mittel zu ca. 90% aus Wasserdampf, der aus mehr oder weniger größerer Entfernung herantransportiert wurde.<ref>Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217</ref> So kommt etwa der Wasserdampf, der in einer außertropischen Zyklone in einem Radius von 800 km fällt, aus Entfernungen von bis zu 3200 km. Der Anteil des herantransportierten Wasserdampfes an dem gesamten Wasserdampf, der sich über einem bestimmten Gebiet in Niederschlag umwandelt, ist über dem Land höher als über den Ozeanen und im Winter höher als im Sommer. Für den Wasserdampftransport sind atmosphärische Zirkulationssysteme von entscheidender Bedeutung, z.B. die tropischen Monsune und subtropischen Passate in den niederen Breiten und in den mittleren und höheren Breiten die durch den Jetstream gesteuerten Zugbahnen der Tiefdruckgebiete.<br />
<br />
In Nord- und Westeuropa sind es die nordatlantischen Tiefdrucksysteme, die, wie oben gezeigt, vor allem im Winter den Niederschlag regulieren und selbst wiederum von der [[Nordatlantische Oszillation|Nordatlantischen Oszillation]] (NAO) beeinflusst werden. Der NAO-Index hat in den 1980er und 1990er Jahren eine Tendenz zu auffällig hohen Werte gezeigt. Ein stärkerer NAO-Index ist in der Regel im nördlichen Europa mit mehr Niederschlägen und im südlichen Europa mit geringeren Niederschlägen verbunden. Die in jüngster Zeit beobachtete Zunahme zyklonaler Großwetterlagen, die im wesentlichen durch eine Verstärkung des NAO-Index hervorgerufen wurde, lässt einen Zusammenhang mit der globalen Erwärmung als wahrscheinlich erscheinen, kann aber auch durch eine natürliche Dekaden-Schwankung der NAO verursacht sein. Eine Verstärkung der Nordatlantischen Oszillation infolge des menschengemachten [[Treibhauseffekt | Treibhauseffekts]] gilt allerdings als wahrscheinlich.<br />
<br />
Ähnlich liegt der Fall bei einer anderen einflussreichen Klimavariabilität, bei dem [[ENSO|El-Niño]]-Phänomen, das für Extremniederschläge mit der Gefahr von Hochwasser an der südamerikanischen Westküste, in Ostafrika, im Südwesten der USA und extreme Trockenheit mit der Gefahr von Dürren in Indonesien, Australien, Südafrika und Nordost-Brasilien verantwortlich ist. Auch die Stärke von El-Niño-Ereignissen hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen, bis hin zu dem "Jahrhundert"-El-Niño von 1997/98. Auch hier wird ein Zusammenhang mit der globalen Erwärmung angenommen und wird von manchen Forschern eine Zunahme von starken El-Niño-Ereignissen für die Zukunft erwartet. Andere bezweifeln jedoch auch eine Verbindung zwischen El Niño und dem anthropogenen Treibhauseffekt.<br />
<br />
Zumindest ist die beobachtete Zunahme von Niederschlagsextremen nicht inkonsistent zu den erwarteten Veränderungen durch den anthropogenen Antrieb. Die Frage nach den definitiven Ursachen bleibt aber, wenn es um Festlegungen für ganz bestimmte regionale Ereignisse geht, unbeantwortet. Eine jüngere Untersuchung über die Häufigkeit von Extremereignissen in den USA seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, die erstmals digitalisierte Daten von 1895-2000 von 1076 Stationen auswerten konnte, zeigt, dass die natürlichen Schwankungen auch auf Zeitskalen von Dekaden relativ groß sind und als mögliche Ursache oder eine der Ursachen auch für den Anstieg von Extremniederschlägen Ende des 20. Jahrhunderts nicht außer Acht gelassen werden können.<ref>Kunkel, K.E. (2003): North American Trends in Extreme Precipitation, Natural Hazards 29, 291-305</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Wetterextreme]]<br />
* [[Hurrikane]]<br />
* [[Tornados]]<br />
* [[Dürren]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Jacob, D. & S. Hagemann (2005): Verstärkung und Schwächung des regionalen Wasserkreislaufs - wichtiges Kennzeichen des Klimawandels, in Lozan, J.L., H. Graßl, P. Hupfer, L. Menzel, C.-D. Schönwiese: Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 167-170<br />
* Trenberth, K.E., A. Dai, R.M. Rasmussen and D.B. Parsons (2003): The Changing Character of Precipitation, Bulletin of the American Meteorological Society 84, 1205-1217<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_wetterereignisse&T92033gsbDocumentPath=Navigation%2FOeffentlichkeit%2FKlima__Umwelt%2FBesondere__Ereignisse%2FBesondere__Ereignisse__Deutschland%2Fniederschlaege__node.html__nnn%3Dtrue Extreme Niederschläge] Artikel des Deutschen Wetterdienstes über extreme Niederschlagsereignisse in Deutschland<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Wetterextreme_und_Klimawandel&diff=7846Wetterextreme und Klimawandel2009-03-01T19:50:05Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Für die regionalen Folgen des Klimawandels von besonderer Bedeutung sind mögliche Veränderungen von Extremereignissen wie [[Hitzewellen|Hitzeperioden]], [[Starkniederschläge und Hochwasser|Starkniederschläge und Hochwasserereignisse]], Stürme (siehe [[Hurrikane]], [[Tornados]]) und Sturmfluten. Sie können zu Naturkatastrophen mit erheblichen Schäden und dem Verlust von Menschenleben führen. Katastrophen der letzten Jahre wie die Überschwemmungen am chinesischen Jangtse 1998, das Jahrhunderthochwasser am Mississippi 1993, der europäische Hitzesommer 2003 oder die Elbeflut 2002 haben nicht nur wegen der Opfer und Schäden, sondern auch wegen der möglichen Beziehung zum anthropogenen Klimawandel in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt. Dabei hat die Frage, ob extreme Wetterereignisse in letzter Zeit zugenommen haben und künftig weiter zunehmen könnten und ob diese Zunahme auf den Klimawandel zurückzuführen ist, eine zentrale Rolle gespielt.<br />
<br />
Hitzewellen, Überschwemmungen und Stürme kommen dem Interesse der Medien entgegen, den Klimawandel als katastrophales Ereignis darzustellen. Und so vermitteln zumindest die Medienberichte den Eindruck, dass die Welt in jüngster Zeit von immer mehr und immer stärkeren Unwettern heimgesucht wurde. Tatsächlich zugenommen haben in jüngster Zeit die ökonomischen Kosten von wetterbedingten Naturkatastrophen. So haben sich etwa die volkswirtschaftlichen Schäden durch große Überschwemmungskatastrophen von 22 Mrd. US$ in den 1960er Jahren auf 234 US$ in den 1990er Jahren mehr als verzehnfacht.<ref>Berz, G. und W. Kron (2005): Überschwemmungskatastrophen und Klimaänderung: Trends und Handlungsoptionen aus (Rück-)Versicherungssicht, in: Lozán, J.L. u.a.(Hg.): Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 264-269</ref> Der Hauptgrund dafür liegt allerdings in der zunehmenden Zahl von Menschen und den höheren Sachwerten in Gebieten, die durch Extremereignisse gefährdet sind. Dazu gehören insbesondere Küstenstreifen und Flussauen, in denen sich Siedlungen und Infrastrukturanlagen konzentrieren. Ob auch die Verursacher dieser Schäden, nämlich die meteorologischen und hydrologischen Extreme, in Anzahl und Stärke zugenommen haben, lässt sich weniger leicht bestimmen und muss bei jedem Typ von Extremereignis für sich entschieden werden.<br />
<br />
Noch schwieriger ist es, einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Wetterereignissen und dem globalen Klimawandel nachzuweisen. Bei einem einzelnen Vorkommen wie etwa der europäischen Hitzewelle im August 2003 oder der Elbeflut im Jahre 2002 ist das nicht möglich, da solche außerordentlichen Ereignisse ebenso ein Ergebnis der natürlichen Klimaschwankung sein könnten. Erst eine signifikante statistische Häufung von Starkregen, Stürmen oder Dürren im Einklang mit den Veränderung des mittleren Klimas kämen als Grundlage für den Nachweis des Zusammenhangs in Frage. Physikalische Überlegungen legen es zwar nahe, bei einer Zunahme der Durchschnittstemperatur auch eine Zunahme von Hitzeperioden sowie starken Niederschlägen in einigen Regionen und Trockenheit in anderen zu erwarten (bei Stürmen sind die Zusammenhänge schwieriger zu beurteilen) und insofern liegen solche Vorkommnisse in der "Logik" des Klimawandels. Beweisen lässt sich dieser Zusammenhang jedoch gegenwärtig nicht, da Extremereignisse per definitionem sehr selten sind und es daher in den meisten Fällen keine ausreichenden statistischen Datenreihen gibt. Für die Zukunft sagen Klimasimulationen zwar eine statistische Zunahme von Extremereignissen voraus, können das aber aufgrund begrenzter Rechnerkapazitäten nicht für einzelne Regionen und bestimmte Zeiträume leisten. <br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* Christian Schönwiese: [http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau/klima/PDF_Dateien/Sw_Muenster_2006.pdf Wird das Klima extremer?]<br />
* Christian Schönwiese (2005): [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_umwelt&T31201558461164718194235gsbDocumentPath=Content%2FOeffentlichkeit%2FKU%2FKU2%2FKU22%2Fklimastatusbericht%2Feinzelne__berichte%2Fksb2005__pdf%2F01__2005.html Klimawandel und Extremereignisse in Deutschland]<br />
* Wolfgang Pomrehn (Telepolis vom 30.12.2008): [http://www.heise.de/tp/blogs/2/120980 Mehr Naturkatastrophen • Über 200.000 Menschen starben 2008 durch Naturkatastrophen. Der Trend der ökonomischen Schäden zeigt steil nach oben.]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Hitzewellen]] <br />
* [[Starkniederschläge und Hochwasser]]<br />
* [[Dürren]]<br />
* [[Hurrikane]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
<br />
[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Wetterextreme_und_Klimawandel&diff=7844Wetterextreme und Klimawandel2009-03-01T19:49:27Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Für die regionalen Folgen des Klimawandels von besonderer Bedeutung sind mögliche Veränderungen von Extremereignissen wie [[Hitzewellen|Hitzeperioden]], [[Starkniederschläge und Hochwasser|Starkniederschläge und Hochwasserereignisse]], Stürme (siehe [[Hurricanes]], [[Tornados]]) und Sturmfluten. Sie können zu Naturkatastrophen mit erheblichen Schäden und dem Verlust von Menschenleben führen. Katastrophen der letzten Jahre wie die Überschwemmungen am chinesischen Jangtse 1998, das Jahrhunderthochwasser am Mississippi 1993, der europäische Hitzesommer 2003 oder die Elbeflut 2002 haben nicht nur wegen der Opfer und Schäden, sondern auch wegen der möglichen Beziehung zum anthropogenen Klimawandel in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt. Dabei hat die Frage, ob extreme Wetterereignisse in letzter Zeit zugenommen haben und künftig weiter zunehmen könnten und ob diese Zunahme auf den Klimawandel zurückzuführen ist, eine zentrale Rolle gespielt.<br />
<br />
Hitzewellen, Überschwemmungen und Stürme kommen dem Interesse der Medien entgegen, den Klimawandel als katastrophales Ereignis darzustellen. Und so vermitteln zumindest die Medienberichte den Eindruck, dass die Welt in jüngster Zeit von immer mehr und immer stärkeren Unwettern heimgesucht wurde. Tatsächlich zugenommen haben in jüngster Zeit die ökonomischen Kosten von wetterbedingten Naturkatastrophen. So haben sich etwa die volkswirtschaftlichen Schäden durch große Überschwemmungskatastrophen von 22 Mrd. US$ in den 1960er Jahren auf 234 US$ in den 1990er Jahren mehr als verzehnfacht.<ref>Berz, G. und W. Kron (2005): Überschwemmungskatastrophen und Klimaänderung: Trends und Handlungsoptionen aus (Rück-)Versicherungssicht, in: Lozán, J.L. u.a.(Hg.): Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 264-269</ref> Der Hauptgrund dafür liegt allerdings in der zunehmenden Zahl von Menschen und den höheren Sachwerten in Gebieten, die durch Extremereignisse gefährdet sind. Dazu gehören insbesondere Küstenstreifen und Flussauen, in denen sich Siedlungen und Infrastrukturanlagen konzentrieren. Ob auch die Verursacher dieser Schäden, nämlich die meteorologischen und hydrologischen Extreme, in Anzahl und Stärke zugenommen haben, lässt sich weniger leicht bestimmen und muss bei jedem Typ von Extremereignis für sich entschieden werden.<br />
<br />
Noch schwieriger ist es, einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Wetterereignissen und dem globalen Klimawandel nachzuweisen. Bei einem einzelnen Vorkommen wie etwa der europäischen Hitzewelle im August 2003 oder der Elbeflut im Jahre 2002 ist das nicht möglich, da solche außerordentlichen Ereignisse ebenso ein Ergebnis der natürlichen Klimaschwankung sein könnten. Erst eine signifikante statistische Häufung von Starkregen, Stürmen oder Dürren im Einklang mit den Veränderung des mittleren Klimas kämen als Grundlage für den Nachweis des Zusammenhangs in Frage. Physikalische Überlegungen legen es zwar nahe, bei einer Zunahme der Durchschnittstemperatur auch eine Zunahme von Hitzeperioden sowie starken Niederschlägen in einigen Regionen und Trockenheit in anderen zu erwarten (bei Stürmen sind die Zusammenhänge schwieriger zu beurteilen) und insofern liegen solche Vorkommnisse in der "Logik" des Klimawandels. Beweisen lässt sich dieser Zusammenhang jedoch gegenwärtig nicht, da Extremereignisse per definitionem sehr selten sind und es daher in den meisten Fällen keine ausreichenden statistischen Datenreihen gibt. Für die Zukunft sagen Klimasimulationen zwar eine statistische Zunahme von Extremereignissen voraus, können das aber aufgrund begrenzter Rechnerkapazitäten nicht für einzelne Regionen und bestimmte Zeiträume leisten. <br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* Christian Schönwiese: [http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau/klima/PDF_Dateien/Sw_Muenster_2006.pdf Wird das Klima extremer?]<br />
* Christian Schönwiese (2005): [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_umwelt&T31201558461164718194235gsbDocumentPath=Content%2FOeffentlichkeit%2FKU%2FKU2%2FKU22%2Fklimastatusbericht%2Feinzelne__berichte%2Fksb2005__pdf%2F01__2005.html Klimawandel und Extremereignisse in Deutschland]<br />
* Wolfgang Pomrehn (Telepolis vom 30.12.2008): [http://www.heise.de/tp/blogs/2/120980 Mehr Naturkatastrophen • Über 200.000 Menschen starben 2008 durch Naturkatastrophen. Der Trend der ökonomischen Schäden zeigt steil nach oben.]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Hitzewellen]] <br />
* [[Starkniederschläge und Hochwasser]]<br />
* [[Dürren]]<br />
* [[Hurrikane]]<br />
<br />
<br />
{{CC-Lizenz}}<br />
<br />
[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathihttps://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php?title=Wetterextreme_und_Klimawandel&diff=7842Wetterextreme und Klimawandel2009-03-01T19:47:48Z<p>Kathi: </p>
<hr />
<div>Für die regionalen Folgen des Klimawandels von besonderer Bedeutung sind mögliche Veränderungen von Extremereignissen wie [[Hitzewellen|Hitzeperioden]], Starkniederschläge und Hochwasserereignisse, Stürme und Sturmfluten. Sie können zu Naturkatastrophen mit erheblichen Schäden und dem Verlust von Menschenleben führen. Katastrophen der letzten Jahre wie die Überschwemmungen am chinesischen Jangtse 1998, das Jahrhunderthochwasser am Mississippi 1993, der europäische Hitzesommer 2003 oder die Elbeflut 2002 haben nicht nur wegen der Opfer und Schäden, sondern auch wegen der möglichen Beziehung zum anthropogenen Klimawandel in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt. Dabei hat die Frage, ob extreme Wetterereignisse in letzter Zeit zugenommen haben und künftig weiter zunehmen könnten und ob diese Zunahme auf den Klimawandel zurückzuführen ist, eine zentrale Rolle gespielt.<br />
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Hitzewellen, Überschwemmungen und Stürme kommen dem Interesse der Medien entgegen, den Klimawandel als katastrophales Ereignis darzustellen. Und so vermitteln zumindest die Medienberichte den Eindruck, dass die Welt in jüngster Zeit von immer mehr und immer stärkeren Unwettern heimgesucht wurde. Tatsächlich zugenommen haben in jüngster Zeit die ökonomischen Kosten von wetterbedingten Naturkatastrophen. So haben sich etwa die volkswirtschaftlichen Schäden durch große Überschwemmungskatastrophen von 22 Mrd. US$ in den 1960er Jahren auf 234 US$ in den 1990er Jahren mehr als verzehnfacht.<ref>Berz, G. und W. Kron (2005): Überschwemmungskatastrophen und Klimaänderung: Trends und Handlungsoptionen aus (Rück-)Versicherungssicht, in: Lozán, J.L. u.a.(Hg.): Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 264-269</ref> Der Hauptgrund dafür liegt allerdings in der zunehmenden Zahl von Menschen und den höheren Sachwerten in Gebieten, die durch Extremereignisse gefährdet sind. Dazu gehören insbesondere Küstenstreifen und Flussauen, in denen sich Siedlungen und Infrastrukturanlagen konzentrieren. Ob auch die Verursacher dieser Schäden, nämlich die meteorologischen und hydrologischen Extreme, in Anzahl und Stärke zugenommen haben, lässt sich weniger leicht bestimmen und muss bei jedem Typ von Extremereignis für sich entschieden werden.<br />
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Noch schwieriger ist es, einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Wetterereignissen und dem globalen Klimawandel nachzuweisen. Bei einem einzelnen Vorkommen wie etwa der europäischen Hitzewelle im August 2003 oder der Elbeflut im Jahre 2002 ist das nicht möglich, da solche außerordentlichen Ereignisse ebenso ein Ergebnis der natürlichen Klimaschwankung sein könnten. Erst eine signifikante statistische Häufung von Starkregen, Stürmen oder Dürren im Einklang mit den Veränderung des mittleren Klimas kämen als Grundlage für den Nachweis des Zusammenhangs in Frage. Physikalische Überlegungen legen es zwar nahe, bei einer Zunahme der Durchschnittstemperatur auch eine Zunahme von Hitzeperioden sowie starken Niederschlägen in einigen Regionen und Trockenheit in anderen zu erwarten (bei Stürmen sind die Zusammenhänge schwieriger zu beurteilen) und insofern liegen solche Vorkommnisse in der "Logik" des Klimawandels. Beweisen lässt sich dieser Zusammenhang jedoch gegenwärtig nicht, da Extremereignisse per definitionem sehr selten sind und es daher in den meisten Fällen keine ausreichenden statistischen Datenreihen gibt. Für die Zukunft sagen Klimasimulationen zwar eine statistische Zunahme von Extremereignissen voraus, können das aber aufgrund begrenzter Rechnerkapazitäten nicht für einzelne Regionen und bestimmte Zeiträume leisten. <br />
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== Einzelnachweise ==<br />
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== Weblinks ==<br />
* Christian Schönwiese: [http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau/klima/PDF_Dateien/Sw_Muenster_2006.pdf Wird das Klima extremer?]<br />
* Christian Schönwiese (2005): [http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_spezielle_nutzer_schule_umwelt&T31201558461164718194235gsbDocumentPath=Content%2FOeffentlichkeit%2FKU%2FKU2%2FKU22%2Fklimastatusbericht%2Feinzelne__berichte%2Fksb2005__pdf%2F01__2005.html Klimawandel und Extremereignisse in Deutschland]<br />
* Wolfgang Pomrehn (Telepolis vom 30.12.2008): [http://www.heise.de/tp/blogs/2/120980 Mehr Naturkatastrophen • Über 200.000 Menschen starben 2008 durch Naturkatastrophen. Der Trend der ökonomischen Schäden zeigt steil nach oben.]<br />
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== Siehe auch ==<br />
* [[Hitzewellen]] <br />
* [[Starkniederschläge und Hochwasser]]<br />
* [[Dürren]]<br />
* [[Hurrikane]]<br />
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{{CC-Lizenz}}<br />
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[[Kategorie:Extremereignisse]]</div>Kathi