Herz der Finsternis

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Mit der Erzählung Herz der Finsternis (engl. Originaltitel „Heart of Darkness“) aus dem Jahre 1902 gelangte Joseph Conrad zu anhaltendem Weltruhm. Der ungewöhnlich symbolreiche Text wird immer wieder aufs Neue interpretiert und ist auch in letzter Zeit im Rahmen der Kulturwissenschaften wieder hochaktuell.

Inhalt

Der Flussdampferkapitän Marlow reist im Auftrag einer belgischen Handelsgesellschaft tief in den Kongo. Auf seiner Reise erlebt er unverständliche Wirrnisse, Sinnlosigkeit und eine unvorstellbare Ausbeutung der (schwarzen) Ureinwohner. Die Reise den Fluss entlang entwickelt sich immer mehr zur Reise in sein eigenes unbewusstes Inneres. Marlow trifft auf den berühmt-berüchtigten und angeblich besonders erfolgreichen Elfenbein-Agenten Kurtz. Kurtz hat auf seinem Handelsposten, von der Handelsgesellschaft als „Leuchtfeuer auf der Straße zum Besseren“ intendiert, ein Zentrum des Bösen und eine machtvolle Position etabliert. Vermeintlich unter dem schädlichen Einfluss der Wildnis hat er sich den in ihm selber existierenden Verrohungstendenzen hingegeben und geht darin unter. Marlow verfälscht seine letzten Worte („Das Grauen! Das Grauen!“), um sie Kurtz' Braut als letzten Gruß zu überbringen.

Form und Interpretation

Einen Teil der Spannung erhält die Erzählung aus dem Gegensatz zwischen dem biederen Erzähler Marlow, der besonders stolz auf seinen „gesunden Menschenverstand“ ist und dem Bösen und dem Wahnsinn, dem er im Dschungel des Kongos begegnet. Im Verlauf der Erzählung drängt die Infragestellung der Art und Verortung des Bösen, also der „Finsternis“, immer stärker in den Vordergrund.

Die Figur des Elfenbeinhändlers Mr. Kurtz, von der Marlow – der Erzähler – gefesselt ist, stellt die einzige Figur in der Erzählung dar, die namentlich gekennzeichnet ist. Mr. Kurtz wird äußerst düster und zwielichtig gezeichnet. Für Udo Wolter, der Conrad und seine Werke vor dem Hintergrund der „Fluchtlinie des Exils“ betrachtet, symbolisiert diese Figur die „Zivilisation und ihrer barbarischen Negation durch die Gräuel des Kolonialismus.“ [1]

Marlows Fahrt führt ebenso wie andere Reisen in Conrads Romanen und Novellen „immer auch in die Abgründe und Untiefen des modernen Subjekts“, so Wolter, der dieses Reisemotiv als Fluchtlinie deutet: „Diese Fluchtlinie verweist zugleich darauf, dass jede Zuflucht in die Eindeutigkeit eines übersteigerten, abstrakten Selbstideals vergeblich ist“. [2] Die Conrad-Biographin Renate Wiggershaus bezeichnet die Reise der Erzählerfigur als „eine psychische ins innere Ausland, wie Freud das Unbewusste nannte“. [3]

Verfilmungen

Orson Welles hatte bereits 1940 eine Verfilmung des Stoffs erwogen, den Plan aber dann verworfen. Die erste Verfilmung des Stoffs erfolgte 1958 unter dem Originaltitel innerhalb der US-amerikanischen Reihe Playhouse 90, die die ambitionierte Literaturverfilmung für das Fernsehen präsentierte. Regie führte der erst 26-jährige Ron Winston, es spielten u. a. Roddy McDowall als Marlow, Eartha Kitt als Queenie und Oskar Homolka als Doktor. Kurtz wurde von Horror-Altstar Boris Karloff verkörpert.

Die Erzählung wurde 1993 unter dem Originaltitel von Nicolas Roeg mit Tim Roth, John Malkovich und Iman Abdulmajid in den Hauptrollen verfilmt.

Die bekanntere Umsetzung des Stoffes ist jedoch die von Francis Ford Coppola aus dem Jahr 1979, der die Geschichte in den Vietnamkrieg transportiert und mit großem Staraufgebot (Marlon Brando, Martin Sheen, Robert Duvall, Dennis Hopper, Laurence Fishburne und Harrison Ford) als Antikriegsfilm in die Kinos bringt: Apocalypse Now.

Literatur

  • Udo Wolter 2004: Exil der „materiellen Interessen“. In: jour fixe initiative berlin (Hg.): Fluchtlinien des Exils
  • Wiggershaus, Renate (2000): Joseph Conrad. München

Weblinks

Fußnoten

  1. Vgl. Udo Wolter 2004: Exil der „materiellen Interessen“. In: jour fixe initiative berlin (Hg.): Fluchtlinien des Exils. Siehe Literatur oben.
  2. Vgl. Udo Wolter 2004: Exil der „materiellen Interessen“. In: jour fixe initiative berlin (Hg.): Fluchtlinien des Exils. Siehe Literatur oben.
  3. Vgl. Wiggershaus, Renate (2000): Joseph Conrad. München. Siehe Literatur oben.

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