John Steinbeck

Aus Weltliteratur

John Ernst Steinbeck (* 27. Februar 1902 in Salinas, Kalifornien; † 20. Dezember 1968 in New York) gehört zu den erfolgreichsten US-amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts.

Er schrieb zahlreiche Romane, Kurzgeschichten und Novellen, arbeitete zeitweilig als Journalist und war im Zweiten Weltkrieg Kriegsberichterstatter. 1940 erhielt er den Pulitzer-Preis für seinen Roman Früchte des Zorns und 1962 den Nobelpreis für Literatur.

Biographie

Herkunft und Jugend

John Steinbecks Eltern waren der aus Deutschland eingewanderte Buchhalter Johan Ernst Steinbeck und die irisch-stämmige Lehrerin Olive Steinbeck, geborene Hamilton. Zusammen mit drei Schwestern wuchs er in der Gegend um Salinas, Pacific Grove und Monterey in Kalifornien auf. In dieser heute Steinbeck Country genannten Landschaft südlich von San Francisco spielen die meisten seiner Romane.

1919 nahm Steinbeck ein natur- und geisteswissenschaftliches Studium an der Stanford University auf. Er belegte Kurse in Meeresbiologie, englischer Literatur, Rhetorik und kreativem Schreiben. Die Aufnahme an der privaten Elitehochschule, die den sozialen Aufstieg zu garantieren schien, erweckten bei ihm und seinen Eltern zunächst hohe Erwartungen. Steinbeck zeigte sich jedoch bald vom akademischen Leben enttäuscht, zum Teil sicherlich auch überfordert. Nach längeren Studienunterbrechungen verließ er Stanford 1924 endgültig ohne Abschluss. Das Studium prägte ihn und sein Werk weit weniger als die Jobs als Wanderarbeiter, mit denen er es finanzierte. Dabei lernte er das Milieu der Menschen kennen, die später im Zentrum vieler seiner Werke stehen sollten.

Literarische Anfänge

1925 ging John Steinbeck als Journalist und freier Schriftsteller nach New York, fand dort aber wenig Anklang. Daher kehrte er bald nach Kalifornien zurück, wo er von Gelegenheitsjobs lebte. 1929 veröffentlichte er seinen ersten Roman: Cup of Gold (dt.: Eine Handvoll Gold), eine Lebensbeschreibung des Freibeuters Henry Morgan. Doch dieses wie auch die nächsten beiden Werke blieben von der Kritik nahezu unbeachtet. Steinbeck und seine erste Frau, Carol Henning, die er 1930 geheiratet hatte, lebten damals in finanziell bedrängten Verhältnissen in Los Angeles und Pacific Grove.

Seinen Durchbruch erlebte Steinbeck 1935 mit dem Roman Tortilla Flat, in dem er den Freundschaftsbund armer, aber lebenslustiger Hispano-Amerikaner nach dem Vorbild der Tafelrunde von König Artus schildert.

Steinbeck lebte damals bei Monterey, wo er sich mit dem Meeresbiologen Ed Ricketts angefreundet hatte. In der Figur des „Doc“ setzte er ihm in den Romanen Cannery Row (dt.: Die Straße der Ölsardinen) und Sweet Thursday (dt.: Wonniger Donnerstag) sowie in dem Expeditionsbericht The Log from the Sea of Cortez (dt.: Logbuch des Lebens) literarische Denkmäler.

Der Autor des New Deal

Nach der Veröffentlichung seines Romans In Dubious Battle (dt.: Stürmische Ernte), der einen Landarbeiterstreik zum Thema hat, nahm Steinbeck 1936 den Auftrag der „San Francisco News“ an, eine Artikelserie über die entwurzelten Wanderarbeiter aus Oklahoma zu schreiben. Scharen völlig verarmter „Okies“ zogen auf der Suche nach Jobs nach Kalifornien. Die Erfahrungen, die Steinbeck damals sammelte, gingen in die beiden Werke ein, die Kritik und Publikum bis heute am stärksten beeindrucken: 1937 erschien die Novelle Of Mice and Men (dt.: Von Mäusen und Menschen) und 1939 der sozialkritische Roman The Grapes of Wrath (dt.: Früchte des Zorns).

Der Roman wurde zur Zeit seiner Entstehung vielfach als klassenkämpferisch verfemt und in Kalifornien sogar zeitweise verboten. Steinbeck verstand sich aber nie als Sozialist - obwohl er starke Sympathien für die politische Linke hegte und 1937 die Sowjetunion besuchte. Vielmehr war er ein überzeugter Anhänger der Politik des „New Deal“ von Präsident Franklin Delano Roosevelt, der Steinbeck zweimal zu sich einlud. Trotz aller Anfeindungen brachte Früchte des Zorns Steinbeck 1940 den renommierten Pulitzer-Preis ein. Aufgrund seiner realistischen Schilderung des Elends der Wanderarbeiter gilt das Buch bis heute nicht nur als großes literarisches Werk, sondern auch als erstrangige historische Quelle. In seiner Wirkung auf Politik und Gesetzgebung lässt es sich mit Harriet Beecher Stowes Onkel Toms Hütte oder Upton Sinclairs Der Sumpf vergleichen (siehe auch Great Depression)

Im Zweiten Weltkrieg

Um für den Dokumentarfilm The Forgotten Village zu recherchieren, unternahm Steinbeck 1940 eine Reise nach Mexiko. Im Jahr darauf trennte er sich von seiner Frau und zog mit Gwendolyn „Gwyn“ Conger nach New York. Nach der Scheidung von Carol Steinbeck heiratete er 1943 Gwyn. Im selben Jahr schrieb er das Drehbuch zu dem Kriegsdrama Das Rettungsboot (Lifeboat), das 20th Century Fox 1944 in einer von Steinbeck stark kritisierten Fassung in die Kinos brachte. Damals war Steinbeck aber bereits als Kriegsberichterstatter in den Zweiten Weltkrieg gezogen. Er erlebte die Landung der Alliierten in Nordafrika und Italien mit und veröffentlichte darüber Reportagen sowie seine Tagebuchnotizen unter dem Titel Once there was a War (dt. An den Pforten der Hölle). Ebenso einfühlsam wie zuvor die Arbeitermilieus schilderte Steinbeck nun das Alltagsleben der Soldaten - nicht als Heldengeschichten, sondern als den verzweifelten Versuch, in Dreck, Elend und ständiger Gefahr zu überleben.

Nach dem Krieg

1944 kehrte Steinbeck zurück und zog mit seiner Frau und seinem ersten Sohn Thom (der zweite, John, kam 1946 zur Welt) wieder nach Monterey. Doch es fiel ihm zunehmend schwer, an die Erfolge der Vorkriegszeit anzuknüpfen. Viele Kritiker wollten in dem Roman Cannery Row (dt.: Die Straße der Ölsardinen) und in dessen Fortsetzung Sweet Thursday (dt.: Wonniger Donnerstag) nur Variationen des Themas von Tortilla Flat sehen. 1947 reiste Steinbeck mit seiner Frau durch Skandinavien und Frankreich. Nach dem erneuten Besuch der Sowjetunion 1948 mit dem Fotografen Robert Capa entstand die Reiseschilderung Russisches Tagebuch. Der Tod seines langjährigen Freundes Ed Ricketts und die Scheidung von seiner zweiten Frau folgten noch im selben Jahr. 1949 begegnete Steinbeck Elaine Scott. Im Jahr darauf heiratete er sie und zog mit ihr und ihrer Tochter erneut nach New York. Nach sehr unsteten Jahren und langen Reisen durch Nordafrika, Süd- und Westeuropa gelang John Steinbeck 1952 noch einmal ein großer literarischer Wurf: Der epische Roman East of Eden (dt.: Jenseits von Eden) erzählt die Geschichte der Familien Trask und Hamilton vom Bürgerkrieg bis zum Ersten Weltkrieg. Im gleichen Jahr entstand das Drehbuch zu Viva Zapata!, einem Film über den mexikanischen Revolutionshelden Emiliano Zapata, den Elia Kazan mit Marlon Brando in der Titelrolle inszenierte. Derselbe Regisseur verfilmte im Jahr 1955 auch Jenseits von Eden.

Letzte Jahre

1954 erlitt John Steinbeck während einer Europareise einen ersten leichten Schlaganfall. Ende der 50er Jahre lebten John und Elaine Steinbeck zeitweilig in Somerset, England, wo er an einer modernen Fassung der Artussage arbeitete. The Acts of King Arthur and his noble Knights (dt.: König Artus) blieb jedoch unvollendet. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Steinbeck in Sag Harbor auf Long Island bei New York. Hier erreichte ihn 1962 die Nachricht von der Verleihung des Literatur-Nobelpreises, den er als sechster US-Amerikaner erhielt. Anfang der 60er Jahre unternahm er mit einem von ihm zum Wohnmobil umgebauten Kleinbus und nur von seinem Pudel Charley begleitet eine Rundreise durch die Vereinigten Staaten, die er in dem Reisebuch Travels with Charley (dt.: Reisen mit Charley) festhielt. Darin wie auch in America and Americans (dt.: Amerika und die Amerikaner) setzte sich Steinbeck kritisch mit der amerikanischen Gesellschaft auseinander.

In den 1960er Jahren unterstützte Steinbeck Präsident Lyndon B. Johnson wegen dessen Idee von einer sozial gerechteren Grand Society. Die Aufhebung der Rassentrennung und eine verbesserte Sozialgesetzgebung waren Forderungen, für die Steinbeck seit den 30er Jahren eingetreten war. Aber seine persönliche Freundschaft mit Johnson führte auch dazu, dass er zu den wenigen Intellektuellen der damaligen Zeit gehörte, die den Vietnamkrieg befürworteten. Dies führte auch zum Zerwürfnis mit seinem Sohn John, der als Kriegsberichterstatter in Vietnam zum überzeugten Pazifisten geworden war.

Steinbeck unternahm 1967 selbst eine Reise nach Südostasien, kehrte aber als kranker Mann zurück und war nicht mehr in der Lage zu schreiben. Am 20. Dezember 1968 erlag er in New York einem Herzversagen. John Steinbecks Asche wurde auf dem Friedhof seiner Heimatstadt Salinas beigesetzt.

Zu Steinbecks Werk

Steinbeck gehört zu den meistgelesenen amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts - sowohl innerhalb als auch außerhalb der USA. Kritik und Literaturwissenschaft beurteilten sein Werk dagegen zunehmend distanziert. Bereits die Verleihung des Nobelpreises im Jahr 1962 „für seine einmalige realistische und fantasievolle Erzählkunst, gekennzeichnet durch mitfühlenden Humor und sozialen Scharfsinn“, wie es in der Begründung hieß, stieß bei den meisten Literaturkritikern auf Unverständnis. Heute spielen Steinbecks Werke im amerikanischen Literatur-Kanon kaum mehr eine Rolle, mit Ausnahme von „Früchte des Zorns“ und „Von Mäusen und Menschen“.

Stil und Themen

Steinbeck pflegte einen naturalistischen und realistischen Stil, der aber auch Anklänge ans Fantastische nicht scheute. Seine Figuren sind oft Menschen am Rande der Gesellschaft, die er stets einfühlsam und voller Sympathie aus ihrer eigenen Sichtweise heraus schildert. Das Personal von Cannery Row etwa beschreibt Steinbeck so:

„Huren, Hurensöhne, Kuppler, Stromer und Spieler, mit einem Wort: Menschen. Man könnte mit gleichem Recht sagen: Heilige, Engel, Gläubige, Märtyrer - es kommt nur auf den Standpunkt an.“

Insbesondere in seinen frühen Werken setzte sich Steinbeck vehement für die Armen und Entrechteten, für Arbeiter und kleine Farmer ein. So ist beispielsweise Stürmische Ernte, im Vorgriff auf Früchte des Zorns, die eindringliche Schilderung eines Streiks armer Landarbeiter für höhere Löhne. Obwohl Steinbeck kein dogmatischer Linker war, galt er in konservativen Kreisen der USA in den 30er und 40er Jahren als Radikaler. Später wurde ihm von einigen Kritikern vorgeworfen, er schildere die Armen zu idealistisch und die Armut zu romantisch. Auf seinen ersten großen Roman trifft dies jedoch auf keinen Fall zu.

Früchte des Zorns

Ende der 30er Jahre nahm Steinbeck den Auftrag einer Zeitung an, eine Artikelserie über die entwurzelten Landarbeiter zu schreiben, die in großer Zahl von Oklahoma nach Kalifornien zogen. Daraus entstand 1939 sein bedeutendster Roman: The Grapes of Wrath (Früchte des Zorns). Er schildert das Schicksal der Familie Joad, die nach einer mehrjährigen Dürre in der „Dust Bowl“ von Oklahoma ihre Farm an die Bank verliert und nun mit ihrer letzten Habe nach Kalifornien aufbricht, um sich dort als Wanderarbeiter auf Obstplantagen zu verdingen. Doch der Traum vom Aufbau einer neuen Existenz zerbricht an der Ausbeutung, der Fremdenfeindlichkeit und dem Mangel an Solidarität, denen die Joads überall begegnen. Aus Farmern werden Bettler. Verzweifelt versuchen die Joads aber, auch im Elend einen Rest menschlicher Würde zu bewahren. Das Buch wurde noch 1940 von John Ford mit Henry Fonda in der Hauptrolle verfilmt.

Jenseits von Eden

Gilt Früchte des Zorns als John Steinbecks bedeutendster, so ist die Familiensaga Jenseits von Eden sein beliebtester Roman. Nicht soziale Ungerechtigkeit, sondern die Abgründe der menschlichen Seele selbst erscheinen hier als Quelle allen Übels. Die Hauptfigur des Werks ist Adam Trask, der sich Ende des 19. Jahrhunderts als reicher Farmer in Kalifornien niederlässt, dort aber von seiner Frau Cathy verlassen wird und seine Söhne alleine aufziehen muss. An den gegensätzlichen Zwillingsbrüdern Caleb und Aron scheint sich fast zwangsläufig die alttestamentliche Geschichte von Kain und Abel zu wiederholen. Doch die Botschaft des Werks lautet, dass es kein vorherbestimmtes Schicksal gibt und jeder Mensch die Freiheit der Wahl hat, sich moralisch oder unmoralisch, gut oder böse zu verhalten. In einer zweiten Erzählebene, die von den Hamiltons handelt, hat Steinbeck die Geschichte seiner eigenen Familie mütterlicherseits verarbeitet. Elia Kazans Verfilmung von Jenseits von Eden, mit James Dean in der Rolle des Caleb Trask, rückt die Geschichte der beiden Brüder in den Vordergrund und setzt erst in der Mitte von Steinbecks Romanhandlung ein.

Mäuse, Menschen, Ölsardinen

Außer den monumentalen Romanen erfreuen sich insbesondere die Novelle Von Mäusen und Menschen und der kurze Roman Die Straße der Ölsardinen anhaltender Beliebtheit. Von Mäusen und Menschen erzählt die Geschichte zweier Wanderarbeiter, des schwachsinnigen, aber gutmütigen Lennie und seines Freundes George, der ihn beschützt. Ihr Traum von einem besseren Leben scheitert unvermeidbar tragisch an der Realität und dem Unverständnis ihrer Mitmenschen. Die Novelle wurde mehrfach verfilmt, zuletzt 1992 mit Gary Sinise und John Malkovich in den Rollen von George und Lennie.

Die Straße der Ölsardinen gehört dagegen zu den fröhlichsten und optimistischsten Werken Steinbecks. Er beschreibt darin die kleine Welt rund um die Straße der Sardinenfabriken von Monterey (die Cannery Row) und die irrwitzigen Versuche einer Gruppe liebenswerter Herumtreiber, Schnorrer und Lebenskünstler, ihrem Freund und Gönner Doc eine Party zu geben. Die Straße der Ölsardinen wurde unter diesem Titel mit Nick Nolte in der Hauptrolle verfilmt. Die Handlung des Films umfasst zudem den an Cannery Row anschließenden Roman Wonniger Donnerstag.

Werke

Literatur

Weblinks

John Steinbeck Linksammlung auf dem Hamburger Bildungsserver


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