Troposphärisches Ozon

Aus Klimawandel
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Die vertikale Verteilung des Ozons in der Stratosphäre und der Troposphäre

Bedeutung von stratosphärischem Ozon

Das Spurengas Ozon besitzt für das Klima und das Leben auf der Erde sehr unterschiedliche Eigenschaften, die stark von der Höhe abhängen, in der Ozon in der Atmosphäre vorkommt. Die vertikale Verteilung des Ozons ist allerdings sehr ungleichmäßig. Etwa 90 % der gesamten Ozonmenge entfallen auf die Stratosphäre (12-50 km Höhe), und hier zu 75 % auf die Höhe von 15-30 km, und nur 10% befinden sich in der Troposphäre. In der Stratosphäre absorbiert Ozon einen großen Teil der ultravioletten Strahlung der Sonne, die die Zellen von Pflanzen und Tieren zerstören und beim Menschen z.B. Hautkrebs hervorrufen kann. Das stratosphärische Ozon ist so als Schutzschild gegen die lebensgefährliche UV-Strahlung wirksam. Durch die Absorption der solaren UV-Strahlung besitzt das stratosphärische Ozon auch eine geringe erwärmende Wirkung. Wichtiger jedoch ist die vom Ozon absorbierte und emittierte langwellige Strahlung, da Ozon ein starkes Treibhausgas ist. Der Ozonverlust in der unteren Stratosphäre durch die Einwirkung von FCKW hat entsprechend in den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu einem negativen Strahlungsantrieb von 0,05 W/m2 geführt.[1]

Bedeutung von troposphärischem Ozon

Eine größere klimatische Bedeutung kommt aber der geringen Ozonmenge zu, die sich in der Troposphäre befindet. Auch hier wirkt Ozon als ein Treibhausgas. Anders als Kohlendioxid, Methan, Lachgas oder FCKW besitzt das troposphärische Ozon jedoch nur eine relativ kurze Lebensdauer und ist deshalb sehr ungleichmäßig um den Globus verteilt. Im Unterschied zu den langlebigen Treibhausgasen wird Ozon außerdem nicht direkt in die Atmosphäre emittiert, sondern entsteht dort erst durch photochemische Prozesse aus Vorläufergasen, und wird auch primär photochemisch aus der Atmosphäre wieder entfernt. Die Emission der Ozon-Vorläufergase und damit auch die troposphärische Ozonkonzentration werden zunehmend durch den Menschen beeinflusst. Das so entstandene Ozon ist nach Kohlendioxid und Methan seit Beginn der Industrialisierung zum drittwichtigsten anthropogenen Treibhausgas geworden. Ozon spielt außerdem eine wichtige Rolle in der troposphärischen Chemie und ist besonders eng verbunden mit der Chemie von OH. Das Hydroxylradikal OH wird oft als "Waschmittel der Atmosphäre" bezeichnet, weil es jedes Jahr insgesamt etwa 3,7 Milliarden Tonnen vieler anderer schädlicher Gase wie vor allem des Treibhausgases Methan (CH4) abbaut. Ein weiteres wichtiges Merkmal des troposphärischen Ozons besteht darin, dass es in zu hoher Konzentration ein gesundheitsschädliches Reizgas ist und die Atemwege angreift. Auch Pflanzen können bei hohen Ozonkonzentrationen Schaden nehmen.

Entstehung von troposphärischem Ozon

Das troposphärische Ozon entstammt zwei Hauptquellen: der photochemischen Entstehung vor Ort und dem Transport aus der Stratosphäre. Während in der Stratosphäre Ozon aus der Spaltung von Sauerstoffatomen durch UV-Licht entsteht, ist die Sonneneinstrahlung in der unteren Atmosphäre dafür nicht mehr intensiv genug. Hier entsteht Ozon hauptsächlich über die Spaltung von Stickoxiden:

NOx → NO + NO2

Bei den dadurch ausgelösten photochemischen Reaktionen spielen zusätzlich flüchtige organische Verbindungen (VOC: Volatile Organic Compounds) und Kohlenstoffmonoxid (CO) als weitere Ozon-Vorläuferstoffe eine Rolle.

Stickstoffdioxid (NO2) wird in einem auslösenden Schritt durch Sonnenlicht (in Formeln als Energie eines Photons, hν, geschrieben) in Stickstoffmonoxid (NO) und ein Sauerstoffatom gespalten. Letzteres reagiert mit Luftsauerstoff zu Ozon.

NO2 + hν → NO + O*
O* + O2 → O3

Das hierbei entstehende NO reagiert aber wieder mit O3 zu Stickstoffdioxid und Sauerstoff, so dass sich weitgehend ein Gleichgewicht zwischen Ozonbildung und -abbau einstellt.

NO + O3 → NO2 + O2

In diesen Reaktionsprozess können nun allerdings organische Luftverunreinigungen wie flüchtige organische Verbindungen und Kohlenmonoxid eingreifen und das natürliche Gleichgewicht von Entstehung und Vernichtung von Ozon empfindlich stören. Sie greifen nicht direkt in den Ozon-Zyklus ein, sondern werden zunächst in der Luft durch Oxidation abgebaut. Die dabei entstehenden Abbauprodukte fördern die Umwandlung von NO zu NO2. Damit steht weniger NO zum Abbau und mehr NO2 zur Bildung von Ozon zur Verfügung und die Rückreaktion des Ozons mit Stickstoffmonoxid wird geschwächt.

Quellen der Ozon-Vorläufergase

Abb. 2: Die Entstehung der wichtigsten Ozonvorläufergase Stickoxide (NOx), Kohlenmonoxid (CO) und flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) sowie von troposphärischem Ozon. Rot: anthropopgene, lila: natürliche Prozesse.

Die Emission der Ozon-Vorläufergase wird seit Beginn der Industrialisierung stark durch menschliche Aktivitäten beeinflusst.[2] So sind NOx und CO in der Troposphäre heute hauptsächlich anthropogenen Ursprungs. Stickoxide sind zu einem hohen Anteil ein Produkt der Industrialisierung und werden zumeist als NO emittiert, das sich aber in wenigen Minuten durch photochemische Reaktionen in NO2 verwandelt. Quellen sind hauptsächlich die Verbrennung fossiler Energien (33 Tg/a), die Biomassenverbrennung (7,1 Tg/a) und die Aktivität von Bodenmikroorganismen.

Bei der Nutzung fossiler Energien hat der Straßenverkehr mit 40 % eine dominierende Stellung, mit den stärksten Emissionen in Nordamerika, Westeuropa und Japan. Diese NOx-Entstehung ist auf die mittleren und höheren Breiten der Nordhalbkugel konzentriert, während in den Tropen und auf der Südhalbkugel Stickoxide vor allem aus der Biomassenverbrennung entstehen. Bei der natürlichen Entstehung spielen die Bodenemission und vor allem die Entstehung durch Blitze, die die Stickstoffmoleküle der Luft zu spalten vermögen, die wichtigste Rolle. Insgesamt übertreffen die anthropogenen Emissionen die natürlichen um das 3-4-fache. Sie stammen zu 80 % aus Nordamerika, Europa und Asien, wobei sie in Nordamerika und Europa zurückgehen, in Ostasien mit 4 % pro Jahr deutlich zunehmen. Beispielhaft für die Entwicklung in den westlichen Industriestaaten ist die deutliche Abnahme der NOx-Emissionen in Deutschland. Während sie sich in der Zeit von 1955 bis 1990 etwa verdreifacht haben, gingen sie seit Ende der 1980er Jahre um mehr als die Hälfte zurück. Der Grund sind Maßnahmen wie die europaweite Einführung des Katalysators und der Einbau von Filtern in Großfeuerungsanlagen.[3] Die wichtigste Senke für Stickoxide ist die Oxidation von NO2 durch Reaktion mit dem OH-Radikal.

Erläuterungen [4]
1 Tg/a bedeutet 1 Teragramm pro Jahr
1 Tg (1 Teragramm) = 1 Mt (1 Megatonne)
1 Tg = 1 • 1012 Gramm = 1 • 106 t
Abb. 3: Langzeitverlauf der Emissionen der Ozon-Vorläufergase NOx und VOC in Deutschland 1970-1998

Auch das atmosphärische Kohlenmonoxid stammt zu mehr als der Hälfte aus anthropogenen Quellen wie Entwaldung, Waldbränden, Verbrennung von Abfällen, Holzverbrennung und Nutzung fossiler Energien, die insgesamt 1350 Tg pro Jahr emittieren, wovon 207 Tg/Jahr aus dem Straßenverkehr[5] stammen. Demgegenüber spielen natürliche Emissionen mit ca. 200 Tg/a nur eine geringe Rolle. Außerdem wird CO mit etwa 1250 Tg/a durch Oxidation von Methan und anderen Gasen in der Troposphäre gebildet, wovon etwa die Hälfte auf anthropogene Emission von Methan und andere menschlich verursachte Emissionen zurückgeführt werden kann. Die CO-Konzentration hat besonders in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts mit der Industrialisierung und Bevölkerungsentwicklung stark zugenommen und ist auf der Nordhalbkugel doppelt so hoch wie auf der Südhalbkugel. Bis in das Jahr 1989 nahm die CO-Konzentration langsam zu, danach zeigte sich jedoch eine leichte Abnahme, möglicherweise aufgrund der Katalysator-Nutzung im Straßenverkehr. 1991 bis 1997 wurde eine Abnahme um 2 %/Jahr gemessen, 1998 wieder eine Zunahme. Mit großer Unsicherheit wird der globale Gehalt auf 360 Tg geschätzt, wobei der Anteil der Nordhalbkugel doppelt so hoch ist wie der der Südhalbkugel.[6]

Neben Stickoxiden und Kohlenmonoxid sind die flüchtigen organischen Verbindungen (VOC), von denen es in der Atmosphäre mehr als 1000 Verbindungen gibt, die dritten wichtigen Vorläufersubstanzen für die Entstehung von Ozon. Der mit Abstand größte Teil der VOC entstammt natürlichen Quellen. So werden die am meisten vorkommenden VOC Isoprene und Terpene mit 220 bzw. 127 Tg/Jahr nach IPCC-Schätzungen von der Vegetation emittiert, während nur ca. 190 Tg/Jahr der VOC insgesamt aus anthropogenen Quellen stammen.[7] Die durch menschliche Aktivitäten verursachte Emission von VOC ist im letzten Jahrhundert stark angestiegen. Den größten Anteil daran hat der Verkehr, daneben die Ausdünstung von vielen bauchemischen Produkten wie z. B. Anstrichstoffen, Klebstoffen oder Dichtungsmassen. Wegen der kurzen Lebensdauer von wenigen Tagen bis Wochen finden sich VOC vor allem in der Nähe der Emissionsgebiete. Bei den natürlichen Emissionen sind die Tropen die Hauptgebiete. Die anthropogenen Emissionen finden sich dagegen hauptsächlich in den dicht besiedelten und stark industrialisierten Regionen der Nordhemisphäre. Auch bei den anthropogenen VOC haben eindämmende Maßnahmen dazu geführt, dass die Emissionen in den westlichen Industriestaaten seit Ende der 1980er Jahre erheblich zurückgegangen sind (vgl. Abb. 3).

Globale Verteilung von Ozonkonzentrationen

Entsprechend den Quellgebieten der Vorläufergase sind die Hauptgebiete der anthropogenen O3-Produktion die industrialisierten Regionen der mittleren Breiten und die tropischen Gebiete mit starker Biomassenverbrennung. In der regionalen Verteilung besteht allerdings ein großer Unterschied in der Verteilung der Vorläufergase und des Ozons selbst zwischen den Werten am Boden und in größerer Höhe. Während die Bodenwerte in den Entstehungsgebieten und den benachbarten Leezonen am höchsten sind und dann schnell abfallen, ist die Konzentration in größerer Höhe rund um den Globus verhältnismäßig homogen. Der Grund liegt in der längeren Lebensdauer der Spurengase in der oberen Troposphäre und in dem relativ ungehinderten atmosphärischen Transport. So beträgt die chemische Lebensdauer von NOx in Bodennähe einen Tag, in 8 km Höhe dagegen mehrere Wochen. Beim Ozon selbst sind die Unterschiede noch größer.

Durch die längere Lebensdauer können die Vorläufergase und das Ozon selbst in einigen km Höhe über weite Strecken durch Luftströmungen transportiert werden, so von den USA über den Nordatlantik, von Ostasien bis über den östlichen Nordpazifik, von tropischen Waldbrandgebieten in Südamerika und Afrika bis weit auf den Südatlantik. Satellitendaten zeigen im späten Frühjahr bis Sommer (Mai-Juli) eine von den Industrieregionen im östlichen China und Japan ausströmende Ozon-Fahne, die quer über den pazifischen Ozean bis zur Westküste Nordamerikas reicht. Ähnliche Beobachtungen wurden zwischen der Ostküste Nordamerikas über den Atlantik bis nach Westeuropa gemacht. In beiden Fällen lagen die Ozonwerte mit 50-60 DU auf dem Niveau der industrialisierten Regionen selbst, obwohl die Ozeane relativ wenig verschmutzt sind.[8]

Erläuterungen [9]
1 DU = 1 Dobson Unit = 10,9 Teragramm O3. - Vgl. hierzu auch das Kapitel "Gesamtmenge an Ozon in der Troposphäre".

Entsprechend sind auch die Werte für die gesamte troposphärische Ozonsäule deutlich gleichmäßiger um den Globus verteilt als für das bodennahe Ozon. Ein bezeichnendes Beispiel für den Höhenunterschied in der Ozonverteilung ist die Zunahme der troposphärischen Ozonmenge durch den Straßenverkehr im Hochsommer. Erhöhungen der Ozonmenge um 10-15 % durch die Emission von Vorläufersubstanzen infole des Straßenverkehrs sind in Bodennähe im wesentlichen auf Nordamerika, Mittel- und Westeuropa und Japan beschränkt, dh. auf die Hauptemissionsgebiete der Vorläuferstoffe selbst. In 9 km Höhe sind die maximalen Zunahmen der Ozonmenge mit 5-10 % zwar etwas geringer, diese sind jedoch in den höheren Breiten der Nordhalbkugel rund um den Globus nahezu gleichmäßig verteilt und überdecken z.B. den gesamten Nordatlantik.

Fluss von Ozon aus der Stratosphäre in die Troposphäre

Die zweite wichtige Quelle für troposphärisches Ozon ist der Fluss aus der Stratosphäre, der auf 475 Tg/a geschätzt wird.[10] Der Anteil aus dieser Quelle ist relativ groß über den Ozeanen, da die Produktion vor Ort hier relativ gering ist, und ist z.T. für die relativ gleichmäßige Verteilung von troposphärischem Ozon über die nördlichen mittleren Breiten verantwortlich. Über Land dominiert eher die Oberflächenemission der Ozon-Vorläufergase als wichtigste Quelle. Dennoch sind gerade die großen Kontinente der Nordhalbkugel mit ihren Gebirgen dafür verantwortlich, dass der Ozonfluss aus der Stratosphäre hier fast doppelt so groß ist wie auf der Südhalbkugel, weil sie durch die Verstärkung der planetaren Wellen Tropopausenbrüche verursachen können und dadurch für einen stärkeren Massenaustausch zwischen Stratosphäre und Troposphäre sorgen. Ein zweites Austauschmaximum findet sich in den Tropen, wo die hochreichenden Gewitterwolken die Tropopause durchstoßen.

Gesamtmenge an Ozon in der Troposphäre

Die gesamte Menge des troposphärischen Ozons ist schwer abzuschätzen. Sie wird aus Satellitendaten nach Abzug der viel größeren stratosphärischen Ozonmenge abgeleitet und gegenwärtig auf 370 Tg geschätzt, was einer durchschnittlichen globalen Säulendichte von 34 DU (Dobson-Einheit: 1 DU = 2,7 x 1016 O3-Moleküle/cm2) bzw. einer durchschnittlichen Konzentration von 50 ppb entspricht.[10] 100 Dobson-Units entsprechen dabei etwa nur einem Millimeter Höhe, wenn alles Ozon in reiner Form am Erdboden liegen würde. Die Menge des Ozons wird außerdem mithilfe von Modellen berechnet. Aus Beobachtungen (Satelliten) und Modellberechnungen ergibt sich nach dem 6. Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC von 2021 eine Gesamtmenge des troposphärischen Ozons von 347 Tg für die Zeit um 2010.[11]

Konzentrationsveränderung und klimatische Wirkung

Veränderungen bis heute

Abb. 4: Veränderung der Ozonkonzentration seit der vorindustriellen Ära nach Modellberechnungen.

Die Einschätzung der langfristigen Trends in der Troposphäre gestaltet sich schwierig, da die entsprechenden Messstationen spärlich verteilt sind. Die langfristigen Trends unterscheiden sich je nach Station in Stärke, Vorzeichen und den Gründen für diese Veränderungen. In nördlichen mittleren Breiten wurden zudem Ozonsonden eingesetzt, die ein Vertikalprofil des Ozongehalts und nicht nur bodennahe Werte liefern.

Die wenigen Beobachtungswerte und Modellanalysen legen eine Zunahme des globalen troposphärischen Ozons seit vorindustriellen Zeiten bis heute von 25 DU auf 34 DU nahe[9]. Vereinzelte europäische Messungen, die bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreichen, lassen vermuten, dass sich der Ozongehalt in Bodennähe im 20. Jahrhundert hier sogar verdreifacht hat. Auch Modellrechnungen ergeben aufgrund der zunehmenden Emissionen der Vorläufergase eine Verdreifachung des Ozongehalts in Europa, Nordamerika und Südostasien.[12]

Neuere Datenreihen zeigen global eine Zunahme während der starken Nachkriegsindustrialisierung in den 1960er und 1970er Jahren, danach aber keinen klaren Trend mehr. Hier haben offenbar die Anstrengungen zur Kontrolle der Emission von Ozon-Vorläufergasen, insbesondere von Stickoxiden, in Nordamerika und Europa das Wachstum der Ozon-Konzentration stark gebremst. Besonders deutlich zeigt sich dieser Trend in den älteren Industrieländern selbst, wie die Messungen am Hohenpeissenberg in Süddeutschland belegen. Die Ursachen der hier dargestellten Veränderung der Ozon-Konzentration in der freien Atmosphäre liegen allerdings nicht nur in den regionalen Verhältnissen, da hier auch globale Emissionsänderungen sowie Änderungen der atmosphärischen Zirkulation eine Rolle spielen können.

In jüngster Zeit hat die schnelle Industrialisierung im östlichen Asien wieder zu deutlich gesteigerten Emissionen von Ozon-Vorläufergasen geführt. Aufgrund dessen, dass Ozon eine atmosphärische Lebensdauer von mehreren Wochen besitzt, d.h. der zirkumhemisphärischen Transportzeit nahe kommt, haben die kombinierten Emissionen von Nordamerika und Eurasien die troposphärische Hintergrundkonzentration von Ozon auf der Nordhalbkugel wieder zunehmen lassen. Auf der Südhalbkugel ist die Ozonkonzentration durch Biomassenverbrennung und die Nutzung fossiler Brennstoffe ebenfalls deutlich angestiegen. Schiffmessungen auf dem Atlantik, die ein gutes Bild der von regionalen Besonderheiten unabhängigen Hintergrundkonzentration liefern, haben zwischen 1977 und 2002 in den mittleren Breiten der Nordhemisphäre nur eine sehr geringfügige Zunahme, in den subtropischen und tropischen Breiten beider Hemisphären aber deutliche Zuwächse der Ozonkonzentration von z.T. über 50 % ergeben.[13] Auch Flugzeugmessungen ergeben eine Zunahme zwischen 1994 und 2003 in den Tropen und der Südhemisphäre, wohingegen Satellitendaten keinen Trend für den Zeitraum 1979-1992 ergeben.[14] Modellberechnungen für den 6. IPCC-Bericht haben eine Zunahme des tropospärischen Ozons von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis um 2010 von 109 Tg ergeben.[15]

Projektionen

Veränderung der troposphärischen Ozon-Menge (Jahresmittel) und des dadurch verursachten Strahlungsantriebs nach geographischer Breite seit Beginn der Industrialisierung in DU (Dobson-Units).

Modellsimulationen für das 21. Jarhundert gehen davon aus, dass das troposphärische Ozon bis 2030 um ca. 5 ppb und bis 2100 um bis zu 20 ppb ansteigen könnte, in einigen Regionen wie vor allem in Süd- und Ostasien sogar um mehr als 45 ppb.[16] Diesen Modellrechnungen liegen Annahmen über eine durchschnittliche Verdreifachung der Stickstoffemissionen von 2000 bis 2100 zugrunde. Dabei geht man von einer Verdopplung der N-Emissionen in Europa und Nordamerika aus, aber von einer Steigerung um das 5-8fache in Indien, Südostasien, Afrika und Südamerika. Auch die Zunahme der Emission von Kohlenmonoxid wird mit einem Faktor von durchschnittlich 2,4 angenommen, wobei Europa und Amerika bei 2 bzw. 1,6, die anderen oben genannten Regionen bei 4-6,5 liegen könnten. Nicht berücksichtigt sind in diesen Rechnungen die Folgen des Klimawandels auf das Ökosystem und dessen Emissionen der Ozon-Vorläufergase, weshalb sie mit großen Unsicherheiten behaftet sind. Auch andere Projektionen (bis 2025 und 2050) gehen davon aus, dass aufgrund der starken NOx-Emissionen in den asiatischen Industrieregionen die Hintergrundkonzentration von O3 auf der gesamten nördlichen Hemisphäre weiter ansteigen und selbst in wenig belasteten ozeanischen Regionen der Südhalbkugel noch um 10-20 % zunehmen wird.[17]

Welche Auswirkungen hat die veränderte Konzentration des troposphärischen Ozons auf den Strahlungshaushalt der Atmosphäre und das Klima? Ozon absorbiert Strahlung sowohl im langwelligen als auch - im Unterschied zu den langlebigen Treibhausgasen - in geringerem Maße im kurzwelligen Bereich. Die Absorption im langwelligen Bereich ist bei 9,6 μm besonders hoch, da Ozon dort eine starke Absorbtionsbande aufweist. Die kurzwellige Absorption ist vor allem über den Polen wichtig, da Ozon hier zusätzlich zu der einfallenden Sonnenstrahlung auch noch die reflektierte Strahlung absorbiert, wodurch sich die hohen Werte über Eis- und Schneeflächen in den hohen nördlichen Breiten erklären.

Der Strahlungsantrieb durch troposphärisches Ozon seit Beginn der Industrialisierung beträgt nach Modellberechnungen etwa 0,35 W/m2, was ungefähr 20% des Strahlungsantriebs der langlebigen Treibhausgase (Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid und FCKW) ausmacht bzw. etwa dem direkten Strahlungsantrieb durch Sulfat-Aerosole, allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen, entspricht. Die Schätzungen erstrecken sich insgesamt jedoch über einen Bereich zwischen 0,25 und 0,65 W/m2, weil die Verteilung des Ozongehalts unsicher ist.[18] Bis 2050 haben Modellsimulationen einen zusätzlichen Antrieb von 0,25 bis 0,4 W/m2 berechnet.[19]

Aus dem Strahlungsantrieb seit der vorindustriellen Ära folgt ein Anstieg der globalen bodennahen Temperatur durch die anthropogene Ozon-Zunahme um etwa 0,28 °C. Durch die unterschiedliche geographische Verteilung von Ozon sind die Effekte regional sehr verschieden. Auf der Nordhalbkugel wird der Temperaturanstieg auf 0,4 °C, mit Maximawerten im Lee der industrialisierten Gebiete in Europa, Asien und Nordamerika von 0,8 °C, auf der Südhalbkugel auf 0,2 °C geschätzt.[20]

Einzelnachweise

  1. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.3.6.1
  2. zum Folgenden vgl. IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (Houghton, J.T. et al., eds), Cambridge and New York, Kapitel 4.2.3.3 and Table 4.8; vgl. ferner: Appendix VI - Units
  3. Claude, H., W. Fricke und S. Beilke (2001): Wie entwickelt sich das bodennahe und das troposphärische Ozon?, Ozonbulletin des Deutschen Wetterdienstes, Nr. 82 (http://www.dwd.de/de/FundE/Observator/MOHP/hp2/ozon/bulletin.htm)
  4. Vgl. IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (Houghton, J.T. et al., eds), Cambridge and New York, Appendix VI - Units
  5. Granier, C., and G.P. Brasseur (2003): The impact of road traffic on global tropospheric ozone, Geophysical Research Letters 30, doi: 10.1029/2002GL015972
  6. IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (Houghton, J.T. et al., eds), Cambridge and New York, 4.2.3.1
  7. IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (Houghton, J.T. et al., eds), Cambridge and New York, 4.2.3.2 and Table 4.7
  8. Chandra, S., J.R. Ziemke, X. Tie, G. Brasseur (2004): Elevated ozone in the troposphere over the Atlantic and Pacific oceans in the Northern Hemisphere, Geophysical Research Letter 31, L23102 10.1029/2004GL020821
  9. 9,0 9,1 IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (Houghton, J.T. et al., eds), Cambridge and New York, Table 4.9
  10. 10,0 10,1 IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (Houghton, J.T. et al., eds), Cambridge and New York, Kapitel 4.2.4
  11. IPCC (2021): Climate Change 2021, Working Group I, 6.3.2.1
  12. Hauglustaine, D.A., and G.P. Brasseur (2001): Evolution of Tropospheric Ozone under Anthropogenic Activities and Associated Radiative Forcing of Climate, Journal of Geophysical Research 106, 32337-32360
  13. Lelieveld, J., J. van Aardenne, H. Fischer, M. de Reus, J. Williams, and P. Winkler (2004): Increasing Ozone over the Atlantic Ocean, Science 304, 1483-1487
  14. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.3.6.2
  15. IPCC (2021): Climate Change 2021, Working Group I, 6.3.2.1
  16. Prather, M. et al. (2003): Fresh air in the 21st century?, Geophys. Res. Lett. 30, 10.1029/2002GL016285
  17. Lelieveld, J., F.J. Dentener (2000): What controls tropospheric ozone?, Journal of Geophysical Research 105 , 3531-3551; Hauglustaine, D.A., and G.P. Brasseur (2001): Evolution of Tropospheric Ozone under Anthropogenic Activities and Associated Radiative Forcing of Climate, Journal of Geophysical Research 106, 32337-32360
  18. IPCC 2007: Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger. In: Klimaänderung 2007: Wissenschaftliche Grundlagen. Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Vierten Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung (Seite 3 f. von 18 der PDF-Datei)
  19. IPCC (2001), Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report, Kapitel 6.5.2.2; Hauglustaine, D.A., and G.P. Brasseur (2001): Evolution of Tropospheric Ozone under Anthropogenic Activities and Associated Radiative Forcing of Climate, Journal of Geophysical Research 106, 32337-32360
  20. Mickley, L. J.; Jacob, D. J.; Field, B. D.; Rind, D. (2004): Climate response to the increase in tropospheric ozone since preindustrial times: A comparison between ozone and equivalent CO2 forcings, J. Geophys. Res., Vol. 109, No. D5, D05106 10.1029/2003JD003653

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