Nordatlantische Oszillation

Aus Klimawandel

Unter der Nordatlantische Oszillation versteht man die Schwankungen des Luftdruck-Gegensatzes zwischen dem Azorenhoch im Süden und dem Islandtief im Norden des Nordatlantiks. Im nordatlantischen Raum ist die NAO das dominierende Muster der winterlichen Klimavariabilität. Die NAO beeinflusst entscheidend Wetter- und Klimaschwankungen über dem östlichen Nordamerika, dem Nordatlantik und Europa. Ihre Auswirkungen reichen von der Ostküste der USA bis nach Sibirien und von der Arktik bis in den nördlichen subtropischen Atlantik. Ihr Einfluss ist besonders stark auf das europäische Winterklima. Nach Hurrell (1996) ist die NAO für 31% der Schwankungen der winterlichen Oberflächentemperaturen über der nördlichen Hemisphäre nördlich von 20o N verantwortlich. Die NAO ist daher nicht nur prägend für den Nordatlantik-Raum, sondern für die Nordhalbkugel insgesamt. Ein Verständnis des NAO-Phänomens ist nicht zuletzt von grundlegender sozioökonomischen Bedeutung.

NAO-Indizes

Die Stärke der Nordatlantischen Oszillation wird durch den sogenannten NAO-Index gekennzeichnet.

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Der NAO-Index im 19. und 20. Jahrhundert


Positive NAO-Phase

Die positive NAO-Phase ist charakterisiert durch einen positiven NAO-Index. Während dieser Phase sind das Azorenhoch und das Islandtief verstärkt ausgeprägt. Dies führt in den meisten Fällen zu einer starken Westdrift, die milde und feuchte Luft nach Europa führt. In Extremfällen bringt diese sogar zahlreiche Stürme mit sich. So resultierten die Winterstürme und Orkane 1999 (Anatol, Lothar, Martin) aus solch einer Lage.

Auswirkungen zu Zeiten eines positiven NAO-Indexes

Wetterlage

Ein starker Druckgradient verstärkt West- und Passatwinde. Sowohl die Achse der Westwinde und des Jets verschieben sich nach Norden, als auch die Sturmbahnen.Es kommt zu einer erhöhten Aktivität von Tiefdruckgebieten verbunden mit erhöhtem Feuchtigkeitstransport, der zu nassen, warmen Winter in Skandinavien und Mitteleuropa und zu trockenen, kalten Winter in Südeuropa und Nordafrika führt.

Ozeantemperaturen

Die Ozeantemperaturen sind zu Zeiten einer positiven NAO-Phase durch negative Abweichungen östlich bis südöstlich von Grönland und im südlichen Nordamerikanischen Becken und positive Abweichungen im nordwestlichen Nordamerikanischen Becken gekennzeichnet

Meereis und Salinität

Während dieser Phase ist die Labradorsee mit Meereis bedeckt, da der Labradorstrom weiter südlich verläuft.Der Transpolare Driftstrom wird schwächer und Meereis nimmt in der Barentssee ab. Diese Reduktion des Meereises hat zur Folge, dass sich der Salzgehalt der Meerwassers (Salinität) verringert.

Negative NAO-Phase

Bei einem negativen NAO-Index sind die Aktionszentren nur schwach ausgeprägt, womit auch die Westdrift "einschläft". So führen häufige Kaltlufteinbrüche aus Nordosten in Mitteleuropa immer wieder zu entsprechend kalten Wintern. Die abgeschwächte Westwinddrift verlagert sich südwärts und führt im Mittelmeerraum zu feuchterem Wetter.

Stark negative (Reversal)NAO-Phase

Hat das Azorenhoch den Platz des Islandtiefs eingenommen, und umgekehrt, so ist der NAO-Index stark negativ. In der Fachwelt spricht man dann häufig von einer High-over-Low-Lage. Kalte, kontinentale Luft ausgehend vom asiatischen Hoch oder auch ugs. Sibirienhoch, kann in diesem Fall bis weit nach Mitteleuropa vordringen und bringt den Menschen im wahrsten Sinne des Wortes "sibirische Kälte".

Die Folgen für Umwelt und Klima

Folgen eines positiven NAOs

Atmosphäre:

  • In Grönland bestimmt die Polarluft das Wetter, somit ist es besonders kalt und trocken.
  • Der Jetstream, ein Windsystem, das mehrere Kilometer über dem Boden bei ungefähr 30° bis 60° nördlicher Breite um den Globus fegt, wird von dem Islandtief so beeinflusst, dass die über dem Atlantik gebildeten Tiefdruckgebiete mit ihren starken Stürmen direkt Nordeuropa erreichen. Starke Niederschläge und milde Temperaturen sind in unseren Breiten die Folge.
  • Währenddessen erreichen kalte Ausläufer des Russland-Hochs häufig den Mittelmeerraum. Dem entsprechend wird es dort kälter und trockener als gewöhnlich.
  • Über Nordafrika verstärken sich die Passatwinde.

Ozean:

  • Der Eisexport aus der Arktis scheint durch das kalte Wetter in Grönland größer als normal zu werden.
  • Die Oberflächentemperatur zeigt eine dreipolige Struktur: Durch die kalten Winterstürme wird die Labradorsee besonders kalt (im Bild als Bildungsort des "LSW" (Labradorseewassers) vermerkt), die Region des Golfstroms dagegen erwärmt sich, wenn der Golfstrom (und sein Ausläufer, der Nordatlantische Strom) mehr warmes Wasser nordwärts transportiert.
  • Die verstärkten Passatwinde führen zu einer Abkühlung des äquatorialen Atlantiks durch verstärkten Auftrieb aus dem tieferen Ozean.

Biologische Prozesse:

  • In Skandinavien hat die Flora und Fauna ca. 20 Tage mehr Zeit zum Gedeihen, bis der Frost sich durchsetzt.
  • In der Labradorsee kommt es durch das Absinken des kalten Oberflächenwassers zu einem Rückgang des Fischbestandes (vor allem Kabeljau und Dorsch).
  • Die starken Passatwinde führen dazu, dass der Sand der Sahara weit auf den Atlantik hinaus weht. Nicht ganz geklärt ist der Einfluss dieses Staubs auf die Biologie im Ozean.
  • Das von der afrikanischen Küste weggetriebene Oberflächenwasser wird durch nährstoffreicheres Tiefenwasser aus dem tieferen Ozean ersetzt, so dass es viel Fisch gibt, der den Fischern einen guten Fang beschert.

Folgen eines negativen NAOs

Atmosphäre:

  • In Grönland wird es relativ warm, denn das schwache Tief kommt nicht gegen die warmen Luftströmungen vom amerikanischen Festland an.
  • Durch einen schwächeren Luftdruckgegensatz sind die Westwinde über dem Atlantik schwächer. Sie erreichen kaum Nordeuropa, sondern eher den Mittelmeerraum.
  • Dort sorgt die Luftströmung vom Atlantik für verstärkte Niederschläge.
  • Das Hoch über Russland kann nun sein volle Kraft entfalten und schickt Nordeuropa sibirische Temperaturen und trockenes Wetter. Damit werden die Energiekosten in die Höhe getrieben (Stichwort Heizung).

Ozean:

  • Die Eismassen in der Arktis scheinen sich zurückziehen, genauso wie die Gletscher auf Grönland. Dies geschieht aber deutlich langsamer als die NAO schwankt.
  • Die dreiteilige Struktur im Nordatlantik hat sich umgedreht: Die wärmere Festlandsluft in der Labradorsee sorgt dafür, dass diese Gegend wärmer wird. Vor der Ostküste der USA bleibt es eher kühl, weil der jetzt schwächere Golfstrom weniger warmes Wasser nach Norden schaufelt.
  • Die Passatwinde entlang des Äquators sind schwächer, so dass die Abkühlung dort geringer wird.

Biologische Prozesse:

  • Das kältere Wasser im Bereich des Golfstroms lässt dort den Bestand an Muscheln wachsen.
  • In der Labradorsee steigen die Fischbestände durch höhere Temperaturen an.
  • Im Mittelmeerraum freuen sich die Bauern, denn sie erzielen durch mehr Regen eine bessere Wein- und Olivenernte.


Die NAO als Einflussfaktor für den Tiefenwassertransport

Der im Nordatlantik in der Labrador See als auch im Europäischen Nordmeer stattfindende vertikale Wasseraustausch wird maßgeblich durch Schwankungen der NAO beeinflusst. Durch die in den letzten beiden Jahrzehnten überwiegend positiven NAO-Lagen ist es zu einer verstärkten Tiefenwasserbildung im Nord-West Atlantik gekommen. Diese ist mit den verhältnismäßig kalten Wintertemperaturen korreliert, die aufgrund der positiven NAO-Lage an der Ostküste Kanadas auftreten. Dabei trägt die konvektive Erneuerung mittlerer und tiefer Wasserschichten der Labrador See zur Produktion und Transport des Nordatlantischen Tiefenwassers bei und hält so die weltweite thermohaline Zirkulation in Gange. Die Intensität der im Nordatlantik stattfindenden Konvektionsströme wird dabei weniger durch jahreszeitliche als durch Schwankungen der NAO, die sich über Jahrzehnte erstrecken, beeinflusst. So ist die in der Labradorsee stattfindende Konvektion in den späten 1960er-Jahren wesentlich schwächer und somit flacher ausgeprägt gewesen als es heute der Fall ist. Seitdem ist das Wasser der Labrador See um einiges kälter und salzärmer geworden, mit stark zugenommenden Konvektionsströmen bis in über 2300 Meter Tiefe. Dagegen wird die Konvektion im Europäischen Nordmeer in den letzten Jahren eher unterdrückt und zeichnet sich durch wärmere und salzreichere Tiefengewässer aus.

Siehe auch

Literatur

  • Vinther et al. 2003, A major deviation from the NAO temperature seesaw pattern
  • Wanner et al. 2001, North atlantic oscillation – concepts and studies
  • Jones et al. 1997, Extension to the north atlantic oscillation using early instrumental pressure observations from Gibraltar and south-west Iceland

Weblinks

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