Korallenriffe

Aus Klimawandel
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Einfluss des Klimawandels auf Korallenriffe

Bei Korallen handelt es sich biologisch gesehen um Tiere, die in flachem Wasser am Grund des Ozeans festsitzen.[1] Die so genannten Steinkorallen bilden durch Einlagerungen von Kalk Skelette, durch welche die Korallenriffe entstehen. Tropische Korallen leben in Symbiose mit Algen, die auf den Skeletten wachsen und so den Eindruck verleihen, es handle sich insgesamt um Pflanzen. Diese Korallenriffe sind geologisch gesehen sehr alt und wachsen nur langsam. Außerdem gibt es auch Kaltwasser-Korallen, die nicht mit Algen in Symbiose leben, sondern Nährstoffe aus herabsinkenden Partikeln extrahieren.

Die Korallenriffe in den warmen tropischen Meeren gelten neben dem tropischen Regenwald als artenreichster Lebensraum der Erde. 60 000 Arten sind bekannt, über 400 000 Arten werden vermutet. Korallenriffe beherbergen mehr als 25% der bekannten Meeresfische und sind damit eine wichtige Nahrungsquelle für viele Küstenbewohner. Sie sind außerdem ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor im Tourismus vieler Länder und dienen dem Küstenschutz. Die weltweiten Riffareale werden auf 617 000 km2 geschätzt, die Ausdehnung der flachen, gut entwickelten Korallenriffe auf 255 000 km2, wovon 58% durch Überfischung und Verschmutzung, sowie anderer menschlicher Aktivitäten als gefährdet gelten. Als neuer Bedrohungsfaktor ist in jüngster Zeit der Klimawandel identifiziert worden. Dieser wirkt in dreifacher Weise auf die Korallenriffe ein: durch erhöhte Wassertemperaturen, durch die Versauerung des Wassers und durch veränderte Sturmintensitäten[2] Die Kaltwasserkorallen sind außerdem besonders anfällig gegen Strömungsänderungen, da die Nahrungszufuhr von der Ozeanzirkulation abhängt.

Es wird angenommen, dass der Anstieg des Meeresspiegels in den nächsten 100 Jahren keine oder nur eine geringe Bedrohung für die Riffe darstellt, da gesunde Riffe wahrscheinlich zu einem vertikalen Wachstum von bis zu 10 mm pro Jahr in der Lage sind. Wie das bei den zahlreichen bereits degradierten Riffen in den dichtbevölkerten Regionen Südostasiens, Ostafrikas und der Karibik aussieht, ist weniger klar.

Einfluss steigender Wassertemperaturen

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Veränderung der Korallenbedeckung zwischen Dezember 1998 bis Februar 2000 in den Lagunen von Belize bei zwei Arten der Salatkoralle Agaricia (blau und rot) und anderen harten Korallen wie Scleractina und Milleporina (grün)

Die Temperatur des Oberflächenwassers in den tropischen Ozeanen ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen, und es wird erwartet, dass sie bis 2100 um weitere 1-2 °C zunehmen wird. Viele Korallenriffe existieren bereits an oder nahe der Temperaturobergrenze. Eine weitere Erwärmung wird zunehmend lebensfeindliche Bedingungen schaffen.

Von vielen Wissenschaftlern wird die in jüngster Zeit beobachtete Korallenbleiche bereits als Folge der globalen Erwärmung gedeutet, denn für den Zusammenhang zwischen erhöhter Wassertemperatur und der Korallenbleiche gibt es inzwischen stichhaltige Beweise.[2] Üblicherweise kommt es zu einer Bleiche, wenn die Temperatur um mehr als 0,8 - 1 °C über den mittleren Sommerwerten liegt und diese Anomalie mindestens 4 Wochen lang anhält. Das Ausbleichen der Korallen entsteht dadurch, dass die symbiotisch auf der Oberfläche der Korallen lebenden Algen durch eine Temperaturerhöhung ihr lebenswichtiges Pigment, das Chlorophyll, verlieren und absterben. Zurück bleiben die weißen, bleichen Korallenstöcke, die bei längerem Anhalten dieses Zustandes ebenfalls absterben. Korallenbleiche kann außerdem auch durch verstärkte Sonnenstrahlung zustandekommen; weitere begünstigende Faktoren sind extrem niedrige Tiden, eine Absenkung des Salzgehaltes und Umweltbelastungen durch den Menschen. Diese Faktoren wirken in vielen Fällen zusammen. So kann eine extrem niedrige Ebbe das Korallendach stärker der Sonnnenstrahlung aussetzen, und die durch Umwelteinflüsse geschwächten oder erkrankten Korallen sind dem temperaturbedingten Ausbleichen schutzloser ausgesetzt.

In den letzten 20 Jahren war die Korallenbleiche häufig mit El Niño-Ereignissen gekoppelt, duch die die Meeresoberflächentemperatur um mehrere Grad Celsius über das normale Maximum angestiegen, in manchen Gebieten aber auch der Wasserspiegel deutlich abgesenkt war. Beispiellos war die Korallenbleiche 1998 in ausgedehnten Gebieten, die mit dem El Niño 1997/98 in Zusammenhang gebracht und als Vorzeichen künftiger Ereignisse bei einer weiteren Erwärmung gedeutet wurde. Die Korallenbleiche wurde aus insgesamt 32 Ländern und Inselstaaten berichtet, mit den Hauptgebieten im Pazifik, Indischen Ozean und der Karibik. Auch das australische Große Barrier-Riff war ernsthaft betroffen.[3] Einige Korallenarten konnten sich nach ein bis zwei Monaten wieder erholen, bei anderen war das nicht der Fall. In den Lagunen von Belize z.B. stieg 1998 die Temperatur des Wassers in 2-10 m Tiefe auf bis zu 31,5 °C (normalerweise werden selten 29 °C überschritten) und verursachte eine Korallenbleiche, wie es sie in den letzten 3000 Jahren nicht gegeben hat.[4] Diese und andere Befunde legen es nahe anzunehmen, dass bei einem weiteren Anstieg der Meeresoberflächentemperatur durch den menschenbedingten Treibhauseffekt das Phänomen der Korallenbleiche und des Korallensterbens in Zukunft noch ernstere Formen annehmen wird. Der prognostizierte Meerespiegelanstieg könnte dem aber auch entgegenwirken, zumal in einigen Gebieten wie vor der Westküste Thailands die Korallenbleiche primär in Folge der Meeresspiegelabsenkung durch den El Niño 1997/98 und der dadurch ermöglichten stärkeren Solarbestrahlung erklärt wurde.[5]

Einfluss der CO2-Emissionen

Atolle des Staates Yap (Mikronesien im Pazifik): Für Korallen stellen die saurer werdenden Ozeane ein Risiko dar, denn sie sind auf die Bildung von Kalkschalen angewiesen

Da Korallenriffe einerseits große Mengen von Kalk akkumulieren, anderseits bei der Karbonatverwitterung aber auch Kohlenstoff freisetzen, sind sie eng in den Kohlenstoffkreislauf eingebunden. In jüngster Zeit ist viel diskutiert worden, ob eine Erhöhung der atmosphärischen und in deren Folge der im Meerwasser gelösten CO2-Konzentration sich negativ auf die Fähigkeit von Korallen zur Akkumulation von Kalk auswirken könnte.[6] [7] Die Bildung von Kalk hängt vom Sättigungsgrad des Kalziumcarbonat (CaCO3) im Meeresoberflächenwasser ab. In Meerwasser gelöstes Kohlendioxid reagiert nun aber mit Wasser und Kalziumkarbonat zu Hydrogenkarbonationen und Kalziumionen (CO2 + H2O + CaCO3 <-> 2HCO3- + Ca2+) [8]. Kohlendioxid entzieht also dem Meerwasser Kalziumkarbonat und beeinträchtigt damit die Kalzifizierung der Korallen. Da der Ozean bisher schon einen erheblichen Teil des anthropogen emittierten Kohlendioxids aus der Atmosphäre aufgenommen hat, müsste sich das schon auf die Kalkbildung ausgewirkt haben. Tatsächlich wird von manchen Forschern die Kalzifizierungsrate gegenwärtig auf 91% des vorindustriellen Wertes eingeschätzt und könnte danach auf 79% im Jahre 2065 und 73% im Jahre 2100 absinken.[9] Noch gibt es jedoch keine Daten, die ein verändertes Korallenwachstum an einem bestimmten Ort aufgrund von Versauerung nachweisen können.[2] Die wichtigsten Folgen einer geringeren Kalkbildung sind weichere Korallenskelette, geringere Wachstumsraten und eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Erosion. Und eine Reduzierung der Kalkakkumulation könnte sich auch auf die Fähigkeit der Riffe auswirken, bei einem steigenden Meeresspiegel in ausreichendem Maße vertikal mitzuwachsen.

Einfluss von Stürmen

Stürme beschädigen Korallen zum einen direkt durch die Kraft der Wellen, zum anderen indirekt aufgrund der Lichtschwächung durch aufgewirbeltes Sediment und dem Abrieb durch Sediment und abgebrochene Korallen. Eine Zusammenfassung von verschiedenen zwischen 1977 und 2001 in der Karibik erhobenen Daten zeigt, dass im Jahr nach einem Hurrikan ein Rückgang der Korallenbedeckung um 17 % zu verzeichnen war, ohne dass sich die Korallen innerhalb von 8 Jahren wieder erholten. Ein zweiter Hurrikan unmittelbar nach dem ersten hat dagegen einen geringeren Effekt.[2] Dies deutet darauf hin, dass die Stärke der Hurrikane einen größeren Einfluss auf die Korallen hat als ihre Häufigkeit. Gerade erstere könnte in Folge des Klimawandels aber zunehmen, wobei die Zukunft der Hurrikan-Statistik äußerst unsicher ist.

Ausblick

Wie also werden die tropischen Korallenriffe auf den Klimawandel im 21. Jahrhundert reagieren? Sicher ist nur, dass sie zu den empfindlichsten Ökosystemen zählen, so dass sie bereits bei einer globalen Erwärmung von 2 °C (welche z.B. von der EU als politisches Ziel formuliert wird) erheblichen Schaden nehmen könnten. Zu beachten ist aber, dass es beträchtliche Unterschiede in der Anfälligkeit und dem Regenerationsvermögen von Korallen gibt.

Eine Theorie besagt, dass sich Korallen ein Stück weit an eine steigende Temperatur anpassen können, indem sie mit anderen Algenarten in Symbiose leben, welche bei höheren Temperaturen noch existieren können.[10] Rein theoretisch könnten sich in Folge des Klimawandels auch Korallen in größerer Entfernung zum Äquator neu ansiedeln. In wieweit diese Anpassungsmechanismen in der Realität greifen werden ist jedoch extrem unsicher. Ein Grund dafür ist, dass zur erhöhten Temperatur noch alle anderen Stressfaktoren (durch Klimawandel, andere menschliche Aktivitäten und natürliche Schwankungen) hinzukommen. Die Ursachen des Korallensterbens sind zudem von Ort zu Ort verschieden wichtig. Während in der Karibik vor allem Krankheiten, Pflanzenfresser und Hurrikane von Bedeutung sind, werden die pazifischen Korallen von zu hohen Temperaturen bedroht, vor allem in El-Nino-Jahren.[10] Neben einem erfolgreichen globalen Klimaschutz sind daher auch andere umweltpolitische Maßnahmen von Bedeutung, um die Korallenriffe zu schonen.

Einzelnachweise

  1. Leinfelder, R. (2002): Die Entwicklung der Biodiversität - das Beispiel der Riffe
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: "Impacts, Adaptation and Vulnerability", 1.3.4.1 (PDF-Datei).
  3. International Society for Reef Studies, ISRS (1998): Coral Bleaching - a Global Concern, Reef Encounter 24, 19-20
  4. Aronson, R.B., W.F. Precht, I.G. Macintyre and T.J.T. Murdoch (2000): Ecosystems: Coral bleach-out in Belize, Nature 405, 36
  5. Brown, B.E., R.P. Dunne, M.S. Goodson, A.E. Douglas (2000): Marine ecology: Bleaching patterns in reef corals, Nature 404, 142-143
  6. O. Hoegh-Guldberg, P. J. Mumby, A. J. Hooten (2007): Coral Reefs Under Rapid Climate Change and Ocean Acidification
  7. K. R. N. Anthony, D. I. Kline, G. Diaz-Pulido, S. Dove, O. Hoegh-Guldberg (2008): Ocean acidification causes bleaching and productivity loss in coral reef builders
  8. R. A. Feely, C. L. Sabine, K. Lee, W. Berelson, J. Kleypas, V. J. Fabry,5 Frank J. Miller in "Science"(2004): Impact of Anthropogenic CO2 on the CaCO3 System in the Oceans
  9. Kleypas, J.A., R.W. Buddemeier, D. Archer, J.-P. Gattuso, C. Langdon, and B.N. Opdyke (1999): Geochemical Consequences of Increased Atmospheric Carbon Dioxide on Coral Reefs, Science 284, 118-120; Leclercq, N.L., J.E.A.N.-Pierre Gattuso and J.E.A.N. Jaubert (2000): CO2 partial pressure controls the calcification rate of a coral community, Global Change Biology 6, 329 -334
  10. 10,0 10,1 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: "Impacts, Adaptation and Vulnerability", Chapter 4: Ecosystems, their properties, goods and services.

Weblinks

Literatur

  • Schuhmacher, H., und G.-B. Reinicke (2011): Korallenriffe - Folgen der Erwärmung und Versauerung, in: José L. Lozán et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen und Risiken. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 214-219


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