Hochwasser im Mekong-Delta

Aus Klimawandel
Höhenkarte des Mekong-Deltas

Das Mekong-Delta

Mekong-Delta mit Flussläufen und Kanälen

Das Mekong-Delta ist mit 60 000 km2 das drittgrößte Delta der Welt.[1] Es entwässert den 4400 km langen Mekong, der vom Tibetischen Plateau durch China, Burma, Laos, Thailand und Kambodscha nach Süd-Vietnam fließ und dort über neun Delta-Arme ins Südchinesische Meer mündet. Das Delta liegt bis auf wenige kleinere Gebiete insgesamt sehr tief. Seine mittlere Höhe wurde auf 2,6 bis 3,3 m geschätzt.[2] Die Bestimmung der Oberflächenhöhe von Deltagebieten beruht traditionell auf Satellitenbeobachtungen. Deren vertikale Genauigkeit ist jedoch zu grob, um den Unterschied zwischen der Deltaoberfläche und dem Meeresspiegel exakt zu erfassen. Nach einer neuen Untersuchung, die zum ersten Mal auf umfangreiche topographische Daten zurückgreifen konnte, die die vietnamesische Regierung bis vor kurzem unter Verschluss gehalten hatte, liegt die mittlere Höhe bei 0,82 m und damit deutlich tiefer als bisher angenommen.[2] Das ist dramatisch viel weniger, als bisher angenommen, und bedeutet ein deutlich größeres Risiko gegenüber dem zu erwartenden Meeresspiegelanstieg durch den Klimawandel und anderen Hochwasserfaktoren.

Das Mekong-Delta ist von zahlreichen Flussarmen durchzogen, die wiederum durch unzählige Kanäle miteinander verbunden sind. Über den Mekong und seine Nebenflüsse werden dem Delta große Mengen an Sedimenten zugeführt. Sie sorgen nicht nur dafür, dass das Delta über Jahrtausende seine Erhebung über dem Meeressiegel erhalten und seine Fläche sogar ausgedehnt hat, sondern bringen auch zahlreiche Nährstoffe mit. Die Folge ist eine hohe Biodiversität, die weltweit nur vom Amazonasgebiet übertroffen wird.[1] Dadurch konnte sich das Mekong-Delta zur wichtigsten landwirtschaftliche Region Vietnams entwickeln und ist eine der fruchtbarsten Regionen der Erde. Hier werden 50 % der vietnamesischen Nahrungsmittel und 90 % der Reisernte Vietnams produziert sowie 60 % der Meeresfrüchte.[1] Vietnam hat sich in letzter Zeit zunehmend zu einem wichtigen Reisexporteur entwickelt, wobei 80 % des Reisexports aus dem Mekong-Delta stammen.[3]

Die Bevölkerung des Deltas wird auf ca. 20 Mio. geschätzt.[1] Ihre von Natur aus reichhaltigen Lebensgrundlagen sind in jüngster Zeit zunehmenden Gefahren ausgesetzt. Dazu gehören in erster Linie eine Absenkung des Bodens und ein Anstieg des Meeresspeigels mit zunehmenden Überschwemmungen. Eine gemäßigte Überflutung von 0,5 bis 4,0 m Höhe in der Regenzeit zwischen Juli und November, die jährlich 40-50 % der Fläche betreffen, gehört zu den Lebensbedingungen der hier lebenden Bevölkerung.[4] Ein Trend zu höheren Überschwemmungen zeichnet sich jedoch bereits ab, der in Zukunft durch mehr und intensivere Taifune mit höheren Niederschlägen, weitere Bodenabsenkungen und den Meeresspiegelanstieg wahrscheinlich zunehmen wird.

Vorhandene und geplante Staudämme am Mekong und seinen Nebenflüssen

Sedimentation und Bodenabsenkung

Das Mekong-Delta hat sich durch die umfassenden Sedimentablagerungen des Mekongs und seiner Nebenflüsse zu Beginn des Holozäns zunächst ausgedehnt und seine Küstenlinie zwischen 5300 und 3500 vh. um mehr als 200 km ins Meer vorgeschoben. In den letzten 3000 Jahren hat sich das Landwachstum dann auf 16 m pro Jahr verringert, aber weiterhin angehalten. In jüngster Zeit hat sich dieser Prozess jedoch umgekehrt. Zwischen 2003 und 2012 hat das Delta nach Satellitenbeobachtungen in vielen Bereichen 2,3 km2/Jahr an Küstenland verloren und die Küstenlinie hat sich über große Strecken zurückgezogen. Der Hauptgrund dafür ist die Abnahme des Sedimenttransports, der zwischen 2003 und 2012 jedes Jahr um 5 % zurückgegangen ist, bedingt durch das Abfangen der Sedimente hinter den Staudämmen am Mittel- und Oberlauf des Mekong und seiner Nebenflüsse.[1]

Der Mekong ist einer der sedimentreichsten Flüsse der Erde. Die Ablagerung der Sedimente im Mekong-Delta bewirkt unter natürlichen Bedingungen einen Ausgleich für die Bodenabsenkung durch Verdichtung und den Meeresspiegelanstieg. Zugleich besitzt der Fluss aber auch große Möglichkeiten für die Erzeugung hydroelektrischer Energie, die bereits zu einem großen Teil durch Staudämme genutzt werden. In den dadurch entstandenen Stauseen wird ein großer Teil der Flusssedimente zurückgehalten und der Sedimenttransport in das Mekong-Delta erheblich reduziert. Schätzungen gehen von einem Potential von 124 Staudämmen am Mekong und seinen Nebenflüssen zur Erzeugung von Wasserkraft aus. Z.Zt. sind 32 Staudämme in Betrieb und 24 im Bau. Ein weiterer Ausbau der Hydroenergie könnte den Sedimenttransport ins Delta um bis zu 90 % reduzieren. Die Entwicklung der Wasserkraft am Mittel- und Oberlauf des Flusses, der durch sechs Länder (China, Laos, Thailand, Myanmar, Kambodscha und Vietnam) fließt, geschieht weitgehend ohne Berücksichtigung der Folgen, die stromabwärts entstehen.[5]

Bodenabsenkung durch Grundwasserentnahme 1991-2016 in cm

Die Verringerung der Sedimentablagerung im Mekong-Delta ist nicht nur eine Ursache der beobachteten Küstenerosion, sondern vor allem für die Bodenabsenkung über weite Teile des Deltas verantwortlich. Bei der Bodenabsenkung kommen allerdings mehrere Faktoren zusammen. Ein weitere wichtige Ursache ist die Grundwasserentnahme, zu der es vor allem in den letzten 25 Jahren gekommen ist, d.h. seit den 1990er Jahren, als Vietnam begann, sich wirtschaftlich stark zu entwickeln. Sowohl durch das erhebliche Städtewachstum wie die intensive Industrialisierung entstand ein hoher Bedarf an Trink- und Brauchwasser, der größtenteils durch das Grundwasser gedeckt wurde, da das Oberflächenwasser durch hohe Salzgehalts- und Abwasserbelastung wenig geeignet ist.[6]

Die Bodenabsenkungen belaufen sich seit 1991 im Mittel auf 18 cm, mit lokalen Absenkungen von über 30 cm. Die gegenwärtigen Absinkraten liegen bei 11 mm/Jahr, regional auch bei 25 mm/Jahr und damit um fast das Zehnfache höher als der lokale absolute Meeresspiegelanstieg von etwa 3 mm/Jahr. In Ho-Chi-Minh-Stadt, die am Nordostrand des Deltas liegt, betrugen die Absenkung seit 1991 sogar 115 cm. Die aktuelle Absinkrate für die größte Stadt Vietnams wird auf ca. 7,3 cm/Jahr geschätzt. Die Folgen sind eine Zunahme von Überschwemmungen und Sturmfluten, die in der Zukunft häufiger und länger anhaltend auftreten werden. Hinzu kommt ein Eindringen von Salzwasser in die Flussmündungen und Oberflächengewässer, das langfristig auch die Grundwasserreserven gefährden wird.[6]

Bei einem Meeresspiegelanstieg von 1 m werden 75 % des Deltagebietes unter dem Meeresspiegel liegen.

Meeresspiegelanstieg und Überschwemmungen

Im Mekong-Delta sind Überflutungen in der Regenzeit zwischen Juli und November von 0,5 bis 4,0 m Höhe, die jährlich 40-50 % der Fläche des Deltas betreffen, normal. Gelegentlich kommt es zu stärkeren Überschwemmungen, z.B. wenn starke Niederschläge durch Taifune flussaufwärts oder über dem Mekong-Delta selbst fallen oder Sturmfluten vom Meer her das Wasser stauen.[4] Solche Ereignisse sind auf dem Hintergrund zunehmender Bodenabsenkungen und eines steigenden Meeresspiegels zu sehen.

Auch bisher schon gab es durch Überflutungen zahlreiche Opfer im Mekong-Delta. Im Jahre 2000 hatten die schlimmsten Fluten der letzten Jahrzehnte 400 Todesopfer gefordert. 2002 wurden bei Überschwemmungen fast 100 000 Häuser unter Wasser gesetzt. Es entstand ein Schaden von 30 Millionen US-Dollar und 170 Menschen fanden den Tod. In den gefährdeten Gebieten lebt vor allem die ärmere Bevölkerung, die in den letzten Jahren verstärkt in diese Gebiete eingewandert ist. Der Meeresspiegelanstieg ist nicht zuletzt ein hohes Risiko für den Reisanbau, indem er zur Versalzung der Böden führt. Schon jetzt reicht die Versalzung 50 km weit landeinwärts.[3] Etwa 1,8 Millionen ha Land im Mekong-Delta werden durch Versalzung als bedroht angesehen.[7] Auch bei einem nur leichten Anstieg des Meeresspiegels wird die Versalzung weiter vordringen. Damit verbunden ist auch das Eindringen von Salzwasser in Grundwasser-Reservoire, vor allem in der Trockenzeit Oktober bis Mai.[7]

Die aktuelle Rate des Meeresspiegelanstiegs im Mekong-Delta liegt bei 3,3 mm/Jahr. Durch Grundwasserentnahme gibt es in manchen Gegenden Absenkungen von bis zu 25 mm/Jahr. Die Bodenverdichtung junger Sedimentablagerunen liegt bei 20 mm/Jahr im Küstengebiet. Andererseits bewirken Sedimentablagerungen in Mangrovenwäldern 36-67 mm/Jahr Bodenanhebung und die Sedimentation in Überschwemmungsgebieten des Mekong 6 mm/Jahr. Subsidenz und Sedimentation können von Ort zu Ort sehr variabel sein.[2]

Ausgehend von neuen Erkenntnissen über die mittlere Höhe des Mekong-Deltas von nur 82 cm (s.o.) werden bei einem künftigen Meeresspiegelanstieg von 20 cm, 50 cm bzw. 80 cm etwa 6 %, 29 % bzw. 54 % des Mekong-Deltas unter dem Meeresspiegel liegen. Bei einem Anstieg von 1 m werden es 75 % des Deltas sein. D.h. von der Gesamtbevölkerung des Deltas werden dann 12,3 Mio. Menschen bzw. 70 % in Gebieten unterhalb des Meeresspiegels leben.[2] Bis 2050 wird für die Südküste von Vietnam nach dem Szenario RCP8.5 ein Meeresspiegelanstieg von 20-40 cm erwartet.[7]

Nicht zuletzt sind im Mekong-Delta die städtischen Zentren durch Hochwasser bedroht. Can Tho, mit 1,2 Mio. Menschen die größte im Mekong-Delta gelegene Stadt, erfährt gegenwärtig Überschwemmungen an 72 Tagen im Jahr. Der Hauptgrund für die häufigen und zunehmenden Hochwasser sind Bodenabsenkungen. Die Anzahl der Tage im Jahr mit Überschwemmungen könnte sich auf 270 Tage bis 2030 und auf 365 Tage bis 2050 steigern, falls keine Maßnahmen gegen die Bodenabsenkung ergriffen werden. Obwohl Can Tho 80 km von der Mündung des Mekong entfernt liegt, beläuft sich der Unterschied zwischen Ebbe und Flut auf 1,7 m.[8]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Anthony, E.J, G. Brunier, M. Besset, M. Goichot, F. Dussouillez, and V.L. Nguyen (2015): Linking rapid erosion of the Mekong River delta to human activities, Scientific Reports 5: 14745, DOI: 10.1038/srep14745
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Minderhoud, P.S.J., L. Coumou, G. Erkens et al. (2019): Mekong delta much lower than previously assumed in sea-level rise impact assessments. Nature Communication 10, 3847, doi:10.1038/s41467-019-11602-1
  3. 3,0 3,1 Carew-Reid, Jeremy (2007): Rapid Assessment of the Extent and Impact of Sea Level Rise in Viet Nam, Climate Change Discussion Paper 1, ICEM – International Centre for Environmental Management, Brisbane, Australia.
  4. 4,0 4,1 Dun, O. (2009): Linkages between floading, migration and resettlement in the Mekong Delta, Vietnam. Case Study Report for the EACH-FOR Project. United Nations University - Institute for Environment and Human Security (UNU-EHS), Bonn.
  5. Schmitt, R. J. P. , S. Bizzi, A. Castelletti, J. J. Opperman, G. M. Kondolf (2019): Planning dam portfolios for low sediment trapping shows limits for sustainable hydropower in the Mekong, Science Advances Vol. 5, no. 10, eaaw2175 DOI: 10.1126/sciadv.aaw2175
  6. 6,0 6,1 Minderhoud, P.S.J. et al. (2017): Impacts of 25 years of groundwater extraction on subsidence in the Mekong delta, Vietnam. Environ. Res. Lett. 12.
  7. 7,0 7,1 7,2 Smajgl, A., et al. (2015): Responding to rising sea levels in the Mekong Delta, Nature Climate Change, DOI: 10.1038/NCLIMATE2469
  8. Takagi, H-, N.D. Thao, and L.T. Anh (2016): Sea-level rise and land subsidence: impacts on flood projections for the Mekong Delta’s largest city Sustainability 8 1–15


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