Gletscher in Nordamerika

Aus Klimawandel

Nordamerika ist der Kontinent mit der mit Abstand größten Gletscherfläche außerhalb von Grönland und der Antarktis. Von der gesamten vergletscherten Fläche der Erde von etwa 730 000 km2, liegen fast 250 000 km2 in Nordamerika. Dabei nehmen die Gletscher der Kanadischen Arktis eine Fläche von ca. 145 000 km2 ein, gefolgt von Alaska mit ca. 90 000 km2. 14 000 km2 vergletscherte Fläche finden sich außerdem in den Rocky Mountains in Kanada und den USA.[1]

Der kanadisch-arktische Archipel

Die Vergletscherung

In Kanada befinden sich Gletscher hauptsächlich auf den Inseln der Arktis. Der kanadisch-arktische Archipel besteht aus rund 36 000 Inseln, auf denen eine Fläche von 146 000 km2 mit Eis bedeckt ist.[2] Er ist damit das größte Landeisgebiet der Erde außerhalb der Eisschilde auf Grönland und der Antarktis. Sein Anteil am globalen Landeis (ohne Grönland und Antarktis) beträgt 28 %. Die größten vergletscherten Gebiete befinden sich auf den Königin-Elisabeth-Inseln (107 000 km2), der Baffin-Insel (38 000 km2) und der Bylot-Insel (5 000 km2). Neben großen Eiskappen, die als Reste der eiszeitlichen Eisschilde gelten, gibt es kleinere Eiskappen und Talgletscher. Am Nordrand der Ellesmere-Insel, der größten Insel der Königin-Elisabeth-Gruppe, gehen die Gletscher in ein großes Schelfeisgebiet über.[3]

Klimaänderungen

Auch in der kanadischen Arktis zigt sich die „Arktische Verstärkung“ des Klimawandels. Die Temperaturen haben sich im 20. Jahrhundert zunächst bis in die 1950er und 1960er Jahre hinein deutlich erhöht und sind anschließend etwas gesunken. Eine erneute Erwärmung wurde in den letzten Jahrzehnten seit Ende der 1980er Jahre und besonders in den 2000er Jahren festgestellt. Davon waren besonders die Sommermonate Juni-August betroffen. In den letzten 25 Jahre war nördlich von 75 °N der sommerliche Temperaturanstieg mit 2,2 °C etwa dreimal so stark wie im Mittel der Nordhalbkugel.[4] Die Erwärmung steht im Zusammenhang mit Änderungen der atmosphärischen Zirkulation im Sommer. Seit 1987 drang verstärkt warme Luft vom nordamerikanischen Kontinent in das arktische Archipel ein, seit 2005 stammt die Warmluft vor allem aus dem Nordatlantik, der ungewöhnlich hohe Temperaturen zeigte.[3]

Eisschmelze

Die starke Erwärmung hatte in manchen Datenreihen die höchsten Schmelzraten in den letzten 2000, in anderen sogar in den letzten 4200 Jahren zur Folge.[4] Untersuchungen auf den Königin-Elisabeth-Inseln zeigen einen merklichen Vorstoß der Gletscher mit dem Beginn der Kleinen Eiszeit um 1500, die in dieser Region bis 1925 anhielt. Die anschließende Erwärmung führte zu einem Rückgang der vergletscherten Fläche um 37 % bis etwa 1960. Auf den anderen größeren Inseln war der Rückgang geringer, so auf der Baffin-Insel um 7,3 %. Am stärksten betroffen waren die kleinen Gletscher mit einer Fläche von unter 1 km2, von denen viele ganz verschwanden, am wenigsten gingen die großen Eiskappen und Eisfelder zurück. In den letzten drei bis vier Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts setzte sich der Eisverlust fort: auf den Königin-Elisabeth-Inseln um 2,7 %, auf der Baffin-Insel um 2 % und auf der Bylot-Insel 5,1 %.[3]

Höhen- und Schwerefeldmessungen mit Satelliten sowie Modellsimulationen haben es in jüngster Zeit auch ermöglicht, die Volumenverluste der Gletscher des kanadisch-arktischen Archipels zu bestimmen. So haben die Königin-Elisabeth-Inseln zwischen 2004 und 2009 jährlich einen Verlust von 61 Gt pro Jahr zu verzeichnen, was einem Beitrag zum Meeresspiegelanstieg von 0,17 mm pro Jahr entspricht. Dabei hat sich das Tempo der Eisschmelze in diesen fünf Jahren verdreifacht. Zunehmend waren an dem Eisverlust auch die größeren Eiskappen und Eisfelder beteiligt. Sehr stark, nämlich um 90 %, hat sich auch das Schelfeisgebiet am Nordrand der Ellesmere-Insel verringert.[3] Andere Untersuchungen zeigen einen Massenverlust im Zeitraum von 2004-2011 für das gesamte Archipel von 579 Gt bzw. eine jährliche Rate von zunächst 31 Gt/Jahr in 2004-2006 und dann 92 Gt/Jahr in 2007-2009. Die mittlere Rate in 2003-2012 belief sich nach Schwerefeldmessungen des GRACE-Projekts auf 69 Gt/Jahr. Nach Modellberechnungen wird der Massenverlust gegen Ende des 21. Jahrhundert bei 144 Gt/Jahr liegen. Der Beitrag zum Meeresspiegelanstieg des kanadisch-arktischen Archipels wird im Mittel für das 21. Jahrhundert hiernach auf 0,35 mm/Jahr geschätzt, d.h. über das ganze Jahrhundert 3,5 cm betragen.[2]

Einzelnachweise

  1. IPCC (2013): Climate Change 2013: The Physical Science Basis, Chapter 4: Observations: Cryosphere, 4.3.1
  2. 2,0 2,1 Lenaerts, J.T.M., et al. (2013): Irreversible mass loss of Canadian Arctic Archipelago glaciers, Geophysical Research Letters 40, doi:10.1002/grl.50214
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Sharp, M., et al. (2014): Remote sensing of recent glacier changes in the Canadian Arctic, in: Kargel, J.S., et al. (Ed.) (2014): Global Land Ice Measurements from Space
  4. 4,0 4,1 Fisher, D. et al. (2012): Recent melt rates of Canadian arctic ice caps are the highest in four millennia, Global and Planetary Change 84-85, doi:10.1016/j.gloplacha.2011.06.005


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