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Als '''Eiszeitalter''' werden Perioden der Erdgeschichte bezeichnet, in denen sich um beide Pole herum, z.T. bis in die mittleren Breien reichend, größere Vereisungen gebildet haben. Die jüngste Epoche der Erdgeschichte, die vor etwa 2,7 Millionen Jahre begann, ist in diesem Sinne ebenfalls ein Eiszeitalter. Sie ist gekennzeichnet  durch deutliche Schwankungen zwischen kälteren und wärmeren Phasen, den sogenannten Kaltzeiten oder Glazialen (gelegentlich auch "Eiszeit" genannt) und Warmzeiten oder Interglazialen. Gegenwärtig befinden wir uns in einer Warmzeit des Eiszeitalters.
Als '''Eiszeitalter''' werden Perioden der Erdgeschichte bezeichnet, in denen sich um beide Pole herum, z.T. bis in die mittleren Breiten reichend, größere Vereisungen gebildet haben. Die jüngste Epoche der Erdgeschichte, die vor etwa 2,7 Millionen Jahre begann, ist in diesem Sinne ebenfalls ein Eiszeitalter. Sie ist gekennzeichnet  durch deutliche Schwankungen zwischen kälteren und wärmeren Phasen, den sogenannten Kaltzeiten oder Glazialen (gelegentlich auch "Eiszeit" genannt) und Warmzeiten oder Interglazialen. Gegenwärtig befinden wir uns in einer Warmzeit des Eiszeitalters.


== Das Quartär ==
== Das Quartär ==

Version vom 21. Juli 2008, 13:04 Uhr

Erdbahnparameter und ihre Zyklen in den letzten 1000 Millionen Jahren

Als Eiszeitalter werden Perioden der Erdgeschichte bezeichnet, in denen sich um beide Pole herum, z.T. bis in die mittleren Breiten reichend, größere Vereisungen gebildet haben. Die jüngste Epoche der Erdgeschichte, die vor etwa 2,7 Millionen Jahre begann, ist in diesem Sinne ebenfalls ein Eiszeitalter. Sie ist gekennzeichnet durch deutliche Schwankungen zwischen kälteren und wärmeren Phasen, den sogenannten Kaltzeiten oder Glazialen (gelegentlich auch "Eiszeit" genannt) und Warmzeiten oder Interglazialen. Gegenwärtig befinden wir uns in einer Warmzeit des Eiszeitalters.

Das Quartär

Eiszeitalter gab es auch in früheren Epochen der Erdgeschichte, die jedoch während der meisten Zeit eisfrei war. Das gegenwärtige Eiszeitalter wird in der Fachsprache als Quartär bezeichnet und in das Pleistozän (das eigentliche Eiszeitalter) und das Holozän (die Nacheiszeit) untergliedert. Es ist die jüngste Phase des Känozoikums, der Erdneuzeit. Die jüngste Vereisung der Erde setzte allerdings bereits sehr viel früher als das gegenwärtige Eiszeitalter ein. Bereits ca. 35 Mill. Jahre vor heute bildete sich der antarktische Eisschild. Erst mit der Vereisung auch der Arktis um etwa 2,7 Mill. Jahre v.h. begann dann das Quartär. Zusammen mit anderen Eiszeitaltern der Erdgeschichte zeichnet sich das Quartär dadurch aus, dass um beide Pole herum größere Eisschilde zu finden sind. Diese Eismassen stießen vor allem auf der Nordhalbkugel in den Kaltzeiten weit nach Süden vor und banden so viel Wasser, dass sich der Meeresspiegel um 100 m und mehr gegenüber den Warmzeiten senkte. So lag der Meeresspiegel im Letzten Glazialen Maximum (LGM) vor etwa 20 000 Jahren um 130 m niedriger als heute, woraus sich ableiten lässt, dass das gesamte globale Eisvolumen um 50 Millionen km3 größer als das gegenwärtige war.

Temperatur und CO2 in den letzten 640 000 Jahren

Kalt- und Warmphasen

Während des gegenwärtigen Eiszeitalters wechseln sich warme und kalte Phasen in einem Zyklus von ungefähr 100 000 Jahren ab. Das Quartär umfasste über 20 Kalt-/Warmzeit-Zyklen, wobei die Amplitude der früheren Zyklen wahrscheinlich geringer war als die der späteren. Dem Holozän der Gegenwart ging vor ungefähr 130 000 bis 116 000 Jahren das Eem und vor etwa 230 000 Jahren die Holstein-Warmzeit voraus. Das Eem dauerte von 130 000 bis 115 000 Jahre v.h. und war um etwa 2 °C wärmer als das Holozän. Vor allem die Winter waren offensichtlich wesentlich milder. Die Warmzeiten dauerten zwischen 10 000 und 30 000 Jahren.[1] Dazwischen lagen verschiedene Kaltzeiten wie die Weichsel-, die Saale- oder die Elster-Kaltzeit (Bennungen nach der norddeutschen Nomenklatur).

Kaltzeitliche Klimaschwankungen

Bei einem Vergleich zwischen der aktuellen Warmzeit und der letzten Kaltzeit fällt auf, dass es in der Kaltzeit starke Temperaturschwankungen gab, die für das Holozän unbekannt sind. Es gab relativ warme Perioden, die sogenannten Dansgaard-Oeschger-Zyklen, und besonders kalte Perioden, die sogenannten Heinrich-Events. Diese Ereignisse waren auf den Nordatlantikraum konzentriert, während auf der Südhalbkugel jeweils umgekehrte Verhältnisse herrschten. Als Ursache wird eine Verstärkung bzw. ein Aussetzen der kaltzeitlichen thermohalinen Zirkulation angenommen, bedingt durch die Verringerung bzw. Verstärkung der Frischwasserzufuhr von den Eisschilden der Nordhalbkugel (Näheres s. Abrupte Klimaänderungen). Auch das Ende der letzten Kaltzeit war von heftigen Klimaschwankungen begleitet, der warmen Alleröd- und der kalten Jüngeren Dryas-Phase.

Ursachen

Bedingungen für Kaltzeit und Warmzeit in Abhängigkeit von den Erdbahnparametern

Kalt- und Warmzeiten

Strahlungsantrieb durch die Sonneneinstrahlung, bedingt durch Änderungen der Erdbahnparameter

Milankovitch-Theorie

Die grundlegende Ursache für die verhältnismäßig regelmäßigen Schwankungen zwischen Kalt- und Warmzeiten im Quartär wird in der Variabilität der Erdbahnparameter gesehen. Diese Erklärung wird nach dem Pionier der Erforschung des orbitalen Antriebs auch als Milankovitch-Theorie bezeichnet. Sie besagt, dass sich die Erde nicht gleichmäßig wie ein Uhrwerk um die Sonne bewegt, sondern aufgrund der Anziehungskraft durch andere Planeten quasi regelmäßige Abweichungen davon aufweist, die verschiedenen Zeitskalen folgen und sich vorausberechnen lassen. Es gibt zum einen die Abweichung der elliptischen Erdbahn von der Kreisbahn, die Exzentrizität, dann die Variation in der Neigung der Erdachse gegen die Erdbahnebene, die Obliquität, und schließlich die Präzession, eine Art Pendelbewegung der Achse der Erde. In der Summe kommt es zu komplizierten Überlagerungen und Abhängigkeiten der einzelnen Effekte.

Entscheidend ist dabei, wie viel Sonnenstrahlung die Kontinente der Nordhalbkugel im Sommer erhalten: Fällt sie unter einen kritischen Wert, schmilzt der Schnee des letzten Winters nicht mehr ab, im nächsten Winter fällt darauf neuer Schnee und allmählich entsteht ein Eisschild. Günstige Bedingungen für warme Sommer auf der Nordhalbkugel liegen in folgenden Fällen vor:

  1. Die Erde befindet sich auf ihrer elliptischen Bahn im Nordsommer deutlich näher zur Sonne als im Nordwinter (Exzentrizität).
  2. Die Erdachse ist relativ stark geneigt (Obliquität), und zwar gerade im Nordsommer zur Sonne hin (Präzession).

Die nächste stärkere Reduzierung der solaren Einstrahlung auf die Nordhalbkugel im Sommer beginnt in 30 000 Jahren.[1]

Rückkopplungsprozesse

Die Unterschiede in der Sonneneinstrahlung durch die Schwankungen der Erdbahnparameter sind jedoch viel zu schwach, um das ganze Ausmaß der Temperaturunterschiede zwischen Kalt- und Warmzeiten zu erklären. Tatsächlich lässt sich aus ihnen nur ein Temperaturunterschied von höchstens 0,5 °C ableiten, während der tatsächliche Unterschied typischerweise bei 5 °C lag. Es muss also Prozesse im Klimasystem selbst gegeben haben, die durch positive Rückkopplungen den solaren Antrieb wesentlich verstärkt haben. Diese werden heute in zwei Faktoren gesehen:

  1. in der Albedo, vor allem der Eis-Albedo,
  2. in den Treibhausgasen der Atmosphäre, vor allem dem Kohlendioxid.[2]
Der Strahlungsantrieb zwischen dem Letzten Glazialen Maximum (LGM) und heute

Bei einer Abkühlung durch verminderte solare Strahlung, die orbital verursacht ist, wachsen die Eis- und Schneeflächen. Die Folge ist eine verstärkte Reflexion der Sonneneinstrahlung, die eine weitere Abkühlung und ein weiteres Wachsen der Eis- und Schneeflächen zur Folge haben usw. Auch die Vegetation spielt dabei eine, wenn auch geringere Rolle. In einem kälteren Klima gehen die Vegetationsflächen zurück, wodurch ebenfalls die solare Einstrahlung stärker reflektiert wird. Durch die Albedo-Rückkopplung lassen sich etwa 2,5 °C der Temperaturdifferenz zwischen Kalt und Warmzeiten erklären.

Die Treibhausgase spielen eine ähnliche Rolle wie die Albedo. Sie stehen für ca. 2 °C des Temperaturunterschieds. Warum ist das so? In den Kaltzeiten lag der CO2-Gehalt bei 190 ppm (heute 285 ppm), in den Warmzeiten bei 280 ppm. Der Grund liegt vor allem in der Aufnahmekapazität des Ozeans, der bei einer Abkühlung der Atmosphäre CO2 entzieht und bei einer Erwärmung CO2 an sie abgibt. Auch hier spielt sich über die Landvegetation eine sekundäre Rückkopplung ab. Die verminderte Vegetation in Kaltzeiten kann weniger Kohlendioxid speichern als eine üppige Vegetationsdecke in Warmzeiten. Neben Kohlendioxid spielen dabei auch andere Treibhausgase eine Rolle. CO2 steht allerdings für 75% des Antriebs durch Treibhausgase, Methan für 14% und Distickstoffoxid für 11%.[2]

Der Beginn des Eiszeitalters

Die Erde hat sich auch vor Beginn des Eiszeitalters schon mit ähnlichen Schwankungen um die Sonne bewegt. Warum hat dann aber das gegenwärtige Eiszeitalter erst vor 2,7 Mill. Jahren eingesetzt? Dafür werden vor allem zwei Ursachen diskutiert. Die wichtigste ist die veränderte atmosphärische Zusammensetzung der Atmosphäre seit dem frühen Känozoikum. Am Beginn des Känozoikums lag der CO2-Gehalt im Mittel bei 1000 ppm (ein Wert, der nach dem extremen IPCC-Szenario A1Fl bis zum Jahr 2100 erreicht werden könnte). Durch große Gebirgsbildungsprozesse, vor allem die Aufwölbung des Himalayas und des tibetanischen Plateaus, wurde ab etwa 36 Millionen Jahre v.h. Kohlendioxid bei Verwitterungsprozessen in hohen Maßen aus der Atmosphäre gebunden und der CO2-Gehalt auf unter 500 ppm gesenkt. Damit begann eine tendenzielle Abkühlung, die zunächst die Bildung des antarktischen Eisschildes einleitete.

Der Beginn der Vereisung der Nordhemisphäre ist noch nicht geklärt und muss wahrscheinlich auf mehrere Ursachen zurückgeführt werden. Eine Theorie macht die Entstehung der nordatlantischen meridionalen Zirkulation zu Beginn des Pleistozän dafür verantwortlich.[3] Die Schließung der mittelamerikanischen Landbrücke, die bereits vor 13 Millionen Jahre begann, war hiernach vor 2,7 Millionen Jahren nahezu beendet. Das ozeanische Strömungssystem, das bis dahin zwischen den beiden amerikanischen Kontinenten den Atlantik mit dem Pazifik verband, organisierte sich neu und nahm das heutige Aussehen im Nordatlantik an. Dadurch wurde wie in der Gegenwart warmes und salzreiches Wasser weit nach Norden transportiert, die Verdunstung in den höheren nördlichen Breiten verstärkt und Wasserdampf zunehmend über die großen Landmassen transportiert. Damit war genügend Feuchtigkeit in der Atmosphäre zur Bildung von großen Eismassen vorhanden. Die verminderte Sonneneinstrahlung der nächsten "kühlen" Phase der Milankovitch-Zyklen sorgte dann dafür, dass der Niederschlag als Schnee auf die Landflächen der höheren Breiten fiel und auch im Sommer liegen blieb. Und als Folge entwickelten sich die ersten großen Eisschilde auf der Nordhalbkugel, und der Beginn des Pleistozäns war eingeleitet.

Wahrscheinlich lässt sich der Beginn des Eiszeitalters jedoch nicht auf einen einzigen tektonischen Vorgang zurückführen.[4] Den Daten nach geschah der Übergang ins Eiszeitalter allmählich. Daran waren sowohl tropische wie außertropische Ereignisse beteiligt wie Änderungen beim tropischen Auftriebswasser, Änderungen der Eisalbedo, der Monsunstärke und der ozeanischen Zirkulation.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 6.4.1.5 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „IPCC 2007“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  2. 2,0 2,1 Hansen, J. et al. (2008): Target Atmospheric CO2: Where Should Humanity Aim?
  3. Haug, G., R. Tiedemann und R. Zahn (2002): Vom Panama-Isthmus zum Grönlandeis, Spektrum der Wissenschaft Dossier 1/2002, 50-52; Driscoll, N.W. and G.H. Haug (1998): A Short Circuit in Thermohaline Circulation: A Cause for Northern Hemisphere Glaciation?, Science 282, 436-438; Haug, G.H. and R. Tiedemann (1998): Effect of the formation of the Isthmus of Panama on Atlantic Ocean thermohaline circulation, Nature 393, 673-676
  4. Ravelo, A.C. et al. (2004): Regional climate shifts caused by gradual global cooling in the Pliocene epoch, Nature 429, 263-267

Literatur

  • Edmund Blair Bolles: Eiszeit. Wie ein Professor, ein Politiker und ein Dichter das ewige Eis entdeckten. Argon, Berlin 2000
  • Hansjürgen Müller-Beck: Die Eiszeiten. Naturgeschichte und Menschheitsgeschichte. Beck, München 2005: Knappe Einführung aus der Beck'schen Reihe
  • Josef Klostermann: Das Klima im Eiszeitalter. Schweizerbart, Stuttgart 1999
  • Christian-Dietrich Schönwiese: Klima im Wandel. Tatsachen, Irrtümer, Risiken. Deutsche Verlagsanstalt, 1992
  • Wolfgang Fraedrich: Spuren der Eiszeit - Landschaftsformen in Europa, Springer Verlag
  • William Ruddiman: Earth´s climate: past and future, New York 2002, 465 S.(englisch)
  • Roland Walter: Erdgeschichte - Die Entstehung der Kontinente und Ozeane, 5. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin, New York, 2003

Weblinks


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