Eisschilde: Unterschied zwischen den Versionen

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Eine wichtige Folge der Erwärmung ist das Abschmelzen und Zerbrechen des vorgelagerten Eisschelfs, das zur Instabilität der an der Küste mündenden Auslassgletscher führt. Eine ähnliche Folge ist die Destabilisierung von Gletscherzungen, die direkt ins Meer münden. Wahrscheinlich sind diese Prozesse hauptsächlich angetrieben durch wärmeres Ozeanwasser, das bis zur Aufsetzlinie unterhalb der schwimmenden Gletscherzunge vordringt und dort zu Abschmelzprozessen führt und die Aufsetzlinie, wie in Abb. gezeigt, immer weiter zurückverlegt.Ein weiterer Antrieb liegt in dem zunehmenden Eindringen von Schmelzwasser in Eisspalten bis auf den Grund, wo es unter dem Eis eine Art Schmierfilm bilden und damit die Abflussgeschwindigkeit der Gletscher beschleunigen kann. Die jüngst beobachtete Beschleunigung der Gletscherströme sind allerdings noch zu jung und die Datenreihen zu kurz, um mit Sicherheit zu entscheiden, ob es sich um eine kurzfristige Schwankung oder einen längeren Trend handelt.
Eine wichtige Folge der Erwärmung ist das Abschmelzen und Zerbrechen des vorgelagerten Eisschelfs, das zur Instabilität der an der Küste mündenden Auslassgletscher führt. Eine ähnliche Folge ist die Destabilisierung von Gletscherzungen, die direkt ins Meer münden. Wahrscheinlich sind diese Prozesse hauptsächlich angetrieben durch wärmeres Ozeanwasser, das bis zur Aufsetzlinie unterhalb der schwimmenden Gletscherzunge vordringt und dort zu Abschmelzprozessen führt und die Aufsetzlinie, wie in Abb. gezeigt, immer weiter zurückverlegt.Ein weiterer Antrieb liegt in dem zunehmenden Eindringen von Schmelzwasser in Eisspalten bis auf den Grund, wo es unter dem Eis eine Art Schmierfilm bilden und damit die Abflussgeschwindigkeit der Gletscher beschleunigen kann. Die jüngst beobachtete Beschleunigung der Gletscherströme sind allerdings noch zu jung und die Datenreihen zu kurz, um mit Sicherheit zu entscheiden, ob es sich um eine kurzfristige Schwankung oder einen längeren Trend handelt.
 
[[Bild:Groenland3000-5000.jpg|thumb|420px|grönländischen Eisschildes bei einer CO<sub>2</sub>-Kontentration von 1000 ppm und einem Temperaturanstieg von 8 <sup>o</sup>C]]
Wie sehen die Projektionen von Eismodellen für die Zukunft des grönländischen Eisschildes aus? Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird es nach konservativen Modellberechnungen keine größeren Veränderungen geben. Der Massenverlust durch Schmelzen und Kalben von Eisbergen wird die Akkumulation zunehmend, aber nur langsam übertreffen, bei einem durchschnittlichen Beitrag zum Meeresspiegelanstieg von 0,4 mm/Jahr. Allerdings berücksichtigen Modelle die Eisdynamik nicht, so dass diese Einschätzungen als deutlich zu niedrig eingestuft werden müssen. Bei einer längerfristigen Temperaturzunahme von 3 <sup>o</sup>C und mehr wird auch nach diesen Modellsimulationen das Abschmelzen der Oberfläche die Akkumulation deutlich übersteigen und der Eisschild wird sich verkleinern oder ganz verschwinden. Wird die atmosphärische CO2-Konzentration in den nächsten 200-300 Jahren auf 1000 ppm steigen und sich auf diesem Niveau stabilisieren (so die Projektion des höchsten IPCC-Szenarios A1Fl), wird die Temperatur um 8 oC zunehmen, was in den nächsten 1000 Jahren zum völligen Abschmelzen des Grönlandeises und einem Meeresspiegelanstieg um 7 m führen wird.  
Wie sehen die Projektionen von Eismodellen für die Zukunft des grönländischen Eisschildes aus? Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird es nach konservativen Modellberechnungen keine größeren Veränderungen geben. Der Massenverlust durch Schmelzen und Kalben von Eisbergen wird die Akkumulation zunehmend, aber nur langsam übertreffen, bei einem durchschnittlichen Beitrag zum Meeresspiegelanstieg von 0,4 mm/Jahr. Allerdings berücksichtigen Modelle die Eisdynamik nicht, so dass diese Einschätzungen als deutlich zu niedrig eingestuft werden müssen. Bei einer längerfristigen Temperaturzunahme von 3 <sup>o</sup>C und mehr wird auch nach diesen Modellsimulationen das Abschmelzen der Oberfläche die Akkumulation deutlich übersteigen und der Eisschild wird sich verkleinern oder ganz verschwinden. Wird die atmosphärische CO2-Konzentration in den nächsten 200-300 Jahren auf 1000 ppm steigen und sich auf diesem Niveau stabilisieren (so die Projektion des höchsten IPCC-Szenarios A1Fl), wird die Temperatur um 8 oC zunehmen, was in den nächsten 1000 Jahren zum völligen Abschmelzen des Grönlandeises und einem Meeresspiegelanstieg um 7 m führen wird.  


Dieses Ergebnis wird wahrscheinlich irreversibel sein. Denn ohne Eisschild wird sich das Klima auf Grönland wegen der wesentlichen geringeren Albedo der nicht mehr vom Eis bedeckten Landoberfläche deutlich erwärmen. Und selbst wenn die Konzentration der Treibhausgase und die globalen Klimaverhältnisse wieder zu den vorindustriellen Bedingungen zurückkehren sollten, wird sich der grönländische Eisschild daher wahrscheinlich nicht wieder aufbauen.
Dieses Ergebnis wird wahrscheinlich irreversibel sein. Denn ohne Eisschild wird sich das Klima auf Grönland wegen der wesentlichen geringeren Albedo der nicht mehr vom Eis bedeckten Landoberfläche deutlich erwärmen. Und selbst wenn die Konzentration der Treibhausgase und die globalen Klimaverhältnisse wieder zu den vorindustriellen Bedingungen zurückkehren sollten, wird sich der grönländische Eisschild daher wahrscheinlich nicht wieder aufbauen.

Version vom 13. März 2008, 21:24 Uhr

Übersicht

Im gegenwärtigen Klima gibt es auf der Erde nur die beiden Eisschilde auf Grönland und der Antarktis. Während der letzten Kaltzeit lagen auch über große Teile Nordamerikas und Eurasiens mächtige Inlandeismassen, und das Eisvolumen während des letzten glazialen Maximums um 21000 Jahre v.h. war mehr als doppelt so groß wie heute. Die großen Eisschilde der Gegenwart bilden zusammen ein Volumen von 33 Millionen km3 Eis, in denen eine so große Wassermenge gebunden ist, dass beim vollständigen Abtauen der globale Meeresspiegel um etwa 70 m steigen würde. Ihre Masse wird durch Schneefall gebildet (Akkumulation) und durch Schmelzen an der Oberfläche und an der Unterseite sowie den Abfluss Richtung Meer und das Kalben ins Meer wieder abgebaut (Ablation). Eisschilde reagieren auf klimatische Veränderungen in Zeiträumen von bis zu zehntausend Jahren. Gegenwärtige Prozesse können daher sowohl Folgen aktueller Klimaänderungen als auch Langzeitwirkungen des nacheiszeitlichen Klimawandels sein. Dabei verhalten sich die Eisschilde auf Grönland und der Antarktis durchaus verschieden.

Der antarktische Eisschild ruht auf einer kontinentalen Landmasse nahezu konzentrisch um den Südpol. Die klimatischen Verhältnisse über der Antarktis und dem umgebenden Ozean werden im wesentlichen durch den Eisschild selber bestimmt. Durch die kalten Bedingungen des antarktischen Klimas kommt es nur zu geringen Abschmelzvorgängen an der Eisoberfläche. Eisverluste geschehen primär durch das Kalben von Tafeleisbergen an der Schelfeisgrenze ins Meer, das durch Eisströme aus dem Innern angetrieben wird, und durch das Abschmelzen von Schelfeis an der Unterseite. Bis vor kurzem wurde angenommen, dass sich Eisströme grundsätzlich nur sehr langsam bewegen und ihre Geschwindigkeit nicht schnell ändern können. Neuere Beobachtungen haben gezeigt, dass die Geschwindigkeit der Eisströme sich verhältnismäßig schnell ändern kann, ohne dass die Gründe dafür schon geklärt sind.

Gegenüber der Antarktis ist das aufgrund der geographischen Lage um 10-15 oC wärmere Klima Grönlands eher fremdbestimmt und wird stark durch die nordamerikanische und eurasische Landmasse und vor allem den Nordatlantik beeinflusst. Einerseits sind daher die Niederschläge deutlich höher als über der Antarktis, andererseits gibt es im Sommer umfangreiche Schmelzvorgänge an der Oberfläche, die sich über nahezu die Hälfte des Eisschildes erstrecken und deren Wasser größtenteils ins Meer abfließt. Ein anderer Teil des Eises geht auch hier durch das Kalben ins Meer verloren. Während der antarktische Eisschild mit Ausnahme einiger Randgebiete wie der Westantarktischen Halbinsel nur sehr verzögert auf Klimaänderungen reagiert, zeigt der Eisschild auf Grönland deutlich stärker die Folgen des aktuellen Klimawandels.

Der grönländische Eisschild

Veränderungsraten der Eishöhe 1997-2003 im Vergleich zu 1993-1998

Eine in jüngster Zeit angewandte Art, die Massenbilanz eines Eisschilde zu bestimmen, ist die geodätische Methode, bei der die Höhenänderungen der Eisoberfläche über einen bestimmten Zeitraum bestimmt werden. Dazu werden die Oberflächenhöhen durch Satellitenmessungen erfasst. Die Satellitendaten müssen jedoch durch Bodenmessungen überprüft und bei Bedarf korrigiert werden, da die Eisoberfläche sich auch durch Dichteschwankungen im Firneis oder durch isostatische Bewegungen des Untergrundes verändern kann. Ein Problem bei diesen Messungen sind u.a. die kurzen Zeitreihen, da Satellitenmessungen nicht weit zurückreichen.

Das Bild rechts stellt die Veränderung der Oberfläche des Grönlandeisschildes seit Mitte der 1990er Jahre dar. Die Daten zeigen starke Niveauabsenkungen zwischen 10 und 60 cm, an manchen Stellen auch über 60 cm pro Jahr im Küstenbereich. In den höheren Regionen ab 2000m herrscht entweder eine ausgeglichene Massenbilanz mit einem Gleichgewicht zwischen Akkumulation und Abschmelzen bzw. Abtransport durch Eisströme oder ein Überwiegen der Akkumulation.

Die Ausdünnung des Eises in den tieferen Lagen ist weitgehend konsistent mit den ansteigenden Sommertemperaturen der letzten Jahre. Neben Abschmelzprozessen spielen dynamische Veränderungen des Eisabflusses eine wichtige Rolle. Von dem Eisverlust von 60 km3 pro Jahr Mitte der 1990er Jahre waren etwa 24 km3 dynamisch bedingt; um das Jahr 2000 gingen von den 80 km3 Eisverlust pro Jahr bereits 34 km3 auf das Konto des verstärkten Eisabflusses. Davon wurden allein 10 km3 pro Jahr durch die Abflussveränderungen eines einzigen Gletschers, des Jakobshavn Isbrae an der Westküste, verursacht, dessen Abflussgeschwindigkeit sich in wenigen Jahren (1997-2002) von 7 auf 12 km/Jahr erhöhte. In den letzten Jahren sind zwei Gletscher an der Ostküste mit ähnlichem Verhalten hinzugekommen, der Kangerdlugssuaq und der Helheim-Gletscher.

Jüngere Abschätzungen gehen sogar von einem Massenverlust von 138 km3/Jahr in 2000 und 224 km3/Jahr in 2005 aus und schätzen den Anteil der Eisdynamik auf Zweidrittel, wovon allein 64 km3/Jahr auf das Konto der drei genannten Gletscher gehen sollen.

Die unmittelbaren Ursachen für die stärkere Dynamik der Eisströme sind vielfältig und noch keineswegs ganz verstanden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit liegen ihnen aber die höheren Luft- und Wassertemperaturen seit Mitte der 1990er Jahre zugrunde. Entgegen dem globalen Trend erlebte Grönland eine Abkühlung von den 1930ern bis zur Mitte der 1990er Jahre, seitdem aber einen deutlichen Temperaturanstieg, der allerdings die außergewöhnliche Erwärmung der 1930er Jahre noch nicht erreicht hat. Ob der jüngsten Erwärmung eine natürliche Dekadenschwankung oder der globale Klimawandel zugrunde liegt, lässt sich gegenwärtig nicht entscheiden. In jedem Fall zeigen die Beobachtungen der letzten 10 Jahre aber, dass ein relativ mäßiger Temperaturanstieg von ca. 1 oC erhebliche Folgen für die Massenbilanz des Eisschildes haben kann.

Eine wichtige Folge der Erwärmung ist das Abschmelzen und Zerbrechen des vorgelagerten Eisschelfs, das zur Instabilität der an der Küste mündenden Auslassgletscher führt. Eine ähnliche Folge ist die Destabilisierung von Gletscherzungen, die direkt ins Meer münden. Wahrscheinlich sind diese Prozesse hauptsächlich angetrieben durch wärmeres Ozeanwasser, das bis zur Aufsetzlinie unterhalb der schwimmenden Gletscherzunge vordringt und dort zu Abschmelzprozessen führt und die Aufsetzlinie, wie in Abb. gezeigt, immer weiter zurückverlegt.Ein weiterer Antrieb liegt in dem zunehmenden Eindringen von Schmelzwasser in Eisspalten bis auf den Grund, wo es unter dem Eis eine Art Schmierfilm bilden und damit die Abflussgeschwindigkeit der Gletscher beschleunigen kann. Die jüngst beobachtete Beschleunigung der Gletscherströme sind allerdings noch zu jung und die Datenreihen zu kurz, um mit Sicherheit zu entscheiden, ob es sich um eine kurzfristige Schwankung oder einen längeren Trend handelt.

grönländischen Eisschildes bei einer CO2-Kontentration von 1000 ppm und einem Temperaturanstieg von 8 oC

Wie sehen die Projektionen von Eismodellen für die Zukunft des grönländischen Eisschildes aus? Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird es nach konservativen Modellberechnungen keine größeren Veränderungen geben. Der Massenverlust durch Schmelzen und Kalben von Eisbergen wird die Akkumulation zunehmend, aber nur langsam übertreffen, bei einem durchschnittlichen Beitrag zum Meeresspiegelanstieg von 0,4 mm/Jahr. Allerdings berücksichtigen Modelle die Eisdynamik nicht, so dass diese Einschätzungen als deutlich zu niedrig eingestuft werden müssen. Bei einer längerfristigen Temperaturzunahme von 3 oC und mehr wird auch nach diesen Modellsimulationen das Abschmelzen der Oberfläche die Akkumulation deutlich übersteigen und der Eisschild wird sich verkleinern oder ganz verschwinden. Wird die atmosphärische CO2-Konzentration in den nächsten 200-300 Jahren auf 1000 ppm steigen und sich auf diesem Niveau stabilisieren (so die Projektion des höchsten IPCC-Szenarios A1Fl), wird die Temperatur um 8 oC zunehmen, was in den nächsten 1000 Jahren zum völligen Abschmelzen des Grönlandeises und einem Meeresspiegelanstieg um 7 m führen wird.

Dieses Ergebnis wird wahrscheinlich irreversibel sein. Denn ohne Eisschild wird sich das Klima auf Grönland wegen der wesentlichen geringeren Albedo der nicht mehr vom Eis bedeckten Landoberfläche deutlich erwärmen. Und selbst wenn die Konzentration der Treibhausgase und die globalen Klimaverhältnisse wieder zu den vorindustriellen Bedingungen zurückkehren sollten, wird sich der grönländische Eisschild daher wahrscheinlich nicht wieder aufbauen.