ENSO

Aus Klimawandel
Abweichung der Meeresoberflächentemperatur in °C vom Mittel im Dezember 1997.

El Niño/Southern Oscillation

Das Klima wird nicht nur durch externe Einflüsse wie die Solarstrahlung oder die vom Menschen emittierten Treibhausgase beeinflusst, sondern auch durch natürliche Schwankungen im Klimasystem selbst. Diese Schwankungen können sich auf unterschiedlichen Zeitskalen bewegen. Die wichtigste kurzfristige Klimaschwankung ist das El Niño/Southern Oscillation-Phänomen (ENSO). Die beiden Teile dieses Namens stehen für Temperaturänderungen im Ozean (El Niño), nämlich einer ungewöhnlichen Erwärmung im östlichen Pazifik, und Luftdruckschwankungen in der Atmosphäre (Southern Oscillation). Die Southern Oscillation ist dabei vom Schwanken des Druckunterschieds zwischen dem Hochdruckgebiet im südöstlichen Pazifik (als Meßwert wird der Bodendruck von Tahiti genommen) und dem asiatisch-australischen Tiefdrucksystem (Meßwert von Djakarta, Indonesien) gekennzeichnet. Erst nach mehreren Jahrzehnten genauerer Forschung wurde klar, dass beide Ereignisse Teil desselben Phänomens sind und miteinander Hand in Hand gehen. Bei einem geringen Druckunterschied herrscht ein El Niño-, bei einem hohen Druckunterschied als Gegensatz dazu ein "La Niña"-Zustand vor. Obwohl ENSO seinen Ursprung im tropischen Pazifik hat, beeinflusst es weite Teile des Weltklimas.

El Niño

Was ist ein El Niño?

Mit einem El Niño-Ereignis verbindet man heutzutage wohl Waldbrände auf Sumatra und in Australien, Überschwemmungen in Peru oder Stürme in Kalifornien. Kaum noch Beachtung finden die schlechten Fangergebnisse der peruanischen Fischer, die im 19. Jahrhundert Anlass zu dem Namen gaben, weil das Ereignis alle paar Jahre besonders stark um die Weihnachtszeit auftrat und eine rapide Verringerung des Fischbestandes vor den Küsten von Peru zur Folge hatte. Im Rest der Welt war El Niño damals so gut wie unbekannt.

Das gegenüber dem 19. Jahrhundert stark veränderte Bild von El Niño ist das Ergebnis einer fast 100jährigen Forschung, die zeigen konnte, dass El Niño ein großräumiges Phänomen im äquatorialen Pazifik mit nahezu weltweiten Auswirkungen ist, die aber den dahinter stehenden Mechanismus trotz großer Fortschritte im Verständnis der Ursachen immer noch nicht endgültig geklärt hat. Aus heutiger Sicht ist ein El-Niño-Ereignis charakterisiert durch eine ungewöhnliche Erhöhung der Meeresoberflächentemperaturen entlang des Äquators von der peruanischen Küste bis in den zentralen Pazifik, d.h. in jenem Gebiet, in dem normalerweise eine kalte Wasserzunge liegt. Gemessen wird die Temperaturveränderung gewöhnlich in der sogenannten Niño-3-Region (s. Abb.). Zugleich ist der Südostpassat stark abgeschwächt oder sogar durch leichte Westwinde verdrängt. Im westlichen äquatorialen Pazifik, wo normalerweise reichliche Niederschläge fallen, herrscht bei einem El Niño außergewöhnliche Trockenheit, während es an dem sonst trockenen östlichen Rand des Ozeans heftig regnen kann. Zu einem El Niño gehört aus heutiger Sicht auch, dass er als Teil eines Zyklus verstanden wird, in dem nach einer sogenannten "normalen" oder mittleren Zwischenphase ein kaltes Ereignis folgt, das La Niña heißt und auf das nach einer weiteren Zwischenphase der nächste El Niño kommt. Die Abstände zwischen zwei El-Niño-Ereignissen sind unregelmäßig und liegen meist bei 3-7 Jahren. Trotz intensiver Forschung gelingt es bislang nicht befriedigend, ein solches Ereignis zuverlässig vorherzusagen.

Die Zirkulationsverhältnisse

Die Zirkulationsverhältnisse bei "normaler" und El-Niño-Wetterlage. Bei "normaler" Wetterlage liegt der aufsteigende Ast der Walker-Zelle über dem Westpazifik und sorgt hier für reichlich Niederschläge, bei El-Niño-Wetterlage liegt er über dem Ostpazifik.

El Niño, La Niña (der Zustand mit gegenteiligen Anomalien) und die sogenannten "normalen" Zwischenphasen sind Ereignisse des tropisch-pazifischen Wettergeschehens und entstehen aus der Wechselwirkung von Ozean und Atmosphäre. Grundlegend sind die Zirkulationsverhältnisse von Atmosphäre und Ozean beiderseits des Äquators. Angetrieben durch die hochstehende Sonne kommt es hier zu der sogenannten Hadley-Zirkulation, bei der am Äquator erwärmte Luftmassen aufsteigen, sich in der Höhe polwärts bewegen, über den Wendekreisen wieder absinken, zum Äquator zurückströmen, hier konvergieren und wieder aufsteigen. Aufgrund der unterschiedlichen Land-Meer-Verteilung auf der Nord- und der Südhalbkugel ist die Zirkulation nicht ganz symmetrisch, so dass die Konvergenz nicht genau am Äquator, sondern bei 8-10 °N liegt. Die durch die Erddrehung bedingte Corioliskraft lenkt die von den Wendekreisen zum Äquator strömende Luft nach Westen ab, woraus auf der Nordhalbkugel der Nordost-Passat und auf der Südhalbkugel der Südost-Passat entstehen.

Die Passate treiben wiederum Meeresoberflächenströmungen an, die durch weitere Ablenkung in Äquatornähe als Nord- und Süd-Äquatorialstrom in Ost-West-Richtung fließen. Vor der südamerikanischen Westküste entsteht der Süd-Äquatorialstrom aus dem Humboldtstrom, der aus höheren Breiten kaltes Wasser mitführt, zunächst küstenparallel strömt und dann unter dem Einfluss des Südost-Passats nach Westen abdriftet. Diese Westdrift bewirkt, dass vor der Küste Perus aus der Tiefe kaltes Aufriebswasser nachströmt, das aufgrund seines hohen Nährstoffgehalts für den Fischreichtum der peruanischen Küstengewässer verantwortlich ist.

Das nach Westen geschobene Oberflächenwasser erwärmt sich zunehmend, und die Luft darüber nimmt durch Verdunstung Feuchtigkeit auf. Dadurch entsteht zum einen ein Temperaturunterschied in der Wasseroberflächentemperatur von nahezu 10° C ( bis zu 30° C im westlichen Pazifik und nur 20° C vor der peruanischen Küste). Zum anderen kommt es zu starken Niederschlägen über dem australisch-indonesischen Raum, da die warmen und feuchten Luftmassen über dem Westpazik aufsteigen und sich abregnen. In der Höhe strömt diese Luft wieder nach Osten zurück, sinkt über dem Ostpazifik ab und fließt dann wieder nach Westen. Die über dem Ostpazifik absinkende Luft bewirkt hier ein sehr trockenes Klima bis hin zur Ausbildung von Wüsten im südamerikanischen Küstenstreifen. Diese quer zur Hadley-Zirkulation liegende atmosphärische Zirkulationszelle längs des Äquators wird als "Walker-Zelle" bezeichnet.

Der Wassertransport durch die Passate nach Westen staut das Oberflächenwasser am pazifischen Westrand auf, wodurch der Meeresspiegel hier einen halben Meter höher liegt als vor der südamerikanischen Ostküste. In der Tiefe kommt es zu einer Schrägstellung der Thermokline, der Grenzfläche zwischen warmem Oberflächenwasser und kaltem Tiefenwasser, die im Osten dicht unterhalb der Meeresoberfläche bei 30 m Tiefe liegt, im Westen dagegen bei 150 m Tiefe.

Änderung der Zirkulationsverhältnisse

Während eines El-Niños ändern sich die Zirkulationsverhältnisse im äquatorialen Pazifik grundlegend. Der Luftdruckgegensatz zwischen dem Tief über Indonesien und dem Hoch im südöstlichen Pazifik schwächt sich ab bzw. kann sich sogar umkehren. Infolgedessen flauen die Passatwinde ab oder verschwinden völlig und werden durch Westwinde ersetzt. Die Abschwächung der Passatwinde setzt eine positive Rückkopplung in Gang. Durch den verringerten Windschub wird weniger Oberflächenwasser aus dem Ostpazifik nach Westen gedrückt und der Auftrieb des kalten, nährstoffreichen Wassers vor der peruanischen Küste reduziert. Die Folge ist eine Erwärmung der Kaltwasserzunge, die normalerweise von der südamerikanischen Westküste weit nach Westen reicht, um über 5 °C, wodurch der Temperaturgegensatz zwischen West- und Ostpazifik deutlich verringert wird und die Passate sich noch weiter abschwächen bzw. ganz aufhören zu wehen. Durch die Erwärmung hebt sich der Meeresspiegel im östlichen Pazifik um 20 cm an, und die Thermokline senkt sich um 50 m ab (die Thermokline ist in jener Tiefe zu finden, in der die Wassertemperatur am stärksten abnimmt). Auf dem Höhepunkt der Entwicklung kommt es zu einer Umkehr der Walker-Zirkulation. Durch die Erwärmung der Meeresoberflächentemperatur über dem Ostpazifik steigt feuchte Luft auf und bewirkt hier und über der südamerikanischen Küstenregion starke Niederschläge. Über dem Westpazifik, Australien und Indonesien dagegen bilden sich absinkende Luftmassen, die zu starker Trockenheit und Dürren führen.

Nach einer Übergangsphase folgt auf ein El-Niño-Ereignis gewöhnlich eine La Niña. Dieses kalte Ereignis ist im wesentlichen durch eine Verstärkung des "normalen" Zustands charakterisiert. Der Luftdruckgegensatz und der Gradient der Meeresoberflächentemperatur zwischen Öst- und Westpazifik verstärken sich. Das treibt die Passatwinde an, wodurch wiederum eine positive Rückkopplung in Gang gesetzt wird, mit weiter absinkender Meeresoberflächentemperatur vor der Ostküste Südamerikas, noch stärkeren Passatwinden usw.

Die grundlegenden Vorgänge von El-Niño- und La-Niña-Ereignissen sind heute bekannt. Vor allem gilt als gesichert, dass der zugrundeliegende Mechanismus durch Wechselwirkungen im tropischen Ozean-Atmosphäre-System bestimmt wird. Noch nicht endgültig geklärt sind allerdings die Ursachen dieser Wechselwirkungen, vor allem nicht der Phasenumschwung zu einem neuen El-Niño-Ereignis. Während über frühere große El-Niño-Ereignisse nur ungenügende Beobachtungsdaten vorliegen, die letztlich auch für die Validierung von Modellrechnungen, die ansonsten einen bedeutenden Beitrag für die Erforschung von El-Niño geleistet haben, entscheidend sind, ließ sich der "Jahrhundert"-El-Niño von 1997/98 zum ersten Mal mit einem weitgespannten Beobachtungsnetz erfassen. Aus diesen Beobachtungen ließen sich weitere wichtige Erkenntnisse ableiten.

Auswirkungen

El Niño ist ein großräumiges Phänomen im äquatorialen Pazifik mit nahezu weltweiten Auswirkungen, wobei die dahinterstehenden Mechanismen trotz großer Fortschritte im Verständnis der Ursachen immer noch nicht endgültig geklärt werden konnten. Aus heutiger Sicht ist ein El-Niño-Ereignis charakterisiert durch

  • eine ungewöhnliche Erhöhung der Meeresoberflächentemperaturen entlang des Äquators von der peruanischen Küste bis in den zentralen Pazifik, d.h. in jenem Gebiet, in dem normalerweise eine kalte Wasserzunge liegt.
  • Zugleich ist der Südostpassat stark abgeschwächt oder sogar durch leichte Westwinde verdrängt.
  • Im westlichen äquatorialen Pazifik, wo normalerweise reichliche Niederschläge fallen, herrscht bei einem El Niño außergewöhnliche Trockenheit, während es an dem sonst trockenen östlichen Rand des Ozeans heftig regnen kann.

La Niña

La Niña (spanisch für „das Mädchen“) tritt meist in Anschluss an ein El-Niño-Ereignis auf. La Niña ist sozusagen dessen Gegenteil. Ausgelöst wird sie durch überdurchschnittlich hohe Luftdruckunterschiede zwischen Südamerika und Indonesien. Dies führt zu stärkeren Passatwinden. Vom Passat wird im Pazifischen Ozean das warme Wasser an der Oberfläche nach Südostasien getrieben. Vor der Küste Perus strömt darum kaltes Wasser aus der Tiefe nach, das bis 3 °C unter der Durchschnittstemperatur liegt.

Auswirkungen

Die Auswirkungen sind nicht so stark wie beim El Niño, aber La Niña hat trotzdem einen erheblichen Einfluss:

  • Im Westpazifik ist das Wasser an der Oberfläche wärmer.
  • In Südostasien bringt La Niña durch Regen eine Abkühlung.
  • In Südamerika regnet es hingegen weniger und die Wüsten dörren aus.
  • In Nordamerika wird das Auftreten von Hurrikanen begünstigt.
  • Insgesamt treten jedoch weniger Naturkatastrophen auf als beim El Niño.

Auftreten

La Niña tritt meist im Anschluss an El Niño Ereignisse auf. Zwischen 1988-1989 war ein besonders ausgeprägtes La Niña-Ereignis. Ebenso trat La Niña 1995, und zwischen 1999 und 2000 auf. Das letzte La Niña trat zwischen 2000 und 2001 auf und war nur schwach ausgeprägt. Momentan herrscht ein gemäßigtes La Niña-Ereignis, das sich ab Mitte 2007 zu entwickeln begann. Im März 2008 verursachte La Niña eine Abnahme der Meeresoberflächentemperatur über Südost-Asian um 2°C und starke Regenfälle über Malaysia, Singapur und Indonesien.[1]

Siehe auch

Unterricht

Weblinks


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  1. Lynda Hong, Singapore News: "Recent heavy rain not caused by global warming" vom 13.03.2008, Singapore News