2-Grad-Ziel

Aus Klimawandel
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Das klimapolitische Ziel

In der Klimapolitik besteht ein weitreichender Konsens darüber, dass bei einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf 2° C über dem vorindustriellen Wert eine gefährliche Störung des Klimasystems durch den Menschen gerade noch vermieden werden kann. Bei einer Überschreitung der 2°-C-Marke würden die Folgen des Klimawandels nicht mehr kontrolliert werden können. Wetterextreme und andere Klimafolgen würden ein gefährliches und kaum zu bewältigendes Maß annehmen und die ökonomischen Kosten unvertretbar hoch ansteigen.

Das sog. 2-Grad-Ziel geht als politische Zielformulierung auf einen Vorschlag der EU aus dem Jahre 1996 zurück, der 2005 wiederholt und später von zahlreichen internationalen Organisationen aufgegriffen wurde. 2009 wurde das Ziel im Abschlussdokument der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen aufgegriffen und auf der UN-Klimakonferenz in Cancún (Mexiko) im Dezember 2010 erstmals offiziell akzeptiert. Auch die G8-Staaten haben im Juli 2009 im italienischen L’Aquila dieses klimapolitische Ziel anerkannt. Eine wichtige Rolle bei der Begründung und Ausgestaltung des 2-Grad-Ziels spielte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU).

Was bedeutet das 2-Grad-Ziel?

Mit dem 2-Grad-Ziel ist eine Erwärmung der globalen Mitteltemperatur über den vorindustriellen Wert hinaus gemeint. Es geht also nicht darum, um wie viel Grad Celsius die Temperatur gegenüber heute noch zunehmen darf. Gegenwärtig liegt die globale Mitteltemperatur bereits um 0,8 °C über dem vorindustriellen Niveau. Allgemein wird davon ausgegangen, dass eine weitere Erwärmung von 0,5 °C bereits im System stecken und nicht mehr zu vermeiden sind, auch wenn die globalen Emissionen in wenigen Jahren völlig eingestellt würden. Das errechnet sich bei einer Klimasensitivität von 0,8 °C pro Watt pro m2 aus dem bisherigen Strahlungsantrieb seit Beginn der Industrialisierung von 1,6 W pro m2, durch den langfristig eine Erwärmung um 1,3 °C erfolgen wird. Die Trägheit des Klimasystems, d.h. vor allem die langsame Reaktionszeit des Ozeans, und die Langlebigkeit der bisher emittierten Treibhausgase haben den Temperaturanstieg über 0,8 °C hinaus bisher verzögert. Um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, muss die künftige Treibhausgasemission also so weit begrenzt werden, dass sie nur noch eine Erwärmung von 0,7 °C zulässt. Das ist weniger als die bisherige globale Erwärmung durch den Menschen und liegt an der unteren Grenze des niedrigsten Szenarios, das der Weltklimarat IPCC in seinem Bericht von 2007 aufgestellt hat.

Kann das 2-Grad-Ziel erreicht werden?

Schwierig ist die entscheidende Frage zu beantworten, wie viel Treibhausgase noch emittiert werden dürfen, um die 2-Grad-Grenze zu unterschreiten. Dazu gibt es verschiedene Studien mit unterschiedlichsten Ergebnissen. Falls die Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 % unter 2 °C bleiben soll, müssten nach einer internationalen Studie die Emissionen noch in diesem Jahrzehnt (2010-2020) im Mittel auf 44 Gt CO2-Äquivalente fallen. Sie lagen 2010 bei 48 Gt CO2-äq. Für die Konzentration bedeutet das, dass sie bis 2100 im Mittel bei CO2 rund 425 ppm (heute 390 ppm) und bei allen Treibhausgasen 465 ppm-äq nicht überschreiten dürften.

Wie der WBGU dargestellt hat, kann das 2-Grad-Ziel nur erreicht werden, wenn vor allem die Industrieländer, die historisch gesehen den größten Teil der Erwärmung zu verantworten haben, noch vor 2015 den Trend ihrer CO2-Emissionen umsteuern und bis 2020 auf ein Drittel reduzieren. Bei einem erfolgreichen Emissionshandel hätten sie für die Drittelung noch bis 2025 Zeit. Den Schwellenländern wie China, Indien, Brasilien u.a. wird aufgrund ihrer nachholenden Entwicklung eine Trendumkehr erst zwischen 2020 und 2025 zugestanden. Die Entwicklungsländer, die gegenwärtig nur ca. 1 t CO2 pro Kopf und Jahr emittieren (gegenüber ca. 12 t bei den Industrie- und ca. 5 t bei den Schwellenländern) könnten nach diesen Berechnungen ihre Emissionen bis fast zur Mitte des Jahrhunderts weiter auf 2-4 t CO2 pro Kopf und Jahr steigern.

Welche Klimaentwicklung ist zu erwarten?

Ob die 2-Grad-Marke erreicht werden kann, ist angesichts der gegenwärtigen globalen Klimapolitik höchst unwahrscheinlich. Es ist eher davon auszugehen, dass diese Grenze schon in nächster Zukunft überschritten wird. Hinzu kommt, dass niemand mit Sicherheit sagen kann, ob ein gefährlicher Klimawandel tatsächlich bei einer globalen Erwärmung von 2 °C vermieden werden kann. Das ist nicht zuletzt deswegen zu bezweifeln, weil eine globale Erwärmung um 2 Grad ja nicht bedeutet, dass diese Grenze überall auf der Erde eingehalten wird. Die Temperaturen über den Ozeanen, wo so gut wie keine Menschen leben, werden sich wahrscheinlich deutlich weniger erhöhen, die über den Kontinenten mit ihren dichten Siedlungsgebieten werden die 2-Grad-Grenze in weiten Teilen z.T. kräftig überschreiten.

Legt man bisherige Modellrechnungen auf der Grundlage der IPCC-Szenarien zugrunde, wird die 2-Grad-Grenze bei den Szenarien A1B und A2 bereits um 2050 überschritten, bei dem niedrigen B1 Szenario erst danach. Regional werden bei dem Szenario A1B weite Teile Nordasiens und der Nordosten Europas die 2-Grad-Grenze bereits zwischen 2020 und 2030 überschreiten, das restliche Asien und fast ganz Europa etwa ein Jahrzehnt später. Wenn bei dem Szenario A1B eine Zunahme der globalen Mitteltemperatur von 2 °C erreicht wird, also um die Mitte des Jahrhunderts, wird die Durchschnittstemperatur der nördlichen Hälfte Eurasiens um fast 3 °C über dem vorindustriellen Wert liegen.

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