Dürren in Ostasien

Aus Klimawandel
Abb. 1: Dürre im Februar und März 2007 im Südosten Chinas. Braune Gebiete zeigen ein verringertes Pflanzenwachstum im Vergleich zum Mittel 1999-2006, grüne ein erhöhtes Wachstum. Grund für das geringere Wachstum während der Dürre ist der Wassermangel.

Zu Ostasien werden in der Regel die Staaten China, Japan, N- und S-Korea und die Mongolei gerechnet. 80 % der Fläche und 90 % der Bevölkerung Ostasiens gehören dabei zu China. Der westliche Teil der Region ist arid und semiarid, das Gebiet östlich von 102 ° Ost ist klimatisch durch den Monsun geprägt.[1] Entsprechend variieren hier die Niederschläge sehr stark nach der Jahreszeit und fallen hauptsächlich im Sommerhalbjahr, wenn der Monsun vom Meer Richtung Land weht.

Dürrevorkommen und die Folgen in China

Abb. 2: Anteil der Messstellen mit extremen und schweren Dürren und Überschwemmungen in N-China 1736 bis 2000

Dürren, und nicht zuletzt extreme Dürren, hat es in China und den anderen Staaten Ostasiens in den letzten Jahrhunderten häufig gegeben, oft im Wechsel mit schweren Überschwemmungen (Abb. 2). Seit Anfang des 16. Jahrhunderts ereigneten sich in China pro Jahrhundert im Mittel sechs starke meteorologische Dürren.[2] Und seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurden über 70 Dürren, die mindestens drei Monaten lang andauerten und 150 000 km2 und mehr betrafen, registriert.[1] Mehrere schwere Dürreperioden ragen in dieser Zeit heraus: 1963, 1978/79, 1986/87, 1997-2003, 2004/05, 2009/10 und 2011/12. Die räumlich und zeitlich ausgedehnteste Dürre der jüngsten Zeit war die zwischen 1997 und 2003. Sie bedeckte auf ihrem Höhepunkt 43 % bzw. 4,2 Mio. km2 des chinesischen Staatsgebietes[2] und dauerte 76 Monate.[1] Die Dürre von 2011/12 im Südwesten des Landes war die schwerste Dürre im frühen 21. Jahrhundert.[3]

In China war regional in jüngster Zeit vor allem ein Streifen vom Südwesten zum Nordosten, aber auch der Südosten von Dürren betroffen.[3] Hier gab es in den letzten Jahrzehnten häufigere und stärkere Dürren als in früheren Jahrzehnten. So wurden in den Flusstälern des Nordostens, im mittleren Teil des Jangtsekiang-Talgebietes und im Südwesten Chinas deutliche Trends zu trockenen Bedingungen festgestellt. Außerdem zeigte sich in Zentral-China eine Verschiebung des Dürrezentrums vom Nordwesten nach Südosten.[4] Der an sich trockene Nordwesten Chinas erlebte dagegen zunehmend feuchtere Bedingungen.[1]

Abb. 3: Exponiertheit der Bevölkerung durch Dürren im Zeitraum 1986-2005 in 1000 Menschen. Die von Dürren betroffenen Menschen leben überwiegend im dicht besiedelten Osten Chinas. Die rote Linie, auch als „geo-demographische Demarkationslinie“ Chinas bezeichnet, trennt die zwei gegensätzlichen Hälften Chinas: den Westen mit 56 % der Fläche, aber nur 6 % der Bevölkerung und den Osten mit 44 % der Fläche und 94 % der Bevölkerung.

Besonders in früheren Zeiten waren Dürren in China mit einer z.T. unglaublich hohen Zahl an Todesopfern verbunden, die z.B. bei der Großen Viktorianischen Dürre von 1877/78 sogar Millionen von Menschen umfasste.[2] Auch die ökonomischen Schäden übersteigen gerade in jüngster Zeit Milliarden von Euro und sind hauptsächlich auf Ernteausfälle und Viehsterben zurückzuführen. In der Zeit von 1949 bis 2013 betrug die durchschnittlich von Dürren erfasste landwirtschaftliche Fläche pro Jahr 209 000 km2 und die jährlichen Verluste beliefen sich auf 32 Mrd. Yuan (4,2 Mrd. Euro).[3] Die Schäden durch die extreme Dürre 2009/10 in Südwestchina, die zu den intensivsten Dürren der letzten Jahrzehnte zählt, wurde auf 6,5 Mrd. Euro geschätzt. Ein wichtiger Grund für die hohen wirtschaftlichen Verluste ist der manchmal extreme Wassermangel während einer Dürre, so z.B. während der Dürre von 2001, als für 33 Mio. Menschen die Wasserversorgung versagte. Ein anderes Beispiel ist die Dürre von 1997, als der Unterlauf des Gelben Flusses über 226 Tage lang trocken lag. Verantwortlich dafür war neben der Trockenheit auch die Übernutzung der Wasserressourcen durch landwirtschaftliche Bewässerung und Industrie.[2]

Abb. 4: Dürresituation in den fünf wichtigsten Getreideanbau-Regionen Chinas.

Ein Blick auf die Hauptanbaugebiete zeigt, dass Chinas Ernährungssicherheit durch Dürren durchaus in Gefahr geraten kann. Zwischen 1950 und 2007 haben nationale Dürrekatastrophen 21,73 Mio. ha pro Jahr in Mitleidenschaft gezogen. Die jährlichen Ernteverluste beliefen sich auf 15,8 Mrd. kg, was 60 % aller Verluste an Getreide durch Naturkatastrophen ausmachte. Deutlich wird die gefährdete Versorgung der Bevölkerung nicht zuletzt durch das Dürrevorkommen in den fünf wichtigsten Getreideanbaugebieten, in denen 70 % der nationalen Ernte erzeugt wird. Am stärksten betroffen ist die dicht besiedelte und fruchtbare Huang-Huai-Hai-Ebene (Nordchinesische Ebene), in der seit den 1960er Jahren, wahrscheinlich als Folge des Klimawandels, die Niederschläge ab- und die Temperaturen zugenommen haben.[5]

Abb. 5: Mittlerer Jahresniederschlag 1971-2000 und wichtige klimatische Einflussfaktoren bei der Entstehung und Fortdauer von extremen Dürren in China: Anomalien in der Ausprägung des südasiatischen Monsuns (SAM), des ostasiatischen Monsuns (EAM), des Westpazifischen Hochdruckgebiets (WPH) sowie von El Niño (warme Phase von ENSO) tragen hauptsächlich zu Niederschlagsdefiziten in China bei.

Ursachen von Dürren in China

Die wichtigste unmittelbare Ursache von Dürren in China ist ein schwacher Sommermonsun, bei dem zu wenig feuchte Luftmassen von den umgebenden Ozeanen ins Land gelangen. Der Südasiatische und Ostasiatische Sommermonsun transportiert warme und feuchte Luftmassen aus dem tropischen Indischen und Pazifischen Ozean bis nach Nordostchina. Für die Abschwächung des Monsuntransports kann es verschiedene Ursachen geben. Zum einen spielen atmosphärische Schwankungen eine Rolle. So hat die Madden-Julian Oszillation, eine atmosphärischen Schwankung mit Ursprung im Indischen Ozean,[6] im Juni bis Oktober die Konvektion über der Bengalischen Bucht abgeschwächt. Dadurch wurden weniger feuchte Luftmassen vom Indischen Ozean über die östlichen Ausläufer des Himalayas nach Südwestchina transportiert. Eine Folge war z.B. die extreme Dürre 2009/10 in Südwestchina. Ein anderer Grund kann in der Position des westpazifischen Subtropenhochs liegen. Verlagert sich dieses Hochdrucksystem nach Norden, gelangen weniger feuchte Luftmassen vom Westpazifik nach China. Auch der Einfluss der El Niño Southern Oscillation (ENSO), durch die der Ostasiatische Monsun abgeschwächt werden kann, spielt eine Rolle. So wurde eine Gleichzeitigkeit zwischen besonders starken El-Niño-Ereignissen und Dürren in China beobachtet. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Schneebedeckung im nördlichen Eurasien und im Hochland von Tibet. Zusammen mit dem Abschmelzen von Gletschern können dadurch ein verringerter Abfluss und hydrologische Dürren entstehen.[2]

Auch Vulkanausbrüche wurden mit Dürren in Zusammenhang gebracht. Durch die Staub- und Aschepartikel, die bei starken Vulkaneruptionen bis in die Stratosphäre geschleudert werden können, erhöht sich die Reflexion der Sonneneinstrahlung. Die daraus folgende Abkühlung an der Erdoberfläche verringert die Verdunstung und damit den Niederschlag. Eine ähnliche abkühlende Wirkung haben auch die durch menschliche Aktivitäten, vor allem bei der Verbrennung fossiler Energieträger, emittierten Aerosole. Hier kommt hinzu, dass Aerosole zu einem großen Überangebot an Kondensationskernen führen, an denen sich nur kleine Wassertröpfchen bilden, die Niederschläge eher verhindern. Dieser Mechanismus könnte eine der Ursachen für den beobachteten Trend zu mehr Dürren im dicht bevölkerten Nordostchina sein. Auch die globale Erwärmung verstärkt wahrscheinlich die Dürrebedingungen. So zeigen regionale Klimamodelle eine Zunahme der Verdunstung und Reduzierung der Niederschläge in den südlichen Regionen Chinas. Und im Südwesten des Landes wird eine höhere Anzahl längerer Dürren projiziert.[2]

Dürren in Korea und Japan

Allgemein wurde eine Zunahme von Niederschlägen über S-Korea festgestellt. Einige Untersuchungen wiesen aber auch darauf hin, dass das Dürrerisiko mit dem Klimawandel zunehmen könnte. Tatsächlich gab es eine schwere Dürre von 2013 bis 2015. Die Niederschläge betrugen weniger als 35-50 % des langjährigen Durchschnitts von 1973 bis 2015. Im Vergleich zu starken Dürren der Vergangenheit, z.B. mit den Megadürren von 1778-1800 und 1875-1909, war die jüngste Dürre jedoch kein sehr außergewöhnliches Ereignis. Dürren auf der koreanischen Halbinsel stehen stark unter dem Einfluss von ENSO und der Pazifischen Dekaden-Oszillation (PDO), d.h. von natürlichen Schwankungen. Sie fallen bei einer starken La Niña und einer starken PDO länger und schwerer aus.[7]

Japan erhält in drei Regenzeiten, im Winter, Frühjahr und Herbst, im allgemeinen ausreichend Niederschläge. Ein Problem besteht allerdings darin, dass aufgrund der gebirgigen Topographie die Flüsse über steile Flussbecken das Wasser schnell ins Meer transportieren und daher nur ein geringer Teil der Niederschläge (nur ein Viertel des weltweiten Durchschnitts) genutzt werden kann. Falls es zu Dürren kommt, können daher trotzt der hohen Jahresniederschläge Probleme bei der Wasserversorgung die Folge sein. Dürren sind allerdings in Japan eher selten und deutlich weniger schwerwiegend als etwa in China. Die meisten Dürren sind von kurzer Dauer und kamen im 20. Jahrhundert 3-4 Mal pro Jahrzehnt vor. Länger anhaltende Dürren von einem Jahr und mehr gibt es statistisch nur drei Mal pro Jahrhundert. Die stärkste Dürre des letzten Jahrhunderts ereignete sich zwischen 1939 und 1941. Etwas weniger schwer waren die Dürren 1987/88 und 1995/97.[8]

Abb. 6: Änderung der Exponiertheit der Bevölkerung gegenüber Dürren nach dem Szenario RCP2.6 in 2020-2039

Projektionen (China)

Für die Veränderungen der Dürreverhältnisse in einem zukünftigen wärmeren Klima sind nicht nur die Niederschläge von Bedeutung, sondern ebenso die durch Temperaturveränderungen angetriebene Verdunstung. Nach dem Szenario RCP8.5 (bzw. RCP4.5) muss China bis zum Ende des 21. Jahrhunderts mit einer Temperaturerhöhung von über 6,5 (2,9) °C rechnen. Die Niederschläge werden sich zwar um 10,2 (10,3) % erhöhen, die Verdunstung aber um 24,2 (10,5) % zunehmen. Die Trockenheit[9] wird bei dem Szenario RCP8.5 um 13 % zunehmen, bei RCP4.5 etwa gleich bleiben. Dabei wird regional die Trockenheit im Westen ab- und im dicht bevölkerten Osten zunehmen.[10] Für die beiden Szenarien RCP4.5 und RCP8.5 werden sich die aktuellen Trends fortsetzen und die trockenen Bedingungen in einem Streifen vom Südwesten zum Nordosten Chinas weiter verstärken. Alle künftigen Dürren werden länger anhalten. Der Schwerpunkt der längeren und stärkeren Dürren wird sich weiter nach Südosten verlagern. Besonders die langen (d.h. über 12 Monate) andauernden und große Flächen betreffenden Dürren werden sich hauptsächlich im aktuell eher feuchten südlichen China ereignen.[3]

Untersuchungen zur Eponiertheit der Bevölkerung durch zukünftige Dürren (Abb. 3 und 6), die sich bei dem niedrigen Szenario RCP2.6 auf die nahe Zukunft der 2020er und 2030er Jahre beziehen,[11] sehen gegenüber 1986-2005 zusätzlich 12,9 Mio. Menschen von Dürren betroffen. Der Hauptgrund dafür ist allerdings die Bevölkerungszunahme, während der Klimawandel an dieser Veränderung nur mit 30 % beteiligt ist. Regional ist es vor allem die Bevölkerung in den dicht besiedelten östlichen Gebieten, die künftig unter Dürren zusätzlich zu leiden haben wird.[12]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Zhang, L. & Zhou, T. (2015): Drought over East Asia: A Review. Journal of Climate. 28. 150203142724009. 10.1175/JCLI-D-14-00259.1.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Fischer, T. (2018): Extreme Dürren in China. In: Lozán, J. L., S.-W. Breckle, H. Graßl. D. Kasang & R. Weisse (Hrsg.). Warnsignal Klima: Extremereignisse. pp. 130-137. Online: www.klima-warnsignale.uni-hamburg.de. doi:10.2312/warnsignal.klima.extremereignisse.19.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Huang, J., J. Zhai, T. Jiang, Y. Wang, X. Li, R. Wang, M. Xiong, B. Su, T. Fischer (2018): Analysis of future drought characteristics in China using the regional climate model CCLM. Climate Dynamics, 50 (1-2), 507-525
  4. Zhai, J., J. Huang, B. Su, L. Cao, Y. Wang, T. Jiang, T. Fischer (2017): Intensity–area–duration analysis of droughts in China 1960–2013, Clim. Dyn., 48, 151-168, 10.1007/s00382-016-3066-y
  5. Kang, L.; Zhang, H. A (2016): Comprehensive Study of Agricultural Drought Resistance and Background Drought Levels in Five Main Grain-Producing Regions of China. Sustainability 2016, 8, 346
  6. Kirchhübel, L. - DWD (2015): Die Madden-Julian-Oszillation
  7. Kwon, H.-H., U. Lall, and S.-J. Kim (2016): The unusual 2013–2015 drought in South Korea in the context of a multicentury precipitation record: Inferences from a nonstationary, multivariate, Bayesian copula model, Geophys. Res. Lett., 43, 8534–8544, doi:10.1002/2016GL070270.
  8. Sang-Min Lee, Hi-Ryong Byun and Hiroshi L. Tanaka (2012): Spatiotemporal Characteristics of Drought Occurrences over Japan, Journal of Applied Meteorology and Climatology, Vol. 51, No. 6, pp. 1087-1098
  9. Zugrunde gelegt ist ein Trockenheitsindex, der auf dem Verhältnis von Verdunstung zum Niederschlag beruht (Yin et al. 2015)
  10. Yin, Y., Ma, D., Wu, S., Pan, T. (2015): Projections of aridity and its regional variability over China in the mid-21st century. International Journal of Climatology 35(14):4387–4398. doi:10.1002/joc.4295
  11. Für diese Zeit gibt es allerdings auch so gut wie keinen Unterschied zwischen den Szenarien.
  12. Chen, J., Liu, Y., Pan, T., Liu, Y., Sun, F., and Ge, Q. (2018): Population exposure to droughts in China under the 1.5 °C global warming target, Earth Syst. Dynam., 9, 1097-1106, https://doi.org/10.5194/esd-9-1097-2018

Weblinks

  • Fischer, T. (2018): Extreme Dürren in China. In: Lozán, J. L., S.-W. Breckle, H. Graßl. D. Kasang & R. Weisse (Hrsg.). Warnsignal Klima: Extremereignisse. pp. 130-137. doi:10.2312/warnsignal.klima.extremereignisse.19.


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